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Schweiz. Der große Rath von Genf hat am 6. März den Antrag derHH. )ons und' Fazy-Pasteur, der durch Petitionen mit zahlreichen llntcrschrif- cn unterstützt war und dahin ging, die Organisation der Protestant! - 'chen Kirche einer besonders zu erwählenden Synode zu übertragen, mit großer Mehrheit verworfen. sie immer für einen Gewinn, in den eS-sich, wie natürlich, mit der fran zösischen Regierung theilen müßte; obgleich sich Leute genug finden dürf ten, die behaupten, daß die Bortheile, die Rom aus der Sache zu zie hen bestimmt sei, diejenigen weit aufwiegen könnten, welche der französische Hof davon erwartet; ohne jedoch diese Frage, die unserm Gegenstand etwas fern liegt, näher erörtern zu wollen, sehen wir einmal, was etwa Ersprießliches und Wichtiges für die Regierung aus dem beabsichtigten Institut erwachsen könne? Zu läugncn ist vor Allem nicht, daß die Bi schöfe einen Theil ihrer Macht und ihres Einflusses einbüßen werden, so bald sich im Land ein Stück Geistlichkeit befindet, das von ihnen unab hängig ist. Ebenso ist es klar, daß ein Körper, dessen Mitglieder von dem Hof einzig und allein ernannt werden, auch mit den Ideen und In teressen des Hofes eng verwächst und der regelmäßigen Miliz der Kirche gegenüber gleichsam eine geistliche Garde um den König bildet. Werden nun mit dem Eintritt in dieselbe gewisse Ehren und Emolumente, mit Einem Wort, ein gewisses weltliches Behagen verknüpft, und fügt mit der Zeit die Mode, die über die Diener des Herrn wie über alle andern Sterblichen herrscht, ihre Empfehlung bei, so kann cS nicht fehlen, daß auf allen Stufen der Hierarchie sich Bewerber um einen Platz in der heiligen Akademie finden, und auch Bischöfe, denen ihre Heerde zur Last gewor den, in dieselbe cinzutreten nicht abgeneigt sein werden. Jedoch um den Platz zu erhalten, muß man ihn verdienen, und Jedermann weiß, was bei einem Hofe verdienen heißt; so, denkt man, werden die Bischöfe geschmei diger und die Geschmeidigen unter den jüngern Capitelherren werden Bi schöfe werden. Dazu kommt noch, daß durch die Errichtung eines gro ßen Almoseniums, die man sich vorbchält, die Möglichkeit gegeben wäre, die sämmtlichen Almoseniers des Königreichs sowie die ganze geistliche Lei tung der Universität und der Flotte in die hier besprochene Sphäre zu ziehen, ja, wenn man es dahin brächte, das Institut der Feldprediger «in- zuführen, so wäre die Armee im Bunde die dritte. Was werden aber die Kammern zu dieser neuen Schöpfung sagen, die der Genius der Dynastie hcrvorgebracht? Ich kann mich natürlich nicht vermessen, es vorauszusagen, aber so viel weiß ich, daß die Depu- tirtenkammer wenigstens mit dynastischen Lieblingsideen nicht immer sehr glimpflich umging, und sich also aus der Vergangenheit für das Gedei hen des Gesetzentwurfs kein günstiges Horoskop stellen läßt. Einstweilen gewinnt die Sache eine komische Seite. Es ist nämlich bekannt, daß die altparlamentarische Sekte, deren Häupter in der Kammer die HH. Du pin und Hebert sind, das Ding nicht mit günstigen Augen ansieht. Hrn. Hebert aber ist von seinen Freunden der Posten des Justizministeriums zugesagt, und es heißt, daß ihm dieses Portefeuille auch offieiell Vorbe halten sei; nun kommt Hr. Dumon in dem Augenblick, als Hr. Hebert ein Amt antreten soll, mit einem Vorschläge, der den Grundsätzen des Neneralprocurators schnurstracks zuwiderläust. Da aber dieser Vorschlag eine Hofmarotte ist, so bleibt Hrn. Hebert nichts übrig, als entweder auf das Ministerium zu verzichten oder gutes Gesicht zum bösen Spiele zu nachen, oder wie mgn hier zu Lqpde sagt, zu verbrennen, was er ange- etct, und anzubetey was er früher verbrannte. In ähnlicher Lage be- indct sich das Journal des Debüts: Diener des Hofs und Freund der Iniversität, muß es, wie man gleichfalls hier zu Lande sagt, zwischen wei Wassern schwimmen, allein es ist im Schwimmen so erfahren, daß mir Gott sei Dank! für sein Leben nicht bange ist. Btalie«. Rom, 5. März. In mehren Orten der Provinzen ist cs der Po lizei gelungen, Komp lote zu entdecken, deren Mitglieder Geistliche und Laien, aus religiöser Besorgniß oder Unduldsamkeit gegen die jetzige Re ficrung sind. Durch die der Behörde in die Hände gefallenen Papiere soll sie dem ganzen Getriebe dieser Partei auf die Spur gekommen sein und mehre Verhaftungen haben vornehmen lassen. — Der Papst hat in der Mitte des vorigen Monats den Befehl zur Entwerfung der Statu en eines neuen Ordens gegeben, der an alle Religionsbekenner ver heilt werden kann und durch welchen hauptsächlich die Belohnung wah ren Verdienstes beabsichtigt wird. Wie man nunmehr vernimmt, soll die- er Orden, ein Stern mit der Devise: Virtuti st msrito, in zwei Klas en getheilt werden. Die erste Klasse verleiht dem Inhaber erblicken, >ie zweite persönlichen Adel. Zugleich mit diesem Orden ist die Wieder herstellung des lateranensischen Ordens zur Sprache gekommen. Noch in diesem Monat ist die Zusammcnberufung des Konsistoriums zu erwar ten, worin aber wol blos Bischöfe ernannt werden dürftem — Die viel- »esprochene Fahne, welche die Bürger Bolognas denen von Rom über- chickten, ist bereits seit einiger Zeit hierher gekommen und nun durch eine Deputation dem Papst überreicht worden, der, wie man glaubt, die- elbe zu Ostern der hiesigen Bürgergarde übergeben wird. (A. Z.) , — Aus Stom wird geschrieben, .daß der türkische Gesandte, Sch»- !ib-Ef'endi, aus der Hand des Papstes eine reich mit Brillanten ver zierte Kamee, auf welcher das Bildniß des Papstes dargestcllt ist, erhal ten hat. Knieend empfing sie der türkische Repräsentant, der den Wunsch geäußert haben soll, das Geschenk als Nischan, als Dekoration, auf der 8rust tragen zu dürfen. Also eine türkische Brust decorirt mit dem Bild nisse des PapsteS! Gewiß, unser Jahrhundert bietet seltsame Gegen sätze dar. ' !' (A.Z.) durch du» gleich anfangs herzliche Einvernehmen mit England gegen die «lwanig« Einsprache des ultramonarchischen Europa geschützt war, so war da* versöhnliche, ja gewogene Benehmen des römischen Hofs ihr von großem Nutzen, um der Unfreundlichkeit, welche dieser Klerus an den Tag legte, einigermaßen Herr zu werden. Die Italiener erkannten vom ersten Moment an mit ihrem ruhigtn Scharfblicke, daß die Regierung Ludwig Philipp s Bürgschaften der Mäßigung und der Dauer darbiete, und da sie unter allen Völkern von den empfindsamen Bedenken, die in Frank reich so mächtig wirken und den langen Bestand einer so schalen und hohlen Partei wie die legitimistische zu erklären hinrcichen würden, am we nigsten geplagt sind und daher den alten Bourbonenstamm nicht nach sei nem guten Willen, sondern nach seinen Leistungen, nach seiner Kraft be- urtheilten, so nahmen sie keinen Anstand, mit den diplomatischen Vertre tern deS revolutionairen Königthums wie mit einem guten alten Bekann ten zu verkehren; alle Gewalt, ist ihr Wahlspruch, kommt ja von Gott, die revolutionaire wie die legitime, und wenn sie in Spanien, wenn sie in Portugal behutsamer verfahren, so kommt das einfach daher, daß sie an Isabella und Dona Maria nicht so fest glaubten als an Ludwig Philipp. Ludwig Philipp seinerseits ließ es an Schönthun, klugen und nach und nach gemachten Zugeständnissen und wahrscheinlich auch salbungsvol len Versprechungen nicht fehlen, wofür er keine andern Ansprüche machte, als daß man von Rom aus die allzu unbändigen Bischöfe durch Be schwichtigung oder stärkere Mittel niederhalte, die aber, die geneigt sein möchten, sich dem neuen Throne zu nähern, in einer so schönen Nei gung bestärke. Rom fand sich von dieser Rolle nicht nur geschmeichelt, sondern eö erwog auch wol die Vortheilc, die es aus einer solchen schieds richterlichen Stellung für sich ziehen konnte, und wer weiß, ob die Ver werfung des Vorschlags, die einundzwanzig unter der Restauration gestif teten Bischofssitze wieder aufzuhebcn, sowie die Beseitigung des Plans, das Princip der Ehescheidung, so wie cs unter dem Kaiserreiche bestand, wieder einzuführcn, mit den freundschaftlichen Verhältnissen zwischen den Tuilerien und dem Vatican nicht in Verbindung zu bringen ist. Was seitdem in Frankreich zum Schuhe, Glanz und Wachsthume der Kirche von Seiten der Regierung geschah, das kann nur Undank, Unverschämt heit oder legitimistische Verblendung gering anschlagen. Wenn man die Herren verhinderte, den Kopf noch höher zu tragen, als sie ihn wirklich tragen, so war das wol in ihrem eignen Interesse, worüber sie natürlich in sehr großen Unwillen geriethen, wie die Kinder, die gewöhnlich dar über weinen, wenn man ihnen Süßigkeiten versagt, die ihnen schaden kön nen. Auck über die Wahl der Bischöfe herrschte, einige Mißverständnisse in den ersten Tagen ausgenommen, zwischen beiden Höfen die ungetrüb teste Harmonie, und man sieht darin ein vorzügliches Mittel, den Klerus zu orleanisirrn, was um so leichter schien, als nahe an drei Viertel der frühem Würdenträger der Kirche schon in den ersten zehn Jahren aus dm Reihen der Lebenden verschwanden. Die meisten Bischöfe, zu de- rm Ernennung die Juliregicrung mitwirkte, gehören den Mittlern Klas sen ast, manche von ihnen, wie der Bischof von Agen und der Bi schof von FrejuS, stehen den höchsten und einflußreichsten Personen des heutigen Frankreichs selbst durch verwandtschaftliche Bande sehr nahe, und, so sollte man meinen, müßten sie schon durch die gesellschaftliche Stellung an die bestehenden Gewalten sich anzuschließcn vermocht wer den. .Trotzdem ist der so geschickt angelegte Ralliirungsplan nicht ganz nach Wunsch gelungen. Zwar ist sehr zu bezweifeln, ob die Bi schöfe, die wir der Kürze wegen die Julibischöfe nennen wollen, von le- gitimistischen Gesinnungen sehr tief durchdrungen sind; einige gaben sogar Beweise des Gegentheils, kein einziger hat meines Wissens einen direc- Un Beweis für diese Annahme, aber auch kein Einziger — ich irre mich, ein Einziger, der am wenigsten geachtete von Allen — der Welt zu glau ben Grund gegeben, daß er seine priesterlichen Ansprüche seiner dynasti schen Zärtlichkeit aufzuopfern im Stande sei. Diese Erscheinung ergab sich aus der Natur der Sache. Der Klerus hat durch sein herzliches Einverständniß mit der gefallenen Regierung so schlechte Geschäfte ge macht, daß man es ihm kaum verdenken kann, wenn er keine Lust hat, 'einen solchen Versuch zu erneuern. Er sagt sich, und hat es deutlich auch Andern gesagt, daß seine Unabhängigkeit von der jetzigen Regierung ihn gegen die Gewalten sichern und stärken müsse, die aus künftigen Umwäl zungen hervoraehen würden, und dann wäre freimüthiges Zusammenwir ken mit den Leitern deS Volks eine für ihn würdigere Stellung, wenn er sie von Uebertreibungen rein zu halten wüßte, als das Amt eines schmiegsamen Höflings und die Rolle eines gehorsamen Dieners. Außer dem hat, man muß es osten gestehen, in ihrem Buhlen um die Gunst der Geistlichkeit, die Regierung oder vielmehr der Hof, eine Hast und Ungeduld, eine Glückseligkeit in dem schon Gewonnenen und einen Acr- ger über das Nichterlangte oder Wicderverlorene an den Tag gelegt, wo durch hie Absicht, nach und nach einen Hofklerus zu bilden, deutlicher, alS vortheilhaft war, sich hcrausstellte und alle Wohlthaten und Liebkosun gen, die man verschwendete, haben an mehr als Einem Orte Widerwil len statt Sympathie erzeugt. Um nun daS halb geglückte, halb miSrathene Werk einer gewissen Vollendung zuzufübren, kam man auf den Gedanken, aus dem Kapitel von St.-DeniS zugleich eine Pflanzschule und ein Prytaneum zu machen. Durch di» Kunst der Diplomatie erlangte man von dem zaudernden, aber nicht unerbittlichen Rom di» hierzu.nöthige Ermächtigung. Rom konnte im Grunde nichts dagegen haben, daß ihm mit Umgehung der Bischöfe eine unmittelbare Macht über ein religiöses Institut in Frankreich ver liehen wurde. Je vi»lfältig«r in einem katholischen Lande die religiösen Einrichtungen sind, je v»rtbnlt»r der Einfluß ist, desto mehr Gelegenheit zu schiedsrichterlicher Einmischung kann sich Röm versprechen, und unter wrlchrr versöhnlichen Form eine solch« Einmischung staststM, Rom hält