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abemuer Weiger und Zeitung für Seifersdorf, Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdors, Lübau, Borlas, s rchtritz etc. Nummer 111. Aus unserer Gegend. — Nicht lange mehr und sie ist da, die Zeit der köstlichen „Schummerstunde", die erste Stunde nach An bruch der Dämmerung an den Herbstabenden, an welchen es draußen kühl und feucht wird, wo die Nebel wallen und die spielfreudige Jugend in die Stube treiben. Mütter lein oder Großmütterlein sitzen am Fenster, die Hände, welche so fleißig noch an einer Handarbeit thätig gewesen, sinken in den Schvvß und die Kleinen gruppiren sich im Halbkreise um die geliebte Gestalt. Es ist so traulich im Zimmer, von draußen dringt durch den Straßennebel der Schimmer einer Straßenlaterne ins Gemach, die Wagen rasseln vorüber und ein mürrischer Köter bellt wüthend in den Nebel. Wie ganz anders drinnen! Das wären ja nun keine richtigen Kinder, wenn es ohne alle und jede Neckerei abginge. So lange die Wangen noch glühe» vom Spiel auf der Straße, fehlt es auch an allerlei Neckereien Nicht. Ein kleiner Mund verzieht sich wohl mal zuin Weinen, dann giebt's einen Schlag auf die Finger, ein kurzer Schrei, aber ein mahnendes „Wollt Ihr wohl!" stellt doch die Ruhe wieder her. Und so wenig solche Mahnwvrte, die keinen „praktischen Hintergrund" haben, auch wohl am Tage wirken mögen, in der Schummer stunde verfehlen sie sicher ihren Eindruck nicht. Sitzt die Zuhörerrunde nicht still und artig da, dann ist es nichts mit dem Märchen. Und dann geht es an's Bitten, noch mal eine Verwarnung und dann klingt es vom Munde der Erzählerin: „Es war einmal". Und athemlos, mit glänzenden Augen, mit gefalteten Händen lauschen sie alle den Wundern, welche vor ihnen die Vvlkspoesie, die uralte aufbaut. Blitzschnell fliegt die Zeit dahin, bis die Lampe erscheint. Vorbei die trauliche Stunde! Ja, selbst einem vom Leben gestählten Manne wird's doch noch wehmüthig zu Sinn, wenn er der fußen Schummerstunde gedenkt. — In der letzten Sitzung des Bezirksausschusses der Kgl. Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde fand von Konzefstonsgesuchen dasjenige des Gastwirths Geier in Spcchtritzmühle um Erlaubmß zur Tanzmusik für geschlossene Gesellschaften in dem neuerbauten Salon Donnerstag, den 19. September 1895. Berücksichtigung. Genehmigung ertheilte der Bezirksaus ausschuß ferner zu Abmachungen der Gemeinde Spechtritz mit der Kgl. Staatsforstverwaltung in Bezug auf den geplanten Wegebau von der Spechtritzmühle nach dem Dorfe Spechtritz hinauf. Zu dem in Frage gezogenen Erlaß eines Verbotes des Badens im Freien konnte der Bezirksausschuß ein Bedürfniß für hiesigen Bezirk nicht anerkennen. — In der letzten Bezirksausschußsitzung der König lichen Amtshauptmaunschaft Dresden-Altstadt genehmigte man unter den zahlreichen Schankkonsessions-Gesuchen das Gesuch des Mühlenbesitzers Dankelmann zu Niedersedlitz um Einrichtung eines Kantinenbetriebes für seine Ange stellten unter der Voraussetzung, daß kein Gewerbe daraus gemacht werde. Dem Baumeister Reif in Niederhäslich wurde die regulativmüßige Tanzmusik in den Sommer monaten genehmigt. Der Grundstücksbesitzer Dietel zu Altfranken erhielt die Genehmigung zur Errichtung einer Schlächterei in Gompitz, F. L. Müller zu Pvtschappel, sowie Frau Koch zu Thar and zum Kleinhandel mit denaturirtem Spiritus, und Richard Just zu Dresden wurde nachgelassen, das ihm zustehende Schankrecht in Cunners dorf durch seinen Pächter Schluckwerder ausüben zu lassen. Dagegen wurden abschlägig beschieden die von Körner in Neucoschütz, Standfuß in Quohren, Schöne in Löbtau, Konditor Lorenz in Plauen, Schänk wirts' Johann Schulze in Dresden und dem Görlitzer Waaren-Einkaufs-Verein, Filiale in Plauen, eingebrachten Schankkonzessions-Gesuche verschiedener Art mangels Be- dürfnisses. Sowohl aus diesem Grunde, wie auch wegen mangels eines Wagenhalteplatzes lehnte man das Gesuch Bültner's in Zschiedgc um Konzession zuin Bier- und Branntweinschanke in Deuben ab. Verkehrspolizeiliche Gründe sprechen mit bei Verwerfung der Gesuche von Fleischer zu Groß bürgk und Züllchner zu Gittersee, welch' Letzterer den Schank ebenfalls in einer über die Straße hinweg in Coschützer Flur gelegenen Veranda ausüben will. Dem Fleischermeister Kreusel zu Obergorbitz konnte die nachgesuchte Konzession zur Gastwirthschaft nicht ertheilt werden, nachdem der Gasthof erst seine 8. Jahrgang. Lokale vergrößert hat, um das vorhandene Bedürfniß zu decken und erst vor Kurzem ein Gesuch für das Kunath- sche Grundstück abgelehnt worden ist. Ferner wurde die nachgesuchte Zergliederung des Grundstücks Fol. 42 für Döhlen genehmigt. Die Vergrößerung der Fabrik von Malky u. Janke zu Deuben wird bedingungsweise zuge- gestimmt. Dem Schankwirth Krätzschmar zu Neucvschütz, welcher sür das „Glückauf" um allsonntägige Tanzmusik nachsucht, wird Befürwortung für die dritten Sonntage des Monats zugesichert. Die Absicht der Gemeinde Hartha mit Spechtshausen, von denjenigen Sommer frischlern, welche sich dort länger als zehn Tage aufhalten, als Beitrag zu Verschönerungsanlagen 5 Pfg. von der Mark des monatlichen Miethbetrages zu erheben, fand die Zustimmung des Bezirksausschusses nicht. Dagegen er klärte man sich einverstanden mit einem Nachtrag zum Anlagen-Regulativ für Lübau und einem Ortsstatut, betreffend Bedürfnißnachweis für Gast- und Schankwirth- lchaften. Es soll ferner eine Bekanntmachung erlassen werden, daß jeder Feldbesitzer für Tödtung überhand nehmender Feldmäuse besorgt sein soll und die Gemeinde- Vorstände ev. unter Zuziehung von Sachverständigen darüber zu wachen haben. Ein Statut, betreffend die Pensionirung der berufsmäßigen Gemeindebeamten zu Kleinnaundorf wurde gütgeheiben. Gesuche um Wegebau-Beihilfen lagen von Reick, Mohorn und Nieder pesterwitz vor. Aus staatlichen Mitteln werden für den ganzen Bezirk 14—15,000 Mk. zu erwarten sein, von denen ein wesentlicher Theil den Gemeinden an der Meißnerstraße zufallen wird. Mohorn soll zur stellen weisen Verbreitung über Grund nach Spechtshausen einige Hundert Mark Zuschuß erhalten und Niederpesterwitz er hält zur Beseitigung der Wegenge an dem nach Ober pesterwitz führenden Wege, wobei mit einem Aufwand von 5—6000 Mk. zu rechnen ist, aus Bezirksmitteln sür 1896 die Summe von 500 Mk. in Aussicht gestellt. Ueberdies werden sich Bezirksausschuß und Amtshauptmaunschaft dafür verwenden, daß aus Staatsmitteln wenigstens noch 1000 Mk. gewährt werden. (Nachdruck verbalen.) Die Holzrechtler. SensaUvns-Roman aus dem Fichlelgebirgc vvu Ira Pera. (Fortsetzung.) „Diese Marei ist unzweifelhaft feil« Kind, wenn gleich der Bauer es bestreitet, daran ist gar nicht zu zweifeln." „Ich glaube es selbst, pflichtete Thekla bei. „Was aber soll uns die Sache nützen?" „Sehr viel, alles sogar, wie ich hoffe!" antwortete Thüngen. „Hartstein hängt mit emer zähen Leidenschaft au dem Gedanken, dieses Mädchen in seine Gewalt zu bringen. Um den Bauern wie auch Marei zu zwingen, würde er eher ganz Fuchsberg an den Bettelstab bringen. Darauf bau ich. Ich entziehe ihm das Mädchen so lange, bis er in unsere Verbindung einwilligt." „Wie aber könntest Du das anstellen?" „Dafür laß mich sorgen. Was das nöthigste ist ich brauche fünfhundert Mark. Kannst Du sie mir beschaffen?" „Gewiß; ich besitze noch etwa das Doppelte und reiche auch mit der Hälfte bis zum nächsten Ersten, wo ich die Zinsen meines mütterlichen Erbtheiles erheben tau». Aber wozu brauchst Du denn das Geld schon wieder?" „Ich kann die Sache mit dem Mädchen nicht allein wachen und ein Helfershelfer kostet Geld!" „Höre, Lie Sache ist gefährlich!" warnte Thekla. „Kann unsere Lage sich denn noch mehr verschlim- wcrn!" fuhr Thüngen auf. „Nach der heutigen Scene kann ich nicht mehr bleiben, noch diese Nacht verlasse ich das Schloß!" „Dann gehe ich mit Dir!" rief Thekla mit ent- Wossener Stimme. „Unser Geschick ist fest miteinander berknüpst!" „Die Klugheit gebietet, daß Du vorläufig noch bleibst," verletzte der Baron. „Ich selbst gehe ja nicht dwit, doch braucht dies Hartstein nicht zu wissen. Du feilst ihin nun in trockendster Weise mit, daß ich aller dings ging, aber diese Marei mit mir nahm und daß er das Mädchen nie mehr zu sehen bekomme, falls er nicht l°lne Einwilligung gebe. Meinetwegen kannst Du ihm dnch ruhig erklären, daß Du genau das Verhältniß weißt, 'n welchem er zu Marei steht. Er wird wahrscheinlich wüthen, aber es wird nichts helfen. Sobald er seine Einwilligung giebt, führe ich ihm das Mädchen wieder zu. Er möge sich beeilen, sonst ist es zu spät. Polizeilich verfolgen lassen kann er mich gar nicht, denn er müßte ja riskiren, daß seine ganze Vergangenheit durch mich ans Tageslicht gezerrt würde. Begreifst Du mich nun?" „Ja — aber welch ein schmutziger Handel!" er widerte Thekla angewidert. „Er will es nicht anders!" warf Thüngen rücksichts los hin. „Und soll ich etwa einen Mann schonen, der mich mit der Reitgerte behandelt?" „Wohin bringst Du das Mädchen und wie gelangt es in Deine Gewalt?" fragte Thekla ausweichend. „Ich verberge es irgendwo; einen sicheren Ort werde ich schon ausfindig machen," antwortete er. „Auch das andere überlasse meiner Sorge. Gieb nun das Geld; ich brauche es, um meinen Helfershelfer zu bezahlen." „Was ist das für ein Mann?" „Du kennst ihn nicht, also hat es keinen Zweck, Dir denselben zu beschreiben." „Aber ich habe ein Recht zu fragen, ob Du ihn in der bewußten Nacht kennen lerntest, als Herr von Buchau — starb?" entgegenete sie gereizt. Der Baron sprang empor. Er war hochgradig erregt. „Ja — meinetwegen!" rief er. „Daun war es also auch ein Helfershelfer bei dem Morde Buchaus!" sprach sie tonlos. Es streifte ihn wie ein eisiger Hauch. Er hemmte den Fuß und Thekla mit fahlem Gesicht anstarrend, murmelte er: „Was — hast Du da soeben gesagt?" „Daß Du, vielleicht mit Beihilfe eines Andern, Buchau ermordet hast!" lautete ihre Antwort. Sie regte sich nicht, als sie ihm abermals diese fürchterliche Anklage ins Gesicht schleuderte. Nur ihr Blick, groß und dunkel, lag brennend auf ihm. Er versuchte zu lachen, aber es war ein förmliches Kreischen. „Du verlegst Dich auf ganz sonderbare Scherze!" stieß er hervor. „Ich sollte —? Warum denn, weshalb denn? Du hättest Dich ja einem wahren Banditen zu eigen gegeben!" „Ich kann Dir auch sagen, weshalb Du es thatest," sprach sie rauh, als wäre tief im Herzen eine Saite gesprungen. „Um meinetwillen hast Du deinen Freund verrathe», zum Dieb und Laiidesverräther gemacht. Du bist mit Buchau am Tage des Empfanges hier zusammen getroffen und er sagte Dir vielleicht, daß er Dich am nächsten Tage den Gerichten übergeben wolle. Um dies unmöglich zu machen, mußte er sterben." Sie hatte es genau errathm und Thüngen war darüber so überrascht, daß er erst kein Wort der Abwehr fand. „Deßhalb Deine Entfernung in Nacht," fuhr sie fort, ich bin immer mehr mit mir einig darüber ge worden; Du selbst warst der Dieb und Laiidesverräther, bist der Mörder." „Du rasest ja," stieß Thüngen matt durch die Zähne. „Es fehlte nur noch, daß Du mich dem Gericht anzeigtest!" „Ich thue es nicht, das weißt Du wohl," versetzte sie ächzend. „Ich schaudere vor dem Abgrund, an dem Du mich geführt hast, vielleicht stürze ich hinunter — aber dann geschieht es mit Dir. Bis dahin will ich denken, daß Du alles um meinetwillen thatest, den Verrath von Erhard, um mich zu erringen, den Mord an Buchau, um mich nicht verlassen zu müssen! Ich hätte nie geglaubt, daß es möglich ist, auch einen Mann zu lieben, der eine Blutschuld auf sich lud, jetzt habe ich es selbst erlebt. Ich sollte Dich hassen, verabscheuen, ich erkenne den Dämon in Dir, Du hast mich elend, ver ächtlich gemacht aber ich liebe Dich!" Und plötzlich stürzte Thekla vor dem Baron nieder und umschlang seine Füße. „Verlasse mich niemals," klang es aus der Tiefe ihrer Brust, „sonst mache mit mir was Du willst. Mir ist, als hätte ich alle Brücken hinter mir abgebrochen, seitdem ich Dein wurde. Aber vergiß es nicht: Bist Du ein Dämon, so schläft auch in meiner Brust ein solcher. Wecke ihn nicht! Ich könnte Dich und mich, uns Beide verderben!" Baron Thüngen erhob sich aus dem Stuhle. Er hatte einigermaßen seine Fassung wieder gefunden. Thekla war ihm nicht gefährlich, wenigstens jetzt noch nicht. (Fortsetzung folgt.)