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4«S StaatSminister v. Zcschau: DaS Ministerium finde ganznatürlich, daß über diese Angelegenheit sich in der Kammer verschiedene Meinungen herauSgestellt, da in der Deputation ebenfalls verschiedene Ansichten auf getaucht seien. Die Frage sei wichtig und ernst; aus diesem Grsiästs- punktc sei sie auch von der Regierung betrachtet worden. Es komme be sonders darauf an, die Lage sich zu vergegenwärtigen, wie sie sich gestal ten würde, wenn den Separatvotanten gefolgt werden sollte, und welche Verlegenheiten vielleicht daraus hervorgehcn könnten. Der Abg. Hensel habe ausemandergeseht, auf welche Weise die Regierung ihr Recht gel tend machen könne: die Gesellschaft müsse zur Erfüllung der in demCon- stitutionsdecret enthältencn Bedingungen angehalten werden. Das sei eine sehr richtige juristische Ansicht, allein der Separatvotant habe selbst nicht in Abrede stellen können, daß dieser Weg langsam und mit vielen Schwie rigkeiten zum Ziele führen werde. Er werde am Ende darauf hinaus- kommen, daß der Regierung nichts Anderes übrigblcibe, als die Bahn auf eigne Rechnung zu Ende zu führen, während sie nicht berechtigt wäre, die Gesellschaft außer Besitz des fertigen Theiles zu setzen. Wenn die Bahn vollendet wär«, würde allerdings die Gesellschaft verbunden sein, Ersatz der zur Vollendung verwendeten Kosten zu leisten. Allein wenn die Regierung das wollte, würde die Lage der Gesellschaft eine weit günsti ger« sein, weil sie im Besitze desjenigen Theiles der Bahn bliebe, welcher schon jetzt so viel Ertrag gewähn, daß Vir Zinsen ihres Capitols gedeckt such. ES würde daher gerade darauf hingearbcitct, daß Vie Negierung mit noch »irl größten Opfern den Bau vollendet«. Das Separätvotum d«SBic«präsidenten anlangend , müsse er bekennen, daß ihm nicht rathsam schein«, für dieses Unternehmen ohne mehre Sicherheit noch weitere Mit tel aufzubrinqen. Das beantragte Verfahren würde jedenfalls dazu füh ren, neue Verhandlungen mit der Gesellschaft anzuknüpfrn, auf deren B-endigung di« Regierung mit ihren Finanzoperationen nicht warten könne. Denn damit der Bau nicht ins Stocken aerathe, müsse sie Vor schüsse leisten,, und dazu brauche sie Geld. Der Vorlage selbst sei wenig hmznzufüM. Die Regierung sei der Ansicht gewesen, daß die Ermer? bung der Bahn im Interesse des Staats liege und daß gegenwärtig zur Vermeidung größerer Verlegenheiten Veranlassung dazu emgrtreten sei, obwol man ursprünglich einen spälern Zeitpunkt dazu ausersehcn gehabt. Roch erlaube er sich, ein Wort darüber zu sagen, welchen Gang der Sache die Regierung sich gedacht, wenn die Bahn jetzt fortgebaut werde. Es sei nicht leicht, m dieses Unternehmen gegenwärtig einzutreten. Die Regie rung werde sich mit der bairischen Regierung über die Ausführung deß Baues zu verständigen haben, diese Verständigung werde auch gelingen, srdald sie in den Besitz der Bahn komme; daß sie aber vielleicht nicht zu Münde kommen und möglicherweise bedeutende Schwierigkeiten entgegrn- «PM werden würden, wenn die Bahn in den Händen der Actionaire v«8ie, sei nicht eine bloße Dermuthung, sondern könne mit ziemlicher Gewißheit ausgesprochen werden. Zunächst müsse die Strecke von Plaue« nach Hof vollendet werden und dann die Strecke von Plauen nach My- lgU.< Bei dem Göltzschthale sei die Regierung nicht gemeint, auf die bisherigen technischen Untersuchungen hin, so gründlich dieselben auch sei« möchten, hm Bau sofort zu unternehmen; sie werde vielmehr da- nächste Jahr dazu benutzen j das Gutachten der aüSgezeichnctstrre au-länbischen Techniker darüber emzuholm. Denn da einmal dir con- tractöche Zeit nicht mehr cingrhaUen werden könne, halte sie sich auch zu. desto genauerer Erwägung verpflichtet. Jedenfalls würde auch während des Baues eine interimistische Verkehrsverbindung in den Stand zu setzen sein. Er sei der Ueberzeugung, daß die Angelegenheit auf die schnellste und einfachste Weise erledigt werde, wenn die Regierung den Bau über- nehme, und daß dies auch im Interesse der Bahn selbst liege, da jeder Verzug größern Nachtheil bringe. Nachdem Abg. Hensel II. sein Separatvotum insofern vcrtheidigt hatte, als die Lage der Sache sich dadurch nicht so ungünstig für die Ne gierung und so günstig für die Gesellschaft stellen werde, wie der Mini ster glaube, Abg. v. Thielau aber in einer andcrweitcn Entgegnung darauf hingewiesen hatte, daß durch ein Jntcrimisticum die Uebcroruckung des Gölhschthals nicht erspart, also der Kostenaufwand nur erhöht und die Rentabilität d» Bahn noch beeinträchtigt werde, sprach Referent v. d. Planitz zum Schlüsse. Nach einer kurzen Zwischcnverhandlung über die Fragestellung bean tragte Abg. Todt, mit Namensaufruf abzustimmen, weil er für ange messen halte, in dieser Angelegenheit etwas bedächtig zu Werke zu gehen ; „cs gibt eine Abstimmung, durch welche Millionen fließend gemacht wer den sollen wie Wasserbäche". Der Präsident stellte hierauf dir Frage aus den Antrag: „Die Kammer wolle der hoben Staatsrrgierung Voll macht ertheilen, mit der Sächsisch - Baierschcn Eiscnbahncompagnie die Ucbereinkunft zu treffen, daß die gedachte Compagnie ihr Eigenthum an den StaatSsiSeus abtrete; dagegen die Gcscllschaftsaclicn noch bis mit Monat September 1855 mit vier vom Hundert verzinst, hernach aber gegen 3 Proc. Zinsen tragende Staatspapiere, für deren Tilgung V, Proc. der Schuld und die durch die Rückzahlung entstehenden Zinserspar nisse regelmäßig zu bestimmen sind, umgetauscht werden; endlich die Com pagnie sich als'nach tz. 7 d ihrer Statuten für aufgelöst erkläre." Dieser Antrag wurde mit 52 gegen 17 Stimmen angenommen; mit Nein stimmten: Viccpräsidcnt v. Thielau, die Abgg. Erchenbrccher, Kokul, Schaffrath, Hauswald, Heyn, Michle, Todt, Müller, Leuner, Beyer, Hensel II., Heuberer, Huth, Haden, v. Ronnow und Naundorf. z Dresden, 2V. Febr. Nach mehrtägigem anhaltenden Thauwetter wurde die Elbe in der Nacht vom 18. zum 19. Febr. ober- und unter halb der Brücke von ihrer Eisdecke befreit, während von Laubegast bis nach Pirna und weiter hinauf noch kein Aufbruch des Eises erfolgt Mr, eben so nach Meißen zu. Durch fünf freie Pfeiler der Brücke ströryte das Wasser auf der Seite der Altstadt, die Pfeiler nach der neustädtn Seite zu waren noch von einem Theile der Eisdecke geschlossen und ber Wasserstand war höchstens 1 Elle über 0 und fiel wechselnd wieder tiefer herab. Allein anders gestaltete sich dies im Laufe des gestrigen Tages, bald, zeigte ein stark eintretcnder Eisgang, daß auch von ob«n her der Fluß vom Eise gänzlich frei sei und das Wasser stieg bis heute Mittag um 12 Uhr auf 6 Ellen über 0. Der Schutz, welcher sich in Laubegast gebildet und zu vielfachen Befürchtungen Veranlassung gegeben hatte, war der wachsenden Wassermasse gewichen und ohne Nachtheil für die Umgegend fortgetriebcn wordcn. Uebcrhaupt läßt fick die sichere Hoffnung ausspre- jchen, daß wir von den Calamitäten eines gesahrbnngcnden Wasser standes diesmal verschont bleiben werden, da bei der freien Strömung des Flusses auch das später folgende Euer- und Moldaucis keine bedeu tendere Steigerung befürchten läßt. Sehnsüchtiger als je sieht man dem Wiederbeginn der Schiffahrt entgegen und erwartet von derselben ein Fallen der Getreidepreise, sowie überhaupt das nahende Frühjahr mit Be stimmtheit «ine günstigere Veränderung der Theuerungsvcrhältnisse her- b eiführen wird, <? Leipzig, 20. Febr. In der Beilage zur heutigen Deutsche« All- gcmeinetk Zeitung tritt E. H.'für die VerfassungsmäMgkM der dermaligen II. Kammer in die Schranken. Zum Nachweise, daß fime Deduktion nicht stichhaltig ist, werden wenige Worte genügen: ' Zuerst wird gesagt, die Kammer Hobe auch austretcnde Abgeordnete fn dieZwi- schendeputativn zur Begutbchtung des CriminalgcsetzbuchS gewählt. Die Thatsache ist richtig; aber sic erfolgte in der Voraussetzung, daß diese Mitglieder der Deputation als Abgeordnete wiedergrwählt werden würden, eine BoraußsetzMa, die auch in Erfüllung gegangen ist, und es wurde damit nicht ausgesprochen, daß hie Mitglieder der Deputation bis zum ^Erfolge der ErgänzungSwahkLnÄhtzeordnete feien. Dagegen hat sich Re gierung oder Kammer nie ermächtigt gesehen, einen nach Ablauf des drit- wenig 'ten Landtags ausgeschiedeDtl Abgeordneten zum nächsten Landtage einzu- berufen, auch wenn, wirres mehrmals geschehen, zur Wahl eines neuen 'Abgeordneten noch nicht hatte verschütten werden können. Es wird fir ner auf die im Landtagsabschiede von 1837 enthaltene Bezugnahme auf die getroffene Vereinbarung zwischen Regierung und Ständen hin die Pubstcation als ausreichend geschehen bezeichnet, und sich darauf berufen, daß von den Gerichten die Landtagsacten als hauptsächlichstes HülfSmit- tcl zur Interpretation der Gesetzgebung benutzt würden. Die Landtaas acten sind aber nicht das Gesetzbuch; auf dieses, nicht auf jene ist der Richter verpflichtet; jene gehören zur Rcchtsdoctrin, nicht zum Gesetz. - Die weitern der Nühlichkeits - und Zwcckmäßigkeitstheorie entlehnten Gründe übergehen wir; sie sprechen für die Nothwendigkeit einer Gefih- änderung, rechtfertigen aber nicht ein Handeln gegen da- Gesetz. Sissche Argumentationen gehören in das Bereich der Anarchie, sind revolutiottair; auch der Terrorismus und die Guillotine entstanden aus vermeintlichen RützlichkeitS- und Zweckmäßigkeitsgründen. Wenn endlich E. H. an VaS „nothlcidcnde und auf Hülfe harrende Volk" appevirt, so entstellt er entweder die Verhältnisse oder kennt sie nicht, denn dir R»gi«rung macht dem außerordentlichen Landtag« nur Mitchei- wa» öms einem Geschäfte, daS offenbar speeulativer Natur sri, berauk- kommr? Regierung und Stände seien dazu, verpflichtet. Er Hao« Be rechnungen angestellt; ob die Bahn 2, 2'/., 3 oder 1 Procent bringe, da- könne er nicht verbürgen, feine Gegner aber auch nicht, daß die Bahn gut rentiren werde. Es handle sich also darum, für was bessere Chancen vorhanden feien. Daß die jetzt befahren« Strecke gut rcntire, fei kein Be weis. Der Theil, der noch zu bauen, sei kleiner, jedenfaNS nicht so ren- tabel, und koste mindesten- eben so viel al- der'größere. In jetziger Zeit sei eö nicht so leicht, Schulden zu machen. Man möge lieber eine Zeit lang einen jährlichen höherN Verlust tragen und sich gegen eine Ueber- ltrstuna auf lange Zeit hinaus sichern. „Wer bürgt dafür, daß daS jetzt veranschlagte Capital zureicht? Ich habe kein Vertrauen. Wir haben den Anschlag mit Millionen an Millionen überschreiten sehen, und ich glaube, rs sind noch nicht die letzten gewesen. Wenn wir jetzt diese Schuld übernehmen, müssen wir in Folge dessen vielleicht noch ganz andere mit übernehmen. Ich wünsche von Herzen, daß die Bahn gut rentiren möge; über in der Chance, in der ich mich befinde, kann ich mich darauf nicht einlaffen." Ferner zeigte der Redner, daß bei der Zinsengarantie kein größeres Risico übernommen werde als beim Kaufe; denn auch bei letz- term müßten die Zinsen der Kaufsumme gedeckt werden, und schloß end lich mit der Bemerkung, so viel an ihm sei, werde er dazu thun, daß er nie wieder die Verpflichtung erhalte, über solche Sachen in der Kammer zu sprechen. Abg. Hensel 11. führte sein Separatvotum ebenfalls in einem län- gern Vortrag aus und nahm besonders die Ncchtsgründe desselben gegen einige in der Kammer gefallene Bemerkungen in Schutz. Abg. Mi eh le «rklärte sich durchaus mit der Ansicht des letzten Sprechers einverstanden. Abg. vr. Geißler stellte-darauf den Antrag, in dem Vorschläge der Deputation statt der Worte: „bis zum Monat September 185'5" zu setzen: „bis mit Monat September 1855", weil dies dem Vorschläge der letzt«« Generalversammlung entspreche und durch größere Bestimmtheit des Ausdrucks etwanigc Weitläufigkeiten abschneide. Nachdem der königl. Commissar geheimer Finanzrath v. Ehrenstein erklärt hatte, daß dies auch im Sinne der Regierung liege, machte die Majorität der Deputa tion den Antrag zu dem ihrigen. Nach kurzer Zwischenverhandlung dar über, ob die Abstimmung sogleich erfolgen oder ausgesetzt werden sollte bis nach der Beschlußfassung über di« übrigen DeputationSvorschläge, was zugleich zu der Frage führte, ob die Debatte für geschlossen anzusehcn fii oder nicht, entschied sich die Kammer mit 39 gegen 3» Stimmen für den Schluß d«r Debatte.