Volltext Seite (XML)
in die drei Unterbezirke Meißen, Nossen und Lommatzsch zerfällt. Die hierauf über die Wahl eines Civilkommissars für den neuen Aushebungs bezirk Lommatzsch, sowie über die Neuwahl der Vormusterungs-Com- missionen und der Taxatoren für die Pferdeaushebung gemachten Bor schläge werden dem nächsten Bezirkstage vorgelegt werden. (Res.: Amtshauptmann.) 11. Von dem Gemeindcrathe zu Ockrilla ist eine veränderte Er hebung der Besitzveränderungsabgaben zur Gemeindekasse in der Weise beschlossen worden, daß künftig bei jedem Uebergange eines bewohn baren Grundstücks (ausgeschlossen den Uebergang durch Subhastativn und Expropriation) die Abgabe nach sämmtlichen auf dem Grundstücke ruhenden Steuereinheiten zu berechnen ist und dieselbe bei 100 Steuer einheiten und darunter 1 Mk. und für je weitere angefangene 50 Steuereinheiten 50 Pf. beträgt. Dem Ausschüsse ging gegen Geneh migung dieses Beschlusses ein Bedenken um so weniger bei, als der selbe nicht eine Erhöhung fraglicher Abgabe, sondern nur eine gleich mäßigere Vertheilung derselben bezweckt. (Res.: BezirkSasfessor Gilbert.) 12. Der Gastwirth Bahrmann in Zaschendorf hat um Erweiterung seiner Befugniß zum öffentlichen Tanzhalten insoweit nachgesucht, daß ihm während der sechs Sommermonate dieses Tanzhalten allsonntäglich unter Beschränkung auf die Zeit von Nachmittags 4 bis spätestens 9 Uhr Abends gestattet werde. Wenn nun auch der Umstand, daß in dem Bahrmann'schen Tanzlokale ein anständiges Publikum verkehrt, zu Gunsten des Gesuches sprach, so glaubte man doch schon der Con sequenz halber von der Ertheilung einer so unbeschränkten Tanzerlaub- niß absehen zu müssen, und beschränkte sich darauf, daß von PP. Bahr mann zeither fchon und zwar ohne ausdrückliche Erwähnung im Tanz regulative gepflogene Tanzhalten am ersten und dritten Sonntag eines jeden Monats zu fanctioniren, dergestalt, daß ihm dies für die Folge gestattet sein soll. (Res.: Stadtrath Kurtz.) 13. Der Beschluß der Gemeinde Groitzsch über die Besoldung des dortigen Gemeindevorstandes fand Genehmigung, ebenso wurde die Ertheilung der Schankconcession an den Restaurateur Roßberg in Mess«, nachdem ihm die Benutzung dec Bahnhofstraße und der den Zugang nach seinem Grundstücke vermittelnden Uebergangsschleuße von der Eisenbahnverwaltung bedingungsweise gestattet worden, nunmehr für unbedenklich erklärt. (Ref.: Bezirksassessor Gilbert.) 14. Dem in der Sitzung am 13. vor. MlS. gefaßten Befchlnsse gemäß hat sich die Kgl. Amtshauptmannfchaft über die Frage der Auf bewahrung von Sprengstoffen Seiten der Steinbruchbesitzer, Pächter, Bruchmeister und Steinbrecher mit einem Sachverständigen in Verneh men gesetzt. Auf Grund deS von demselben abgegebenen Gutachtens sprach sich der Ausschuß nunmehr dahin aus, daß a) die Aufbewahrung von Sprengpulver in der Behausung in der Regel nicht genehmigt; l>) die Aufbewahrung in den zugleich anderen Zwecken dienenden Stein brecherhäuschen in den Brüchen aber nur bis zu einem Quantum von 20 Kilo und nur unter der Bedingung, daß die Aufbewahrung in ver schlossenen Kisten stattfindet, gestattet werden möge; o) für größere Quantitäten seien besondere Pulverhäuser vorznschreiben. Hierzu ist aber zu bemerken, daß sich dies nur auf die Sprengstoffe, welche ledig lich als Schießmittet gebraucht werden, also insbesondere auf die aus Salpeter, Schwefel und Kohle hergestellten Pulversorten, nicht aber auch auf Dynamit und ähnliche Sprengstoffe bezieht, rücksichtlich welcher tz 1 des Rcichsgesetzes vom 9. Juni 1884 und die König!. Sächs. AuSführungS - Verordnung vom 8. August 1884 Anwendung finden. (Ref.: Bezirksassessor Gilbert.) 15. Bei einer neulich von dem Vorsitzenden mit Gemeindevorstän den hiesigen Bezirks gehaltenen Besprechung ist über die mangelhafte Ausfüllung der Personbeschreibung Seite 1 in den Gesindez'eugniß- büchern insbesondere aber darüber geklagt worden, daß die Angabe deS Alters des Dienstboten nur nach Jahren ausgedrückt und daher nicht zu erkennen sei, ob das betreffende Altersjahr im Januar oder Dccember rc. zurückgelegt sei. Der Ausschuß erklärte sich daher mit der von den Vorsitzenden beabsichtigten Anweisung der Polizeibehörden deS hiesigen Bezirks auf Angabe des Geburtstages und Geburtsjahres an der betreffenden Stelle bei Ausfertigung neuer Dienstbücher ein verstanden, sowie der Vorsitzende auch darauf hinzuwirken beabsisichtigt, daß behufs eines einheitlichen Verfahrens in dieser Richtung auf ent sprechende Abänderung bei künftiger Herstellung von Diensibücherfor- mularen Rücksicht genommen werde. (Res.: Amtshauptmann.) Hierauf wurde noch über den Termin des nächsten Bezirkstages Rücksprache genommen und sodann die Sitzung geschlossen. Die Grafen von Dürrenstein. Original - Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Dreizehntes Kapitel. Eine Depesche und ihre Folgen. Wie ein grollender Löwe saß der alte Majorathsherr v. Dürren stein in seiner Burg, hartnäckig sein Podogra behauptend, obwohl er, mit einem Stock bewaffnet, rüstig die alten Gemächer durchwanderte und jeden Winkel streng kontrollirte. Es war in der That eine harte Prüfung für der jungen Grafen Albrecht, welcher nur selten das Schloß verlassen durfte und stets zur Disposition des Oheims bereit sein mußte. Da letzterer ein ebenso lei denschaftlicher Schachspieler als Trinker war, so sah sich der junge Graf dazu verurtheilt, die langen Tage und Abende theils in der Trink stube mit dem Alten zu verzechen, theils am Schachbrett zu verbringen, ein Spiel, wozu Albrecht ebensowenig Lust als Geschick zu verspüren schien. „Bei meinem Bart!" donnerte der Majoratsherr einmal übers an dere, „was ist aus Dir geworden, Mensch? Warst damals nicht bloß der leibhaftige Jäger und tolle Zecher, sondern auch ein tüchtiger Schachspieler, der mich mehr als einmal matt gesetzt — und nun? ein gezierter Hofmann, der weder jagen noch trinken mag und ein Esel am Schachbrett dazu. Hast Du am Hofe eines Zulukönigs oder bei einem asiatischen Tyrannen Dich zum Höfling herausgebildet?" Graf Albrecht zuckte lachend die Schultern, und meinte, er wolle nach der Hochzeit den Onkel mit dem früheren Wildfang sicherlich über raschen, da ihm die Rolle des Höflings, welche er nun einmal der geliebten Braut zu Liebe streng beibehalten müsse, selber ziemlich schwer falle. Das Schachbrett habe er seit zehn Jvhen jetzt zum erstenmal wieder angesehen, da dürfe es der gestrenge Onkel mit seinem Spiel nicht so scharf nehmen. Der Alte blickte ihn dann brummend von der Seite an und schüttelte verächtlich den Kopf, schlug ihm aber auch stets die Bitte, seiner Verlobten einen Besuch machen zu dürfen, mit einer gewissen Heftigkeit ab. An einem rauhen Tage schien der Majoratsherr von einer ganz besonderen Unruhe geplagt zu fein. Er durchwanderte mit feinem Stock das ganze Schloß , zankte mit deni Neffen sowohl als mit dem jüngsten Stallbuben und hatte für jeden, der ihm in den Weg kam, ein Schelt wort. „Du meine Güte!" meinte die Jungfer Brigitta zum alten Frank, der sich auf ein Weilchen in ihr trautes Stübchen geflüchtet hatte; „was hat der gnädige Herr heut' wieder für eine grimmige Laune, seitdem Graf Albrecht heimgekehrt, ist gar kein Auskommen mehr mit ihm." „Die Jungfer hat den Nagel auf den Kopf getroffen", versetzte Frank, sich bedächtig eine Prise nehmend, „unser gnädigster Herr Graf scheint sich über den Herren Neffen nicht besonders zu freuen oder an seiner Anwesenheit großen Gefallen zu finden. Weiß die Jungfer, daß der Telegraphenbote vorhin im Schloß war?" setzte er plötzlich, die Schließerin forschend anblickend, hinzu. „Kein Wort weiß ich", rief Brigitta, überrascht von ihrem Stuhl auffahrend, „weshalb hat man mir nichts davon gemeldet?" „Weil der Graf, unser Gebieter, den Boten selber empfing und auch höchstselber abscrtigte, man deshalb auch nicht einmal erfahren konnte, woher die Depesche gekommen. Der junge Herr Albrecht schien ebenfalls ein wenig alterirt davon zu sein, und geruhte gnädigst, mich darum zu befragen." „Sonderbar!" nickte Brigitta gedankenvoll, „ist heul' ein merkwürdiger Tag, lieber Frank! Kein Vertrauen zwischen dem Herrn Grasen und seinem Neffen und der Postbeutel schien heute auch viel mehr zn tragen." „Beini Empfang des Postbeutels erschien der Herr so aufgeregt, so ungeduldig," fuhr Brigitta fort, „und was daS mit dem eigensin nigen Zipperlein, bei welchem man im ganzen Schloß wie ein Unwetter herumfahren kann, für eine Bewandtniß haben mag — aufrichtig ge standen, Frank, mich dauert der junge Herr Albrecht doch ein wenig." „Hm, hm —" meinte der Kammerdiener, melancholisch vor sich hinblickend, „daS sind Dinge, Jungfer Brigitta, über welche man eigentlich nur denken, aber nicht reden dürfte. Wir beide sind zwar sozusagen mit der Familie verwachsen und deshalb wohl berechtigt, alles genau zu beachten, was die Standesehre des HauseS verunglimpfen könnte, indessen — will mir der zukünftige Majoratsherr ganz und gar nicht gefallen, sintemalen es mir vorkommt, als habe derselbe irgend eine schwarze That auf dem Gewissen." Frank hatte die letzten inhaltschweren Worte mit ganz leiser Stimme, gleichsam für sich selbst gesprochen, und die Beschließerin dabei wie beschwörend angeschaut. „Jemine — was redet Ihr da für schreckliches Zeug, Frank?" flüsterte Brigitta zitternd, „am Ende weiß der alte Herr auch schon dergleichen und ist deshalb so unruhig und wunderlich geworden. Richtig ist die Sache nicht, und wer kann wissen, waS ein Mensch, der zehn Jahre zwischen Menschenfressern gelebt hat, Schreckliches auf dem Ge wissen haben mag? Mir wird ganz greulich dabei, wie leicht kann er unter dieser freundlichen Kavaliermaske fürchterliche Dinge verber gen und plötzlich ein wildes Gelüst wieder bekommen. Ich werde mit diesem Gedanken keine Stunde ruhigen Schlafs mehr haben." „So schreit doch nicht so laut, Jungfer Brigitta! helft mir lieber der Sache auf den Grund zu kommen und unserm alten Herrn die Ruhe zurückzugeben." „Ach, wie vermöchten wir einfältigen Leute solches zu bewerkstel ligen," klagte Brigitta, „ja, wenn der fromme Bruder Eustachius noch lebte „Ja, daS beklagte der gnädige Herr noch erst heute Morgen beim Ankleiden," nickte Frank, „er spricht nicht viel über den jungen Grafen, meinte nur, daß er ihn für fein Leben gern mal wieder wild fähe, da er das höfische Wesen nicht leiden könne, und hörte ich ihn zum erstenmal in seinem Leben seufzen. Das bedeutet was, Brigitta!" „Gewiß, gewiß, es geht zu Ende mit ihm," nickte die Alte be kümmert, „draußen hieß man ihn stets den tollen Dürrenstein, wir aber wissen es besser, wie gut und brav er ist, ein wahres Kinderherz! Trinkt er noch wie gewöhnlich?" „Ach, nicht der Rede mehr werth, Brigitta! hab' ihn in der Trink stube belauscht — sitzt wie ein Steinbild vor dem Humpen und rührt ihn nicht an." „Es ist sein Tod," murmelte Brigitta, „der Zweifel ist ein Höllen gewächs, und nun kommt's, nun kommt's." „Was kommt?" fragte Frank erschreckt. „Die Strafe, mein lieber Frank! Der gnädige Herr ist zwar ein guter Christ, er beichtet und besucht die Kirche, aber nur einmal im Jahre —" „Brigitta!" warnte Frank, „unser Herr Pfarrer besucht ihn oft und wird fchon für fein Seelenheil sorgen." „Das wohl," beharrte die Alte, „aber ich weiß auch, daß er ihn nicht gern sieht." „Mögt recht haben, Jungfer Brigitta! wüßte wohl einen, welcher ihm gefallen könnte, den alten Pfarrer Vinzenz in der Residenz." „Ach, lieber Freund, lebt der hochwürdige Herr noch?" fragte die Alte verwundert. „Gott sei Dank! ja — ich sah ihn bei unserer letzten Anwesenheit in der Stadt, als die wunderliche Verlobung gefeiert wurde — wenn wir den Herrn Pfarrer hier hätten, Brigitta?" „Das ist ein guter Gedanke von Euch, Frank! — solltet ihm alle- schreiben, wie?" „Schreiben? hm," meinte Frank, bedenklich den Kopf fchüttelnd, „das möchte eine zu gefährliche Sache fein. Ein Brief kann in an dere Hände gerathen. Lieber möchte ich den gnädige» Herrn um einige Tage Urlaub bitten und selber Hinreisen." „Braver Frank! habt ja ganz prächtige Gedanken heute — aber, was wollt Ihr vorgeben?" „Unbesorgt, Brigitta! — hätte schon längst meinen Vetter, Ignatz Baum, der seit einem Jahr krank in Gundelsberg darniederliegt, besuchen müssen —" „Weshalb hast Du das so lange versäumt, Alter?" unterbrach ihn eine Stimme von der Thür her. Frank wandte sich erschreckt um, während Brigitta einen AuSruf nicht unterdrücken konnte. „Der gnädige Herr!" „Ja, er selber," polterte der alte Graf mit finster zusammenge zogenen Brauen, „glaube gar, Ihr beiden Duckmäuser konspirirt hier, he. — Suche Ihn im ganzen Schloß und muß mir doch noch eine Glocke anschaffen, um dem Saumseligen Beine zu machen, he?" „Verzeihung, gnädiger Herr Graf!" stotterte Frank, blaß vor Schrecken, „die Brigitta und ich werden doch im Alter nicht saumselig werden in der Pflichttreue." „Sehr gut, nicht gemuckst," unterbrach ihn der Graf, „soll meinen Koffer packen, werde sogleich abreisen. Wozu will er den Urlaub haben,