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Nlibemuer AlyeM und Jeltung für Seifersdorf, Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lüban, Borlas, Spechtritz ete. Nummer 125. Bekanntmachung, die Kontrol-Versammlungen betreffend. Die znr Kontrol-Versammlung Verpflichteten werden hierdurch noch besonders darauf hingewiesen, daß Gestellungs befehle zu den Kontrol-Versammlungen nicht mehr ausgegeben werden und daß jeder Verpflichtete sich wegen Ort und Zeit der Kontrol-Versammlung an den zum Anschlag ge brachten Plakaten zu orientiren hat. Rabenau, den 18. Oktober 1895. Der Bürgermeister. Die neue Militärvorlage tritt immer deutlicher in Sicht. Wie bereits mitgetheilt, sollen die vierten Halbbataillone in Vvübataillone umge wandelt werden, da sie sich in dieser Form nicht bewährt haben. Das wurde schon im vorigen Jahre vorausgesagt und wird jetzt allgemein für zutreffend erachtet. Man braucht nur ein Jahr zurückzudenken. Am 17. Oktober vorigen Jahres fand die Weihe der den vierten Bataillonen, den Halbbataillvnen verliehenen Fahnen statt. Der Kaiser hielt bei dieser Gelegenheit eine Rede, deren wichtigste Stellen in verschiedenen Lesarten verbreitet wurden. Nach dem einen Berichte hatte der Kaiser gesagt: „Die einzige Säule, die einzige Stütze für Monarchie bildet das Heer." Nach dein anderen Berichte hatte der Kaiser das Heer nur die „hauptsächlichste Säule" der Monarchie genannt. Doch das nur nebenbei! Erheblich wichtiger noch als diese Stelle war folgende. Der eine Bericht wollte wissen, daß der Kaiser die Hoffnung ausgesprochen habe, daß die halben Bataillone sich in ernster Zeit als ganze erweisen würden. Der andere Bericht dagegen und zwar derjenige, den Blätter wie die „Post" und die „Kreuzzeitung" ver öffentlichten, behauptete, der Kaiser habe der Hoffnung Ausdruck verliehen, daß die Halbbataillone nnn bald als Vvllbataillvne ausgestellt werden würden. Angesichts dieser Widersprüche verlangte man nach einer amtlichen Fest stellung des Wortlauts der Rede durch den „Reichsanzeiger". Eine solche ist bis auf den heutigen Tag nicht erfolgt. Dienstag, den 22. Oktober 1895. Dagegen brachten einige Tage später „Post" und „Kreuz zeitung die Meldung, die betreffende Stelle der kaiserlichen Rede habe wörtlich wie folgt gelautet: „Die Fahnen, die hier versammelt sind, sind bestimmt für ganze Truppen theile, und hoffe ich, daß die Halbbataillone, zu denen sie herite zurückgesandt werden, bald als ganze Bataillone im Heere des Vaterlandes dastehen werden." Widerrufen ist diese Meldung nicht worden. Graf Caprivi hat nun zwar im Reichstage erklärt, die Regierung denke nicht an eine Umwandlung der Halbbataillone in Vollbataillone, weil die Halbbataillone ihren Zweck dann nicht mehr erfüllen könnten. Aber schon neun Tage nach der Weihe der Fahnen für die Halbbataillone, am 26. Oktober, erhielt Graf Caprivi seine Entlassung. Unter den vielen Nach rufen, die ihm gewidmet wurden, befand sich auch einer, in dem es hieß, daß zu der Entfremdung zwischen dem Kaiser und dem Grafen Caprivi vornehmlich auch die Schöpfung der Halbbataillvne beigetragen habe. Diese That sei dem Kanzler von vornherein arg verübelt worden. Jedenfalls spricht die am Tage der Fahnenweihe gehaltene kaiserliche Rede nicht gegen diese Darstellung. Wenn inan sich alle diese Vorgänge gegenwärtig hält, gewinnen die Klagen über die durch die Halbbataillone hervorgerufenen „Mißstände" eine nicht mißzuverstehende Bedeutung. Aus unserer Gegend. — Der Bildhauer-Verein zu Rabenau feierte gestern Abend unter zahlreicher Betheiligung seiner Mitglieder und geladenen Gäste im Saale der „König Alberthöhe" sein Stiftungsfest in herkömmlicher Weise. Zahlreiche Vor träge ernster und heiterer Art, trugen nicht wenig zur Erhöhung der Feststimmung bei. Der Tanz, an welchem sich Alt und Jung in regster Weise betheiligte, hielt die frohe Schaar bis in die Morgenstunden beisammen. — Wir sind bereits mitten in der Saison. Schon mancher Abend bringt uns mehr oder weniger künstlerische Darbietungen. In Seelen und Sälen schwelgt bald alles in eitel Harmonie. — So bot sich gestern Abend Knnst- freunden die Gelegenheit, im Schubert'schen Gasthofe zu Obernaundorf ein Cone ert zu besuchen, über welches wir aus einem benachharten Blatte eine Kritik 8. Jahrgang. aufnahmen und unsern Lesern in der letzten Rummel boten. Wenn es dort heißt, daß der berühmte Koczalski in den Kindern des Herrn Hilbert „Konkurrenten" ge funden habe, so ist das arg übertrieben. Die Kinder spielten ganz gewiß recht gut und führten die schwierigsten Passagen fehlerlos aus; aber man konnte sich dabei des Gedankens nicht erwehren, daß die Kinder tüchtig exerziert waren. Es soll hieraus kein Tadel hervorgehen, denn es ist gut, wenn einmal gezeigt wird, wie man in einem Schulhause die Musik Pflegt. Wir glauben aber, daß auch andere gutbegabte Kinder unter Leitung eines tüchtigen Lehrers den Leistungen dieser Kinder nicht nachstehen werden. Auf die einzelnen Nummern des Programms einzugehen, würde ebenso langweilen, wie die langen Sonaten von Beethoven, die zu verstehen und ihr einen Geschmack abzugewinnen, man sie entweder selber gespielt oder wenigstens eine tüchtige musikalische Bildung haben muß. Ebenso wenig glücklich war die Wahl zweier Etüden, die wohl die Fingerfertigkeit der Kinder zeigten, nicht aber ansprachen. Atan muß immer mit den Besuchern rechnen. Ein flotter Tanz, ein heiteres Volkslieder- Potpourri hätten mehr Beifall gefunden. Da überhaupt der Charakter der Claviermusik armseliger ist, als etwa Violine und Gesang, so muß man sagen, daß im allge meinen die vorgetragenen Nummern langweilten. Lobend sei aber des Lehrers und der Schüler Fleiß anerkannt. Auch die Wahl der Gesänge (Duett-Terzette) war nicht glücklich. Wir halten es für wirksamer, wenn Herr Hilbert Volkslieder hätte singen lassen und nicht Schumann'sche Lieder, die wohl kaum seilte Schüler ver standen. Gut vorgetragen wurden sie, aber der allgemeine Beifall galt wohl dem kleinen, allerliebsten Mariechen, dessen Stimmme so engelrein war — aber auch so sehr ausgenutzt wurde. Wir wissen Herrn Hilbert Dank für einen Abend, der reich war an Kunstgenuß und uns zeigte, was Kinder zu leisten vermögen. Dem Konzert folgte ein vergnügtes Tänzchen, bei dein sich Herr Schubert durch treffliche Speisen und Getränke alle Ehre machte. — Wie wir erfahren, hält der Gesangverein „Lyra" in nächster Zeit in demselben Saale ein Konzert ab. Hier werden uns Volkslieder ergötzen. (Nachdruck verbeten.) Die Holzrechtler. Sensations-Roman aus dem Fichtelgebirge von Ira Pera. (Fortsetzung.) Voit dein eilten war er und seine Mutter miß handelt worden und von der andern wurde er darüber ausgelaucht. Nach momentanem Zögern trat er doch ein. Er mußte wenigstens wissen, was vorfiel. In einem armseligen Zimmer, das auf den schmutzigen Hof hinausging, fand er seine Mutter. Die Alte schrie laut auf, als sie ihren Sohn so un- vermuthel bei sich eintreten sah. Ihre momentane Freude verflog aber rasch, als Franz sich mit Verwünschungen auf einen Stuhl warf. „Ich war im Lechnerhof!" stieß er rauh hervor. „Aber da ist mir ein schöner Empfang zntheil geworden. Mit der Marei und dem Lechner hab' ich mich endlich besprechen wollen, wie es endlich init der Heirath wäre. Statt dessen hat mich der Bauer schon beim ersten Wort auf die Straße hinausgeworfen. Himmelherrgott! Mir so was!" Die Alte nickte nur mit einem verzweifelten Gesichts ausdruck. »Ja, ja — die Sach' hat eine schlimme Wendung für uns genommen," sagte sie. „Wärst Du erst zu mir gekommen, ich hätt' Dir das Hinauswerfen ersparen rönnen!" „Sv red'st Du jetzt also?" fuhr Franz heftig auf. „Wer war's denn anders als Du, die mir von Klein auf den Glauben beigebracht hat, daß die Marei vom Lechner hof und ich ein Paar werden müßten, ob der Bauer Nu,» will oder nicht! Ich selber wäre als dummer Bub ja gar nicht ans den Gedanken gekommen. Jetzt wo es schief geht, ist's an Dir, zu zeigen, daß Du den Lechner zwingen kannst!" Die Alte warf den Kopf hin und her. „Laß' mich aus Franz'l; es springt nichts mehr heraus aus der Geschicht'!" jammerte sie. „Schlag' Dir das Mädchen aus dem Sinn; es giebt ja andere genug!" Franz hatte ein zorniges Lachen darauf. „Also das ist alles, was Du mir antworten kannst? Und warum zwingst Du denn jetzt den Lechner nicht? Warum drohst Du ihm nicht wie früher mit Deinem Geheimniß?" „Weil mich's nichts mehr hilft!" antwortete Walburg. „Alles hab' ich bei ihm versucht und das End' vom Lied war, daß er mich hinausgeworfen hat wie Dich!" „Dann mach' Deine Drohung doch wahr und bring' ihn aufs neue ins Zuchthaus wie Du's ihm früher an- gekünoigt hast!" „Es geht nicht; er fürchtet mich nicht mehr und ich darf ja gar nicht reden sonst werde ich selber eingesperrt! Der Soldat schlug die Faust auf den Tisch. „Also aus ist's? Und wenn ich mir's überleg', so seid Ihr, der Lechner und Du, die zwei, welche Schuld an meinem Unglück tragen!" „Ich gewiß nicht, Franz'l; mein Herzblut hätte ich für Dich gelassen, Du weißt es ja wohl. Aber den Lechner verfluche, der allein hat alles verschuldet!" schrie die Alte. „Vielleicht finde ich noch eine Gelegenheit, ihm das hcimzuzahten!" knirschte Franz. „Die Marei freilich kümmert sich nicht viel um mich, die hat ja schon längst einen anderen Schatz in Bereitschaft, den Sohn vom Gutsförster! Grad hinauslachen möcht man!" „Den Robert?" schrie die Alte ganz perplex. „Ja wie ist denn das möglich?" „Frags selber! Was der Lechner wohl für Augen machen wird,wenn sie ihm gerade den ins Haus bringen wird!" „Jetzt versteh ich, was der Bauer mir neulich zuge rufen hat," entgegnete Walburg. „Er weiß bereits um die Liebschaft und ist sogar einvel standen damit." Sie wiederholte ihrem Sohne die Worte des Lechner- bauern. Das Gesicht Franz' war fahl geworden. Er stand plötzlich auf Lind griff hastig nach seiner Mütze. „Da hätt' ich also so ziemlich nach allen Seiten verloren! Jetzt wünscht' ich nur, es gäb' Krieg und ich könnt' die ganzen Fuchsberger ans Bajonett spießen. Was dann mit mir selber geschehe, ich würd' nicht mehr viel darnach fragen, denn cs giebt wohl hundert andere Mädeln, aber keine, die der Marei gleicht. Und wer möcht' auch jetzt noch mit dem Sohn einer Armenhäus lern« was anbandeln?" Er hatte die Mütze auf die Haare gedrückt und ohne eil« Wort des Abschiedes stürzte er davon. Er verließ sogleich Fuchsberg, nicht mehr auf die Rufe der alte«« Mutter hörend, die unter der Thür des Asylhauses stand und die Hände nach ihm ausstreckte. Franz kehrte an demselben Tage in die Garnison zurück, ohne seine«« Urlaub auszunützen. Am nächsten Tage herrschte unter den Forstbeamten der Umgegend große Erregung. Die Holzrechtler hatte«« Ernst gemacht, sie griffen, nachdem sie ein letztesmal den Gutsförster um Anweisung ihres Holzes gebetei« hatten, zur Selbsthilfe. Ganze Trupps zogen in den Lehenswald und legten die bereits zum Abschlagen bestimmten und gezeichneten Stämme nieder. Die Förster und Forstgehilfen der nächsten Umgegend kamen bei dem Gutsförster Waldner zusammen um zu berathen, was zu thun war. An verschiedenen Punkten war der Versuch gemacht worden, theils ii« Güte, meist aber mit aller Energie die arbeitenden Holzrechtler anseinander zu treiben. Aber es gelang nicht. Die Leute wichen nicht; ei«« verzweifelter Muth schien plötzlich über sie gekommen zu sein. „Wir hauen nur unser Recht; wir gehen nicht von der Stelle!" lautete die Antwort. Der Gutsförster Waldner schäumte vor Wuth. Daß es möglich war, ihm derart entgegenzutreten, hätte er nicht geglaubt. Herr von Hartstein befand sich in der Residenz. Waldner schickte Depeschen ab und erhielt die strikte Weisung, mit aller Energie gegen die Holzfrevler vor zugehen. Er hätte dies auch ohnehin gethan, allein es war ihm ganz recht, daß er vor« dein Lehensherrn eine direkte Anweisung besaß. Alai« machte den letzten Versuch, die Holzrechtler aus dem Walde zu vertreiben, vergeblich! Die Leute wurden sogar ganz wild, als sich der Gutsförster zeigte. (Fortsetzung folgt.)