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-59 >emm- crcins Wenn die vorhergehend« Darstellung wohlbegründet ist, so benach- thciligl die brüische Regierung Deutschland nicht, wenn sie de» Zollver ein zu überreden sucht, seine Schutzzölle zu vermindern. Das, was in den letzten Jahren in Baiern und Württemberg sich zugetragen hat, mag dazu dienen, das vorstehende Urtheil zu verstärken. Ald der Zollverein gegründet wurde, hatten diese beiden Königreiche wenig Manufacturen, und sie waren deshalb die Advocate» geringer Zölle, uch aus der Anwendung dieser Lehre yervorgcgangcn. Ler Grundsatz deS Schutzes ist lediglich eine seiner beiläufigen und zufälligen Eigen schaften gewesen; dieser Grundsatz ist in keiner Weise wesentlich für die Existenz des Zollvereins, und es ist nicht abzuschen, warum diese Schö pfung, welche Deutschland die Wohlthat des fteien Handels im Innern gewährte, nicht auch Deutschland den weitern Vortheil des freien Han dels mit dem Auslande geben sollte. Wohl zu verstehen, nicht ein Han del mit fremden Ländern, der ebenso befreit von Zöllen wäre als ein Handel im Innern, aber ein Handel mit fremden Ländern, der nur sol chen Zöllen unterworfen wäre, die zum Zwecke der Gewährung eines Einkommens und mit Rücksicht auf Erweiterung des Handel« auferlegt würden, nicht über Zölle auferlegt zum Schuhe und daher festgesteüt mit Rücksicht auf Beschränkung und Zerstörung des Handels. Entweder hat der vr. List recht oder unrecht, indem er vorausseht, daß es für Deutschland oder für irgend ein anderes Land wohlthätig sei, Prohibitiv- oder Restrictivzöllc auf die Einfuhr ausländischer Waaren zu legen, zu dem Zwecke, die inländische Production derjenigen Waaren, deren Einfuhr durch jene Zölle beschränkt werde, zu befördern und zu begünstigen. ES ist leicht, zu zeigen, daß er vollständig und gänzlich un recht hat. Wenn wir von Deutschland, oder England, oder irgend einem andern Lande sprechen, was meinen wir? Wir meinen natürlich die große Masse de« Volke«, welches solch ein Land bewohnt, und wenn wir von einem reichen oder armen Volke reden, meinen wir den Reichthum »der die Armutb der großen Masse des Staats und nicht den Zustand irgend einer besonder» Klaffe. Denn es Mag sich ost zutragen, daß eine Klasse der Menschen auf Unkosten aller andern Klassen reich wird, und in diesem Fall ist der Rationalwohlstand nicht im Wachsen begriffen, obgleich bi« Bertheilung der Reichthümer sich verändert haben mag- Run gibt cd' allein zwei Wege, auf welchen eine Nation reich werden kann, der eine ist Production, der andere ist Sparen. Man sagt gewöhnlich, daß eine Ration, die am meisten produ- cire, auch die reichste sei. Nehmen wir zwei Nationen, gleich in Bevöl kerung, in der Ausdehnung und Fruchtbarkeit ihres Gebiets, und diejenige Nation, welche durch ihre überwiegende Geschicklichkeit oder Industrie im Lause eine« Jahres de« größten Werth hervorbringt, entweder durch Ackerbau, oder durch Manufacturen, oder durch Fischfang an den Küsten, wird dir reichste sein. Mit andern Worten, die Ration wird die reichst« sein, welche einen gegebenen Werth mit dem wenigsten Aufwand« von Arbeit hervorbringt oder den größten Werth mit einem gegebenen oder gleichen Aufwande von Arbeit. Aber niemals sind zwei Nationen in Verhältnissen völliger Gleich heit, weder was die natürliche Tragbarkeit des Bodens noch was Klima oder andere Umstände betrifft, welche dle vortheilhafke Anwendung der Ar-' bcitskräfte regeln; cs kann daher nur selten eintresscn, daß die Verhält nisse zweier Nationen sich so gestalten, daß jede fähig sein sollte, in Iah- , reSfrist einen gleichen Belauf von Werth in irgend einer Art von Indu strie zu erzeugen, bei welcher menschliche Arbeit angcwendet werden kann. Einige Völker haben diese, andere jene Vortheile. Einige Völker können in einer gegebenenZeit und mittels der Anwendung gegebener Arbeits kräfte die größte Menge von Werth in Einem Zweige der Industrie, an dere in andern und verschiedenen Industriezweigen hervorbrinaen. Es, ist daher entschieden in dem Vortheil einer jeden Nation, ihre Arbeitskräfte in demjenigen Industriezweig anzuwcnden, mittels welches iy dem Lauf eine« Jahres der größte Werth erzeugt werden kann, und den auf diese Weise crzeugten Ueberschuß von Werth mit andern Nationen für einen Theil derjenigen Waaren auszutauschen, welche von diesen mit besonderer Leichtigkeit producirt werden können; — und dies ist freier Handel. Wenn aber statt dessen eine dieser Nationen einen Theil ihrer Arbeitskräfte da zu verwenden wollte, um selbst die Waaren hervorzubrinaen, welche eine andere Nation leichter oder besser produciren kann, so wurde sie in Ver lust kommen, d. h. sie würde in Jahresfrist einen so großen Belauf an Werth nicht erzeugt haben, als sie erzeugt haben würde, wenn sie ihre Arbeitskräfte an solche Waaren gewendet hätte, die sic mit besonderer Leichtigkeit erzeugen kann, und nachher einen Theil dieser Waaren gegen Waaren anderer Nationen vertauscht hätte, die diese leichter produciren können. Aber die Schutzzölle der vr. List beabsichtige», eine Nation,/ welche sie annimmt, zu zwingen, den ersten dieser Wege einzufchlagen und nicht den letzten, weil solche Schutzzölle auf künstliche Weise die Ko sten ausländischer Waaren vermehren und deshalb das Volk verleiten, ein« Arbeit auf'solche Industriezweige zu verwenden, bei welchen diese Arbeit weniger Wcrthe schaffen wird, als es bei andern der Fall gcwe- en fein würde, sodaß am Ende des Jahre- die angchäufte Arbeit der gan zen Nation weniger Werthe producirt haben wird, als es ohne Schutz zölle und wenn freier Handel gewesen der Fall gewesen wäre; ,drr- gestall wike also diese Nation am Ende des Jahres ärmer, als sie sonst gewesen sein würde. Aber Schutzzölle beschränken nicht allein die Produc tion, sic hindern auch am Sparen. Denn da es die Absicht und die Wir kung des Schutzes ist, den Preis ausländischer Waarcn auf nicht natür liche Weise zu erhöhen, damit die Eonsumenten solcher Waaren grnöthigt werden, sie von inländischen Produccnten zu kaufen, welche sie nicht so rillig erzeugen und verkaufen können als die ausländischen Prvducenten, o folgt daraus, daß Ver Consumcnt in Jahresfrist mehr Werth für eine gegebene Menge von Waaren, welche er bedarf, zahlt, als er zu bezah len haben würde, wenn der Handel frei wäre. Drr Consumrnt ist daher, gezwungen, mehr auszuaeben, um die Annehmlichkeiten, welche er be- )arf, zu erlangen, er laßt am Ende des Jahres weniger zurück, um cS aufzusparcn, und er ist daher in Folge des Schutzzolls ärmer, als er sonst gewesen sein würde. Nun ist aber der Consument in jedem Lande die Masse des Staats, und wenn er verarmt, so verarmt auch die Nation. Es scheint also zu folgen, daß Schutzzölle sowol Vie Production als auch die Anhäufung von Reichthümcrn einer Nation vermindern, und wenn die« der Fall ist, so können sie nicht dazu beitragen, eine Nation reich und stark zu machen; aber sie find auch noch in anderer Art nachtheilig, sie benachtheiligen nicht allein den Eonsumenten gegen einen vermeintlich«» Vortheil des Produccnten, sie benachtheiligen sogar oft eine Klass« von Prvducenten gegen den vermeintlichen Vortheil einer andern Klasse der selben. Nehmen wir z. B. die Schutzzölle, welche in Frankreich und Deutschland gegen englisches Garn und Twist existircn; sie find nicht al lein für die Weber nachtheilig, sondern auch für Die, welche Stoffe tra gen, die aus Garn und Twist verfertigt zu werden pflegen. Die Men schen in andern Ländern sehen, daß England durch seine Manufacturcn viel Neichthum gewonnen hat, und sie schließen daraus, daß Manufak turen die vortheilhafteste Anwendung von Arbeitskräften auch in jedem andern Lande seien; aber dies ist im Hinblick auf manche Länder ein eben so großer Jrrthum, als ihn England begehen würde, wenn es versuche» wollte, seinen eignen Wein zu produciren oder seinen Thee, Taback oder Hanf, weil andere Nationen ihren Rcichthum von der Erzeugung dieser Waaren ableiten. Hinblick auf den Gegenstand Ihre- Memorandum gleichgültig erscheine, ob diese Meinung richtig fei odtr nicht, und daß es lediglich darauf an komme, ob sie existire oder nicht? E« muß mit aller schuldigen Rücksicht auf Ihre Autorität erlaubt fein, an der Wahrheit Ihrer Angabe zu zweifeln, daß die öffentliche Meinung in Deutschland entschieden zu Gun sten von Schutzzöllen sei; aber wenn sie e« ist, so weiche ich gänzlich von Ihrer Meinung ab, daß eS gleichgültig erschein«, ob solche Ansichten rich tig seien oder nicht. Wenn sie herrschen und wenn sie unrichtig sind, so müssen sic von Denen bekämpft werden, welche als Staatsmänner die öffentlichen Berathungen in Deutschland leiten, und ebenso von Denen, welche als Schriftsteller über politische Oekonomie und Handelspolitik die öffentliche Meinung aufjuklären und die Ansichten ihrer Mitbürger zu bilden verstehen. Ich glaube, daß solche Ansichten entschieden irrig sind, nachtheilig für Deutschland, nachthcilig für England, und jene innige Ver- binbung verhindernd, welche ich so gern zwischen zwei mächtige» Natio nen hergcstcllt sähe, deren politische Interessen fast identisch sind, und ich fühle mich deshalb verpflichtet, Sie frctmüthig davon in Kcnnkniß zu setzen, daß ich, wüß zu empfehlen der Zweck Ihres Memorandum ist, bie Zustimmung zu solchen Ansichten von Seiten der herrschenden Gewalten dieses Landes nicht erklären kann. Ich habe die Ehre zu sein (Gez.) Robert Peel." Von Lord Palmerston erhielt List folgendes Memorandum: „Die politischen Ansichten des vr. List scheinen richtig und wohl begründet zu sein, ein Gleiches gilt aber nicht von seinen Handelslehren, vr. List be hauptet, daß es im Interesse von England liege, sich nach einer abge schlossenen und dauernden Verbindung mit Deutschland umzusehen, und daß, um eine solche Verbindung dauernd nützlich für England zu machen, Deutschland einig, im zunehmenden Wohlstände und stark sein müsse. So weit sind seine Sätze unbestreitbar; aber er folgert weiter, daß Deutsch land, um einig, reich und stark zu werden, auf die Lehre vom freien Handel verzichten und nach der Lehre von den Schutzzöllen handeln müsse. Dieser Theil seiner Argumente scheint ungesund zu sein. vr. List preist den Zollverein, und mit Recht. Der Zollverein war für Deutschland eine wohlthätige Gründung, und zwar sowol in politischer als in commerziellcr Hinsicht. Politisch betrachtet bat der Zollverein den Staaten, welche ihn bilden, jene Einigkeit des Nationalgefühls zu geben vermocht, welche die Spaltung des Landes in getrennte und verschiedene Staaten einiger maßen geeignet war zu zerstören. Keiner, der cs wohl meint mit Deutsch land, kann anders als mit Freude auf diese politische Wirkung des Zoll vereins Hinblicken. Aber auch in commerzieller Beziehung ist jene Grün dung höchst vortheilhaft für Deutschland gewesen, indessen aus einem Grunde, der dem von vr. List vorgebrachten geradezu- entgegengesetzt ist. vr. List preist den Zollverein als ein großes Mittel, die Lehre von den Schutzzöllen aufrecht zu erhalten; aber der Zollverein ist gerade des halb so wohlthätig für Deutschland gewesen, weil er zuerst dir Lehre vom freien Handel in die Praxis eingcsührt hat. Der Freihandel beginnt gleich der Menschenliebe zu Hause, und obgleich ausdauernd im Innern, muß er doch damit enden, auch nach der Fremde zu gehen. Der Zustand von Deutschland vor dem Zusiandckommen des Zollvereins war für den' Wndel höchst lähmend und störend. Jeder besondere Staat hatte seine kefondern Zolleinrichtungcn, seine besonder» Zollgrenzen. Der Handel im Innern des Landes wurde von den Grenzen im hohen Grade erschwert durch erneute Hemmungen, Revisionen, Umpackungen, Verzollungen und Verzögerungen. Um einem Engländer die Lästigkeit und die Nachtheile begreiflich zu machen, die aus einem solchen Zustande der Dinge für den Händel entsprangen, müßt« man ihn voraussetzen lassen, daß längs der Grenzen jeder Grafschaft des vereinigten Königreichs Zolllinien errich tet seien. Der Zollverein entfernte mit einem Male alle diese inncrn H nisse, und indem er die Zolllinien an die äußern Grenzen des V« verlegte, gewährte er im Innern vollkommenen freien Handel; die Vor- thcile hiervon waren groß für Deutschland. Der Zollverein also, weit entfernt, die Lehre des freien Handels zu verdrängen, ist vielmehr wesent lich aus der Anwendung dieser Lehre hervorgcgangcn. Der Grundsatz