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Mtage zam Krzgev WUsfteund Nr. 149. 1907. (Fortsetzung folgt.) er ?" mache« könntest.« „Die volle Wahrheit will ich wissen. Ich habe ein Recht dazu.« ' „Die volle Wahrheit lernen wir niemals kennen, Hans Weddo. Sie H uns, glaube ich, auch nicht gut.« "" Nora. Ich habe über Deiner Ehre zu fordere ich klipp und klar eine Ant» Sonnabend, den 29. Juni Ebenso natürlich, wie es jetzt unnatürlich wäre, wenn ch nicht mit seinem Haß verfolgte." sie sieht mit leerem Blick in die Weite. Hat er etwas ? Ihr ist es nur wie ein wildes Rauschen vor den Öhren. Sie muß völlige Gewißheit Habeck'. „Wie sieht er aus, Hhns^Weddo," fragt sie atemlos weiter, „groß, schlank, blond) mit langer roter Narbe auf der linken Wange?« Er rüttelt sie hart am Arm. „Woher weißt Du das alles?" „Ich weiß nichts, gar nichts.« „Du lügst, Nora „Und wenn es wäre?" Er preßt ihre feinen Handgelenke zusammen. „Warum verbirgst Du mir die Wahrheit? Bin ich sie sticht wert?" Sie nimmt den Brief heraus und schiebt ihn in seine Hand. „Lies das Hierl Und wenn Du auch dann noch meinst, mich mit einer Ausflucht beruhigen zu können, weil Du Dein Leid allein tragest willst, so entgegne ich Dir: Tue es, aber sage mir, welche Schuld ich dabei auf mich, auf jenes Mädchen, das Deine Braut gewesen sein soll, und auf Dich geladen Habel« Er überfliegt den Inhalt mit den Augen. Danach ballt er ihn zusammen und tritt mit den Füßen darauf. „Rühr' ihn nicht wieder an, Noral« „U»»d warum n ' ,/Weil Du ES schmettert plöülich durch die Straßen, et lockt un^ sammelt mit Hellem, klingenden Ton. Trara — tara trarararara! Ein Alarmsignal dämmt TarenbergS furchtbare Auf» regung ein. Der Dienst ruft. Stümecke stürzt in daS Zimmer. . . - „Herr Leutnant — Herr Leutnant — eS wird Alarm geblaftn.« Tarenberg greift nach Säbel und Mütze. Stümeek rafft ein paar Gegenstände zusammen. Nora geht in der erstell Bestürmung unbemerkt, wie sie kam. Sie fliegt di« Treppen hinunter und hastet durch daS trübe Grau des Morgens. Sie braucht nicht mehr länger müßig abseits zu stehen. Jetzt kommt ihre Arbeitszeit. Vielleicht wird das Vorgenommene zu schwer und zu demütigend für sie sein. Aber das hält sie nicht an seiner Ausführung ab. Getan muß eS auf jeden Fall werden, das ist sie oem Glück des Bruders, das ne zerbrochen haben soll, schuldig. . Es ist um die Mittagszeit, wenige Stunden später, nachdem Noras Gespräch mit Tarenberg so jäh unterbrochen wurde. In der Wachenhusenscher» Villa herrscht jene vor» nehme Ruhe, die trotz der Erledigung der nötigen Arbeiten durch die gut geschulte Dienerschaft nicht gestört wird. Der Oberst ist im Begriff, in das Kasino zu gehen, um dem General, der heute das Artillerieregiment nm eine Stunde süßen Morgenschlummers gebracht hat, Gesellschaft zu leisten. Wie er jetzt, straff und elegant, die Treppe»! herunter kommt, geschmeidig und von fast jugendlicher Schlankheit, jede seiner Bewegungen voll zwingenden Willens, kann man die Meinung im Korps, die ihm eine glänzende Zu kunft voraus sagt, begreifen. Solche Leute, wie er, klettern bis in die höchsten Spitzen. Möglichst wenig Gefühl, mög- lichste Härte. , - / wachen, ... wort. Woher kennst Du den Mann, dem ich morgen mit der Pistole in der Hand gegenüber stehen werde? Es ist, als ob Nora plötzlich gewachsen wäre. Ein heiliges Feuer strahlt aus ihren Augen. Ihre Seele fliegt aus oem dunklen, engen Raum, in dem sie sich wund und weh gestoßen hat, in die unendliche, strahlende Helle. Sie empfindet in diesem Augenblick daS, was ihr Jürgen von Wachenhusen angetan hat, nicht mehr als Schmach. Sie kann auch nicht mehr darüber weinen. Ein atemloser Jubel füllt ihr Herz. z Wenn er sie auch liebte, wie sie ihn? MM demselben starken, reinen Gefühl, das vielleicht schon mW ihnen ge borgen ist, wenn er nicht danach fragte, was Vater oder Mutter in sündiger Liebe gefehlt haben. Dieser Gedanke läßt sie von dem zuckenden Herzen, daß ihr so sehr ge brannt hat, den verhüllenden Schleier Heven. ES wäre dann ja keine Sünde mehr dabei. Sie will dem Bruder Rede stehen. Er soll ihre Antwort haben. „Und — wenn ich ihn kenne» würde — wenn er mich gettßt hätte und wenn ich ihn liebte — was dann?« „Nora, um Gotte» willen, sag« mir alles, verhehke M« verstand, trotzdem ich mir die ganze Nacht den Kopf »er» marterte. Aber Du weißt, waS er bedeutet. Deine Der» zweifluna, Dein Aussehen stehen mit diesen Zeilen in eng stem Zusammenhang. Leugne es nicht! Ich seh« eS Deinen Augen an.« „Und wenn es so wäre, Nora, und wenn ich nun meine besonderen Gründe hätte, dennoch gegen Dich darüber zu schweigen?« „Bedaure ich Dir wirklich so unendlich wenig, daß Du mich Deines Vertrauens für unwürdig hältst? Wenn Du »süßtest, wie bitter weh eS mir tut, daß Du mir niemals von Deiner Liebe gesprochen hast. Ich hätte so gern für Euer Glück gebetet, so gern bescheiden aus der Ferne mich daran erfreut und gewärmt. Du hast mir dies nicht ver gönnt. Nun gib mir wenigstens mein Recht, durch das ich daS „Wissen" fordern kann, um gut zu machen zwischen Euch beiden, wenn eS etwas gut zu machen gibt." „DaS ist vorbei. Meine Liehe und mein Glück sind tot." ' „Also besteht wirklich etwas, das ich unwissend an Euch frevelte?" „Es hat bestanden, natürlich nur in der Einbildung sensationslüsterner Menschen.« „Und Du hast aus eigener Kraft jenes Unwahre fort geschoben ?" „Noch nicht ganz, Nora. Eine Kleinigkeit habe ich noch zu tun, ehe es so weit ist.« Sie umklammert seine Hände und schmiegt sich an ihn. „Ich fühle, Du verbirgst mir etwas Schreckliches. Ich bin doch kein Kind mehr. Liebst Du diese Adda von Wachenhusen, von welcher der Brief spricht, nicht mehr?« Er fühlt, daß er nicht länger fest bleiben kann. Sie wird ja auch den Kot, mit welchem sie jene Zeilen bewar fen, nicht als solchen erkennen. Dazu ist sie zu keusch. „Ich liebe sie genau so stark und heiß, wie vordem, Nora«, sagt er leise. „Mehr wie mein Leben, uud sie hat mich wieder geliebt. Sie hat meinen Ring getragen und an meinem Herzen gelegen." „Und warum ist das so plötzlich alles zu Ende? Um mich?" „Ja -7- man hat ihr gesagt, daß ich Dich liebte, und sie damit des Rechtes beraubt habe, auf das sie einen An spruch hat." Nora zittert. In der ganzen nackten Häßlichkeit ver steht sie daS Gerücht freilich nicht. Sie fühlt nur, daß er wegen diese--Verdachtes, dessen UyreMejt ihr nicht zum Bewußtsein kommt, um ein großes,'unendliches Glück be trogen wurde. „Das hat man ihr gesagt," stöhnte sie, „und darum — o — mein Gott!« Plötzlich klammert sie sich an der Lehne des Polsterstuhles fest. „Und diese Adda von Wachen husen hat einen Bruder?" „Ja, Kind." . „Er ist in demselben Regiment wie Du, Offizier?" „Ja — aber warum fragst Du das?" „Weil ich wissen möchte, ob er Dein Freund ist. Als Bruder Deiner Braut wäre das nur natürlich." Er lächelt bitter. rvrami küre. Roman von K. Lubow-ki. (Nachdruck verdaten.) (27. Fortsetzung.) Nora entnimmt dem Täschchen ein Geldstück und drückt eS ihm in die Hand. Seine Finger zittern, als er mehr gefühlt wie gesehen hak, baß eS ein Markstück ist. In der Freude seines Herzens beugt er sich zu dem Riesenkorb herunter und tastet einen Salzkuchen heraus. So einen ganz harten, braun gebackenen mit mächtig viel Kümmel darauf. Er hat das Aussucken von den besten im Griff. Den schiebt er in NoraS Hand. „Ich nehm' ihn nich etwa dem Meister — nee — nee — ich bezahl ihn nächstens ganz richtig," beruhigt er sie, ihr Zögern bei der Entgegennahme als Zweifel an seiner Zuständigkeit auslegend. „Essen 'n man ruhig. Er hält so lang als drei jewöhnliche SemmelS vor." Und wie der Wind saust er die Treppe hinunter. Nora schiebt sich vorsichtig in den Korridor. Sie ist froh, daß sie auf diese Weise, unbemerkt vöm Burschen oder den andern Hausgenossen, hereingekommen ist. Sie hat die ganze Nacht kein Auge zutun können. Der Brief hat sie zu sehr gequält. Vielleicht droht dem Bruder wirklich ein Unglück, dessen Ursache sie ist. Fragen muß sie ihn deswegen. Da sie morgen mit dem Frühzug zu ihrer neuen Heimstätte fahren wird, bleibt ihr nicht viel Zeit zum Ab warten und Ueberlegen. Die frühe Morgenstunde war die einzige, von der sie wußte, daß er bestimmt zu treffen sei. Tagsüber war er im Dienst und abends, wenn er zum Abschiednehmen kommen würde, konnte sie nichts mehr än dern, was es zu ändern gab. Schwester Ulrike ahnt nichts von ihrem Fernseiv. Sie hat ihren Schlummer nicht stören mögen, sondern sie durch ein paar Zeilen beruhigt. Sie zieht den namenlosen Brief, den sie sich gestern doch noch von Schwester Ulrike zurückerbeten hat, aus der Tasche. Der Bruder soll ihn lesen. Aufatmend steht sie vor seiner Tür still und legt ihr Ohr heran. Sie hat ein Geräusch von Schritten gehört. Sollte er gleich ihr nicht haben schlafen können? Dann klopft sie an. XVIII, In stummer Erwartungsangst stehen sich die beiden Menschen, denen die zwingende Hand des Schicksals gegen ihren Willen die Bande der Zusammengehörigkeit aufge zwungen chat, gegenüber. Nora fürchtet, daß sie durch ihr Erscheinen den Mann, der ihr so viel Weichheit und Liebe entgegen bringt, in seinem Zartgefühl verletzen könnte. Hans Weddo wiederum wagt keine Frage nach dem Grunde, der sie herführt, aus Angst, etwas Neues, Schreckliches hören zp müssen. „HanS Weddo," sagt sie endlich in leiser Abbitte, „er schrick nicht, daß ich zu Dir komme. Niemand, außer dem kleinen Frühstücksboten, hat mich gesehen. Er öffnete mir auch die Tür, so daß nicht einmal der Bursche von meinem Hier sein weiß. Es ist nur eine unaufschiebbare Frage, die ich an Dich zu richten habe.« Hans Weddo hat ihre letzten Worte nicht mehr gehört. In seinem Gesicht zucken die Lichter der Verzweiflung und malen ihm graue Schatten um Augen und Mund herum. So lange er allein war, hat er sich zu ' beherrschen ver mocht. Nun er ein Herz in seiner Nähe Weiß, das für ihn schlägt und all sein Weh Mitempfinden würde, wenn es darum wüßte, verläßt ihn die Kraft zu noch weiterer Be herrschung. Ein Herz? Warum gibt er nicht der Wahrheit Vie Ehre und sagt „daS einzige Herz«? Es ist doch so! Die andern beiden hat der LebenSsturm von dem seinen gerissen. Sie gehören ihm nicht mehr. Er hat sein Recht an ihnen aufgeben müssen. Wilder Trotz und grimmige Auflehnung gegen dieses „Muß" kommen über ihn. „Und wenn sie Dich schon gesehen hätten, Nora,« sagt er heiser, „die ganze Welt meinetwegen — um so besser.« Sie erschrickt vor dem rauhen Klang der verzweifelten, haßerfüllten Stimme. Seine maßvolle Ruhe ist dahin. Seine Lippen zittern. Sie sieht ihn scharf an. „Uni Gottes willen, Hans Weddo, was ist geschehen? Du bist ja krank!« Er schüttelt den Kopf und zwingt sich zum Scherzen. Der mißlungene Versuch wirkt erschütternd. „Gesund und frisch bin ich, kleine Nora, nur ein wenig übellaunig, weil es heute schweren Dienst geben wird.« — Der Storch als Kurgast. Eine heitere Episode aus dem KurlebSn wird aus Baden bei Wien mit geteilt. Im Badener Kurpark befindet sich seit Jahren in den Anlagen beim Teiche ein Storchenpaar. Das Männchen war seit Jahren mit einem Leiden am rechten Bein behaftet^ dessen Knie eine große Geschwulst aufwieÄ Infolge dies«) Leidens, das der Tierarzt als eine gichtische Erscheinung, erklärte, konnte das arme Tier nur mühselig an der Seit«: einer Ehegattin durch daS Leben humpeln.- Nur war dieses Ehepaar früher während des Winters im städtischen Palmen- sause unteraebracht. Im letzten Winter wurde das Palmen- hauS einer Renovierung unterzogen, so daß die Störche dort nicht behalten werden konnten - der städtische Gartrninspekwr Krr Kruwi» ließ dSbalb da» Storchenpaar in einem neben Vermilclites. — Ueber ärztliche Honorare berichtet Professor Ughetti in seinem hübschen Buche: „Zwischen Aerzten und Klienten" (Deutsch von Or. Giovanni Galli-Wien, Brau- müller): Danach bezahlte Philipp von Mazedonien seinen Arzt nur mit Räucherwerk. Luther berichtet in einem Brief an den Kurfürsten, daß er seinen Arzt Curio „für viele Dienste ntHs gegeb außer einem LÄmS Bier.« Dagegen honorierte Zarin Katharina II. den englischen Arzt Dimsdale, den sie nach Petersburg beordert hatte, um sie zu impfen, für diese nicht gerade lebensgefähr liche Operation Äit 250000 Fr., wozu noch 12 500 Fr. Jahrespension und 25000 Fr. Reisespesen kamen. Die übliche Taxe fijr einfache Aerzte betrug übrigens in Ruß land noch unter Peter dem Großen etwa sechs Pfennig nach unserem Gelds und ist erst in jüngster Zeit erhöht worded. Einen großen ^Vorteil bietet den Aerzten die noch jetzt in England übliche Barzahlung. Dort bekommt der Arzt nach jeder Visite sein Honorar auf einem Teller präsentiert oder achtungsvoll in die hohle Hand gedrückt. Geschieht es ein mal nicht, so ist es ein stummes, aber beredtes Zeichen, daß er nicht mehr wiederzukommen braucht. . . Ughetti erzählt eine hübsche Geschichte von einem türkischen Derwisch, der nach Teheran ging und sich dort frischweg als Augen arzt niederließ. Fünf Perser ließen sich von ihm operieren, nachdem sie vorher mit ihm einen Vertrag, daß sie ihm im Falle des Mißlingens die Hand abschneiden dürften, gemacht Hattern Die Operationen wurden vollzogen und mißlangen natürlich sämtlich, und nun wollten die blindgewordenen Operierten die Hand haben. Der Richter aber sprach: In Anbetracht dessen, daß dem Angeklagten nicht fünfmal rönne die Hand angeschnitten werden, sei die Klage abzu weisen. Aber da der Arzt in einem feindlichen Lande ge boren worden, so solle er in seine Heimat zurückgeschickt werden. Dort werde seine Kunst mehr Schaden «»»richte» als ein ganzes persisches Heer. — Ein freundlicher Hauswirt. Eine freu dige Ueberraschung wurde den Bewohnern eines Hauses in der Neuen Königstraße zu Berlin zu teil. Der unlängst verstorbene Besitzer des Hauses, der Bezirksvorsteher und Rentner Wilhelm Wurst, hat sein wertvolles Grundstück der Kirche vermacht und testamentarisch verfügt, daß seinen Mietern, von denen einige vor 40 bis 50 Jahren in dem Hause das Licht der Welt erblickt haben, für ein volle» Jahr die Miete erlassen werde. Gewiß ein liebensivürdiger Zug des alten Herrn, dem Frau und Kind schon früh durch kn Tod entrisse»» wurden.