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Rabenauer Anzeiger : 08.10.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-189510087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-18951008
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-18951008
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-10
- Tag 1895-10-08
-
Monat
1895-10
-
Jahr
1895
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Eine wahre Romanhcldin! Einige Frauen hatten sogar die Photographie Michelines bei sich, wie sie sich anmutig auf die Schulter ihres Gatten stützte. Vom Restaurant aus begaben sich alle drei nach dem Wcstbahnhof, wo das Verbrechen vor sich gehen sollte. Armer Bernardin! Die 'Nichtachtung des Publikums mußte schwer aus ihm lasten. Alles erwartete gespannt das Verdikt, das der hinter jener drohenden Thür versteckte Gerichtshof aussprechen sollte. Man studierte die auf dem entstellten Gesicht Jeans und aus den blaffen Wangen Michelines sich abzeichnende Auf regung. Aber mit Bernardin geruhte man nicht, sich zu beschäftigen. Was war er denn im Grunde? Ein gewöhnlicher Komplize, der nur aus brüderlicher Liebe gehandelt hatte. Er hatte nicht das Privilegium, ein Othello oder eine Desdemona zu sein, wie eben die beiden andern! Man würde ihn verurteilen, und damit wäre die Sache erledigt! Dennoch hätte ein Psychologe den Kopf dieses Mannes mit größtem Interesse studiert. Das glatt rasierte, magere, runzlige Gesicht machte einen seltsamen Eindruck. Das dunkelgraue Auge blickte mit einer gewissen Starrheit gerade vor sich hin. Der schmächtigen Gestalt fehlte es nicht an Eleganz. Die feinen Hände bewegten sich von Zeit zu Zeit in konvulsivischem Zucken hin und her. Ein Gedanke lebte in den Augen dieses verachteten Bernardin. Aber welcher? Das Publikum des Schwurgerichts kümmerte sich darum nicht. Und als die Thür sich öff nete, um den Geschworenen den Eintritt zu geivähren, und alle Anwesenden einen tiefen Seufzer ausstießen, wie das Theaterpublikum im fünften Akt eines Dramas, betrachtete man nur den Mann und die Frau. Waren sie verurteilt? Worin würde die Strafe bestehen? Waren sie zum Tode verdammt? O nein, das wäre grausam. Die lüsterne Menge hoffte noch auf mildernde Umstände. Eine nicht allzu strenge Verbannung nach Neu-Kaledonien würde wohl die beiden Gatten vereinigen, die sich so gut verstanden. Der Gerichtshof gab sein Urteil ab. Er schickte Jean ins Zuchthaus und Micheline in eine Besserungsanstalt! Einige weiche Seelen waren gerührt, einige hübsche Augen wurden feucht. Eine elegante Pariserin sagte sogar zu dem jungen Manne, der sie herbegleitet hatte: „Ich finde das herzzerreißend!" Was Bernar din anbetrifft, so verachtete man ihn noch etwas mehr wie vorher. Er war einfach freigesprochen worden. Jetzt, da er wieder in Freiheit gesetzt worden, verdiente dieser Mann auch nicht mehr eine Minute die Aufmerksamkeit des „geistreich sten Publikums der Welt." II. Als Bernardin sich auf dein Quai allein sah, wankte er zuerst wie ein Betrunkener. Er hatte so viele Monate im Gefängnis zugebracht. So viele Tage und Nächte waren seine Augen auf den immer gleichen Wänden seiner Zelle haften geblieben! Die frische Luft berauschte ihn. Die heitere Junisonne schoß in dichten Flammenstreifen über den Pont-de Change und den Boulevard du Palais. — Leute gingen vorüber, die da lachten oder von ihren Ge schäften sprachen. Unwillkürlich folgte Bernardin Morel ihnen. Er drängte sich unter die Menge und wunderte sich, daß sie ihn nicht kannte. Er hörte zu, wie diese und jene sprachen, und eine Uebcrraschung bemächtigte sich seiner bei dem Gedanken, man könne sich mit etwas anderem als mit dem Verbrechen von Rueil beschäftigen. Bevor seine brüderliche Liebe ihn in das düstere Drama gerissen hatte, war er ein ganz einfacher Beamter. Als er eine kleine Erbschaft gemacht, die ihm 1200 Franks Rente brachte, zog er sich im Jahre 1872 in eine kleine, aus drei Zimmern bestehende Wohnung im sechsten Stock auf dem Quai Voltaire zurück. Er stand bei Tagesanbruch auf, besuchte die Vuch- läden und bummelte vor der Bureaustunde auf den Boulevards umher. Manchmal setzte er sich auf eine Baick und las den Schmöker, den er sich eben gekauft hatte. Nicht etwa, daß er seltene Bücher wählte. Er schwärmte für Romane aus dem ersten Kaiserreich, in denen unnatürliche Sentimentalität sich mit über schwänglichem Heldentum paart. Dann kaufte er das „Petit Journal", in dem er stets nur das Feuilleton las. Er steckte es sorgfältig in die Tasche; das war seine Abendmahlzeit, die Belohnung des Tages. Darauf ging er ins Bureau, arbeitete wie ein Neger, frühstückte eine Kleinigkeit und war um 5 Uhr nachmittags sein freier Herr. Nun überließ er sich den Freuden der Familie, wie er es nannte. Er begab sich zu seinem Bruder, einem kleinen Kaufmann in der Avenue de Meuilly. Hier speiste er in dem Hinterzimmer mit Jean und Micheline und beendete den Tag mit einer Partie Do- mino. Dann kehrte er — immer zu Fuß — nach dem Quai Voltaire zurück; denn einen Omnibus erlaubte er sich nie, weil er das für einen unstatthaften Luxus hielt. Hierauf legte er sich zu Bett und las sein Feuilleton. Dann schlief er friedlich ein, UM am nächsten Tage von neuem zu beginnen. Nie waren ihm selt same Gedanken in den Sinn gekommen. Er liebte seinen Bruder und seine Schwägerin, aber nie hatte er daran gedacht, daß ein Drama in das Leben dieser beiden Wesen treten konnte, die anscheinend so einig lebten. Wenn er zu fällig Micheline abends nicht in der Wohnung antraf, dann sagte er zu Jean: „Deine Frau ist ja nicht da!" und spi oeltehne die geringste Unruhe Domino, ohne die düstere Miene seines Bruders zu bemerken. Eines schönen Tages war das Drama zur tiefsten Bestürzung Bernardins zum Ausbruch gelangt. Scharfe Worte wurden zwischen den beiden Gatten gewechselt, dann kamen gegen seitige Vorwürfe und endlich Handgreiflichkeiten. Eines Sonntags sah Bernardin seinen Bruder in einem Zustand höchster Aufregung. Der kleine Kaufmann packte ihn beim Arm und rief mit dumpfer, gebrochener Stimme: „Ich werde den Geliebten meiner Frau töten." Als er dann Jean Morel bei der Aus führung des Verbrechens helfen sollte, gehorchte er: aber er dachte seufzend an sein ruhiges Leben, das er auf so rohe Weise störte. Ja, ja, es war zu Ende, das ruhige Leben. Im Gefängnis begann für ihn eine neue Qual! Er lernte das Denken. Die Romane machten ihm keinen Spaß mehr; die Feuilletondramen interessierten ihn nicht mehr. Sein Roman, sein Drama war das einzige, was ihn beschäftigte. In jeder Minute, in jeder Sekunde durchlebte er wieder die furchtbare Tra gödie, in die man ihn so brutal verwickelt hatte, er durchlebte das Verbrechen in seinen geringsten Details. Und nach und nach schlich sich ein 8 seltsamer Gedanke in seine Seele ein. Hatte er auch das Recht gehabt, seinem Bruder zu helfen? War er moralisch schuldig oder nicht? Dieser quälende Gedanke verließ ihn nicht. Sein Nervensystem verfeinerte sich, und etwas wie Intelligenz gewann in diesem kranken Schädel Raum. Schlaflose Nächte reihten sich an schlaflose Nächte; endlos folgten die Tage den Tagen. Und eö mar stets dieselbe unauf hörlich sich erneuernde Qual der in einer Seele aufkeimenden Gewissensbisse, die endlich nach zudenken begann. Als die Prozeßverhandlungen heranrückten, war er nicht mehr derselbe Mensch. Der un bedeutende Beamte wurde ein feinfühliges und nervöses Wesen. Er antwortete klar und deutlich auf alle Fragen, die man ihm vor legte und suchte weder zu lügen, noch sich zu euiülmldigen. Und als er sich nach dem Ur teilsspruche frei fand, glaubte er aus einem langen bösen Traume zu erwachen. Plötzlich, ohne Uebergang war er aus dem tiefem Schatten in das Helle Licht gekommen. Der unbekannte Name Bernardin Morel war von einem Tage zum anderen berühmt geworden. Man hatte diesen Namen überall hin tele graphiert. Man hatte ihn in allen Zeitungen des Erdkreises gedruckt. Und es war Ber nardin Morel, als trügen alle Leute, denen er begegnete, diesen Namen auf ihren Lippen, als beschäftige sich die ganze Welt mit dem Ver brechen von Rueil, und als könne er sich nie mals von der entsetzlichen Tragödie losreißen. Oh! nein, er war nicht mehr derselbe, der er vor sechs Monaten gewesen. Langsam kehrte er, am Ufer der Seine entlang gehend, in die kleine Wohnung auf dem Quai Voltaire zurück. Bei ihm hatte sich nichts verändert. An den Wänden hingen noch dieselben Regale aus weißem Holz, die ihm als Bibliothek dienten; im Hintergründe das schmale eiserne Bett; die gewohnten Mö bel ; der alte Fauteuil, der Tisch, die Schachtel mit den Dominosteinen. In einem Winkel eine Sammlung von Feuilletons aus dem „Petit-Journal." Und doch fand er sich nicht mehr in seiner Wohnung zurecht. Es war ein anderer Mann, der da zurückkehrte. Der Körper war abgemagert; die Seele war aus getauscht. Es überkam ihn zuerst eine köstliche Empfin dung, als er sich in sein eigenes Bett legen konnte, und er fühlte, wie eine angenehme Erschlaffung sich seiner bemächtigte. Nach und nach ward er schläfrig, seine Nerven spannten sich ab und zum erstenmale seit sechs Monaten verfiel Bernardin Morel in einen tiefen Schlummer. III. Sogleich überfiel ihn ein böser Traum. Er träumte das Verbrechen, und zwar genau so, wie es sich ereignet hatte. Er speiste mit seinem Bruder und seiner Schwägerin bei dem Vater Virgil; dann stieg er in den Zug nach Rueil, und nun lauerte man dem Unglücklichen auf. Man tötete ihn durch Schläge mit einer Eisenstange; fuhr den Leichnam in einem kleinen Wagen bis zur Seine und warf ihn dort ins Wasser. Die ganze Nacht quälte dieser Traum den Aermsten. Am Morgen er wachte er in Schweiß gebadet, mit zerschla genen Gliedern, vom Fieber geschüttelt. Die warme Sonne beruhigte ihn nach und nach; er ging aus und schritt dem Bois de Bou- logne zu. Er mußte frische Luft haben, saf tiges Grün sehen, und den scharfen Duft der feuchten Zweige einatmen. Dieser Spaziergang beruhigte ihn. Bis gegen fünf Uhr abends war sein seelisches
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