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W«n verworfen. Dir Justiz- und Cultusminister zeigte an, daß die Re gierung einen Gesetzentwurf über angemessenen Unterhalt der Geistlichkeit vdrbtreite. — Der Faro meldet die Ernennung der Herzogin v. Alba und dkr Gräfinnen v. Pino Nermesa und Revillas Jijedo zu Ehrendamen der Königin. , , London, 22. Dec. Die Königin und die königliche Familie haben gestern Osborne- House auf der Insel Wight verlassen und das Windsorschloß für die Zeit des Weihnachtsfestes bezogen. — Die Times hält der beendeten kurzen Session eine günstige Schlußrede. Wenn man die-Schnelligkeit erwäge, mit der die Gesetz gebung gewöhnlich vorschreitc, und die unerträgliche Masse von Gerede, welches jeden kleinen Antheil vom Geschäft begleiten müsse, so sei die kurz« Session keineswegs so unfruchtbar gewesen, um weder für ihre Berufung noch für ihre kurze Dauer einer großen Apologie zu bedürfen. Die Krisis und der panische Schrecken in Handel und Wandel, Irland mit seiner Zerrüttung der gesellschaftlichen Ordnung und seiner Armuth rechtfertigten die Berufung des Parlaments, und dieses entsprach derselben Lurch seine Thätigkeit. Es passirtc eine Acte gegen die irischen Mord- und Gcwaltthaten mit einer Schnelligkeit und Einhelligkeit, die noch nicht dagewesen ist. Sogar verstärkt gelangte die Maßregel zu den Lords hin auf, so entschieden stellte sich die Meinung inner- und außerhalb des Hau ses für dieselbe heraus, und die Fürsprecher der Ungebundenheit haben nie eine kläglichere Figur gespielt. Ob die Acte große Dienste leisten wird einer von gesellschaftlicher Demoralisation unterstützten Conspiration gegen über, ist mehr, als man voraussagen kann. Entspricht sie den günstigen Erwartungen, so ist es Gewinn für die Ordnung; im entgegengesetzten Falle wird die Erfahrung der Zwischenzeit für die weitere Gesetzgebung im nächsten Frühjahr erlangt. Der Schrecken in Handel und Wan del ist diesseit des 'Kanales vorüber, und daher auch aller Anlaß zu der in Rede gekommenen Aufhebung der Bankacte. Das Drängen danach ist indeß geblieben. Zwei Schritte zur Beseitigung desselben wur- den gethan; der eine ist die Nkdersctzung eines Comite zur Untersuchung über die Wirksamkeit der bestehenden Gesetze, über den Geldumlaüf und die Ursachen der Handelskrisis. Weniger hätte die Nation nicht befrie digt. Daß die Untersuchung lange Zeit erfodern wird, ist kein Zweifel. Vielleicht gelangen nur aber durch diese frühe Bestellung des Comile noch vor Ende kommenden Frühjahrs zu einem Berichte, und also^zeitig genug, um «ine Abänderung des Gesetzes, wenn nöthig, bewirken zu kön- nen. Wäre daß' Comile sechs Wochen später niedergesetzt worden, so würde 1848 kein legislativer Act in der Sache mehr zu hoffen gewesen fein. Der andere Schritt zur Milderung der Geldklemme war die Acte über Verlängerung' der für comessionirte Eiftübahnbauten gestellten Ter mine und die Zurückziehung von Cisenbahnbills. Der Times scheint damit viel - zu wenig gethan, indeßfeieS doch besser, daß sie im Dec. 1847 alsimMärz 1848 das Parlament Plissirte. Eins aber müsse noch eingcstaNden werden. Die Vorfessiön war eine sehr heitere. Es wurde ein ungewöhnlicher An theil von Einsicht, wohlwollender Gesinnung und Befähigung bewiesen. Sie zeigte eine Mche Reife. Man könnte sie die einmüthige oder auch i die verständige heißen, wenn jede Session ihren Namen haben sollte, denn es will in der That für ein neues Parlament etwas heißen, Uebelwollcn und Thörhrit in ten ersten sechs Wochen seines Zusammenseins so ent schieden httuntergebrücht zu haben. , — Die Wahl des neuen Bischofs von Hereford, wozu vr. Hampden vokgWlagen'ist, wird am 28. Dec. stattfinden. "Sie istam Ende reine Form, und der Gegenvorstellung des Dechanten des Capitels unge achtet wird sie wahrscheinlich ohne'Behinderung vor sich gehen, da das Capitel beiweigert hat, jener Vorstellung beizutreten. Von Oxford wird indeß geschrieben, daß der Bischof vr. Sam. Wilberforce wirklich dem Vr. Hampden angezeigt habe, daß vor dem geistlichen Gericht ein Ver fahren zur Untersuchung seiner Rechtgläubigkcit stattfinden werde. — In der Versammlung des Repcalvereins zu Duvtin am 20. Dec. waren John O'Connell und mehre andere irische Unterhausmitglie der anwesend. Der Erstere klagte in Betracht der neuen irischen Zwangs- bill, wie er die Bill zur bessern Unterdrückung der Verbrechen heißt, daß sie dabei von vielen angeblichen Repealcrn schmählich im Stiche gelassen worden seien. Als Repealrente wurden 19 Pf. St. eingenommen. — Der Expreß meldet, daß die Kassengeschäfte dcr'Postver^ waltung Hrn. Rowland Hill, dem man das Pennyporto verdankt, über tragen worden sind. Wie eine Bekanntmachung der Postverwaltung be sagt, wird vom 25. Dec- an der Schluß der Briefausgabe nach Belgien, Frankreich und Hamburg am Dienstag und Freitag nicht mehr um 10 Uhr wie bisher, sondern um 8 Uhr stattsinden. — In London ist die Sterblichkeit noch immer ungewöhnlich groß. In der am 18. Dec. beendeten Woche starben von den 1,948-200 Ein wohnern 1946, was 900 über die Durchschnittszahl ist; geboren wur den 1ZI9. ^London, 21. Dec. Die Verhandlung-über die Zulassung der Ju den zum Parlamente hat das wunderbare Ergebniß geliefert, daß der böseste Bckämpfcr der Zulassung sie logisch nur fördern konnte, während der tapferste und ergebenste Vertheidiger derselben gar' Manches gesagt hat, was eher zu ihrem Nachtheil als zu ihrem Vortheile wirken mußte. In der Mitte der Kämpfenden standen Lord I. Russell und Sir Ro bert Inglis. Beide haben die Maßregel mit Ruhe und Anstand verthei- digt und angegriffen. Der gesunde Menschenverstand wurde von Beiden geachtet. Lord I. Russell zeigte die Unbilligkeit und Ungerechtigkeit der Ausschließung und war siegreich in Allem, was er sagte. Sir Robert Inglis aber war nicht weniger logisch, indem er behauptete, „daß, wenn die Ausschließung aus dem Parlament eine Entehrung in sich schließe, gar manche Klassen von Engländern entehrt seien", und dann darauf anspielke, daß Niemand im Parlamente sitzen könne, der nicht 300 oder 600 Pf. St Einkommen aufweise. Er ging nicht so weit, den Schluß zu ziehen, daß diese „Degradation" für die armen Leute eben so gut wegfallen müsse als für den reichen jüdischen Bankherrn; aber Andere werden ihn schon ziehen; für den Vertreter von Oxford genügt es, daß er ihn angedeutct hat. Es'-ist ein Elend, daß in dieser Andeutung eine der Hauptursachen der Emanci- pation der Juden in England liegt, denn wenn Hr. v. Rothschild trotz seines Glaubens aus dem Festlande zum Baron wurde, weil er reich und überreich ist, so wird er ganz aus demselben Grunde in England Par- lamcntsglied. Wir freuen uns des Ergebnisses, aber wir würden'uns desselben ganz anders freuen, wenn etwa «in Mann wie unser Riesser oder Meyerbeer anstatt eines Rothschild ins Parlament ausgenommen wor den wäre. Doch wozu rechten! Genüge es uns, daß diesem alten Unrtcht endlich in England die festeste Stütze geraubt wurde, und hoffen wir, daß auch deutsche Staaten nicht gar zu lange anstehen werden, dem Beispiele Englands zu folgen. Wir hoffen, daß dazu die Rede Lord Ashley's das Ihrige beitragen soll, und dagegen die Rede Hrn. O'Jsraeli's nicht wieder verderben werde, was Lord'Ashley so gut gemacht hat. Lord Ashley-ist ein Archihochkirchlicher Englands, er denkt wie die Propheten des Alten Testaments: „Die Nationen und Königreiche, die Gott nicht dienen,'sol len von der Erde ausgcrottet werden"; er denkt, daß England'unterstehen müsse, wenn es Gott nicht mehr diene; und fürchtet, daß es dem wahren Gotte der Christen nicht mehr dienen könne, wenn vier oder sechs Juden im Parlamente säßen. Mit fast unchristlichem Witze sagt er: „Wir fingen damit an, daß wir für ein protestantisches Parlament kämpften, heute kämpfen wir für ein christliches Parlament, nächstens werden wir für ein weißes Parlament, und wer weiß, dann bald für ein männliches Parlament kämpfen müssen." ^Nachdem Lord Ashley aber so'den Grundsatz aufge- 'steür und Wassen, die ihm zu Gebote steh«n, vertheidigt hat, kehrt er auf einmal um und behauptet, daß, wenn er die Juden im Par lament gefunden, er nie versucht haben würde, sie heraüszutreiben, und zwar aus dem Grunde, weil die Juden die achtbarsten, tüchtigsten, ge scheitesten, edelsten Menschen feien. Genug, sie sind-die Elite der Mensch heit, aber sie können keinen christlichen Eid schwören. Der edle Lord schließt: deswegen dürfen sie nicht ins Parlament;'der gesunde Men schenverstand über'würde schließen: deswegen erlasse man ihnen'den christ lichen Eid. Und wer des edeln Lords Rede bis zum Ende liest, - könnte höchstens' dutch'Hrn. D'Jsraeli zu allerlei Zweifeln an diesem-Schlüsse verleitet werden. Hr. D'Jsraeli nämlich ist jüdischer Herkunft und be hauptet einfach, die Juden seien das „berufene" Volk. Wo er einem Manne in der Gegenwart oder in der Geschichte begegnet, der irgend -eine politische, literarische Bedeutung, der irgend eine-Rolle spielt oder gespielt hat, da legt Hr. D'Jsraeli feine Hand: auf ihn und sagt: „Der ist auch ein Jude!" Seine Rede für die Zudenemancipativn iim-Parla ment ist in diesem^Geiste aufgefaßt. Die Christen müssen den-Juden die Hand geben, ,,weil die Juden eine wahre Religion haben. Sie mögen immerhin die Wahrheit nicht so faßlich wie die Christen beken nen, aber Alles, was sie bekennen, ist wahr." Also nur darin, daß die jüdische Religion eine wahre Religion ist, liegt die Ursache ihrer Aufnahme ins Parlament. Wäre sie eine unwahre, so müßten sie aus geschlossen bleiben. Und damit sich Keiner darüber täusche, fetzt Hr. D'Jsraeli hinzu: „Es findet vor einem christlichen Senate. ein großer Unterschied statt zwischen der Stellung eines Juden, und- eines Heiden oder eines Mohammedaners." Somit fußt der Abkömmling der Juden, Hr. D'Jsraeli, der alle tüchtigen Leute ohne Umstände, zu Juden macht, die Emancipation der Juden,auf denselben Grund, her ihrcAusschljeßung bis jetzt rechtfertigen sollte, auf die. Wahrheit oder Unwahrheit ihrer re ligiösen Ansichten. Der Streit zwischen ihm und Lord Ashley ist ein religiöser, der zwischen Lord I. Russell, und Sir Robert Inglis ist ein gesellschaftlicher und staatsbürgerlicher. Rach Hrn. D'Jsraeli müßten die Juden ausgeschlossen bleiben, wenn ihre Religion nicht eine echte und auf Wahrheit gegründete wäre; nach Lord Ashley müssen sie ausgeschlos sen werden,'weil ihre Religion, nicht die Erfodernisse hat, die Hr. D'Jsraeli ihr beilegt. Es gibt sehr viele Juden, die noch nicht zur steini gen Selbstemancipation gelangt sind. Das ist das größte Hinderniß der Judenemancipation, und wenn Hr. D'Jsraeli kein guter Christ wäre, so würden wir ihn trotz seines Sitzes im Parlamente für einen von den noch nicht zur Selbstemancipation gelangten Juden halten.