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818 „Möge es Ew. Maj. gefallen. Gin verdrießlicher Vorfall droht das gute Vernehmen zwischen den zwei Kronen, welche die Vorsehung uns an- yertraut hat, zu gefährden. Dieses gute Vernehmen aber kann für jetzt neu befestigt, für die Zukunft gesichert werden durch eine freimüthige und ehrliche Erörterung. Warum sollte ich zögern, eine solche von freien Stücken zu geben 2 Ew. Maj. wird, wie ich fest überzeugt bin, die Geunnungen voll kommenen Vertrauens und tiefer Hochachtung würdigen, welche mir cinge- ben, einen Schritt zu thun, dessen Zweck ein zu hoher ist, als daß er gemis- deutet werden könnte. Indem ich für eine königliche Gewährleistung die Achtung ansprach, welche derselben gebührte, erfüllte ich in meinem Gewis sen eine Pflicht, welche ich im Interesse der souverainen Würde mit voller Sicherheit den Händen Ew. Maj. anvertraut sähe. Bon dieser Gesinnung bewogen richtete ich ein Wort des Vorwurfs an den Repräsentanten eines Fürsten, für welchen ich eine aufrichtige Zuneigung fühle. Ich wurde dies zu thun nicht bloß durch den einzelnen Umstand veranlaßt, welcher der nächste Beweggrnnd meiner Worte gewesen zu sein scheint. Seit längerer Zeit verursachte die Haltung und das Benehmen des Hrn. Mussurus, welcher Gegenstand verschiedener Vorstellungen von Seiten meiner Negierung an die Ew. Maj. war, mir große Bcsorgniß hinsichtlich der Aufrechthaltung un serer freundnachbarlichen Verhältnisse, die mir so theuer und so wichtig für die beiden Länder, deren Interessen in so vielen Punkten gemeinsame /find. Indem ich die Unzufriedenheit bezeugte, welche mir nicht sowol Hrn. Mussurus' Weigerung als die sic begleitenden Umstände erregten, drückte ich damit insbesondere ein Gefühl der Sorge aus, welches Ew. Maj., wie ich nicht zweifle, oft mit mir gethcilt haben, der Sie mit edclm Eifer für den friedlichen Fortschritt des Ihrer Regierung anvertrauten Volks arbeiten- Dies ist die wahre und vollständige Erklärung meiner Worte; sic waren blos an Denjenigen gerichtet, der den hohen Zweck seines Amtes vergaß. Diese Erklärung habe ich für redlich erachtet, vollständig zu geben. Ew. Maj. werden in Ihrer Weisheit die zu fassenden Entschließungen überlegen. Was mich selbst betrifft, so fühle ich, daß diese frcimüthig gegebene Erklä rung eben so sehr meinen Pflichten als den Empfindungen meines Herzens entspricht. So hege ich eine feste, ich darf wol sagen die sichere Hoffnung, Ew. Maj. werden darin einen Beweis sinken, daß ich, gleich Ew. Maj., meine wahre Ehre auf das Hauptgebot des Allmächtigen stelle, und daß es mein wärmster Wunsch ist, die Eintracht zwischen den beiden Kronen aufrecht zu Halton, deren Ruhm und Wohlfahrt, weit entfernt Nebenbuhler zu sein, Alles von gegenseitigem Beistände zu erlangen haben. Hiernach flehe ich zu Gott, daß er Euch allerhöchsten, allervortrcfflichsten und allermächtigsten Kai ser, unsern vielgeliebten Nachbär und Verbündeten, unter seinem heiligen und wohlverdienten Schutze halten möge. Euer sehr ergebener und aufrich tiger Freund Otto." Der Sultan antwortete hierauf untcrm I. März: „Ich habe den Brief empfangen, welchen Ew. Maj. untcrm I. Fcbr. an mich gerichtet. Ich bin sehr verbunden für die freundschaftlichen Gesin nungen, die Ew. Maj. darin gegen mich aussprechen, und für den von Ew. Maj. ausgedxückten Wunsch beständiger Aufrechthaltung der zwischen den bei den Staaten obwaltenden glücklichen Beziehungen. Ich beeile mich Euch zu versichern, daß auch mein Herz diese Gesinnungen und diesen Wunsch theilt. Was den bcklagenswcrthcn Vorfall anlangt, auf welchen sich jener Brief bezieht, so hat es mir der Würde der beiden Kronen angemessener, sowie passender für die Gegenstände, welche unsere gegenseitige Freundschaft befe stigen müssen, geschienen, die Lösung dieser Frage meiner erhabenen Pforte und den Ministern Ew. Maj. anzuvertraucn. Sofort sind die nöthigcn Be fehle zu diesem Ende gegeben worden. Ew. Maj. werden ohne Zweifel in der Wahl dieser Verfahrungsart einen Beweis meiner Hochachtung und auf- tichtigen Freundschaft sehen, sowie des Wunsches, Alles zu beseitigen, was dazu dienen mag, den Bestand dieser Freundschaft zu gefährden. Ich bitte Gott, Ew. Maj. .immer unter seinem heiligen Schutze zu halten." Türkei. Konstantinopel, 17. März. Das französische Packctboot Leoni das überbrachte gestern dem hiesigen Repräsentanten Griechenlands, Hrn. Argyropoulos, eine Note von Hrn. Kolettis als Antwort auf das Ultimatum der Pforte. Hr. Argyropoulos erhielt den Auftrag, diese Note dem Reis-Efendi mitzuthcilcn. Hr. Kolettis stellt darin neuerdings jeg liche Absicht einer Beleidigung in Bezug auf die türkische Regierung selbst in Abrede und bethcuert seinen aufrichtigen Wunsch, die freundlichen Be ziehungen zwischen Griechenland und der Pforte aufrecht zu erhalten. Aber er erneuert seine Anklagen gegen Hrn. Mussurus und stellt die Per sönlichkeit dieses Repräsentanten als das einzige Hinderniß dar, das der Ausgleichung der zwischen beiden Ländern bestehenden Differenz im Wege liege. Zn Bezug auf das Ultimatum der Pforte erklärt er sich vom Au genblick an, wo der Divan sich entschließen würde, eine andere Person zu Athen zu beglaubigen, zu jeglicher Genugthuunq bereit. — Am 13. März hat die Pforte 8VÖ M. nach Salonichi geschickt. Auch zwei Kriegsschiffe werden dahin beordert. - fA. Z.) Wissenschaft und «Kunst. (*)SerUn, I.April. Das königliche Theater, das jetzt mit den Neuig keiten der dramatischen Literatur ungemein zurückbleibt, hat in den letzten Lagen zum Ersätze des Bedeutender«, welches uns seit mehren Monaten aus geblieben, einige sehr schwache und mit dem entschiedenen Mißfallen des Pu- blicums bezeichnete Novitäten vorgeführt. Am unglücklichsten darunter kam „Der Stellvertreter", von F. v. Holbein, dabei weg, ein nicht nur durch seine Fadheit, sondern auch durch seine Zweideutigkeiten widerwärtiges Stück, das in ästhetischer und sittlicher Hinsicht das Schicksal vollkommen verdiente, welches unser sonst so lammfrommes Lheatcrpublicum ihm bereitete. Kaum ein besseres Loos wurde gestern Abend dem neuen Schauspiele C. Löpfer's: „Canova's Jugendliebe", in welchem der sonst theatergewandtc Verfasser das veraltete Genre der Künstlerdramen wieder auffrischen wollte, wobei aber einige nicht übel angelegte Scenen in einem Schwall der langweiligsten und weitschweifigsten Trivialitäten untcrgingen. — Der treffliche Sänger Lichatscheck nahm m Meyerbeer's „Robert der Teufel" von dem hie sigen Publicum Abschied, nachdem er vorher in Potsdam auch den Masa- nicllo in der „Stummen von Portici", vielleicht seine feurigste und glän zendste Partie, gesungen hatte. Die erneuerte Aufführung dieser wegen ih res revolutionaircn Zündstoffs auch in der politischen Welt berühmt gewor denen Oper konnte für Berlin nicht zugegeben werden, und so genossen die Potsdamer, welche in dieser Beziehung für feuerfester angesehen zu werden scheinen, vorzugsweise dieser Vergünstigung. 'Leipzig, 3. April. Gestern Abend, am Charfrcitagc, hörten wir in der hell erleuchteten Univcrsitätskirchc Mendclssohn's Oratorium „Pau lus" aufführcn. Die hiesige Singakademie und das Orchester eini gen sich seit mehren Jahren für diesen Tag zur Aufführung geistlicher Mu siken, gewiß eine dankenswcrthc Bestrebung, da uns außerdem hier fast jede Gelegenheit mangelt, die bcdeutendern kirchlichen Merke auf würdige Weise dargcstcllt zu sehen. Mendclssohn's Paulus, obgleich früher schon zwei Mal in Leipzig gehört, intcressirt doch das Publicum in so hohem Grade, daß die weiten Räume der Kirche die herbcistrümenden Zuhörer kaum zu fassen vermochten. DaS Oratorium ist allerdings dieser Aufmerksamkeit in vollem Maße wcrth: cs ist nicht allein des Componistcn geistreichstes und großartig stes Werk, es gebührt ihm auch in musikalisch-literarischer Beziehung die Würdigung, daß es als das hervorragendste Erzcugniß kirchlicher Musik in der Neuzeit dastcht und sich in Form und Haltung cbenbürtig an die Werke der großen Meister des vorigen Jahrhunderts anschlicßt. Die Ausfüh rung darf im Allgemeinen als höchst gelungen bezeichnet werden. Der Componist selbst hatte sich an die Spitze des Orchesters gestellt und leitete mit gewohnter Sicherheit und kräftiger Hand die großen Massen der Mit wirkenden. Die hauptsächlichsten Soli waren in den Händen der Damen Mayer und Schloß und der Herren Schneider, Behr und Salomon. Wenn nun die Leistung der Solisten ün Allgemeinen als sehr befriedigend bezeich net werden darf, so verdient im Befondern der Inhaber des Tenorparts, Hr. Schneider, eines besonder» Lobes. Seine Stimme, mehr angenehm als großartig, erfüllte doch die Kirche und blicb bis in die äußersten Entfernun gen verständlich. Die Chöre und das Orchester waren sehr gut; besonders erwähnt möge noch werden, wie die schwierigsten Einsätze des Chores mit der musterhaftesten Präcision ausgcführt wurden. Die Orgelstimmc war in gu ten Händen. — Nachrichten aus dem Bade Nauheim in Kurheffen zufolge sind die dortigen Salzquellen in der letzten Zeit, außer einer neu im vorigen Jahre dort entdeckten, auf einmal sämmtlich versiegt. (Fr. I.) Handel und Industrie. Börsenbericht. * Leipzig, 3. April. Leipzig-Dresdner Eiscnbahn- acticn 119 Br.; Sächsisch-Baiersche 80Br., 80'/,G.; Sächsisch-Schlesische IWj/- Br.; Chemnitz-Riesaer 59 Br., 58"/, bezahlt, 58>/r G.; Löbau-Zit tauer bst bezahlt und Br.; Magdeburg-Leipziger 199'/, Br.; Berlin-Anhal- tische lütt. .4. III Br., IlO'/»G.; Köln-Mindener 92^ Br.; Thüringer !>6'/, Br.; Altona-Kieler 109'/, Br.; Pcsther >00 Br.; Dessauer Bankactisn I02Br., IOI-/2G., lstl^ bezahlt; Preuß. Bankanthcilc 198 Br., 107 ^G. Eisenbahn. In Bezug auf die Sächsisch - Bai ersehe Eisen bahn werden noch folgende Actenstückc veröffentlicht: I. Dccret, die Auflösung der Sächsisch-Baierschen Eiscnbahncompagnie und die Ausführung der Sächsisch-Baierschen Eisenbahn durch den Staat betreffend, vom I. April 1841. „Wir, Friedrich August, von Gottes Gna den König von Sachsen re., thun hiermit kund und zu wissen, daß wir im Ein verständnisse mit der Herzogs, sachsen-altenburgischen Regierung und mit Zu stimmung unserer getreuen Stände die Sächsisch - Baiersche Eisenbahn von Leipzig bis zur Landcsgrenze bei Hof, ingleichen die sich derselben anschlie ßende Zweigbahn von Werdau nach Zwickau, beide samnzt Zubehör und al lem übrigen der Sächsisch-Baierschen Eisenbahncompagnie zustehendcn Eigen- thume, vermöge des anliegenden Vertrags vom I. April d. I. für den dies seitigen Staatssiscus haben erwerben lassen. Wie nun in dessen Fosgc und in Üebereinstimmung hiermit auch von Seiten der hcrzogl. sachscn-altcnbur- gischen Regierung die crfodcrliche Bekanntmachung erlassen werden wird, also finden wir uns in Beziehung hierauf Nachstehendes zu allgemeiner Kenntniß zu bringen und beziehentlich anzuordncn bewogen: 1) Die Sächsisch-Baiersche Eisenbahncompagnic ist aufgelöst und die von unserer Regierung im Vereine mit der des Herzogthumö Sachsen-Altenburg über die Bedingungen ihrer Mitwirkung bei den. Sächsisch - Baierschen Eisenbahnunternchmcn untcrm 24. April 1841 abgegebene Erklärung, nicht weniger die der ernannten Gesell schaft mittels Dccrcts vom 7. Jan- 1813 ertheiltc Concession zum Bau der obengcdachtcn Eisenbahnen für erloschen zu achten. Die mittels DecretS vom 22. Jun. 1843 bestätigten Statute» der Sächsisch-Baiersche» Eisenbahn compagnie treten hiermit außer Wirksamkeit. 2) Der fernere Bau und Be trieb der Sächsisch-Baierschen Eisenbahn, einschließlich der in den hcrzogl. sachsen-altcnburgischcn Landen gelegenen Bahnstrecke, wird für alleinige Rech nung der diesseitigen Staatskasse und unter unmittelbarer Leitung unserer Staatsverwaltung erfolgen, lieber die Organisation der für den Bau und Betrieb der Bahn zu bestellenden Behörden wird unser Finanzministerium weitere Verfügung und Bekanntmachung erlassen. 3) Die bisher zu Erwer bung des für jene Eisenbahn erfoderlichen Grundcigcnthunw in Wirksamkeit gewesenen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen finden nunmehr dem Staats- fiscus gegenüber allenthalben Anwendung. 4) Die für den Bau und Betrieb der Sächsisch-Baierschen Eisenbahn durch das Dircctorium der Sächsisch- Baicrschcn Eisenbahncompagnic oder unmittelbar durch unsere Behörden ge troffenen polizeilichen Anordnungen bleiben bis auf weiteres in Kraft und sind, insoweit solche durch erstgenanntes Dircctorium erlassen worden, als von den fernerwcit hierzu cvmpctentcn Behörden ausgegangcn zu betrachten. 5) Ansprüche, welche aus dem Bau oder Betriebe der Sächsisch-Baierschen Eisenbahn abzulcitcn sind, können gegen dc» Staatssiscus nach den diesfalls in den Landesgösetzen enthaltenen Reffortbcstimmungen geltend gemacht wer den. 6) Jede der in 45»,900 Stück von Seiten der Sächsisch-Baicrschcn Ei-