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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y G I E N E - M U S E U M ZUR EINFÜHRUNG Ludwig van Beethoven 1770-1827 Otto Reinhold 1899-1965 Maurice Ravel 1875-1937 Sonntag, den 2. März 1969, 19.30 Uhr 3.KONZERT IM ANRECHT C Dirigent: Lothar Seyfarth Solistin: Eva Ander, Dresden, Klavier Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 (Pastorale) Allegro ma non troppo (Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande) Andante molto mosso (Szene am Bach) Allegro (Lustiges Zusammensein der Landleute) Allegro (Gewitter, Sturm) Allegretto (Hirtengesang, frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm) PAUSE Tänzerische Suite für Klavier und Orchester Sehr belebt - Langsam - Stampfend - Äußerst rhyth misch — Marcatissimo Zum ersten Male Suite Nr. 2 aus dem Ballett „Daphnis und Chloe" (Fragments Symphoniques) Lever du jour - Pantomime - Danse generale EVA ANDER konzertierte schon während ihrer Studienzeit in Dresden. 1951 erhielt sie den Corl-Maria-von-Weber-Preis der Stodt Dresden. Im gleichen Jahre wurde sie an die Deutsche Hochschule für Musik Berlin berufen, wo sie bis 1963 als Dozentin wirkte. Seit 1963 ist sie an der Dresdner Musikhochschule tätig. 1954 spielte Eva Ander mit der Bukarester Philharmonie in verschiedenen Städten der VR Rumänien. Weitere Konzertreisen führten die Künstlerin, die zu den besten Pianistinnen unserer Republik gehört und in eigenen Klavier abenden sowie als Solistin in Sinfoniekonzerten unserer Spitzenorchester große Erfolge auf zuweisen hat, durch die Sowjetunion, die Volksrepubliken Bulgarien, Polen und Albanien, in die CSSR, nach Frankreich, Westdeutschland, Indien und in die Vereinigte Arabische Repu blik. Bei der Dresdner Philharmonie war die Künstlerin seit 1949 wiederholt zu Gast. Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 erhielt durch ihn selbst die Bezeichnung „Sinfonie pastorale" („Ländliche" oder eigent lich ,,Hirten"-Sinfonie). Das Werk, das zusammen mit der im gleichen Jahre ent standenen, jedoch völlig andersgearteten kämpferischen 5. Sinfonie c-Moll erst mals am 22. Dezember 1808 in Wien aufgeführt wurde, steht an der Grenze zwischen „absoluter" und schildernder Musik. Obwohl Beethoven auf dem Ge biete der Programmusik bereits an Vorgänger anknüpfen konnte (so hatte z. B. der Stuttgarter Komponist Justin Heinrich Knecht sogar 1784 schon eine Sinfonie mit ähnlichem Inhalt komponiert), fand er doch auch hier ganz neue Wege und schuf mit der idyllischen Pastoralsinfonie ein Werk, das sich hoch über eine äußerliche, rein naturalistisch malende Programmusik in Bereiche absoluter All gemeingültigkeit erhebt. Bedeutsam dafür ist seine Anmerkung über der Ur schrift der Pastorale „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei". Und obgleich die fünf Sätze der Sinfonie durch ganz bestimmte programmatische Überschriften bezeichnet sind, obgleich Beethoven auch im einzelnen (so in der Schilderung von Bachgemurmel, Vogelgesang und Gewitter) die Anwendung tonmalerischer Mittel durchaus in seine Gestaltung einbezieht, wünschte er doch, wie wir seinen Äußerungen entnehmen können, keinesfalls eine zu genaue Ausdeutung dieser Elemente: „Man überläßt es dem Zuhörer, die Situationen auszufinden. Sinfonia caracteristica oder eine Erinnerung an das Landleben. Jede Malerei, nachdem sie in der Instrumentalmusik zu weit getrieben, verliert. Sinfonia pastorella. Wer auch nur je eine Idee vom Landleben erhalten, kann sich ohne viele Überschriften selbst denken, was der Autor will. Auch ohne Beschreibung wird man das Ganze, welches mehr Empfinden als Tongemälde, erkennen." Dem Meister, für dessen tiefe, innige Naturiiebe und -Verbundenheit viele Zeugnisse sprechen, kam es darauf an, „die Idee vom Landleben" wiederzugeben, die für ihn im Grunde die Idee vom freien Menschen in der freien, „unverdorbenen" Natur bedeutete. In diesem Sinne wollte er „Empfindungen, welche der Genuß des Landes im Menschen hervorbringt", ausdrücken (Kalendernotiz aus dem Entstehungsjahre des Werkes). Eine sehr wichtige Rolle spielt in dieser, klassische Form mit pro grammatischer Schilderung meisterhaft verbindenden Sinfonie charakteristischer weise auch eine starke Einbeziehung der Volksmusik, und zwar, wie durch Unter suchungen insbesondere der Themenbildung, aber auch der rhythmischen und harmonischen Struktur nachgewiesen wurde, in besonderem Maße speziell der kroatischen Bauernmusik. Der „Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande" überschriebene lyrische erste Satz ist ganz von glückhafter, dankbarer Freudigkeit über die zahl losen Schönheiten der Natur erfüllt, die uns in vielen anmutigen, von Span nungen und Kontrasten ungetrübten Bildern vor Augen gestellt werden. Weiche Klangfarben, froh schwärmende Themen, in viele kurze, häufig wiederholte und gleichsam der Natur abgelauschte Motive aufgegliedert (diese Art der Themen bildung ist übrigens für die gesamte Sinfonie kennzeichnend), bestimmen den Satz. — Tiefster, träumerischer Waldfrieden wird uns im zweiten Satz, der „Szene am Bach", geschildert. Zwei kantable Themen bilden die Grundlage dieses reizenden Musikstückes, in dessen Verlauf bei melodischem Wellengemurmel, Vogelgezwitscher und Insektensummen ein überaus zartes und poetisches Stim mungsbild entsteht. In der Coda hören wir schließlich ein scherzhaft nachahmen des Terzett zwischen Nachtigall (Flöte), Wachtel (Oboe) und Kuckuck (Klari nette). — Eine Art Scherzo stellt der dritte Satz, „Lustiges Zusammensein der Landleute" genannt, dar. Ausgelassenes Treiben des Volkes, ländliche Tänze, übermütig parodiertes Spiel der Dorfmusikanten stehen hier im Mittelpunkt. Doch durch ein aufziehendes Gewitter mit Sturm, zuckenden Blitzen, Donner grollen und Regenschauern, von Beethoven mit einfachsten, immer geschmackvoll bleibenden Mitteln wiedergegeben, wird im unmittelbar folgenden vierten Satz das lustige Geschehen jäh unterbrochen. Ebenso plötzlich beruhigt sich die aufgeregte Natur aber auch wieder, und wir empfinden nun im anschließenden fünften Satz („Hirtengesang") „frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm". | Der im %-Takt stehende, breit strömende letzte Satz beginnt mit einer schlichten, volkstümlichen Schalmeienmelodie und bringt in vielen Abwandlungen dieses