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840 kung fort, daß ihre Thäligkeit sich nur aus die Provinzialangelegenheiten erstrecken wird, da die Berathung allgemeiner LandcSgesrtze dem Verei nigten Vandrage resp. dem vereinigten ständischen Ausschüsse Vorbehal ten ist. So wie sich nun diese neuen Institute zweckmäßig und ergänzend an das bisher Bestandene anschließen und durch einander organisch eine Vermittelung bewirken, so ergänzen sich auch die beiden neuern Institute durch die einem jeden cigenthümlichen Attributionen untereinander, indem dem vereinigten ständischen Ausschüsse blos ein Bcirach zu neuen Lan- dcsgesctzen, dem Bereinigten Landtag aber auch eine Zustimmung und Mitentschcidung in den betreffenden Angelegenheiten zustehe; der letztere ferner nur beliebig, der erstere aber in regelmäßigen Zwischenräumen, d. h. periodisch zusammenberufen werden wird. An das Ganze schließt sich aber die von der Allgemeinen Preußischen Zeitung versprochene, eben so präcise als vollständige Veröffentlichung sämmtlicher Verhandlungen des nächstens zu eröffnenden Vereinigten Land tags an, sodaß das Volk eine vollkommene Gelegenheit finden wird, sich von der Staatsidce durchdringen zu lassen. Dies indessen noch mehr zu befördern ist die große Aufgabe der Presse, eine Aufgabe, in deren Lö sung sie cbensowol eine echte vaterländische Gesinnung als das Vorhan densein angemessener politischer Kenntnisse der behandelten Gegenstände ans Tageslicht fördern kann. Wahrlich, es wird nun Zeit, aus dem all gemeinen politischen Raisonncmcnt zur Bctheiligung an bestimmten Ge genständen übcrzugehen und zu zeigen, daß es ihr, der Presse, Ernst ist um des Vaterlandes Wohl, indem sic mit den Conccssionen, soweit sie gemacht werden, zufrieden, eine weitere Befreiung von polizeilichen Be schränkungen von der weitern Entwickelung der Staatsangelegenheiten und von der Macht der Wahrheit und des Rechts erwartet. Die wahre Frei heit besteht darin, sich in die Schranke, wie sic die gegenwärtigen Gesetze aufgestellt haben, hincinzufindcn, und nicht das für den Augenblick Ver botene zu wollen, eben nur, weil cs verboten ist. So steht nun Preußen mitten inne zwischen dem Absolutismus der das Volk als eine weiche Masse betrachtet, die er nach seiner Wahl und nach absoluter Willkür oder nach vorgefaßter Meinung formen und ge stalten kann, und dem französischen Systeme, nach welchem dasselbe in eine Menge politischer Atome aufgelöst, von denen eine bestimmte Anzahl nach einem arithmetischen Verhältnisse als Wähler bevorrechtet ist, die, sich in jedcm Betracht entfremdet, nach meist äußerlichen Rücksichten eine größere oder kleinere Zahl Abgeordneter, die ebenfalls nach einem arithmetischen Verhältnisse bestimmt ist, in die politische Versammlung schicken, in wel cher der Particularismus der persönlichen Interessen eben so vorherrscht, als zu ihrer Zeit die Standes- und kirchlichen, welche die Monarchie zur Erstarkung der wahren Staatsintercssen erst gebrochen und in sich ausgenommen hat. Ebenso ist jetzt, da das Volk zur wesentlichen Mit wirkung in den öffentlichen Angelegenheiten berufen wird, der Burcau- kralismus, die Einseitigkeit der Bcamtcnthätigkeit, die Herrschaft der Beam- tenintclligcnz gebrochen, und der Nationalität, der stärksten aller politischen Triebfedern, da sie nunmehr im Staatsorganismus zugclasscn ist, Naum gewährt, sich nach der in ihr liegenden Kraft zu äußern. Ohne die Bcam- tcnthätigkcit, die in allen Staats - und öffentlichen Functionen allerdings das Beste thun muß, zu lähmen, wird dieselbe zum Heil der guten Sache auf ihr rechtes Maß zurückgeführt werden. Dazu ist auch in der Justiz verwaltung bereits der erste segensreiche Schritt geschehen, indem im Ci- vil- und Criminalverfahren Veränderungen ins Leben getreten sind, die auf das Volksleben wo möglich noch mächtiger und einflußreicher sein werden als selbst die ergänzte Verfassung, wenn dieselben nicht vielmehr als integrircndcr Theil der letzter» zu betrachten sind. Im Civilvcrfahrcn ist, da die bevormundende Jnstructionsmethodc theilwcisc aufgehoben ward, die Transactionßmcthode wieder in ihr Rech» getreten und die litigirendcn Parteien sind dadurch von einer Bcamtcnbevormundung emancipirt, die wie Alpdrücken auf dem Volke gelastet hat. Im Criminalverfahren aber greift das öffentliche und mündliche Verfahren immer mehr Platz, und eine rich tig constituirte Jury wird endlich wieder das Volksrecht an die Stelle des Juristenrechts gelangen lassen. - Wenn auf diese Art nach und nach sich alle einzelnen Kräfte aus ihrer Zerstreutheit, aus der sic bisher zum großen Nachthcil der guten Sache eine isolirtc Stellung eingenommen haben, in die Einheit der Staatsidce, des wahren öffentlichen Wohls concentrircn; alle Sonder- intcrcsscn, wie sie auch im Provinzialismus bisher geherrscht haben, der selben zu ihrer wahren Erstarkung cingeordnet sein werden, so ist auch nicht minder zu wünschen, daß der rationale Liberalismus auf dem Felde der Politik nicht länger in seinen Verirrungen und politischen Träumereien verharren, sondern seine bessern Kräfte dem praktischen Staatslebcn zu wenden möge. Wie verlautet, sind indessen einige Jünger desselben wil lens, gegen den Grundsatz, als ob der Vereinigte Landtag eine Erfüllung des königlichen Versprechens hinsichts der Bewilligung von Rcichsständen (vom 22. Mai 1815) sei, durch das Organ ihrer Abgeordneten zum Ver einigten Landtage zu protcstiren. Es ist jedoch zu hoffen, daß die betref fenden Dcputirtcn ihren Beruf, für die wahren Interessen des Vaterlandes wirksam zu sein, besser eingcsehcn haben werden, als daß sie sich, milde aus- gedrückt, solchem unpraktischen und erfolglosen Beginnen hingcbcn sollten. Wenn cs aber dahin kommen soll, daß die Landtage in der ^ikhat ihren beabsichtigten Zweck erreichen, was sowol die Provinzial- al» die- Vereinigten Landtage anbetrifft, so müssen die Communalangelegenheiten noch vorher durch die ins Leben tretenden und aus alle Mögliche Weise zu befördernden Zünfte und Innungen gekräftigt, vor Allem aber eine Land gemeindeordnung geschaffen werden, damit der öffentliche Sinn mehr angeregt und von unten auf durch alle Schichten der Gesellschaft verbreit tet werde. Nicht lebhaft genug kann Referent auf den eben berührten Gegenstand aufmerksam machen, dessen Wichtigkeit so groß ist, daß auf ihm fast ausschließlich als auf einem sichern Grunde das politische Le ben ruht und daß ohne ihn fast das ganze politische Gebäude in der Lust schwebt. Referent hält es für eine Anmaßung, einen Gegenstand in wei tere Ausführung zu nehmen, der längst in seiner ganzen Wichtigkeit ge kannt und hinreichend gewürdigt ist. Der Entwurf einer Landgemeinde- ordnung, wozu gewiß die Materialien sich in dem Bureau des betref fenden Ministeriums befinden, dürfte neben andern nicht weniger wichtigen Gegenständen sich wahrlich der Berathung des Vereinigten Landtags vor zugsweise empfehlen. Unmöglich aber können wir diesen unsern Aufsatz schließen, ohne mit so wenigen Worten, als cs immer geschehen kann, auf den mächtigen Ein druck und die daraus für die wesentliche Umgestaltung der Politik hervor- gehcnden Folgen hinzudcuten, die das ergänzte preußische Vcrfassungs- wcsen auf die übrigen deutschen und in nothwendigcr Folge auf die euro päischen Staaten haben wird. Wie geringer direkter Einfluß auch dem Vereinigten Landtag aus die internationalen Verhältnisse gestattet zu sein scheint, da der Krone ihre monarchischen Rechte unverkürzt und in Hin sicht auf die auswärtige Politik unbeschränkt erhalten sind, so steht doch Das fest, daß Preußen von den absoluten Staaten sich in gewissem Be tracht auf immer getrennt hat. Das aber ist für die fernere Entwickelung Deutschlands und für seine Stellung zu den auswärtigen Mächten wich tiger, als es auf den ersten Anblick erscheinen möchte. Das Mistraucn, was die kleinern konstitutionellen Staaten Deutschlands bisher gegen Preu- ßeu seiner voraussetzlichen anliconstitutionellen Tendenzen wegen mit Recht oder Unrecht hegen zu müssen glaubten, ist nunmehr verschwunden und für immer erloschen. Die Politik Preußens wird, wenn dasselbe seiner hohen Bestimmung eingedenk ist: in jeder Hinsicht der Vertreter Deutschlands zu sein, solchen Bestrebungen sich hingcbcn, denen sich die übrigen deutschen Staaten mit Ueberzeugung und in ihrem eignen Interesse anschließcn kön nen.. Die Wechselwirkung zwischen den verschiedenen deutschen Staaten wird bei der wahren Ucbereinstimmung ihrer Interessen, die auf die mäch tige Entwickelung ihrer materiellen und geistigen Kräfte gerichtet sind, auf eine immer größene'Einhcit, worin allein seine im steten Zunehmen begrif fene Größe beruht, hinwirkcn, und aus dieser die Macht und der Ein fluß erwachsen, den Deutschland auf das europäische Staatensystem, wie einstmals auf seiner glänzendsten politischen Höhe, auszuübcn bestimmt zu sein scheint. Dies ist von gewissen ausländischen Blättern, unter andern von dem französischen Blatte Epoque nicht blos dunkel angc- dcutet, sondern im bestimmten Sinn ausgesprochen, daß mit der ver änderten Stellung Preußens zu den übrigen deutschen Staaten, die eine nothwcndige Folge seines veränderten politischen Systems sei, die günstige Constellation, die deutschen Staaten zu trennen und zu einem Sonderbündnisse zu bewegen, wol auf immer entschwunden sei, da, um zu einem solchen Schritte zu bewegen, schwerlich Vorthcile angeboten werden könnten, die denjenigen nur einigermaßen gleichkämcn, welche aus dem engen Anschließcn an die deutschen Interessen unzweiselhast hervorgchcn würden. Und ein spanisches Blatt, der Espanol, sagt nach einer vorausgeschickten längern Beurtheilung der preußischen Ver fassungserweiterung: „War der Zollverein ein Riesenschritt, auf materiel lem und industriellem Boden nach einem großen Ziele gclhan, so wird der Vereinigte Landtag Preußens ein demselben Ziele noch näher rücken der zweiter Zollverein auf dem Felde der Staatskunst sein. Treten nicht große Hindernisse ein, wie solche von Zeit zu Zeit die Nationen in ihrem Gang aufhallcn, so können nicht erst unsere Kinder, sondern schon wir selbst große Dinge vollbracht sehen in jenem Deutschland, von welchem weiland die Regeneration Europas ausgegangcn, wo fast alle die großen Principien der gesellschaftlichen Ausbildung in das Leben eingedrungen und nur die politischen im Rückstände sind. Diese zu verdeutschen und allgemein zu verbreiten ist der Regierung Preußens Vorbehalten." * Posen, 3. April. Gegenwärtig macht die Nachricht von hier, dass unser Festungsbau für das laufende Jahr zum großen Theile werde eingestellt werden, die große Zeitungsrunde, und doch ist sie nur theil- weise wahr und bedarf einer wesentlichen Berichtigung. Vor einigen Wo chen verbreitete sich Plötzlich hier die Nachricht, daß aus finanziellen Grün den der hiesige Festungsbau in diesem Jahre nur mit halber Kraft fott- geführt werden solle, indem nicht wie früher Z0V,000 Thlr., sondern: nur 150,00V Thlr. dazu angewiesen seien. Daß diese Nachricht unter den jetzigen Umständen große Bestürzung und Besorgniß Hervorrufen mußte, ist leicht erklärlich, denn wie sollen die vielen Hände, die hier bisher in Thätigkeit gewesen, anderweitige Beschäftigung finden? Aus solchen Grün den mag man denn auch höher» Orts von diesem Beschlusse wieder ab-