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2665 Grist immer lauer und flauer werde; wenn aber Das, was die Herren von dsr Opposition „politischen Geist" nennen, nach und nach in Frank reich abstirbt, so ist das eher ein erfreuliches al» klägliches Zeichen. Die Deputirten und Journale der Opposition verstehen darunter meist nur den Geist der parlamentarischen Jntrigue und Cabale, der die unversöhnlich sten Parteigruppen in und außer der Kammer zum Erbeuten von Porte feuilles in Einen Haufen zusammentreibt; den Raptus, wie er leeren Köpfen eigen ist, di« hunderterlei abgeschmackte Reformen aushecken, und di» viel zu lange vorhandene, jetzt aber hinschwindende Illusion, die von den Ideen der Opposition d«S Heil Frankreichs erwartet. Dieser Geist ist ein wirrer, wüster und leerer Geist, womit die Politik nichts zu schaf fen hat; der wahre politische Geist ist der, welcher sich um die reellen, dringenden Landesbedürfnisse kümmert und für die eigentliche positive VolkS- «ohlfahrt besorgt ist. Wenn eine Gegend einen Kanal, eine Eisenbahn, «ine Chaussee ober einen schiffbaren Fluß braucht, so heißt das politisch handeln, daß man sie damit ausstattet, und cS ist Politik, große, tief greifende Politik in den Maßregeln des Sir R. Peel, welche die Getreide- «infuhr freigeben und den Eingangszoll auf die Butter hcrabsetzen, wo gegen in den Vorschlägen der französischen Oppositionskoryphäen, die 25 oder 3V Beamte aus der Deputirtenkammer ausschlrrßen und die Wähler jedes Wahlbezirks um ein halbes Dutzend vermehren wollen, nichts als leeres Gerede und GallimathiaS ist. Auch scheint diese Ansicht in Frankreich ziem lich durchgedrungen zu sein; denn das Land bezeigt sich im Ganzen gleich gültig gegen die politischen Rcformprojecte. Ich weiß aus der zuverlässigsten Quellt, daß bei dem hiesigen Centralcomite aus Paris und dem Innern von Frankreich noch keine 6000 Unterschriften für die in der nächsten Kam mersession einzureichcnde Wahlreformpetition eingegangen sind. Mehr als 10,000 Unterschriften dürsten schwerlich zusammenkommen, und eS ist also -noch weit ab von den Millionen, die einst Hr. Arago von der Redner- Hühne herab beizubringen versprach, aber nie beigebracht hat. Belgien. *SrÜSStl, 29. Oct. Bor wenigen Tagen hatte der Minister des Innern zur Betreibung und Abfertigung aller Angelegenheiten, die sich auf den Pauperismus im Allgemeinen und das Elend Flanderns inö- Hesondere beziehen, ein specielles Bureau organisirt, dem man, vielleicht nicht ganz-passend, die Benennung „Bureau de Flandreö" gegeben hat. <Nr. 303.) Zur Vervollständigung dieser erfreulichen Maßregel ist nun noch ein besonderes Berathungscomite eingesetzt worden, das aus sieben ehe maligen oder gegenwärtigen Repräsentanten zusammengesetzt ist, an deren Spitze sich der jugendlich thätige, in Wort und Seele gleich feurige d'Elhoungne befindet. Die Mitglieder des Comite sind lauter mit ihrem Gegenstände vertraust Männer, und der Minister hat in ihrer Wahl alle Parteirücksichten verläügnet. Er hat auch durch die halbofficielle Jnde- pendance erklären lassen, daß er die Verantwortlichkeit der gefaßten Be- schlüffe durchaus nicht von sich auf die Commission schieben wolle, son- herü Letztere als bloße Rathgeberin ansehe, der die bereits bearbeiteten Plane der Regierung zu weiterer Erörterung vorgelegt werden sollen. Go sehr auch diese GeschäftSregulirung allgemeinen Beifall gefunden, so "fehlt es von Seiten der Oppositionsblätter nicht an falschen Unterstellun- gen und versteckten Stichelreden, Der Minister habe endlich seine Schwäche eingesehen und sich hinter eine Commission verschanzt, wie er überhaupt hie Commissionen in besonderm Maße liebe. Dies sind nichtige Anschul digungen; wenn zwei und ein halber Monat gezögert wurde, so geschah es, um dem Comite fertige Pläne zu übergeben, und was die Häufung -der Commissionen anlangt, so ist sie eine natürliche Folge-des Mangels an einem StaatSrathe und hat übrigens die bisherigen Verhältnisse noch nicht überschritten. Schweiz. Aus Bern vom 29. Oct. erhält das Frankfurter Journal fol genden Bericht: ;,Die heute stattgehabte 45. Sitzung der Tagsatzung, anfangs geheim, wurde später als eine öffentliche erklärt. An der Ta gesordnung war ein Vermittelungsantrag der sieben Sondcrbundßstände, dahin gehend: I) sie seien geneigt, den Sondcrbund aufzulösen; 2) die Jesuitenausweisungsfrage, sowie die Frage der Wiederherstellung der aargauer Klöster sollten dem Papste zum Entscheid vorgelegt werden, und mit diesem Entscheide sollten beide Parteien sich zufrieden geben; 3) die liberalen Cantone sollten sogleich ihre Bewaffnung cinstcllen, dann woll ten die Sonderhundscantone Dasselbe thun; 4) die erster« sollten den letz ter» noch specielle Garantien geben, z. B. daß in Zukunft keine Klöster Mehr aufgehoben würden tc. Nach langer und bitterer Debatte wurde derselbe mit der bekannten Zwölscrmchrheit verworfen, worauf die Ge sandtschaften sämmtlicher sieben Stände, nachdem Luzern eine Erklärung derselben verlesen und zu Protokoll gegeben hatte, sich aus dem Saal «ntfernten, um also die Tagsatzung zu verlassen. Hierauf wurden noch folgende Wahlen in den eidgenössischen Generalstab getroffen: zu Majo ren in den Artilleriestab: l) Walo v. Greyerz, 2) Ed. Burnand und 3) Ludwig Wenger von Lausanne; zu Obersten: 1) Müller von Rheinfel den, 2) Bernold von Wallenstadt, 3) Abraham Besson; endlich zu ei- mm Oherstlieutenant: August Frei von Aarau. Ein Beschlußcntwurf des KriegSraths für Bereithaltung der Reserve in den Nicht-Sonder- bundscantonen wurde genehmigt und die Streichung des Obersten Breny noch bis zur Wahl verschoben. Ein Schreiben von Neuenburg, welche» sein Conlingent nicht für den ExecutionSbeschluß verwendet wissen will, wurde an die Siedenercommission gewiesen und die Behandlung der Be richte der abgeordneten Repräsentanten auf die nächste Sitzung, welche nach Umständen stattfinden soll, verschoben." lieber den Verlauf derselben Sitzung meldet ein Bericht der Bastler Zeitung: „Der Gesandte von Luzern, Hr. Meyer, hat erklärt, daß, so lange die Zwölfermehrheit Truppen ausgestellt habe, dieser Streit nicht auf eine friedliche Art beigelegt werden könne, was zu einer langen Dis kussion Anlaß gab, die um 2 Uhr dahin endigte, daß Luzern im Name» der sieben Stände ein Manifest abgab und hierauf sammt seinen College» den Saal verließ. Sie sollen hierauf schon um 3 Uhr nach ihrer Hei mat abgereist sein. In der öffentlichen Sitzung kam nicht zur Sprach», an welchem Punkt eigentlich die Fricdensversuche scheiterten, die sieben Stände hatten blos den Antrag von Zug erneuert. Beide Theile beriefm sich zum Beweise-ihrer Friedensliebe auf das Zeugniß der Gesandtschaft von Basel-Stadt, deren eifrige Bemühungen um den Frieden allseitige Anerkennung fanden. Nach Privatbricfen, die jedoch unverbürgt sind, hät ten sich die Unterhandlungen an dem Begehren der zwölf Stände zerschla gen, Luzern möge auf die Jesuiten verzichten; ob und welche Gegenlei stung dafür «»geboten worden sei, wird nicht gemeldet." — In Bern fand am 28. Oct. auf Veranlassung des Hrn. Sarafi» von Basel eine Konferenz statt, bei welcher von der einen Seite die HH. Furrer, Näf, Munzinger und Kern, von der andern die Gesandt»» der Sonderbundscantone wie diejenigen von Basel-Stadt und Neuenburg sich cinfanden. Die Sieben legten bei dieser Conferenz nicht die mindeste Nachgiebigkeit an den Tag, z. B. ein Vorschlag von Basel-Stadt, daß sie den Sonderbund auflösen sollen, daß dagegen die Jesuitenfrage dem Entscheide des Papstes in- ihrem ganzen Umfang anheimfallcn solle, fand keinen Anklang. Sie verlangten, daß mit der Jesuitenfrage auch die Klostcrfrage dem Papst anheimgestellt werden solle. Sie gehen dabei nicht von der Erwartung aus, daß der Papst die aargauischen Klöster herstel- len, aber daß er deren Säkularisation genehmigen und über die Liquidation des Vermögens Verfügungen treffen werde. Eben so wenig wollte Lu zern von sich aus freiwillig auf die Jesuiten verzichten, auch wenn dage gen der Orden in Freiburg, Schwyz und WalliS geduldet worden wär». (N. Z. Z.) — Die katholische Minderheit des großen Raths von Graudünde« hat in einer abgesonderten Versammlung folgenden im Interesse einer friedlichen Ausgleichung hochwichtigen Beschluß gefaßt: I) sich in ei ner Adresse an den Papst zu wenden mit der Bitte, die Jesuiten aus der Schweiz abzuberufcn und so den Bürgerkrieg zu verhindern; 2) dm Bi schof zu ersuchen, er möchte den katholischen Geistlichen jede politische oder religiöse Aufreizung ernstlich verbieten; 3) die heimkehrenden Dep«- tirten des großen Raths beider Confcssioncn dringend einzjtladcn, durch Belehrungen und Ermahnungen versöhnend auf das Volk zu wirken und so die Ruhe des Cantons aufrecht zu erhalten. Die Stimmung in dem paritätischen Graubünden scheint beiderseits für den Frieden zu sein. — Graf Jvseph Travers von Ortenstein in.Bünden, ein tüchtiger junger Haudegen, der schon in Oesterreich, Algier und Spanien gedient, ist in den Dienst des Sonderbundeö getreten. Er soll Adjutant von Abyberg sein. (Schw. M.) ; — Der Obercommandant der eidgenössischen Armee hat folgenden Auf ruf an die Armee erlassen: „Eidgenössische Wchrmänner! Die hohe Tagsatzung, in Bern versam melt, hat die Aufstellung der eidgenössischen Armee verfügt, um die innere Ordnung zu erhalten und die Rechte des Bundes sowie seine Unabhängigkeit zu wahren. Sie hat mir die Ehre erwiesen, mich zu bezeichnen, um den Oberbefehl zu übernehmen. Zch trete daher an eure Spitze, voll Vertrauen auf eure Vaterlandsliebe und auf eure Ergebenheit. Berufen, in einer schon vorgerückten Jahreszeit mehr oder weniger enge Cantonnements zu beziehen, wißt euch mit Demjenigen zu begnügen, was der Einwohner euch anbieten kann. Seid nicht begehrlich und vermeidet jede Beleidigung und üble Be handlung, die man sich niemals, selbst nicht in Feindes Land, erlauben darf. Ich empfehle euch vor Allem gute Disciplin als hie erste eurer Pflichten. Ohne Disciplin gibt es keine Armee. So sehr durch ihre Disciplin als durch ihre Kraft haben eure Vorfahren so glänzende Siege erfochten und sich einen so großen Namen erworben. Man muß sie hierin wie in allen Dingen nach- ahmcn. Denkt, daß das Ausland die Augen auf uns gerichtet hat; zeigt ihm, daß die Schweizcrbürgcr, sobald sie unter der eidgenössischen Fahne stehen, nur noch Einen Gedanken haben, denjenigen, ihrem gemeinsamen Ba- terlande gut zu dienen. Wehrmänner, ich werde Alles anwcnden, um euer Zutrauen zu verdienen, zählt auf mich. Bern, 26. Oct. 1847. Der Lber- commandant der eidgenössischen Armee: G. H. Dufour." — Das Aufgebot von 25,000 M. Verner Truppen (Auszug und erste Reserve) wird sein erstes Hauptquarlicr in Langenthal (Canlon Bern) an der luzerner Grenze, und das zweite wahrscheinlich in surfte, vier Stunden vom eigentlichen Jcsuitcnsitz, aufschlagen. — Im aaranezf Freiamte wurden einige Männer verhaftet, welche unter dortigem Militair Sicherheitskartcn austheilten mit der Aufschrift: „Vorzeiger dieser Karte ist ein braver Conftrvativer und steht unter dem- Schutze der Regierung von Luzern."