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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Sonnabend, den 12. März 1966, 19.30 Uhr Sonntag, den 13. März 1966, 19.30 Uhr 9. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Gerhard Rolf Bauer, Karl-Marx-Stadt Solistin: Cecile Ousset, Frankreich Robert Schumann Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 52 1310-1856 Carl Maria von Weber Konzertstück für Klavier und Orchester f-Moll op. 79 1786-1826 PAUSE Peter Tschaikowski 1. Konzert für Klavier und Orchester b-Moll op. 23 1840-1893 Larghetto affetuoso — Allegro passionato — Tempo di Marcia — Piü moto-Presto giocoso Allegro non troppo e molto maestoso Andantino simplice Allegro con fuoco ZUR EINFÜHRUNG Zu Beginn des heutigen Konzertes erklingt Robert Schumanns Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 52. Dieses Opus, manchmal auch als „Sinfonietta“ bezeichnet, stammt aus dem „Sinfoniejahr“ des Komponisten, in dem er auch die 1. Sinfonie und die Erstfassung der späteren „Vierten“ schrieb. Mit dieser gemeinsam kam es am 6. Dezember 1841 zur Uraufführung. Später arbeitete Schumann den letzten Satz noch um. Das Werk stellt eine Auseinandersetzung mit der Sinfonik dar, ohne allerdings den musikalischen Reichtum der Sinfonien zu erreichen. Thematisch ist die kleine Komposition recht einfach gehalten, offenbart aber in den lyrischen Episoden echt Schumannsche Kantabilität. Gleich der An fang der Ouvertüre gibt davon Zeugnis. Abwechselnd spannen Oboen und Violinen einen weiten Melodiebogen, ehe das Allegro daherkommt. In diesem manchmal fast heroischen Teil hat aber auch das kantable Anfangsthema seinen Platz, dem veränderten Tempo seinen Charakter anpassend. Das Scherzo ist auf einem durchgehenden punktierten Rhyth mus aufgebaut, der dem in cis-Moll gehaltenen Satz ein straffes und markantes Ge präge gibt. Ein Des-Dur-Trio folgt, zart in seinem Charakter. Holzbläserchor und Strei cher wechseln sich beim Vortrag der lichten Melodie ab. Nach der Wiederholung des Scherzos erklingt die Trioweise noch einmal, im Pianissimo versinkend, wobei sich der markante Rhythmus des Scherzos in den Schluß hineinmischt. Mit zwei fanfarenartigen Rufen wird das Finale (Allegro molto vivace) eröffnet. Dann setzt das kraftvolle Thema ein, das den Charakter des strahlenden, aufwärtsstrebenden Schlußsatzes bestimmt. Carl Maria von Weber, eine der liebenswürdigsten Musikerpersönlichkeiten der frühen deutschen Romantik, der mit dem „Freischütz“, seinem großartigsten Werk, die italieni sche Oper von der deutschen Bühne verdrängte und der deutschen Nation die erste romantische Volksoper schenkte, hat für das mit Orchester konzertierende Klavier drei Werke geschrieben, die Klavierkonzerte C-Dur op. 11 und Es-Dur op. 32 sowie das heute erklingende Konzertstück f-Moll op. 79, das zwischen 1815 und 1821 komponiert wurde. Weber, der ein brillanter Pianist war, spielte es kurz nach der Vollendung erst mals in der Öffentlichkeit. Webers Klavierstil, der noch nicht die Lisztsche Überladenheit kennt, sondern eher zwischen Mozart und Chopin vermittelt, wird von den typischen Elementen seiner Tonsprache beherrscht, der romantisch-subjektiven Empfindsamkeit mit ihren Stimmungsgegensätzen, die oft von außermusikalischen Vorstellungen angeregt sind, der schillernd-virtuosen Bravour und der reich quellenden Melodik. Das effektvolle, brillante Konzertstück f-Moll, nach dem Vorbilde Louis Spohrs als „Ge sangsszene“ komponiert, weist dramatische, ja opernhafte Züge auf. Ein konkretes Pro gramm liegt dem Werk zugrunde: Abschiedsszene eines Kriegers von der Braut (es handelt sich um die Zeit der Befreiungskriege!), Schmerz über die Trennung, Rückkehr des Gelieb ten und freudiges Wiedersehen. Mit plastischer, eingängiger Thematik, schönen romanti schen Klangfarben hat Weber die wechselnden Stimmungen dieser „Szenen“ gestaltet. Die einsätzige, in sich vierfach gegliederte Anlage des Stückes ist übersichtlich. Ein klagendes Larghetto affetuoso eröffnet das Werk mit gesangvoller Melodik. Klavierpassagen füh ren zu einer Kadenz, die in das Allegro passionato mündet. Leidvoller Ausdruck wird von spielerischem abgelöst. In den Fagotten kündet sich das folgende Tempo di Marcia CfiCILE OUSSET wurde im Jahre 1936 in Tarbes (Frankreich) geboren und zeigte bereits in frühester Kindheit ein außerordentliches musikalisches Talent. Sie studierte Klavier bei Marcel Ciampi am Pari ser Nationalkonservatorium und erhielt schon mit 14 Jahren einen ersten Preis, dem sich in der Folge zeit noch zahlreiche Auszeichnungen bei internationalen Wettbewerben anschlossen. Die hochbegabte junge französische Pianistin hat seitdem eine brillante internationale Karriere angetreten. Eine ausge dehnte Konzerttätigkeit führte die Künstlerin bisher zu Soloabenden und Konzerten mit großen Or chestern in fast alle Länder Europas, darunter nach Belgien, Spanien, Portugal, Italien, Westdeutschland, die Schweiz sowie nach Nordafrika und Nordamerika. In der DDR gastierte sie erstmalig 1964.