Volltext Seite (XML)
sieden Grafen und Gräfinnen v. Reichenbach kommen jedoch alß Kinder aus der zweiten Ehe v«s Kurfürsten bei der jetzigen Erbschaft des Letztem nicht in Nrtrachr, ba fie bei dessen Lebzeiten abgcfunden worden sind und keinen Erb,heil in Anspruch zu nehmen haben. Der Kurfürst hatte sich schon während des LcbenS der Gräfin v. Reichenbach stets sehr freigebig gegen deren Kinder bewiesen, und diese hatten bei dem Tode ihrer Mut ier die ganze Erbschaft des so bedeutenden Vermögens derselben erhallen; die Summe, welche jedem der sieben Kinder zugefallcn war, wurde auf etwa 1 Rill. Thlr. geschätzt. Die zweite morganatische Ehe deö Kur fürsten mit dem Fräulein v. Berlepsch, später Gräfin v. Bergen, blieb kinderlos. Mit großer Liberalität aber war der verstorbene Kurfürst aus eine wahrhaft fürstliche Dotirung dieser feiner dritten Gemahlin bedacht; außer reichen Geschenken, großen Geldsummen aus des Kurfürsten Pri vatvermögen, namentlich durch beträchtliche Güter, die in Mähren auf den Ramen der Gräfin angekauft wurden, fodaß sie noch bei Lebzeiten ihres fürstlichen Gemahls zum Besitz eines bedeutenden eignen Vermögens gelangt war. Ueberdies wurde sic auch in Vermächtnissen großmülhig be- dacht und ein schönes Witthum zu ihrem standcSmäßigen lebenslänglichen Unterhalt aukgesctzt. Sie wurde. Zugleich vom Kurfürsten zur alleinigen Erbin der von demselben in der Stadt Frankfurt und in deren Umgegend angekauften Häuser und Grundstücke und zur Erbin des gejammten Mobi liars bestimmt. Allen in Diensten hss Kurfürsten befindlichen Personen, wie man sagt über 70, sind die bisher gezogenen Iahresgehalte als Pensionen für ihre Lebenszeit zugcsichert worden, mit der Beftrgniß, sie zu verzeh ren, wo cs ihnen beliebt. Ansehnliche Nuhcgehaltc kommen besonders dem Minister Frhrn. v. Meysenhya und dem Staatsrathc Wöhler und deren aus dem kurhessischen Dienst in den kurfürstl. Privatdicnst überge- tretcncn zwei Söhnen zu. Jedem der vier TcstamcntSexccutoren ist cin Legat von 20,000 Thlr. ausgesetzt. Für den Fall etwaniger Streitigkei ten über die Auslegung der testamentarischen Bestimmungen des Kurfür- strn hat, dem Wunsche desselben gemäß, der Kaiser von Oesterreich die schiedsrichterliche Entscheidung übernommen. Bei dieser ganzen ErbschaftS- angelegenheit kann jedoch lediglich nur von dem hinterlassenen Privatver- mögen dcß Kurfürsten die Rede sein, denn das HauSfideirommißoermö- grn, dessen lebenslängliche Nutznießung sich der Kurfürst bei der Abtre tung der Regierung Vorbehalten hatte und welches in Kassel verwaltet wird, geht nach dessen Tod auf den Kurfürsten Friedrich Wilhelm zur Nutznießung über. Rach Deckung der vielen Pensionen und Legate dürfte von der HiMerlasseNscha^deS Kurfürsten für dir Jntcstaterben nicht so viel übrig bleiben, als von'Msen erwartet wurde. Wie man hört, beab sichtigt man auch von Mihm, des hiesigen Hofes, die Gültigkeit des frag, tichen Testaments anzufM^- (Schw. M.) Das Gerücht erhalt sich, heißt es in der Weser-Zeitung aus SchleaWigHvtsseio, daß das Gouvernement vor Beendigung des schwebenden fiskalischen ProceffeS gegen Beseler dessen Bestallung als Ober- und Landgerichtsadvocat und Advocat nicht cassiren werde, um doch wenigstens einen Scheinrcchtsgrund für abermalige Urlaubsverweigcrung bei Beselcr's Wiedercrwählung zum Abgeordneten zu behalten. (*) Berlin, 12. Dec. Nach einer Verfügung des geistlichen Ministe riums vom 2. Dec. wurde heute Mittag die Eröfftiung des Universi- tätsgotteSdienstrs in der hiesigen Oörotheenstädtifchcn Kirche, die zu diesem neuen akademisch-kirchlichen Zwecke bestimmt worden ist, feierlich begangen. Der schon mit dieser Absicht vor einiger Zeit herberufenc Ober- ronsisteriakath und Prof. Nitzsch, welcher än der.hiesigen Hochschule den theologischen Lehrstuhl Marheineke'S erhalten, hat damit fein Amt als berliner Nnioersitätsprcdiger angetreten: eine Stellung, die er in den letz ten Jahren schon an der Universität zu Bonn bekleidete. Die Gründung eines besonder» akademischen Gottesdienstes wird gerade in dem gegen wärtigen Moment der kirchlichen und religiösen Bewegung immer als ein gewagtes Unternehmen erscheinen müssen, besonders wenn dieselbe mit dem bestimmt ausgesprochenen Zweck auftritt, Wissenschaft und Kirche zu ei nem neuen und gegenseitigen Bande vevrinigrn und ineinander überführen zu wollen. In diesem Sinne geschah ausdrücklich die heutige kirchliche Eröffnungsfeierlichkeit für diesen akademischen CultuS. Der zeitige Rec- Nor der Universität, Prof. Johannes Müller, der in feierlicher Amtstracht an Ler Spitze des akademischen Senats vor den Stufen des Altars er schienen war, begrüßte den neuen UniversitätSprediger mit einer Anrede, welche vornehmlich den Standpunkt ausführte, daß ein Weg der Verei nigung zwischen Wissenschaft und Christenthum gefunden werden müsse, oder — wie sich dieser berühmte Naturforscher hier ausdrückte — daß die höchste wissenschaftliche Forschung doch keinen Werth haben könne, wenn sie sich nicht mit der Religion und dem christlichen Geiste verbinde. Die geistliche Einführung deö Hrn. Nitzsch geschah daraus durch den Ober- consistorialrath v. Gerlach, als Vertreter des ConsistoriumS der Provinz Brandenburg, mit rin er Ansprache, worin er zuerst darauf hinwies, daß durch die Gesetzgebung deS Königs dem Glauben und der Kirche ftciere Richtungen und Bewegungen geöffnet worden wären, «lö dieS zu irgend einer andern Zeit der Aall gewesen. Di» Kirche, bemerkte Hr. v. Gerlach, übe jetzt überhaupt die größte Toleranz aus, selbst gegen Daß, was außerchristlich ihr gegenübersteh«, und sie verhalte sich imsolcker Duldsamkeit, nicht obgleich fi« die christliche Kirche ist, sondern weil fie dir christliche Kirche ist. .Auf der andern Seib» deutete auch Hr. v. Ger- lach darauf hin, wie es in derselben Weife als ein Fortschritt der gegen wärtigen Gesetzgebung dankbar anzuerkennen sei, daß auch der Wissen schaft in den Staatsinstituten alle Freiheit der Entwickelung gewährt wor den. Als daß noch zu erfüllende Werk bezeichnete der Redner die Auf gabe : Hochschule und Kirche in denselben Verband des christlichen Geistes und Friedens hinüberzuleiten, und seine Hoffnuüg daraus knüpfte er an die gegenwärtige Einrichtung eines akademischen Gottesdienstes. Seine Eröffnungspredigt hielt Oberconfistorialrath Nitzsch über Joh. 4, 21—2ü und führte besonders den Ausspruch: Gott im Geist und in der Wahr heit anzubeten, in der Beziehung zu einer wissenschaftliche» Kirchrnge- meinde aus, wobei er vornehmlich auch eine falsche Stellung de» wissen den Geistes zum äußern RcligionScultuS annahm and zu berichtige;» suchte. Wir haben hier vorläufig nur daS Thatsachliche dieses jedenfalls wichtigen Ereignisses hinstellen wollen; zur weiter« Brurtheilung deS sich dabei in Geltung setzenden Princips wird Ls nicht «m Gelegenheit gehlem Der berliner akademische Gottesdienst wird von jetzt an alle 14 Tag» stattfindr». Berlin, 8. Dec. Es ist in diesem Augenblick in den höher« Krei sen , und besonders in den militairischen Gesellschaften viel von wichtigen Veränderungen in den Verhältnissen unserer Arme« die Rede. Bei d«r in Aussicht gestellten neuen Veränderungen handelt es sich dem Vtrnehmen nach ganz besonders um eine noch weitere Amalgamirung des ersten Auf gebots der Landwehr, welches man beim Kriegsfuß auf 130,000 M. an gibt, mit Lem gegen 206,000 M. starken stehenden Heere. Der Friedens- Etat der Landwehr ersten Aufgebots wird «her nur auf 81,000, und der der Linientruppcn auf 116,000 M. angenommen. Es sollen nun «ach den über diesen Plan verbreiteten Nachrichten die Brigadecommandos der Landwehr ganz eingchcn, und die Landwehrregimenter oder vielmrhr die drei Bataillone, aus welchen dieselben bestehen, sollen insoweit mit tmr Linicnregimentern, deren Nummer fie führen, vereinigt werden, daß sie mit unter das Commando des betreffenden Commändcurs deS Linienregi- ments gestellt und von den Offizieren der Linie zugleich mit denen der Landwehr commandirt werden. Es sollen die PremierlieuttnantS der Linie den Rang eines StabSoapitains und eine Vermehrung ihres Soldes bis auf 50 Thlr. erhalten; dafür aber würden sie verpflichtet werden, das Commando der Landwchreompagnien zu übern'ehmen und nicht bloS, wie es jetzt der Fall ist, blöS bei den größern Hebungen zu führen, und so mit auch die ökonomischen Verhältnisse derselben und ihre innern Angele genheiten zu besorgen haben. Umgekehrt aber würden wieder die Land wehroffiziere, so weit es ihre bürgerlichen Verhältnisse gestatten, zur Er langung der nöthigen Uebungtn im Dienste von Zeit zu Zeit in den Li- nienregimentcrn nach ihrem Range fungiren. Man setzt nun dieser Nach richt hinzu, daß diese nicht bloS für die Armee, sondern für alle Ein wohner der Monarchie wichtige Veränderung mit dem 1. April deS Jahrcs 1848 entweder ganz oder vielleicht versuchsweise zum Theil werde ein- geführt werden. (Trier. Z.) — Die Düsseldorfer Zeitung enthält folgenden Artikel au» KoPlenz vom S. Dec.: „Die Stellung unsers StaatS der Schweiz gegmüber so wie die Rüstungen, welche in dem Augenblicke hier mit vieler Thätig- keit, jedoch ganz in der Stille betrieben werden, bilde« fast den ausschließ lichen Gegenstand der Unterhaltung, und man spricht nunmehr davon, daß das 7. Armeecorps wie das 8. mobil , gemacht würden. So wurde mir unter Anderm hierauf bezüglich erzählt, daß eine hiesig« lithographi sche Anstalt mit der größten Thätigkeit an de» Formularen zur Emde- rufung der KriegSreservcn dieser'Tage gearbeitet habe. Die Ordr«, welche dir Completirung der Kammern zur Einkleidung der KrirgSreserv«» be fiehlt, ist von Berlin vom 29. Noo. datirt und traf schon aml. D<c. hier ein. Außerdem aber weiß man auch, daß daS hier garnisonirende 2V. Infanterieregiment bereits vor einige» Tage« Weisung erhalten hat, sichI marschfertig nach Neuenburg zu halten, und daS Gerücht fügt dieser Nachricht noch hinzu, die ganze 16. Jnsanteriebrigadc (29. und 3st. Re giment), unter dem Befehle des Generalmajors v. Wussow, habe hercitS Befehl, sich marschfertig zu halten, um i« gewissen Fällen sofort in Neuen burg einzurückcn, in welchem Fall unsere Truppt» durch Frankreich ihren Marsch nach Neuenburg nehmen würden, und daß Hr. v. Pfuel deswegen bereits, als er vor einiger Zeit in Paris anwesend «ar, mit Frankreich den betreffenden Vertrag abgeschlossen haße. Auf dem Marsch aber würde Hr. v. Wussow noch einige Truppen von de» in Mainz garm'soniren- den Rcscrveregimentern sowie die 8. (Wetzlarische) Jägerabtheilung gn sich ziehen." — Dem Frankfurter Journal - schreibt man aus »orli« vom st. Dec.: „Die kürzlich unter Mi «ros la wki'S Namen «schienen« Schrift: »VSbat «ntrv la vövolution et la ovntrer«vvlutioo er» kolqgno», ist eittweder eine literarische Mystifikation odrr durch Erschleichung an die Oeffentlichkeit gelangt. Der so gcmiSbrauchte Verfasser ist nicht allein