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herausgebracht wurden. Bald erweiterte sich seine Dirigententätigkeit, der Künstler diri gierte auch sinfonische Konzerte. Nikolai Anossow wirkte an den Philharmonien von Moskau und Baku. Er trat in vielen Städten der Sowjetunion auf, erweiterte sein Repertoire und bereicherte seine künstlerischen Erfahrungen. Zur Zeit ist er in der Hauptsache Orchesterdirigent, doch auch der Opernbühne widmet er weiterhin seine Aufmerksamkeit. Auch diese Tätigkeit nimmt einen wichtigen Platz in seinem Wirken ein. Einige Jahre leitete er das Opernstudio des Moskauer Staatlichen Tschaikowski-Konser vatoriums, wo er die Inszenierungen der Opern „Don Giovanni“ von Mozart, „Die ver kaufte Braut“ von Smetana und andere Opern zur Aufführung brachte. Nikolai Anossow gehört zu den Musikern, die ständig bestrebt sind, ihr Repertoire zu erweitern und sich die Aufgabe stellen, unbekannte Werke wie auch neue Kompositionen zu popularisieren. Deshalb sind seine Konzertprogramme sehr abwechslungsreich und um fassen eine sehr große Anzahl von klassischen und zeitgenössischen Werken. Im Vordergrund seines Repertoires stehen die sowjetischen Komponisten Prokofjew, Schostakowitsch, Mjaskowski, Chatschaturjan, Kabalewski, Knipper, Schebalin u. a. In ständiger Verbindung mit den Komponisten stehend, brachte er wiederholt ihre Werke zur Erstaufführung. Nikolai Anossow dirigierte auch viele Werke der zeitgenössischen ausländischen Kompo nisten. So kamen unter seiner musikalischen Leitung zwei Sinfonie-Konzerte zur Aufführung, die dem Schaffen von John Ireland, Benjamin Britten, Jassusa Anutagaw und anderer zeitgenössischer Komponisten gewidmet waren. Auch die klassische Musik nahm einen großen Platz im Repertoire Nikolai Anossows ein. So enthält sein Repertoire alle Sinfonien Beethovens und Tschaikowskis, der Werke von Bach, Mozart, Borodin, Skrjabin und anderer russischer und westeuropäischer Kompo nisten. Besonders bemerkenswert ist seine Interpretation einer Reihe selten gespielter Kompositionen. Er dirigierte großartig das Melodrama „Orpheus“ des russischen Kompo nisten des 18. Jahrhunderts, Jewstignei Fomin, sowie mehrere Konzerte der alten deutschen und italienischen Musik. Neben seiner Dirigententätigkeit war Nikolai Anossow auch Pädagoge. Er leitete die Dirigentenklasse des Moskauer Konservatoriums. Aus seiner Klasse gingen eine Reihe talentierter junger Dirigenten hervor; unter ihnen sein Sohn Gennadi Rojdestwenski und der Uigursker Musiker Gasis Dugaschow. Beide sind bereits als Dirigenten am Großen Theater in Moskau tätig. Nikolai Anossow hat ein Lehrbuch über das Lesen der sinfonischen Partitur geschrieben und übersetzte das Buch von Henry Boud „Über das Dirigieren“ ins Russische. Zu all dem ist hinzuzufügen, daß Nikolai Anossow, wie alle anderen sowjetischen Musiker, sich mit seiner ganzen Kraft für die Entwicklung der kulturellen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Völkern einsetzt. i Er dirigierte in der Sowjetunion eine Reihe von Werken polnischer, tschechoslowakischer/ rumänischer, japanischer, englischer und amerikanischer Komponisten und anderer Länder. Er trat in Konzerten in Polen, CSR, Ungarn, Rumänien und in der Deutschen Demokra tischen Republik auf und machte das Publikum dieser Länder mit der neuen sowjetischen Musik bekannt. (Übersetzung aus einem Prospekt) Sergej W. Rachmaninow: Sinfonie Nr. 1, d-Moll „Ich habe nie feststellen können, wozu ich in Wahrheit berufen bin, zum Komponisten, zum Pianisten oder zum Dirigenten“ — diese Äußerung des vielseitig begabten Künstlers findet in seinem Lebensweg ihre Bestätigung. Bereits während seiner Moskauer Konser vatoriumszeit trat Rachmaninow als Komponist und Interpret seines ersten Klavierkonzertes sehr erfolgreich an die Öffentlichkeit. Seine Prüfungsarbeit, der Operneinakter „Aleko“, wurde mit der Großen Goldmedaille ausgezeichnet. Bis zum Jahre 1906 lebte Rachmaninow in Moskau, zuletzt als Kapellmeister am Großen Theater, wo er sich um die Wiederbelebung der klassischen russischen Oper große Verdienste erwarb. Dann begab er sich ins Ausland. Nach einem längeren Aufenthalt in Dresden führten ihn ausgedehnte Konzertreisen in viele Länder der Erde, und überall wurde er als Pianist, Dirigent und Komponist stürmisch gefeiert. Im Jahre 1918 ließ sich Rachmaninow endgültig in Amerika nieder, verfolgte jedoch die umwälzenden Ereignisse in seiner Heimat mit großem Interesse. So erklärte er kurz nach seiner Ankunft in einem Interview: „Ich bin völlig davon überzeugt, daß die musikalische Zukunft Rußlands grenzenlos sein wird. Der Zar hat nicht viel getan, um die Musik zu entwickeln. Denken wir doch daran, daß die meisten großen russischen Kompo nisten sich mit der Musik nur nebenher befassen konnten und ihren Lebensunterhalt auf andere Art und Weise verdienen mußten.“ Das kompositorische Schaffen des russischen Meisters ist reich und vielseitig. Fast die Hälfte seines Lebenswerkes besteht aus Kompositionen für sein eigenes Instrument, das Klavier. In zahlreichen sinfonischen Werken setzt Rachmaninow die Tradition Tschai kowskis fort. Auch in seinen Romanzen und Liedern knüpft er an Tschaikowski an, findet aber auch hier eine durchaus persönliche Sprache. Auf dem Gebiet der Oper trat er mit drei Werken hervor, von denen das zweite, „Der geizige Ritter“, ein Beitrag zur Rezitativ oper Dargomyschskis ist. Rachmaninows erste Sinfonie, ein Jugendwerk, entstand im Jahre 1895. Ihre Uraufführung, die zwei Jahre später unter der Leitung Glasunows in Petersburg stattfand, wurde ein Miß erfolg. Rachmaninow nahm ihn sich derart zu Herzen, daß er fast fünf Jahre lang kaum komponierte. Erst zwei Jahre nach seinem Tode wurde die zu Lebzeiten des Komponisten nicht mehr aufgeführte Sinfonie wieder zu Gehör gebracht und erlebte nun, vor allem in der Sowjetunion, eine verdiente und glänzende Rehabilitierung. Bemerkenswert ist die innere Einheit des Werkes, dessen vier Sätze auf vielfältige Art thematisch und motivisch verknüpft sind. Eine knappe langsame Einleitung enthält gewisser maßen die musikalische Grundidee der Sinfonie: ein auftaktartiges viertöniges Motiv, das mit der Unerbittlichkeit des Schicksals das ganze Werk durchzieht, erklingt in den Holz bläsern, gefolgt von einem kraftvoll-gewichtigen Thema in den Streichern, das mit wenigen Änderungen zum Hauptthema des in Sonatenform stehenden ersten Satzes wird und auch für die übrigen Sätze von Bedeutung ist: 'Auch der zweite Satz (Allegro animato) beginnt mit dem schicksalhaften Motiv, das die Sinfonie eröffnet. Nach wenigen vorbereitenden Takten erhebt sich in den Violinen das sangliche Thema des Satzes, das jedoch sofort durch eine stark akzentuierte, chromatisch absteigende Linie verdüstert wird, die in umgekehrter Richtung bereits im ersten Satz auftaucht. Formal nähert sich der Satz einem Rondo, dessen Zwischensätze teilweise auf das Kopfmotiv des Hauptgedankens des ersten Satzes zurückgreifen. Der dritte Satz, ein Larghetto, wird ebenfalls durch das „Schicksalsmotiv“ eingeleitet. Immer wieder klingt sein dunkler Ruf im Verlaufe des Satzes auf. Aus einem Terzenmotiv der Klarinetten wachsen weitgespannte melodische Bögen. Rachmaninows Worte „Melodie ist Musik, die Hauptgrundlage der gesamten Musik“ finden hier volle Bestätigung. Im Finale (Allegro con fuoco) wird ein großer Schlagzeugapparat auf geboten. Wiederum steht das „Schicksalsmotiv“ am Beginn des Satzes, aber jetzt ist es von kämpferischer