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Peter Tschaikowskij Tschaikowskijs VI. Sinfonie, seine legte, nennt er selbst die „Pathetische“. Er ist edhter Romantiker in diesem Werk, in welchem er mit großem Pathos, also mit einem gewissen Überschwang, seine ihn schmerzlich bewegenden Gefühle zum Ausdruck bringt. Die Sinfonie ist Darstellung seines Innenlebens, sie ist reiner Individualismus, sie ist ichbetont. Sie ist ein Bekenntnis seiner glühenden Seele, das aber vom damaligen Adels- und Bürgerpublikum in Petersburg zur Uraufführung ziemlich gleichgültig und uninteressiert aufgenommen wurde (1893). Es war das Publikum, an das sich Tschaikowskij im zaristischen Rußland allein wenden konnte, denn der Arbeiter und der Bauer war in der damaligen gesellschaftlichen Situation von diesen künstlerischen Ereignissen ausgeschlossen. Das Neuartige an diesem Werke ist die Anordnung der Säge, indem nämlich Tschaikowskij es wagt, das Adagio, den langsamen Sag, von seinem üblichen Standort als zweiten oder dritten Sag wegzunehmen und ans Ende zu segen. Anscheinend ist ihm diese Kühnheit von dem konservativen Publikum seiner Zeit verübelt worden, die dadurch ent standene Problematik war jenem genußsüchtigen Publikum des Jahrhundertsendes schon zuviel. Tschaikowskij hält sich in Hinsicht auf die Form der einzelnen Säge ziemlich streng an das klassische Schema; allerdings ist der Inhalt ausgesprochen romantisch. Das Gefühl überwiegt, eine leidgesättigte Seele schreit ihre Qual in die Welt hinaus. Die Musik ist im letzten Sinne pessimistisch, woran auch die Aus brüche von Trotz und Drohung nichts ändern. Erschütternd ist der Schluß, ein Lamento, ein Klagegesang eines Vereinsamten. Das Werk ist eigentlich eine An klage gegen die damalige gesellschaftliche Situation. Man vergißt leider sehr leicht diesen Ausgangspunkt, man sieht in ihm, allerdings mit Recht, ein Gipfelwerk der russischen Romantik, losgelöst vom gesellschaftlichen Hintergrund. Johannes Paul Thilmann „ . . . Die Kunst gehört dem Volke. Sie muß ihre tiefen Wurzeln in den breiten schaffenden Massen haben. Sie muß von ihnen verstanden und geliebt werden. Sie muß in ihrem Fühlen, Denken und Wollen verbinden und emporheben. Sie muß Künstler in ihnen erwecken und entwickeln . . . “ LENIN 111-18-176 551745-35-52 500 X. 52