Volltext Seite (XML)
1756 1<« überworfen, indem derselbe auch ihm mit einem Processe drohte, der ihm die Achtung seiner Mitbürger kosten solle. Auf die Frage, ob er wisse, wen Parmentier gemeint habe, als er nach des Generals CubiereS Schreiben 1844 im August bei einer Besprechung von einem anwesenden Actionair versicherte, daß er durch einen von seinen Verwandten, der mit Hrn. Teste genau bekannt sei, über die ConcessionSangelegenheit fortwäh rend unterrichtet und fest überzeugt sei, daß bei dem Ministerium durch aus keine Bestechung vorgekommen, nannte der Zeuge als diesen Ac tionair Hrn. Capin, Freund und Verwandten Hrn. Lanoir's. Hr. Renaud wußte, daß Pellapra den Vermittler in der Sache machte, und war mit Hrn. Lanoir der Ansicht, derselbe hintcrgche den General Cubiercs. Die Aussage des Hrn. Legrand, Unterstaatssecretair im Ministerium der öf fentlichen Arbeiten, welcher dann vernommen wurde, stellte nichts heraus und gab nur über Hrn. Teste'S eifrige Thätigkcit als Minister Aus kunft. Der Zeuge de Chcppe, Abtheilungschcf für das Bergbauwcscn in demselben Ministerium, erklärte, daß eS bei der Conccsfionsertheilung völ lig ordnungsmäßig hergegangen sei, und gab eine umfängliche Erzählung, die Hr. Teste „als ungenau im Einzelnen ohne des Zeugen Absicht" be zeichnete. Der frühere, seht in Ruhestand versrhte Generalinspector des Bergbaues Guenyveau, 65 Jahre alt, hatte über die Concession vcnGou- henans nichts Auffälliges und Ungewöhnliches mitzutheilen. Nur glaubte «r, daß ein zweiter modificirter Bericht binnen 24 Stunden verlangt wor den sei, während nach Hrn. Teste der eine vom 23. Jul., der andere vom 3. Aug. wäre. Der Zeuge Thirria, Sccretair beim Conseil für das Bergbauwcscn, refcrirte über die Berathung wegen der Concession, bei welcher Hr. Teste kein besonderes Interesse für diese Angelegenheit gezeigt habe. Als bei der Abstimmung 4 Stimmen für den größern Umfang und 5 für den kleinern sich zeigten, habe er sich der Abstimmung enthalten. Der Kanzler hatte im Anfänge der Sitzung Auftrag gegeben, sofort amtliche Ermittelung anzustellcn über die bei der Staatskasse 1843 für Hrn. Pellapra erfolgte Erwerbung von Schatzbons. Der darüber erstat tete Bericht wurde jetzt vorgelesen und besagte, daß am 2. März 1843 Hr. Pellapra 94,000 Fr. eingrzahlt und drei Schatzbons von 25,000, eins von 19,000 Fr. dafür an seine Ordre erhalten habe, die am 2. Sept. 1843 zahlbar waren und am 12. Sept, eingelöst wurden. An demselben 12. Sept, zahlte Hr. Charles Teste 95,000 Fr. ein und nahm ein Schatz- billet auf den 12. März 1844 dafür. Pcllapra's und CH. Teste'S Unter schriften waren bcigelcgt. Auf deS Präsidenten Frage, ob Hr. Teste dazu etwas zu bemerken habe? entgegnete dieser bei Todtenstille: „Ich verlange, daß mir die Papiere vorgelegt werden und ich dieselben prüfen kann. Die ses Geschäft scheint ein persönliches meines SohncS zu sein. Ich verlange Mittheilung der Aktenstücke." Der Zeuge Grillet auö Lure, einer der Hauptthcilhaber des Salzwerks, gab eine lange Erzählung über Parmcn- tier's Rathschlägc, die Erlangung der Concession durch Opfer zu sichern. Von dessen Beziehungen mit Cubiercs und Pellapra wußte er nichts, hatte aber seine eignen Ansichten über Parmcntier's Rechtlichkeit, der ihm schon einige Streiche gespielt habe. Hr. Capin, der letzte Belastungs zeuge, Advocat am königl. Gerichtshöfe zu Paris und früher General- procurator in Nismes, ein Verwandter deS.Hrn. Lanoir, der viel Acticn von Gouhcnans besaß, kannte Hrn. Teste, als derselbe Mitglied des Ge neralconseils des GarddepartcmentS war. Auf Hrn. Lanoir's Gesuch halte er bei demselben um Beschleunigung der Concessionirung gebeten. Später im Jahr 1843 hatten ihm Lanoir und Parmentier von Bestechung und dergleichen Dingen gesagt, die dabei vorgekommen wären, worauf er im Betreff Hrn. Teste's und seiner Untergebenen geäußert, daß sie gewiß reine Hände hät ten. Der Präfcct der ober» Saone von 1842, Hr. MazereS, welchen Hr. Teste hatte vorladen lassen, um Auskunft in der Sache zu geben, erklärte zuvörderst, daß ihn vertraute Familienbezichungen mit General CubiereS nicht abhalten würden, unverhohlen sich auözusprechen. Seine Mitthcilungen gingen darauf hinaus, daß Parmentier Mistrauen in die Be hörden gesetzt habe, daß ihm weder CubiereS noch Teste in der Sache et was zuzumuthen versucht, sondern sie ganz ihren Gang hätten gehen lassen. Seine Ueberzeugung gehe dahin, daß keine Bestechung vorgekom men sei. Hr. Lanoir, Sohn des oben genannten verstorbenen Lanoir, be stätigte die bestandenen freundschaftlichen Beziehungen seines Vaters mit Parmentier, womit die Sitzung schloß. — Die öffentliche Theilnahme an dem traurigen Processe gegen Eubi er es und Genossen wächst mit jedem Tage. Bei Tvrtoni, in den Theatern, in den gewöhnlichsten Schenken und vornehmsten Cafes verhan delt man nichts Anderes. In der Dcputirtcnkammer sah man gestern die geringe Zahl der anwesenden Deputirten, gruppenweise im Saale oertheilt, sich lebhaft von der Angelegenheit des TageS unterhalten. Hrn. Guizot schien es auf seinem Platze nicht zu dulden. Er ging alle Augenblicke hinaus, um zu vernehmen, ob und welche Nachricht aus dem Luxembourg tingegangen sei, und wenn er zurückkam, sprach er jedesmal dem Siegel bewahrer inS Ohr. Aus dem Luxembourg werden während der Verhand lungen in kurzen Zwischenräumen reitende Municipalgardistcn mit Berich ten abgcfcrtigt, die über die äußern Boulevards nach Ncuilly sprengen, wo man auf diesem Wege jeder Verhandlung folgt. Das Gerücht, Hr. Pellapra werde gestern sich stellen, hat sich zwar nicht bestätigt; Madame Pellapra hat aber dafür wichtige Papiere an den Kanzler eingereicht. Int Luxembourg gab eS Nachmittags auch einen kleinen Lärm. Ein mit Stroh beladener Wagen rasselte nämlich plötzlich von der Rue Tournon her in den inner» Hof. Aus der anwesenden Menge ertönten sogleich Stimmen, daß man Cubiercs oder Teste forthelfen wolle, und die Municipalgarde mußte sich ins Mittel legen. Sie nahm aber auch den Fuhrmann fest, der betrunken schien, und den Wagen in Beschlag. — Gestern Abend in der neunten Stunde hat Hr. Teste im Gefäng nisse des Luxembourg einen Versuch zum Selbstmorde gemacht. Wie die Gazette des Tribunaux berichtet, hat er einen Pistolenschuß in der Rich tung des Herzens auf sich abgefeuert, aber gefehlt und nur eine stärkt Contusion davon getragen. Aerzte, der Polizeipräfect und der General- procurator kamen sofort herbei, und eS ward ein Protokoll über den Vor fall aufgenommen. Nach dem National hätte ein vorher in den Mund abgedrücktes Pistol versagt. Auch die Union monarchique erzählt von zwei versuchten Schüssen. Sein eigner Sohn soll ihm die Pistolen zu getragen haben. NcbrigenS melden nur die genannten drei Morgenblät ter den Vorfall, was aber die späte Stunde, in welcher er sich zugetragen, erklärt. Galignani's Messenger verneint, daß Hr. Teste eine nennenS- werthe Contusion davon getragen habe. Er wurde sofort unter beständige Aufsicht gestellt. Hr. Teste soll heute dem Kanzler schriftlich ein Geständ- niß dessen gemacht haben, was allerdings nicht mehr zu läugnen zu sein scheint, und bitten, daß er nicht wieder vor dem Pairshof öffentlich zu erscheinen brauche. — Im Faubourg St.-Marceau soll die Polizei heute Morgen An schläge abgcnommen haben, die besagten: „Es werden unbeschäftigte Ar beiter gesucht, um einen Hof und zwei Kammern zu reinigen". — Der Syndikus der Wechselagenten an der pariser Börse, Hr. Bil- laud, hat im Namen derselben die bei Uebertraguug der Renten der Bank an den Kaiser von Rußland der Compagnie zugcfallenen Gebühren von 44,733 Fr. an die Stadtkasse überliefert, um dieselben nach Berhält- niß der Bevölkerung anthcilig unter die zwölf Arrondissements zu vertheilen. 12. Jul. Es ist das erste Mal, daß der Pairshof Mit glieder der PairSkammer, zwei ehemalige Minister, zu richten berufen ist, welche der Bestechung oder des Betrugs angcklagt sind. Unter der Restauration ward auch ein Gcncrallieutenant angeschuldigt, daß er sich während des spanischen Kriegs von dem famosen Lieferanten Ouvrard habe bestechen lassen. Allein der Pairshof fand die Jndicien nicht genü gend und stellte ihn klagefrei. Diesmal ist eS bis zum in Anklage ver setzen und öffentlichem Gerichte gegangen. Die öffentliche Meinung spricht, sich nicht sehr günstig über die Art aus, wie die letzten Briefe des Ge- nerals Cubiercs und des Hrn. Pellapra vor den Hof gebracht worden sind. (Nr. 196.) Man sieht einen Advocaten (Hrn. Cuzon) dabei thätig, der einen Journalisten, und zwar einen republikanischen, eine vertraute Correspondenz excerpircn läßt. Dann sicht man.diesen Journalisten ein solches Gchcimniß misbrauchen und einem Deputirten Einsicht in die Briefschaften gewähren, welcher endlich dem Kanzler davon Nachricht gibt. Diese fremde Einmischung in eine Criminalsache ist einer Denun- ciation etwas sehr ähnlich gefunden worden, die auf Mißbrauch von Ver trauen beruht. Die HH. Marrast und de Malleville sagen, der Schmerz, einen General durch eine schmähliche Anklage compromittirt zu sehen, habe sie bestimmt. Sie dachten also nicht daran, wenn sie einem Soldaten dienten, daß sie es auf die Gefahr hin thaten, einem Magistrate zu schaden. Weshalb sollte ihnen Hrn. CubiereS Ehre theurer als die Hrn. Teste'S sein? ** Paris, 13. Jul. Erlauben Sie mir vor Allem, eine meiner frü hem Angaben zu berichtigen. Wenn ich mich recht erinnere, meldete ich in meiner vorletzten Mittheilung(Nr. 194), das französische Strafgesetz ahnde die active wie die passive Bestechung mit drei bis fünf Jahren schwerem Kerker und dem Verlust der bürgerlichen Rechte. Der erste Theil dieser Strafe wird jedoch nur dann verhängt, wenn der Beamte eine an sich gesetzwidrige Handlung in Folge eines angenommenen Geschenks began gen, wenn er etwas bewilligt oder versagt, was er nicht bewilligen oder versagen durfte. Ein solcher Fall liegt in dem Processe CubiereS nicht vor, cs handelt sich um eine bloß einfache Bestechung und das Anerbieten, auf der einen und die Annahme auf der andern Seite eines Geschenks „für eine amtliche, keiner Gebühr unterworfene Handlung, wie gerecht sie auch an sich sei". Neber eine solche Handlung spricht das Strafgesetz die bürgerliche Entehrung, d. i. den Verlust der Bürgerrechte, und den doppelten Erlag der angebotencn und angenommenen Summe oder den. doppelten Werth des Geschenks aus. Da ich gerade im Zuge der Berich tigung bin, halte ich es für eine Pflicht der Gerechtigkeit, jene Bemerkun gen in meinem letzten Schreiben (Nr. 196) zu widerrufen, die das Verfahren der HH. Marrast und de Malleville in ein ungünstiges Licht stellten; ihre Aussagen vor dem Pairshofe scheinen mir hinreichend zu beweisen, daß^ ich ihnen Unrecht gethan. Die aufeinanderfolgenden Zwischenfälle in dem sonderbaren Processe haben endlich Licht in die finstere Geschichte gebracht und der ganzey Sache fast genau die umgekehrte Gestalt gegeben. Wenn man anfangs beim