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Sonntag Nk- 227. 1S. August 1847. Deutsche Allgemeine Zeitung.-WL «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» «eve-bli». Deutschland. —München. Rectorwahl. chAus kranken. Lola Mon tez in Bamberg und Würzburg. — Hr. v. Abel. ** Von der sächsi schen Grenze. 0r. Stolle's Weihnachtsbaum. — Die deutsche Sprache in Vstkriesland. »Aus Kaden. Auslieferungsvertrag. Ergcbcnheits- adressc aus Mannheim. "Sondershguscn. Landtag. 4>e«nDen. **Kertin. Der Polcnproccß. — Denkschrift über Reform des Consularwescns. — Duell in Düsseldorf. Deskerreich. Lemberg. Graf Stadion. Die Hingerichteten. Spanien. Der Hof. Die Truppen in Portugal. Espartero. General Pavia. Die Unionsbank. «ratzvritannien. Die Wahlen. Prinz Albert in Portsmouth. Das russische Geschwader bei Spithead. Lord I. Russell. Die Giftmischerin Mary Ann Milner. Urankreich. Das Rundschreiben des Ccntralcomite der Oppositionswähler des Departements der Seine. Eine Dcputirtenstclle. Statue des Hcr- - zogs von Orleans in St.-Omer. Martinique und Guadeloupe. Persi scher Gesandter, Papis. Die Scandale. Die auswärtigen Angelegen heiten. Annäherung zwischen Ludwig Philipp und der Königin Victoria. Schweiz. Kern- Die Tagsatzung. Der Schweizerische Volksvcrein. Matten. Die Vorgänge in tucca. * Rom. Das Complot. Placat. Nom. Tagesbefehl des Fürsten Gabrielli. Türkei. Konstantinopel. Der Kurdenkrieg. Albanien. Die griechische Differenz. Toleranz. Nordamerika. Die Zolleinkünfte. Die Friedensunterhandlungen mitMe- jicol Ausweisung des französischen Consuls aus Monterey. Werfona! Nachrichten. Wissenschaft und Kunfk. * Mainz. Architcktcnvcrsammlung. Handel und Industrie. *vom Main. Der Handel nach China. Athen. Die griechische Nationalbank. * Leipzig. Börsenbericht. Han nover. Eisenbahntarif. — Fallissements in London. — Versammlung französischer und fremder Weinbauer in Kolmar- — Berlin. Nnkündigunürn. Deutschland. —München, II. Aug. Die wahlfähigen Mitglieder unsercrHoch- fchulc, d. h. alle ordentlichen und außerordentlichen Professoren, haben gestern einen Wahlact vollzogen, welcher gerade im gegenwärtigen Au genblicke nicht bloß hier und in Baiern, sondern gewiß auch im übrigen Deutschland mit Theilnahme vernommen werden wird. Roch die aller- neuesten Nummern eines rheinischen Blattes, welches sich vorzugsweise mit hiesigen Dingen beschäftigt, hatten in münchcncr Correspondenzcn die bestiriimtestin Behauptungen von dem überwiegenden Einflüsse derjenigen geistigen Macht, welche man Ultramontanismus zu nennen beliebe, auf un sere Universitätszustände gebracht. Was hat nun beiweitcm die große Mehr zahl der Professoren (einige dreißig unter fünfzig) darauf geantwortet? Sie hat gestern den seiner liberalen Gesinnungen halber und in Felge sei ner polemisch!» Thäligkcit als Protestant mährend der confcssionellcn Kämpfe der jüngsten Jahre wol eben so oft genannten als durch seine Gelehrsamkeit bekannten Hofrath Vr. Thiersch für das nächste Schul jahr zum Rector erwählt, und in gleich liberalem Sinne sind auch die meisten oder alle Senatorcnwahlen ausgefallen. sAus Franken, Il.Aug. Senora Lola Montez, die jetzt wol unter die europäischen Berühmtheiten Ausgenommen worden ist, besitzt eine eigne Eigenschaft: entweder provocirt sie bei ihrem ersten Besuch einer Stadt die Polizei durch Thätlichkeiten ihrerseits oder sie nimmt dieselbe zum Schutz gegen Demonstrationen in Anspruch. Letzteres widerfuhr ihr in Bamberg, dort empfing sie Spcctakcl, das wird wol der Korrespondent in Nr. IS8 nicht läugncn; uns wundert nicht, daß der Fränkische Mer kur bloS den Anfang des Artikels abdruckte, den Schluß aber wegließ. Was wir von Bamberg und den dortigen Vorfällen berichteten, ist wahr; natürlich kann der ausgestellte Grundtypus nicht auf Alle angcwcndet werden, aber wir verweisen hier nur auf den Ausspruch: Man wisse, wo man dort den Pöbel zu suchen habe. Lola Montez beabsichtigte auf ihrer Rück kehr von Bad Brückenau in Würzburg längere Zeit zu verweilen, ge wohnte Nachsicht hat vielleicht in ihr den Glauben erzeugt, für sie hätten Localvolizcivorschriftcn keine Geltung. Das führte zu einem Vorfälle (Nr. 223), welcher allgemein in folgender Weise erzählt wird. Als sie mit ihren Begleitern den Schloßgartcn zu Würzburg besuchen wollte und, der wachthaltende Soldat ihr wegen ihres Hündchens, seiner Wei sung gemäß, den Eingang verwehrte, da soll sie den Mann ins Ge sicht geschlagen, und nur die Besonnenheit eines ihrer Begleiter, der« den Soldaten rasch umsing, sie vor der Waffe desselben geschützt haben. Sie verlangte von einem nahestehenden höher» Offizier auch noch Gcnug- chuung; da dieser aber versicherte, der Mann habe nur scincSchuldigkeit :gcthan und könne keine Strafe erhalten, so soll sie gefedert haben, der Offizier solle vor ihr die Mütze abnehmcn, denn sie sei gewohnt, daß man ihr solche Höflichkeit erzeige. Als dieser nun ruhig antwortete, er habe sic schon nach dem bairischen Militairreglcmcnt begrüßt (die Dienst mütze wird nämlich dabei nicht abgezogen) und finde es daher nicht für nolhwendig, dies zu wiederholen, riefen junge Leute in der Nähe Bravo, gleich darauf ging das Pfeifen und Zischen an; Lola ging mit ihren Begleitern, von denen einer höflich den Hund unter den Arm genommen hatte, schnell in den Gasthof zurück. Der Lärm ließ erst nach einiger Zeit nach; Polizei und Gendarmerie, schon früher beordert, erschienen in den Straßen. Später fuhr die Spanierin aus, nachdem man sich durch einen Versuch überzeugt hatte, daß ein Wagen ungehindert passircn könne; nach I I Uhr Nachts sammelten sich vor dem Gasthausc, das dicht am Ncsidcnzplahe liegt, wieder Gruppen, cö waren Nachzügler aus den Wirihshäusern, man pfiff und zischte; Alles aber ging aus einander, als Militairpatrouillcn sich zeigten. Am nächsten Morgen reiste die Spanie rin nach München ab. Ungehindert hätte sie in Würzburg verweilen können, nur ihre ungcmcssenc Heftigkeit rief Scenen hervor, die ihr zur Lehre dienen sollten; unangenehm ist aber der Vorfall deshalb, weil man häufig von Soldaten äußern hört, die Ehre des wachihaltcnden Mannes sei ge kränkt und er müsse Satisfaction erhalten, doch werden sie sich beruhi gen, da der Angriff von zarten weiblichen Händen erfolgt ist. — Aus München vom 4. Aug. sagt der Rheinische Beobachter: „Die hier umgehenden und durch ein norddeutsches Blatt auch in der Tagespresse laut gewordenen Gerüchte von einer intellectuellcn Betheili gung des Hrn. v. Abel an den jesuitenfrcundlichen Vorgängen im Schoosc der sardinischen Regierung haben, wie man hört, höchsten Orts Anlaß zu genauen Nachforschungen und Ermittelungen gegeben, die, wenn sie ein jene Gerückte bestätigendes Ergebniß liefern, höchst wahrscheinlich zu einer neuen Metamorphose in unserer diplomatischen Welt führen." **hon der sächsischen Grenze, 13. Aug. Der wackere vr. Stolle legt jetzt über den Erfolg seines WeihnachtSbaumS, den er dem Gebirge so freundlich angezündct hat, eine sehr erfreuliche Rechnung ab. Es find 3964 Exemplare verkauft und dafür 2595 Thlr. 12 Ngr. 5 Pf. eingcnom.men worden. Nach Abzug von 470 Thlr. 2 Ngr. 6 Pf. Hcr- stcllungs- und Vcrbreitungskostcn ergab sich ein (Überschuß von 2125 Thlr. 9 Ngr. 6 Pf., über dessen umsichtige und gewissenhafte Verwen dung er genaue Auskunft gibt, dabei in seiner aufrichtigen Weise dank bar anerkennend, daß ihm als Privatmann eine so zweckmäßige Verthei- lung nicht möglich gewesen märe, wenn nicht dicKrciSdircction zu Zwickau sich mit Sachkunde und unermüdeter Fürsorge derselben angenommen hätte. Selten wird ein so anspruchsloses Unternehmen von so raschem und schö nem Erfolge gekrönt worden sein, und gewiß hätte der brave Urheber kei nen ihn mehr erfreuenden Lohn für seine harmlosen Gcistcöspiele und Scc- lenklänge ärnten können, als cbcn diesen Erfolg um des Guten willen, das er gestiftet hat. Es mag ihn das über die Anfeindungen lächeln machen, die selbst dieses Unternehmen erfahren hat und die sich sogar in die Farbe der Christlichkeit hüllten, während nichts christlich ist, was spitzfindig austritt, lieblos und gehässig. — Aus Dfltfvieslanb thcilt man der Weser-Zeitung mit: „Man hat es in einigen Zeitungsartikeln als etwas Auffallendes hervorgehobcn, daß jetzt nach einer besonder» Verordnung in den Schulen im Bentheim'- schen Deutsch gelernt werden soll. (Nr. 203.) Es wird daher noch'Mchrauffal- len, wenn wir die anscheinend nicht genugsam bekannte Thatsäche berichten, daß in der Mehrzahl der Schulen Ostfrieslands, und namentlich in allen reformirten Volksschulen die deutsche Sprache ebenfalls völlig unbekannt ist. Der Unterricht wird hier in holländischcrSp rache ertheilt, oder rich tiger in einem holländischen Jargon, den aber die wahren Holländer nicht als ihre Sprache anerkennen. Dies kommt wol daher, weil man hier überhaupt am Alten hängt, und die Verhältnisse des übrigen Deutsch lands spurlos an sich vorübergchen lassend ein Provinzial-Sondervolk bil det. Der rcformirtc Cultus kam zur Zeit der Reformation ans Holland herüber, und holländische Prediger waren diö Verkündiger desselben. Spä ter studirten die Geistlichen in Holland, und so conservirte sich jene Sprache als religiöses Unterscheidungszeichen um so mehr, als der Oomine (Pastor) in einer völlig klösterlichen Abgeschiedenheit von der übrigen Welt lebt. Jetzt gilt die Vorschrift, daß auch in den reformirten Kirchen von Zeit zu Zeit einmal in deutscher Sprache gepredigt werde» muß, allein der Nicht- gebildete nennt dies nicht Deutsch predigen, er sagt.' «Der Domine hat heute Luthcrsch gepredigt.»"