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WM Leipziger Allgemeine Zeitung. ZAT len Postämtern de» " ,,/» Or. ' ^n: und Auslandes. . . . . »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Spanien. cMadrid.) — BroGPrttannten. — Krankreich. ('"Paris.) — Deutschland. (Sachsen; -j-Hanover; Karlsruhe.) — Dstreich. ('Presburg.) — Schwei,. — Rutzland und Polen. — Türkei. — Borfennachrichten. — Ankündigungen. Spanien. *Eadrid, 4. Sept. Gestern Nachmittag nach Abgang der Post erhielt endlich die Regierung einen von dem Herzoge de la Vic toria aus seinem Hauptquartiere Bergara am 31. Aug. abgefertig ten Kurier, dessen überbrachte Depeschen die bereits früher umlau fenden Gerüchte im vollsten Umfange bestätigten. Um 5 Uhr wur den die Deputieren, die ihre Sitzung bereits aufgehoben hatten, aufs neue zusammenberufen, und der Kriegsminister verlas in der Ver sammlung eine Depesche Espartero s, worin dieser anzeigte, daß er kraft der ihm von der Regierung ertheillen Befugnisse eine Überein kunft mit dem Generallieutenant Don Rafael Maroto, früherem Chef-der feindlichen Streitkräfte, abgeschlossen habe. Darauf hät ten sich am 31. Aug. in Bergara fünf Bataillons und zwei Schwadronen Castilier, drei Bataillons, vier Compagnien und eine Schwadron Guipuzcoaner und acht Bataillons Biscayer mit vier Haubitzen eingestellt; er selbst habe ihnen den ewigen Dank des Va terlandes für ihre Vereinigung mit seinen Truppen versprochen und qls Zeichen der Aussöhnung den General Maroto öffentlich umarmt. Er hoffe, daß die auf der Linie von St.-Sebastian befindlichen Gui puzcoaner. ebenfalls der Übereinkunft beitreten, und die Divisionen von Alava und Navarra diesem Beispiele folgen würden. Diese Mittheilung wurde von der Versammlung mit dem größten Jubel ausgenommen. Hr. Olozaga schlug darauf vor, dje erste Handlung der Cortes soll« eine Danksagung an Diejenigen sein, welche ein so erwünschtes Resultat herbeigeführt hätten, vorausgesetzt, daß die con- stitutionelle Regierung in ihrer ganzen Reinheit aufrecht erhalten sei. Mit großer Lebhaftigkeit rief der Kriegsminister zweimal aus: „In ihrer ganzen Reinheit!" worauf dann die Versammlung unter dem lautesten Jubel auseinander ging. Sobald sich die eingegangenen Nachrichten allgemeiner verbreiteten, wurden Straßen und Plätze von einer freudetrunkenen Menge angefüllt, das Geläute aller Glocken erscholl bis nach Mitternacht, und alle Balkone, ja selbst die höch sten Dächer blieben bis Tagesanbruch auf das glänzendste erleuchtet. Und dies ist, glauben Sie mir, nicht der Ausdruck der Freude über «inen errungenen Sieg, es ist das beseligende Gefühl, den abtrün nigen Brüdern endlich die Hand der Aussöhnung reichen zu können. Die Stimmung der Nation ist so, daß eine gegen die Karlisten, welche die Waffen niederlegen, gerichtete Reaction undenkbar ist ; dagegen aber bezweifle ich nicht, daß Cabrera und die übrigen Häuptlinge, die mit der Sache des Prätendenten verschmolzen blei ben, von nun an, ihren endlichen Untergang vorhersehend, den Kampf Mit größerer Blutgier führen werden als je. Maroto scheint übri gens des fernem Kampfes so überdrüssig gewesen zu sein, daß er nicht einmal eine förmliche Zusicherung der Ausrechthaltung der Fue- roS für die baskischen Provinzen ausbedang, und noch weniger die Erfüllung der geschlossenen Übereinkunft von der Garantie dritter Mächte abhängig machte. Die Sache wird nach dem Ausdrucke des Vertrages jetzt in die Hände der Cortes gelegt werden, und von ih rer Entscheidung wird es abhängen, ob die Flamme im Norden völlig gelöscht werden oder in der Asche fortglimmen soll. Alle vernünftig denkende Spanier sprechen laut die Nothwendigkeit aus, den wie dergewonnenen Brüdern nicht nur die verlangten Zugeständnisse zu machen, sondern sie durch Beweise von Großmuth aufrichtig an den constitutionellen Thron zu fesseln. Da aber die Mehrheit der Cortes aus Männern besteht, die nicht der Stimme der Vernunft, sondern der ihrer Leidenschaften folgen, und die, um ein hohles Prin- cip durchzusetzen, ohne Weiteres die Wohlfahrt des Landes aufopfern würden, so ist zu befürchten, daß die Anerkennung der Fueros einen hartnäckigen Widevstand in den Cortes, so, wie sie zusammengesetzt sind, finden und dadurch die Bewohner der Nordprovinzen mit Mistrauen gegen die Sieger, die ganze Nation aber mit Widerwil len gegen das sich in seinen Wirkungen so wenig erprobende Reprä sentativsystem erfüllen werde. Wenn Espartero, wie er selbst an gibt, ohne irgend eine fremde Dazwischenkunft abgeschlossen hat, so ist doch zu wünschen, daß bei dem Streit über die Anerkennung der Fueros die englische Diplomatie, die auf die exaltirte Partei der Cortes einen fast unbedingten Einfluß ausübt, eine vermittelnde Stel lung einnehmen möge. — Es heißt, ein großer Theil der Truppen Espartero's werde sogleich nach Aragonien marschiren, um sich ge gen Cabrera zu versuchen. Die Post von Valencia ist gestern aus geblieben. — Hr. San Millan ist gestern zum Finanzminister er nannt worden; sein Amt ist jetzt das wichtigste, da die Bezahlung und Abfindung der sich unterwerfenden karlistischen Truppen und Civilbeamten große Summen erfodert, und die Armee der Königin doch auch nicht zurückstehen darf. — Der Moniteur enthält folgende telegraphische Depesche des Generalcommandanten der 20. Mililairdivision an den Kriegsmini ster aus Bayonne vom 10. Sept.: „Espartero schreibt mir unterm 8. Sept, aus Tolosa, daß er am S. Sept, seine Bewegungen ins Bastanthal beginnen wird, um Don Carlos zu zwingen, sich nach Frankreich zu flüchten. Er soll mich von seinen Operationen in Kenntniß erhalten." Großbritannien. London, s. Sept. Peel sagte am 13. Mai in seiner Erklärung über seine mis- lungenen Bemühungen, ein neues Ministerium zu bilden, er würde die Schwierigkeiten seiner Verwaltung nickt in Canada, nicht in Jamaica, sondern in dem Zustand Irlands gefunden haben. Das Morning Chronicle erinnert an diese Äußerung und setzt hinzu, Peel sei gewiß von der Unmöglichkeit, Irland durch die Tories zu regieren, so überzeugt, daß er es im Herzen nicht bedauere, die Ver waltung in den Händen seiner Gegner gelassen zu haben. Wenn die Tories an das Ruder gelangten, so müsse Peel, was auch seine persönlichen Neigungen sein möchten, sich mit Denjenigen vereinigen, welche das irländische Volk als seine Unterdrücker hasse. Die anglo- irländische Aristokratie habe sich durch ihr Benehmen in Irland so verhaßt gemacht, daß sie jetzt der mit ihr verbundenen englischen Aristokratie als großes Hinderniß im Wege stehe, und das gedrückte Irland mit seinen 7 Mill. Katholiken werde für immer die TorieS vom Ruder abhalten. Man habe ost gesagt, setzt das Morning Chronicle hinzu, die Aristokratie sei im Ganzen in England nicht unbeliebt, obgleich das Volk jetzt für viele Dinge offene Augen habe, über welche es früher verblendet gewesen sei; aber in Irland werde die Aristokratie verabscheut, und die Ruhe des Landes könne nur er halten werden, wenn man sie nach und nach ihrer Macht beraube, welche, in England erträglich, in Irland durchaus zu den unglücklichsten Ergebnissen geführt habe. Der Franzose Beaumont, Tocqueville s Reisegefährte in Amerika, stimmt in seinem interessanten Werk über Irland mit jenen Ansichten überein: „Die englischen Whigs, sagt er, haben den Vortheil, daß sie im Stande sind, Irland zu regieren, ohne zu gewaltsamen Maßregeln zu schreiten, welche die Tories nicht entbehren könnten. Seit mehr als 50 Jahren, d. h. seit der Zeit, wo das unterdrückte Irland aus der Knechtschaft sich erhob, war die englische Regierung nicht im Stand-, das Land in Gehorsam zu erhalten ohne gewisse Ausnahmegesetze, welche die Centralbehörde mit außerordentlicher Gewalt bekleideten, die nach dem Ermessen der-