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nicht verlassen, doch schien er alle Anstalten getroffen zu haben, sich nach Balmaceda zu begeben. London, 7 Mai. Nach dem Standard wurde unmittelbar nach der gestern er folgten Abstimmung des Unterhauses durch Lord I. Russell «in CabinetS- rath berufen, der heut« um 12 Uhr gehalten wurde. Gleich nach dem End« d«r Berathung brgab sich d«r Lordkanzl«r zur Königin und bat um s«in« und s«in«r Coll«g«n Entlassung. Das G«such ward ange- nomm«n, und wi« d«r Standard hinzusrht, b«haupt«t «in G«rücht, di« Königin hab« d«n Herzog von Wellington zu sich beschildert, «in anderis, «in« solch« Botschaft sei an den Grafen v. Spencer (Lord Althorp) g«richt«t g«w»s«n, «in dritt«s, sie habe den Marquis v. Nor manby zu ihr«m bevorzugt«« Rathgeber gewählt, Nach dem Glob« ist das aus den 8. Mai bestimmt gewesene Lever der Königin bis aus den IS. Mai aufgeschoben, wahrscheinlich in Folg» der Mini- sterialtrisiS. — DaS Oberhaus war heute wegen d«r erwarteten Erklärung d«s Ministeriums gedrängt voll, und unter den Fremden, welch» den Platz vor dem Thron «innahmen, bemerkte man auch den Groß- fürsten-Thronfolger. — Nach dem Standard heißt es, daß der Sprecher, Hr. Aber- rrvmby, in Kurzem in das Oberhaus kommen werd». Wt«d»r Sun sagt, sind außer dem Sprecher auch Hr. Campbell von Islay in Schottland, Frrguson, gleichfalls «in Schottländ«r, und brr schotti sche Lord Queensberry zur Pairswürde bestimmt Nach dem Stan dard wollen die Whigs Sir George Grey zum Sprecher Vorschlägen, nach dem Glob« aber spricht man von dem Kanzler d«r Schatzkam mer (Spring Ric«) oder Hrn. Shaw Lefevre, als den liberalen Be werbern, und daS Morning Cbronicl« glaubt, daß der Letzter« vor all«» d«n Vorzug verdi«n«n und bei allen Parteien Anerkennung fin den werde. Ec hab« mehre Verbesserungen in der Geschäftsord nung des Hauses «ingeführl und als Vorstand in Ausschüssen viele Erfahrungen gesammelt. — Nach dem Courier wird von der Regierung ein Gesetzent wurf vorbereitet, nach welchem di« amtlich«» Verrichtung«» der Com? missar« für die Verwaltung deS Almengesehes auf weitere fünf Jahre verlängert, aber zugleich mehre wichtige Veränderungen des gegen- wärtigen Systems angeordnet werden sollen. Wi« «s h«ißt, soll«» nam«ntlich Vorkehrungen zu einer wirksamem Einsammlung der Ar- mensteuer getroffen und Waisenschulen für große Bezirke angelegt wer den, deren Besichtigung an jedem Freitage dem Publicum gestattet sein soll. — Die Nationalpetition, nun endlich zur Überreichung bereit, war heule «in Gtgenstand allgemeiner Neugi«r, und «s halten sich viele Menschen vor dem Versammlungshause des Convents zusammenge- drängt, um diese Riesenbittschrift zu sehen, die heute in di« Wohnung des Hrn. Attwood gebracht wurde, der sich entschlossen hat, dieselbe wenigstens zu übergeben, wenn auch nicht zu unterstützen. Die Bitt schrift hat 1,250,000 Unterschriften und bis gestern waren Arbeiter beschäftigt, die einzelnen Bogen, welche dieselbe enthalten, aneinan der zu heften, worauf der ungeheure Streif nach und nach um «inen hölzernen Cylinder gewickelt wurde und endlich «in« Roll« bildete, die gegen 4 Fuß im Durchmesser hatte. Die Rolle wurde mit Rei fen umgeben und in einer mit Bändern und Flaggen verzierten Mulde feierlich zu Hrn. Attwood getragen. Der Zug hielt vor dem Bureau der radikalen Zeitung The Sun und brachte dem Herausgeber ein dreimaliges Hoch, wie dieses Blatt erzählt. — Seit längerer Zeit schwebte ein Rechtsfall vor den Gerichten, der für die presbyterianische Kirch« in Schottland von hoher Wich tigkit war und b«i d«r alten Abneigung dieser Kirch« g«g«n di« Aus übung d«S Patronatr«cht« von Laien, welch« fi« s«it der Reformation, b«sond«rS im 17. Jahrhundert als eine Verletzung ihrer freien Verfas sung standhaft bekämpfte, sehr lebhaft geführt worden ist. Der Graf v. Kinnoul schlug als Patron einen Hrn. Boung zu der Pfarrei von Auchltrarder vor, das Presbyterium aber weigerte sich, demselben di« Weih« zu g«b«n und ihn «inzuführen, indem es die Ausübung des Veto für sich und di« Ältesten des Kirchspiels in Anspruch nahm. Di« Frage war, ob daS Presbyterium berechtigt sei, einen von dem recht mäßigen Patron« präseNtirten Pr«dig«r abzuweisen. D«r ob«rst« schot tisch« Gerichtshof (Oourt ok session) entschied geg«n das Presbyte rium, welches dagegen an das Oberhaus Berufung «inlegte. In der am 2. Mai gehaltenen gerichtlichen Sitzung gab Lord Brougham sein Urtheil dahin, daß er nach reiflicher Erwägung aller Umstände und nach g«nau«r Prüfung aller aus di« Frag« b«züglich«n G«s«tze das Urtheil d«- schottisch«» G«richtS b«stätig«n müff«. D«r Lord- kanzl«r Cott«nham that vorg«st«rn d«ns«lb«n Ausspruch, wodurch diese Angelegenheit ihre endlich» Entsch«idung «rhi«lt. „So vtrschwindet, sagt d«r Sprrtator, di« gtprits«n« Unabhängigkeit d«r schotti sch«» Kirch« von d«m Staat«. Das Gtsrtz Cäsar'S ist zu stark für das G«s«tz Christi, wie «S von den Presbyterien, den Synoden und der Generalversammlung (der obersten kirchlichen Behörde) in Schott land verwalt«! wird. In Schottland wie in England ist daS Haupt der Kirch» Cäsar, d. h. M»lbourn«'s Königin Victoria." — Dir N« wS sagt, die angekündigt» Flugschrift über dir g«g«n- wärtig« Krists in Frankrrich, für d«r«n Vrrfassrr französisch« Blätter Lord Brougham halten, könnt auch von I. W. Croker (dem thäli- gen Mitarbeit« am Quarterly R«vi»w) s«in, der gleichfalls einige Zeit in Paris gewesen sei und selten Frankreich besuche, ohne nach seiner Rückkehr eine Toryladung gegen den „Frind" abzftfeuern. — Nach dem Globe melden Brief« aus Bombay vom 25. Febr., daß der britische Resident in Buschir weg«» d«r ihm zugtfügtei» Be leidigung«» die britisch« Flagg« von seiner Wohnung abgenommen habe, und daß daS Linienschiff Wellesley von 74 Kanonen abgegangen sei, um die Perser zur Besinnung zu bringen. — Di« Hamburg«« N«u« Z«itung brrichtet Folgendes aus Helgoland vom 6. Mai: „Harro Harring ist wieder hier gewesen. Ein Schiffer, dem er versichert, seine Papier» seirn in ge- nügendrr Ordnung, halt« ihn von J«rsry mitgrnommen. Dies muß ab»r nicht d« Fall g«w«sen sein, d»nn d«r Gouv«rn«ur King ließ ihn alsbald sestnehmen und auf «in Schiff bringen. Von die sem sprang er ins Meer, hielt sich aber durch Schwimmen so lange über dem Wasser, bis man ihn wieder vom Schiff aus rettete. Der Schiffer stellt« ihm frei, ihn zu landen, wo er wolle; er erklärte aber, nach England dürft «r nicht mehr kommen und wünche des halb auf die Elbe an Bord eines französischen Dampfschiffes gebracht zu werden. — Die Petition der Helgoländer zur Erlangung einer den andern englischen Colonien gleichen Verfassung befindet sich in den Händen Joseph Hume'S. Frankreich. Paris, s. Mai. e Die 221 haben sich gestern versammelt; es waren ihrer indes nicht 221, sondern nur 95. Man berathschlagte über d«n Maugum'- schen Antrag, und die Anwesenden, obgleich in so geringer Anzahl, waren in der allervollständigsten Uneinigkeit; man discutirte sehr leb haft, sehr eifrig. 54 waren für die Verwerfung' des Anttags, sl für die Berathung desselben; da erhoben jene den außerordentlichen Anspruch, dies«, als Minorität, sollten sich ihnen unterwerfen. Was auch beschlossen worden, gewiß ist, daß gestern das Journal desDe- batS anzeigt, der Verein habe für di« Berathung des Antrags ge stimmt. Wir wollen nun sehe», ob di« 221 nach dem Beschlusse der Majorität oder ob sie nach dem Befehl» des Journal des Debats stimmen werden. (6on8titutionnvl.) — Das Journal des Debüts sagt über das provisorische Ministerium und über den Antrag zur Adresse: Wenn 60 Tage vergangen sind, ohne daß Abhülft in der Bedrängniß erschienen, so hat man nicht den Muth , sich einer Maßregel zu widersetzen, in welcher Manche noch «in» Hülfsquell« sehen. Was läßt sich in solchem Falle thun? Soll man theilnahmlos dastrh«», und wart»«, daß sich ein Ministerium so zu sagen von selbst mache, auf die Gefahr hin, sammt unserer Charte und unsern Kammern «in G«g«nstand d«s Spottts und d«r V«rachtung d«r g«sammt«n Welt zu w«rd«n? Frankreich ist ruhig; aber wer steht uns dafür, daß nicht irgend ein außer aller Berechnung liegtnh,- Ereigniß uns plötz lich überfällt, während wir ohne Ministerium, ohne Regierung sind. Sind wir nun wirklich ohne Ministerium? Ja, wir sind es. Das gegenwärtige verwaltet, aber regiert nicht. Unter einem provisorisch«» Ministerium ist, man muß es sagen, der gesammte Zustand d«s Landes provisorisch. Man sehe nur die gegenwärtigen Debatten, die sich selbst überlassen bleiben, bei denen Niemand da ist, zu leiten, zu hemmen. Die Minister mischen sich gar nicht «in, oder thun es nur, um in aller Aufrichtigkeit ihre« Herzens zu sagen, daß sie nicht Minister sind, es nicht sein wollen. Diese Erklärung hat heute Hr. Girod gegeben, mit einem Ton, einem Ausdrucke, wonach auch in dem Aller- mistrauendsten der Argwohn hat schwinden müssen, daß mandarauf I stnne, aus dem provisorischen Ministerium ein definitives zu machen. I DaS jetzige Ministerium hat bisher große Dienst« g«l«istet; aber um I vor der Kammer zu b« stehen, dafür taugt es, als provisorisches, nicht. I