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ZUR EINFÜHRUNG: Beethoven hat zu seiner Oper „Fidelio", die er eigentlidi „Leonore" nennen wollte, vier Ouvertüren geschrieben. Die erste gefiel nicht. Da schrieb er eine zweite. Diese aber genügte ihm nicht. Und so schrieb er die dritte, die sogenannte „Große". Dann aber fand er, daß diese Ouvertüre zu vielsagend sei, daß sie die ganze Oper sdion in sidi enthielte, daß sie sozusagen die Oper überflüssig mache, und daraufhin sdirieb er die leichte E*dur Ouvertüre, die man heute als Vorspiel der Oper hört. So erleben wir also in dieser dritten „Leonoren"*Ouvertüre den ganzen „Fidelio", den Sieg über Tyrannenmacht und Tyrannenwillkür. Eingangs hören wir die Klage Florestans, des von seinem politischen Gegner ins Gefängnis geworfenen Mannes, ln dem folgenden schnelleren Teil wird der Kampf Leonorens gesdiildert. Ein Trompetensignal kündet die Rettung an. Der Gatte wird befreit. Die Liebe hat gesiegt. Jubel ist der strahlende Ausklang derTondichtung, mit der Beethoven der Gattenliebe ein Denkmal gesetzt hat, unvergänglicher als Erz. Das Violinkonzert in D*dur op. 61 hat Ludwig van Beethoven 1806 komponiert. Mit vier leisen Paukensdilägen, die im Verlaufe zu motivischer Bedeutung heranwadisen, beginnt der erste Satz. Wie in einer Sinfonie stellt das Ordiester den gesamten Themenstoff auf. Die glanzvollen Haupt* themen sind zunächst der Oboe anvertraut. Erst nadi beendeter Themenaufstellung beginnt die Sologeige: wie präludierend erklingen Oktavengänge, Triolen und Sechzehntelfiguren, dann singt die Geige in hoher Lage die leicht verzierte Hauptmelodie. Die motivische Durchführung der Themen und des viertonigen Paukenmotives liegt durchweg im Orchester. Uber diesem klaren Stimm* gewebe zieht die Geige in gebundenen Phantasien ihre beseelten gesangvollen Bogen. Von be* sonders ergreifender Wirkung ist der Einsatz des zweiten Themas in der Geige nach der Kadenz. In dem kurzen Larghetto des zweiten Satzes beteiligt sidi die Sologeige überhaupt nicht mehr an der Thematik des Orchesters. Innig ist die vom Streichquartett gesungene Weise und beharrlich hält das Orchester diese friedvolle Stimmung bei. Doch wie verklärt und innerlidi bewegt schwingt sich die Geige empor, trillert, gleitet leise dahin und stimmt nur einmal eine langsame, in ihrer edlen Schlichtheit ergreifende Weise an. Wie zum Ausgleich für ihre „thematische Untätigkeit" im Larghetto übernimmt die Sologeige im dritten Satz ganz allein die Festlegung des Themas. Ja, sie wiederholt es noch einmal sehr zart in hoher Lage, bevor sich das Orchester des Themas bemächtigen darf. Der Beginn des Zwischenthemas liegt zwar im Tutti, doch den zweiten Teil führt eifrig die Sologeige aus. ln der Weiterführung des heitertreibenden Rondos werden der Violine spieltechnisch nicht immer einfache, aber dankbare Aufgaben zugewiesen. Etwas überrasdiend der Schluß mit den verschwebenden Bläserakkorden und der wie hingewischten Endfigur. Brahms 1. Sinfonie, op. 68, wurde 1877 veröffentlicht. Die Einleitung zum ersten Satz ist voll größter Spannungen, der Orgelpunkt der Pauke zu Beginn stützt eine Musik von dramatischer Wucht und Erhabenheit. Der Aufbau dieses Satzes ist klassisch, beide Themen sind klar formuliert und deshalb klar zu erkennen. Brahms hat nun eine eigene Art der Durchführung, die sein Wesen, seinen grüblerischen Ernst und seine spröde Verhaltenheit deutlich erkennen läßt. Der englische Dramatiker Priestley sagt in einem Roman über dieses Werk einmal, daß er den Eindruck habe, daß Brahms mürrisch und grollend in der Ecke stehe und der übrigen Welt den Rücken kehre. Er hat nicht ganz Unrecht, weil er mit diesem Bild die Neigung zum Pessimismus, der Brahms niemals ganz Herr werden konnte, andeutet. Auch Clara Schumann sagt ihm selbst in einem Briefe, sie fürchte sich vor der Düsternis und Kantigkeit seiner Seele, die sich gerade in diesem Satz offenbare, der mit dem Orgelpunkt des Beginns wieder absdiließt. Der liebliche zweite Satz, der ebenfalls zwei musikalische Gedanken entwickelt, wird in der Mitte von dramatischen Erregungen gestört, die keinen inneren Frieden aufkommen lassen. Der dritte Satz ist, ganz entgegen der Gepflogenheit Beethovens, kein Scherzo oder Menuett, sondern ein graziöses Allegretto. Die schlidite Melodie des Beginns, die in ihrer Umkehrung fortgeführt wird, kann aber nicht den Ernst und die Resignation verhindern, die sich dann in diesem Satz durchsetzt. Gleich dem Anfangssatz beginnt auch der Schlußsatz mit einer Einleitung, die mit Spannung und Größe geladen ist. Dann entfaltet sich wiederum echt sinfonisches Geschehen - Brahms wählt die Sonatenform auch für den Schlußsatz. Das erste Thema mit seinem Anklang an den Hymnus der „Neunten” steht dem weicheren, lyrischen zweiten Thema gegenüber, so daß sich auch hier dramatische Ballungen ergeben, die jedoch in eine strahlende C*dur*Coda einmünden, die dem Werk einen sieghaften Abschluß verleiht.