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3LL3 jeder Combination die Hand zu bieten, wodurch der Sturz einer schlech ten Verwaltung beschleunigt werden könnte, übrigens aber sei an und für sich die Zusammensetzung der Bureaux der Kammer eine sehr unterge ordnete Angelegenheit. Mit dieser Theorie ist die «Presse» nicht einverstanden, sie glaubt vielmehr, daß die Wahl des Präsidenten und Vicepräsidcnten eine sehr wichtige Frage sei, zuvörderst weil damit die Thätigkeit und die politische Haltung der Kammer beginnt, und dann, weil die Kammer dabei auf eine klare und bequeme Weise aussprechcn kann, ob sie die Verwaltung ferner unterstützen wolle oder nicht. Wenn wir unö die Zeit nehmen wollen, die «Presse» von 1843 nachzuschlagen, würden wir auß ihren Spalten nach weisen, daß sie damals, wo es sich um eine ganz gleiche Jntrigue vor Eröffnung der Session handelte, eine schnurstracks entgegengesetzte Theorie aufstellte; was sich übrigens um so leichter begreift, als zu jener Zeit die «Presse» nicht blos ein vorgeblich konservatives, sondern auch ein, mit Ausnahme ihrer Ansichten über die englische Allianz, ministerielles Blatt war, während sie seit einem Jahr in ihrer Opposition Constitutionnel, Siecle und Courrier fran^ais oft weit hinter sich läßt, ohne deswegen auf ihre Ansprüche, ein conservativxs Organ zu sein, im mindesten zu verzichten. Ueber die Gesetzentwürfe, welche die Regierung hinsichtlich der Her- vbsehung des Postporto und der Salzsteuer vorlcgen wird, hat noch nichts Bestimmtes verlautet. Bin ich jedoch gut unterrichtet, so geht der erste dieser Vorschläge auf kein einförmiges Postporto, wie es die Kammer mehrmals beantragt hat, aus, sondern beantragt eine der österreichischen vor einigen Jahren festgestclltcn Scala entsprechende, nach Entfernung und Gewicht. Was die Salzsteuer anlangt, wird dieselbe, wie es scheint, um 18 Cent, das Kilogramm vermindert werden. Der Gesetzentwurf, welcher eine dem ehemaligen Könige von Westfalen zu gewährende lebens längliche Pension von 158,080 Fr. beantragt, wird zweifelsohne von al len Seiten, mit Ausnahme der Legitimisten, beifällig ausgenommen wer den, und es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Regierung es dabei auf Popularität abgesehen hat, indem sie nicht nur der im vorigen Jahre von den Kammern bcvorworteten Petition Hieronymus Bonaparte's, ihm die Rückkehr nach Frankreich zu gestatten, nachgekommen, sondern auch für dessen anständigen Unterhalt auf Staatskosten zu sorgen sich bereit er- klärt. Der Antrag wird zur Zeit, wo nicht einstimmig, gewiß mit gro ßer Majorität angenommen werden. Ohne es zu verbürgen, glaube ich doch seiner Sonderbarkeit halber das Gerücht mittheilen zu müssen, dem zufolge in der hiesigen jüdischen Gemeinde die Rede von einer öffentlichen Erklärung gewesen wäre, durch welche dieselbe sich von Hrn. Cremieux Ivssagen würde. Die Juden be sorgen nämlich, der Ruf des gesunden Menschenverstandes, den sie bis setzt genoffen, komme durch das unsinnige Gerede dieses Deputirten bei den Reformbankcten in Gefahr. *don der Schweijergrenje, 2O.Dcc. DasMehrheitssystem 'kommt in der Schweiz doch in eigne Collisioncn. Die liberale Bevölke rung der Zwölfercantone mag allerdings die Mehrheit des gejammten Schweizervolks bilden, obwol wir dafürhalten, daß es in diesen Cantonen «ine größere conservative Minderheit gibt als die aufrichtig liberale Min derheit in den Sonderbundscantoncn. Aber was letztere anlangt, so herrscht jetzt offenbar in ihnen eine einheimische Minderzahl, mit Hülfe einer aus wärtigen Mehrzahl. Vergesse man doch nie, daß die Urcantone ganz nach den Grundsätzen der reinen Demokratie organisirt waren und daß ihre ge- ffürzten Regierungen zu Allem, was sie thaten, die Zustimmung der gro ßen Mehrzahl des Volks hatten. Sagt man, dieses Volk sei verführt rind verblendet worden, so spricht man gegen alle Demokratie, denn nicht die Jesuiten allein besitzen die Kunst, das Volk zu verführen und zu ver blenden, und führt uns in gänzliche Unsicherheit, denn man kann bei jedem Acte des Volkswillens behaupten, es sei Verführung und Verblendung im Spiele. In Freiburg hat eine Versammlung von 4 — 500 Menschen, außer allen verfassungsmäßigen Formen vereinigt, einen Zustand aufge- doben, welchen vorher 12 —15,000 Bürger in verfassungsmäßiger Weise begründet hatten. Der neue große Rath ist ganz verfassungswidrig, nach einer Wahlordonnanz, gewählt. Wo bleibt da die Wahrheit des Majo ritätsregiments und Verfassungsstaats? Bezeichnend ist es überhaupt, aber für den liefern Kenner der Verhältnisse und der Menschen wohl erklärlich, daß die Radikalen, immer die Mchrhcitstheorie in der Hand und im Mund, doch immer darauf hingewirkt haben, die Entscheidung und das praktische Wirken in immer weniger Hände zu bringen. In Genf z. B. ist das gesetzgebende Corps seit 1841 von 240 auf 80 Mitglieder herabgebracht worden. Natürlich, je kleiner die Versammlung, desto leichter kann man eine radikale Majo rität in sie hincinbringen, und von der großen Masse, in deren Namen .gehandelt wird, klatscht wol Mancher den radikalen Beschlüssen Beifall, Her als Mitglied der Versammlung gegen sie stimmen wurde. Und was soll man dazu sagen, daß man die Mitglieder Ler früher» großen Räthe, also die gewählten Repräsentanten des Volks, für ihre früher» Abstim mungen verantwortlich machen will? Ein solcher Widerspruch gegen die Grundsätze aller Vcrfassungsstaatcn wird natürlich keine praktische Folge haben als die: daß diese Männer eine Zeit lang von ihren Wahlrechten ausgeschlossen sind — und das ist eben der Zweck der Sache! Es ist unter allen Regierungs - und Verfassungsformen viel Täuschung und Schein- wesen. der Demokratie fehlt eS auch nicht daran. Der schnelle Umschwung der Dinge in den weiland SonderbundS-- cantonen ist übrigens auch nicht ohne Täuschung. Der Schweizer ist: auch als Fanatiker noch klug und weise und will sich das Unvermeidliche erleichtern, indem er gute Miene zu einem Spiele macht, das er deshalb noch immer für kein gutes hält. Sern, 20. Dec. Gestern Abend sind die Tagssahungsgesandterr von Freiburg hier eingctroffen und haben ihr Absteigequartier im Bären genommen. Heute haben sie ihre Besuche bei dem Bundespräsidenten rc- gemacht. Morgen oder übermorgen sieht man der Ankunft der heute ge wählten Gesandtschaft von Luzern entgegen. Die Gesandten von Unter walden ob und nid dem Wald sind bereits eingetroffen und haben ihre Raten an den Kriegskosten baar mitgebracht. — Morgen gibt der groß britannische Gesandte, Hr. Stratford-Canning, ein großes Diner zu Ehren der vorörtlichen Behörde, wozu auch sämmtliche Tagsatzungs- gesandten, fremde Diplomaten, die Generalität rc. eingeladen sind. Ucber- morgcn wird, dem Vernehmen nach, die Tagsatzung wieder eine Sitzung halten. — Ob Neuenburg heute die ihm auferlegtcn 300,000 Fr. einge zahlt hat, darüber verlautet noch nichts. (O.-P.-A.-Z.) — Der große Rath von Freiburg hat in seiner Sitzung am 17. Dec. den Hrn. k. Landersct zu seinem Präsidenten und die HH. vr- Bussard und Page zu Tagsatzungsgesandten erwählt. Die Letzter» ha ben die ausdrückliche Instruction, vorab auf eine Revision des Bundes vertrags mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln hinzuwirken. — In Freiburg wurden einige wegen angeblicher reactionairer Um triebe verhaftete Personen wieder in Freiheit gesetzt. — Dem Frankfurter Journal wird auS -Luzern vom IS. Dec. mit- getheilt: „Wie zur Besetzung des Regierungsrathes viele der Gewähl ten ihre Wahl ablehnten, so auch bei der Wahl des Obergerichts: Ka simir Pfyffer, Fürsprech Anton Schnyder und P. Droxler lehnten alle Drei die auf sie gefallene Wahl ab. Es ist indeß begreiflich, daß sich Viele scheuen, in einem so zerrütteten und bis zum Erdrücken mit Schul den beladenen Gemeinwesen eine Ehrcnstelle zu übernehmen! — Heute fand in der Hofkirche die Beeidigung des großen Rathes statt, wo bei Hr. Chorherr Leu eine sehr versöhnliche Predigt hielt, und Präsident Di-. Steiger in einer schönen Rede die Grundzüge einer weisen Staats verwaltung zeichnete. Nachts erhielten AmtSschulthriß Kopp und Prä sident Steiger ein Fackelständchen mit Gesang und Musik. Eine un geheure Menschenmenge wohnte bei und beachte die Lebehochs aus. Frei willig haben sich, von Mailand zurückkehrend, gestellt die NegicrungS- räthe Siegrist und Thalmann. Flüchtige Mitglieder der Regierung sind nun noch Siegwart, Hautt, Zünd und Staatöschreiber Meyer. — Land ammann Schmid und Em. Müller sind aus den Jesuitenzellen, w» sie gefangen waren, entlassen und haben einfach Stadtarrest." — In Wallis hat am 16. Dec. das Volk durch unmittelbare Wah len und Handmehr den großen Rath (zugleich Verfassungsrath) auf fünf Jahre mit 86 Mitgliedern neu besetzt. Kein einziges der von de» untern sünf Zehnden ernannten 40 Mitglieder gehörte dem alten großen Rathe an, und in allen diesen Zehnden ist die Wahl liberal ausgefal len, in Mittel- und Oberwallis hingegen gemischt. Im Ganzen ist die große Mehrheit liberal. — Der Beschluß, betreffend die Ausweisung der Jesuiten und der ihnen «Wirten Orden aus Schwyz lautet: „Die Cantonsgemeinde des Standes Schwyz erklärt, daß sie den Tagsatzungsbeschluß vom 3. Sept. 1847, dahin lautend rc., unbeschadet seiner Confessions- und sei ner Souvcrainetätörechte anerkennt. Derselbe soll auch gegen die im Canton befindlichen Jesuiten und die ihm «Wirten Orden jederzeit ge handhabt werden. Den Bezirken ist überhaupt die Aufnahme geistlicher Orden ohne Bewilligung der obersten Cantonsbehörden untersagt." Zürich, 21. Dec. Das gestern hier eingetroffene Bataillon Meier hat Contrcordre erhalten und soll heute wieder ausbrechen. Soviel wir vernehmen, hat der Vorort den Antrag aufTruppcnverminderung bei der fünften Division nicht genehmigt. Italien. Ein Extrablatt des zu Cagliari erscheinenden Jndicatore Sardo vom 3. Dec. meldet, daß die am 24. Nov. nach Genua abgegangcnen Deputationen der Hauptstadt und mehrer Städte der Insel von dem Kö nig aufs huldreichste empfangen und mit der Zusicherung entlassen wor den, daß er alle ihre ihm vorgctragenen billigen Wünsche berücksichtigen werde. Die Mitglieder der gedachten Deputationen waren am 3. Dec. Morgens am Bord des königl. DampfbootS il Malfitano nach Cagliari zurückgekchrt, und noch am selbigen Abend erschien nachstehendes Mani» fest des ÄicekönigS: „Völker von Sardinien! Zu unserer größten Befriedigung beeilen wir unS, euch die Erfüllung eurer Wünsche anzukündigen. Se. Maj. der König, den dringenden Bitten der Deputationen der Hauptstadt und meh rer andern Städte des Königreichs willfahrend, haben mit voller Zärt lichkeit ihres väterlichen Herzens zu erklären geruht, daß es^Absicht ist,