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57 leben und gedeihen können, baß sie «S aber nur uni« d« Bedingung ge genseitigen Vertrauens können." Wir haben gegen den Gehalt Vieser Worte nicht das Geringste einzuwcnden, doch will eö unS bedsnken, daß, wenn Ludwig Philipp sich an dir europäischen Fürsten zu wenden und ihnen einen wohlgemeinten Rath zu geben hat, ihre Vertreter die natürlichen Organe seien, durch die derlei Rathschläge den Monarchen am sichersten zukommen könnten. Nachdem der Präsident der Depulirtenkammer sich der obligaten Glückwünsche zur Heirath des Herzogs von Montpensier entledigt und die selben mit mehr oder minder geschmackvollen, an die letzte Schwiegertoch ter des Königs gerichteten Schönheiten ausgeschmückt hatte, spielte er leise und behutsam auf die Einverleibung Krakaus an. „Die Kammer wird den in Freiheit berathenen Ausdruck ihrer politischen Ansicht der Krone darbieten; einstweilen jedoch, ehe diese feierliche Aeußerung, die ihr allein zusteht, stattfindet, glauben wir ohne Gefahr versichern zu können, daß Ew. Maj. sie stets dem Völkerrecht und den Gefühlen des Landes treu finden werden." Der König scheint diese Anspielung überhört zu haben, denn seine Antwort berührt sie mit keinem Worte. Die Rede des Siegelbewahrers im Namen des Staalsrathcö hat eben so wenig irgend eine politische Bedeutung als des Königs Erwiderung darauf. Mehr als irgend eine andere zeichnet sich die Anrede des Erzbischofs von Paris durch lakonische Kürze und berechneten kalten Anstand aus. Indessen zeigen selbst diese Kürze und Kälte, daß der Prälat wenn nicht seine Federun gen herabzustimmcn, doch seinen Hochmuth zu beherrschen gelernt hat. Am l. Mai v. I. hielt er bei einem ähnlichen Anlaß, am Namenstage des Königs, eine Anrede, worin er in »»gemessenem Tone die religiösen Zustände Frankreichs anregte; Ludwig Philipp wies den Prälaten in die gehörigen Schranken zurück und der Cultusminister machte die Veröffent lichung der Rede im Moniteur von der Unterdrückung der beregten Stel len abhängig. Da sich der Erzbischof hierzu nicht verstehen wollte, ist diese Rede nicht im officiellen Blatt und somit in keinem andern noch erschienen, ein Vorfall, der wol auf die diesmalige Kürze nicht ohne Ein fluß geblieben. An die Schießbaumwolle haben die Franzosen noch nicht recht angebissen, wiewol sie die Ehre der Erfindung derselben ansprechen; um so geneigter scheinen sie jedoch, eine andere deutsche Erfindung nach Frank reich zu verpflanzen und einem Deutschen diese Verpflanzung anzuver- trauen. Die Erzeugung der Wald wolle, welche in Oesterreich und Preußen mit Erfolg unternommen wurde, soll nächstens in großartigem Maßstabe hier versucht werden. Der Herzog v. Decazes und einige No- tabilitäten der pariser Bank stehen an der Spitze des Unternehmens und beabsichtigen, in der Nähe der Hauptstadt eine große Fabrik zur Erzeu gung dieser Wolle anzulcgen; die Leitung derselben würde, wie cS heißt, Hrn. Friedland, Director der Gasbeleuchtungsanstalt in Prag, anvcrtraut werden, der bereits bei einer solchen Fabrik in Oesterreich betheiligt war und das besprochene Unternehmen hier angeregt hat. Schweiz. In einer Nachschrift des neuesten Nouvclliste Vaudois heißt cs: „Soeben wird uns aus dem Canton Freiburg gemeldet, auf den Bc- sehl des Bezirksstatthalters von Estavaycr seien die Mitglieder des Co- milederVolksversammlung von Montet verhaftet worden. Gleich zeitig habe beim Secretair jenes Comitc in Cygy (beiPaycrne) eine Haus suchung stättgchabt und die vorgefundenen Papiere seien mit Beschlag belegt worden. Auch noch andere Personen seien vor das Stattbalteramt citirt und wahrscheinlich ebenfalls verhaftet worden." — Hr. Fazy-Pasteur (unter der gestürzten R^ierung in Genf der stete Führer der gemäßigten Opposition) hat seine Entlassung als Präsi dent des großen Rachs cingcrcicht, „weil er die Ansichten der Majorität, die ihn an jene ehrenvolle Stelle berufen, nicht mehr zu theilcn vermöge und sich in die Nothwendigkeit verseht sehe, mehre wichtige Bestimmun gen des neuen VerfassungSprojccts zu bekämpfen". Btari-n. Rom, 26. Dec. Die Provinzialversammlung der Comarca di Roina hat ihre diesjährigen Sitzungen vom 5. bis zum 21. Dec. hier gehalten. In der letzten Versammlung ward ein Antrag des Fürsten Borghese einstimmig angenommen der Regierung eine Petition einzurci- chen, worin diese gebeten werde, der Stadt Rom eine Gcmcindeverfas- suna zu bewilligen, wie dies von Gregor XVI. im Jahr 1831 allen Städten im Lande zugesagt worden sei. (A. Z.) * Palermo, 14. Dec. Wir haben seit acht Tagen den Kronprin zen von Baiern in unserer Mitte. Er kam am 6. Dec. mit dem Dampfboote Palermo von Neapel herüber, soll von der Seereise nicht im geringsten gelitten haben und stieg frohgelaunt und des besten Wohlseins ich erfreuend hier ans Land. Am 9. Dec. wohnte er mit seinem Ge- olge, durch den königl. Statthalter Herzog di S. Pietro hierzu einge- aden und abgeholt, dem großen Manoeuvre und der militairischcn Messe zu Ehren der unbefleckten Empfängniß (bekanntlich hat der König die sici- lische Armee unter den speciellen Schutz der Madonna von der unbefleck ten Empfängniß gestellt) am Fuße des Pellegrino bei und beehrte nach her die Tafel des Statthalters mit seiner Gegenwart. Bis jetzt hat man ihn oft in Gesellschaft des Herzogs di Serra di Falco, bekanntlich der gewöhnliche Begleiter deS Königs von Baiern, wenn derselbe hier ver weilt, auSfahren sehen, um die Merkwürdigkeiten Palermos zu besichtigen, und man bemerkt mit Freuden, daß der Kronprinz der besten Gesundheit sich zu erfreuen scheint. Seit heute stütz haben wir nun wirklichen Winter, die Berge um die CoNca d'oro und ihre Abhänge sind bis weit hinunter mit Schnee bedeckt und die Lust ist wirklich kalt; in der Stadt fällt kalter Rege» und auf den Höhen fährt es fort zu schneien. Dagegen erscheint die Pflanzenwelt eben jetzt überall in ihrer vollen Pracht, und die Landleute sehen diese Witterung Aar nicht ungern, so sehr sie den Städtern, welche dieselbe gegen die vorjährige gar verschieden finden, ungelegen kommt. In der Organisation deS Postwrsens sollen Veränderungen ge troffen werden. Die Beförderung der Postfcllcisen nämlich soll verpach tet werden, und die Regierung, um dem allgemein gewordenen Untcr- schleife zu steuern, soll dem neuen Pachter auch die Postgebühren für die hin- und herzubringenden Briefe überlassen wollen. Es wäre zu wünschen, daß im Postwesen überhaupt Verbesserungen stattfänden, dann dürfte der Unterschleif, der so weit geht, daß man die Zahl der auf unerlaubtem WeA cingcbrachtcn und nach Neapel versendeten Briefe ohne Bedenken für eben so groß annchmen kann als die, welche mittels der Post ein - und ausgehcn, auch wegfallen. Zu befürchten ist jedoch, daß es mit diesen Planen wie mit vielen andern, welche Verbesserungen zum Zwecke haben, gehen, daß dieselben besprochen, dafür eifrig unter handelt, dagegen aber bei den Ränken und Schlichen der Concurrenten die Sache wie gewöhnlich auf die lange Bank geschoben wird. Rußland und Pole». * Petersburg, 2V. Dec. Der Herzog von Leuchtenberg traf am 26. Dec. aus München hier ein; der Großfürst Michael Pawlo- witsch aber von seiner schon (Nr. 2) gemeldeten Reise nach Nowgorod bereits am 24. Dec. Abends. Das liebevolle Vaterhcrz drängte ihn gegen seine frühere Absicht zur Beschleunigung der Rückkehr; er wollte dieUeber- rcste der theuern Tochter, noch ehe sic für immer seinen Blicken entzöge» werden, zum letzten Male wiedersehen. Gleich nach seiner Ankunft eilte er in später Abendstunde zur FestungSkathcdrale, wiederholte den Besuch noch am folgenden Morgen früh vor dem trauervollen Todtenamt und vollzog so die letzte herbe Vaterpflicht. Neben den Gemächern des Kai sers im Nikolajcw'schen Palais jetzt wohnend sucht er, stets umgeben von einem zahlreichen ihm innig «»hängenden Verwandtenkreise, sich möglichst zu zerstreuen und zu trösten. — Ein vom Kaisör bestätigtes Gutachten des Reichsraths befiehlt, den auf dem Landvolke liegenden Grundzins in allen den Gouvernements, in denen er besteht, für das Zahr 1847 auf das Doppelte zu erhöhen, und zwar nach den Localbcdingnissen der Gou vernements auf 4, 8 und 12 Kop. S. für den männlichen Kopf. Auch die Handels ccrtificatc der Kaufleute aller drei Gilden sind einer be deutenden Erhöhungssteuer unterworfen worden. — In Bertin sollen officielle Declarationen cingclauftn sein, welche die Angaben von einer bevorstehenden Aufhebung des Königreichs Polens -widerlegten. (N. C.) Dscherkessie«. Nach Berichten aus Tislis bis zum 15. Dec. hatten die Kriegs operationen im Kaukasus trotz der vorgerückten Jahreszeit und des bedeutenden Schneefalles in den Gebirgen noch kcine Unterbrechung er litten. Der glänzende Sieg, welchen die Russen im nördlichen Daghe- stan, den russischen Bulletins zufolge, über Schcmil errungen, hatte den Müridcnhäuptling nicht im geringsten enlmulhigt, denn bereits we nige Tage nach dem Gefechte bei Kutaschi, welches den Russen beiläufig gesagt mehr als 1500 M. kostete, war ein Tschetschenzcnhaufe von 3— 4000 M. über den Terek gegangen, batte die daselbst bcstndlichcn Vor posten aufgehoben und, bis in die Nähe der Stadt Kislar vordringend, eine Menge Beute mit sich ins Gebirge geschleppt. Gleichzeitig war ein anderes Corps von Schemil's Heer an der Sundscha bis in die-Um gebung von Grosnaia vorgedrunqen und hatte überall Schrecken und Ver wüstung verbreitet. Erst nach einem hartnäckigen Kampfe war es der be deutenden Besatzung dieser Festung und den herbeieilenden in der Umge gend stationirtcn Truppen gelungen, die Feinde zurückzutrciben. Der Verlust soll auf beiden Seiten nicht unbedeutend gewesen sein. Daniel- Beg hat mittlerweile, unterstützt von 2000 Tschetschenzen, welche ihm Schcmil zu Hülfe gesendet, einen neuen Einfall in Kachetien unternom men, wo er mit wechselndem KricgSglücke den Kampf gegen die Russen örtseht. Das steile, felsige, von Schluchten zerrissene Terrain macht per bei der cingetretenen Kälte die Kriegsopcrationen äußerst gefahrvoll ind beschwerlich, und es ist wol glaublich, daß die Strapazen den rus- ischen Truppen mehr zusetzen als die feindlichen Waffen. Am Kuba» >at der tapfere Häuptling Mansur-Bcg ebenfalls die Waffen gegen die Russen wieder erhoben. Es soll ihm gelungen sein, einen Theil der Aw- chasen, welche seit einigen Jahren mit Rußland in freundlichem Verkehre sanden, und den kriegerischen Stamm der Ubichen an sich zu ziehen, eine russische Festung am Kuban zu nehmen und selbst die Stadt Jckaterinodar zu bedrohen. Jedenfalls scheinen auf dem linken Flügel wichtige Ereig nisse stattgefundcn zu haben, da der Obcrgcneral in der jüngsten Zeit nicht unbedeutende Verstärkungen dahin abgehcn ließ. Die Kühnheit und Energie, mjt der Schemil und die ihm ergebenen Häuptlinge auf alle» Punkten die Offensive gegen die Russen ergriffen haben, läßt auf wcitcr- greifende Operationsplanc für diesen Winter schließen. Die russischen Offiziere, welche sich der Hoffnung auf eine ruhige behagliche Winter- äison in Tiflis hingegeben haben, ziehen saure Gesichter, da man sich auch in der Umgebung deS ObergencralS nicht verhehlen kann, daß die nächsten Monate reich an Kämpfen und Strapazen sein werden. Sche mil hat bereits anfangs November nach allen Theilen des Gebirges bis in di« Gegend von Erzerum hin zahlreiche Emissäre ausaeschickt, welche überall den heiligen Krieg gegen die Russen predigen. Die Kriegszüge, welche ex in den letzter« Monaten in die Ebene von Grosnaia und der Tschelschna bis hart unter die Kanonen der russischen Festungen unter-