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CHEMNITZER VOLKSBÜHNE - E.V. Größtes gemeinnü^iges Kulturunternehmen in Chemnitj • Uber 1700 Mitglieder der Dresdner Philharmonie Gastdirigent: Generalmusikdirektor Carl Sdmricht Sonnabend den 1. November 1930 im Kaufmann. Vereinshaus EINFÜ Gustav Mahler geboren im Jahre 1860 „Gustav Mahlers Kunstschaffen ge hört meines Erachtens zu den be deutendsten und interessantesten Er scheinungen der heutigen Kunst geschichte. Wie es mir als einem der ersten vergönnt mar, für Mahlers sinfonische Schöpfungen vor cler Oeffentlichkeit einzutreten, so er achte ich es als eine meiner schönsten Pflichten, denselben auch weiterhin durch Wort und Tat zu derjenigen allgemeinen Anerkennung zu ver- k helfen, derer sie in so hohem Mafle w würdig sind. Die Plastik seiner In strumentationskunst insbesondere ist absolut vorbildlich.“ So Richard Strauß am Todestage des Frühverblidienen am 19. Mai 1911. Was hätte dem Fünfzigjährigen noch alles seiner Leier entströmen können! Ein großer Mensch, der allzeit das Größte gewollt und — so viel an ihm lag — vollbracht hat. „Er wäre verstanden, soweit er sich in dieser Zeit verstehen läßt, hätte man auf das Außerordentliche seines Wesens, die immerwährende höchste Spannung, die wieder und wieder Funken und Flammen weckt, wie sich’s ziemte, geachtet.“ So schreibt sein Biograph Paul Stephan — HRUNG denn Mahler wurde von seiner Zeit als Ton dichter nicht erkannt und darum nicht an erkannt. Als Nachschöpfer ist er ja von allen, die ihn je am Werk gesehen, erkannt und verstanden worden. Denn es war eben ein Teil seiner Größe, daß er erkennen, daß er verstehen machen konnte. Seine Größe beruhte in der fabelhaften suggestiven Ge walt, die er aus seinem starken, klaren Kunstempfinden schöpfen durfte, die ihn im Nachschaffen Schöpfer werden ließ. Aber auch als Schaffender hat er nicht nur das Höchste gewollt, sondern auch ge konnt. Daß er als solcher zu Lebzeiten nicht die gleiche Ueberzeugungskraft ihre Wun der tun sah, wie er sie als Nachschaffender allzeit erleben und erleben lassen durfte, war das tragische Moment in seinem reichen Leben — das war das Sehnen, dessen Er füllung er nicht mehr erlebt hat. Seine Leier zerbrach zu früh. Von untadeliger Schönheit ist das Material, von vortreff licher Form sind die Bausteine für das Wunderwerk, das dem geistigen Auge Gustav Mahlers als höchstes Ideal vor- scnwebte. Wenn einzelnes Stückwerk blieb — liegen da bei anderen großen Meistern keine Parallelen? Er ist repräsentativ im Sinne cler großen Tradition deutscher Musik. Das müssen selbst Gegner, die seinen Sinfonien fern-