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Nr. 271 1914. Montag, 23. November Nichtamtlicher Teil Wir veröffentlichen heute die Verlustliste Nr. 63 der Sächsischen Armee. In einer Versammlung der Industriellen Österreichs »urde festgestellt, daß sich die österreichische Industrie «ach für eine lSngere Kriegsdauer gewappnet fühle. Las Befinden des bei einer dienstlichen Automobil- sahrt verunglückten Prinzen August Wilhelm von Preußen ist befriedigend. * vr- Krupp v. Bohlen und seine Gemahlin haben für die Sriegsfürforge eine weitere Million Mart zur Ver fügung gestellt. , Lie bisherigen Zeichnungen auf die österreichische Sriegsanleihe belaufen sich auf 1,2 Milliarden Kronen. Lie gegen Batum vorrückenden türkischen Truppen haben die Russen vollstündig auf das andere Ufer des Flusses Tschnruk zurückgeworfen. Dom Königlichen Hofe. Dresden, 23. November. Se. Majestät der König wohnte gestern vormittag dem Gottesdienste in der Hoflirche bei und unternahm nachmittags mit Ihren llönigl. Hoheiten den P rinzessinnen-Töchtern einen Ausflug durch die Heide nach Langebrück. Lie türkischen Truppen haben nach einem heftigen Sampfe mit den Engländern den Luezlanal bei El- Üantara erreicht. Vergangene Rächt ist der V-Zug Berlin—Eöln in Bahnhof Schönhauser-Damm auf einen Güterzug auf- gefahren. Fünf Personen find tot, dreizehn wurden verletzt. Großes Hauptquartier, 23. November, vormittags. Amtlich. Die Kämpfe bei Nieuport »nd Wern dauern fort. Sin kleines englisches Geschwader, das sich zweimal der Knste näherte, Wirde durch unsere Artillerie vertrieben. Tas Feuer der englischen Marinegeschütze blieb er folglos. Am Argonnenwalde gewannen wir Schritt für Schritt Boden. Ei» Schützengraben nach dem „deren, ein Stützpunkt nach dem anderen wird de» Franzose» entrisse«. Täglich wird eine An zahl Gefangener gemacht. Eine gewaltsame Er kundung gegen unsere Stellungen östlich der Mosel wurde durch unseren Gegenangriff verhindert. In Ostpreußen ist die Lage unverändert. In Polen schiebt das Auftreten nener russischer Kräfte ins der Richtung Warschau die Entscheidung noch hinaus. In der Gegend östlich Czenstochau und nordöstlich Krakau wurden die Angriffe der ver bündeten Truppen fortgesetzt. Oberste Heeresleitung. Staatsanzeiger für das Königreich Sachsen. Zeitweise Nebenblätter: Landtagsbeilage, Synodalbeilage, Ziehungslisten der Verwaltung de« K. S. Staatsschulden und der K. S. Land- und Landeskulturrentenbank - Verwaltung, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes.Brandversicherungsanstalt, Berkaufsliste von Holzpflanzen auf den K. S. Staatsforstrevieren. > > -m- - ' Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung): Hoftat Doenges in Dresden- < , -- -------- . -s Bezug-Preis: Beim Bezüge durch die Geschäftsstelle, Große Zwinaerstraße 1s, sowie durch die deutschen Postanstalten 8 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Geschäftsstelle NrSt S»5, Schriftleitung Nr. 14 574. Ausführungen jedoch auch zum guten Teil ohne Ein- schränkung bedacht und betätigt zu werden verdienen. Graf Apponyi schreibt: „Wer sieht nicht, daß im Hintergrund dieser über menschlichen materiellen Anstrengungen als Bedingung ihrer Durchführbarkeit der entscheidende Faktor der moralischen Volkskrast steht? Wir daheim bedürfen ihrer kaum weniger als unsere Brüder auf dem Schlacht felde; der Mut zum Leben ist nicht minder nötig als der Mut zum Sterben. ES ist eine und dieselbe Scelen- disposition, wenn auch in verschiedenen Erscheinungs formen, welche die kämpfende und die arbeitende Be völkerung miteinander verbinden muß; ja die höchste Entfaltung des Heroismus dort ist undenkbar ohne das Fundament unerschütterlichen Starkmutes hier. Wir Nichlkäinpfer sind die Mehrheit, bei uns entwickeln sich die Stimmungen der Gesamtheit. Ans unserer Mitte, von unseren Stimmungen beeinflußt, ziehen die Krieger in den Kampf. Alle Schwankungen unseres Seelenlebens gehen, durch die fortwährenden Nachschübe vermittelt, als unausgesprochene Infiltrationen in die kämpfende Armee über. Unsere Energie oder unsere Schlappheit, unsere Siegeszuversicht oder unsere Zag haftigkeit, unsere Entschlossenheit oder unsere Zweisel- sucht teilen sich dem Soldaten mit, der bis zum Augen blick des Einrückens in unserer Mitte gelebt hat. Unter übrigens gleichen oder nur nicht allzu ungleichen Verhält nissen siegt die moralische Überlegenheit der Volksseele, die im Soldaten lebt. Also selbst für Erfolg oder Mißerfolg auf dem Schlachtfeld« tragen wir Nichtkämpfer an der Ver antwortung mit: für das, was daheim zu geschehen hat, trogen wir sie ganz und gar. Und dieses Daheim- geschehende, dieses kräftige Fortführen aller Funktionen des Volkslebens, ist mit ein Teil der Kriegführung, ein Teil der Siegessicherung. Lassen wir die Hände tn den Schob sinken, erlahmen wir vor den Schwierigkeiten, erschrecken wir vor den Ungewißheiten, dann häuft unsere Armee vergeblich Ruhmestat auf Ruhmestat, das Volksleben hinter ihr bricht zusammen, die Kraftquellen versiegen, und der zähere Feind muß schließlich trium phieren. Man sieht, wie ungeheuer die Verantwortung ist, die auf uns lastet; auch von uns hängt e» ab, ob der Heroismus unserer Soldaten die verdienten Erfolge erringt oder ihrer beraubt wird; lässige Pflichterfüllung, frivole Launenhaftigkeit, Mangel an Entschlossenheit in unserem Kreise kann eS bewirken, daß das Blut Tausender von Helden, die Tränen Tausender von Witwen und Waisen vergeblich fließen. Damit unser Gewissen rein bleibe, haben wir demnach eine dreifache Pflicht zu erfüllen, wir Daheimgebliebenen, wir ins besondere, die infolge unserer sozialen Stellung und unserer höheren intellektuellen Qualifikation auf die Masse der Mitbürger Einfluß haben." Als diese dreifache Pflicht bezeichnet Graf Apponyi: „Erstens, denen im Felde -u helfen, nach Maßgabe unserer Kräfte und darüber hinaus: Geben, geben und immer wieder geben; zweitens: Mitarbeiten und die Weilerführung der Volksarbeit sichern; endlich die dritte und wichtigste Pflicht, den richtigen Geist männlicher Entschlossenheit und Zuversicht in der Bevölkerung erhalten .... Wohl ist die Lage ernst. Wir stehen mit unserem treuen und mächtigen Verbündeten der gewaltigsten Koalition gegenüber, die Haß, Reid und Ländergier zusammenbringen konnte. So wie mattherziger Pessimismus, so seien auch leichtfertige Überhebung und Blindheit gegen die drohenden Gefahren fern von uns. Aber was wir aus der Wahrnehmung solcher Gefahren abzuleiten haben, ist eben da» Bewußtsein, daß wir alle unsere Volkskräfte aufbieten müssen, um ihnen zu be gegnen, und der Entschluß, diese Kräfte onzuspannen bis ans- äußerste, damit nicht nur der ruchlose Angriff, dem wir ausgesetzt waren, endgültig abgewehrt werde, sondern auch die Bedingungen jener friedlichen Entwicklung, jenes ruhigen Gedeihens friedliebender Völker aus Grund lage westlicher Zivilisation geschaffen werden, die wir einzig anstreben." Englische Minen treiben — keine dentscheu. Nach einer halbamtlichen Mitteilung aus dem Haag haben die Untersuchungen ergeben, daß die bisher an der holländischen Küste angeschwemmten Minen, ungefähr 1V0 an der Zahl, durchgehend englische sind und sich unter ihnen keine einzige deutsche befindet. Das gilt nach der halbamtlichen Mitteilung auch von der neulich bei Westkapelle angetriebenen Mine, die am Strande liegend explodierte und einen Kapitän nebst mehreren Leuten töiete. Tie Feststellung der Zugehörig keit der an den Strand getriebenen Minen hat, wie weiter an» dem Haage berichtet wird^ noch ihrer Farbe mit voller Bestimmtheit und einwandfrei erfolgen können. Diese Feststellung irgendwie anzuzweifelu schließt sich völlig auS, ganz abgesehen davon, daß die holländische Regierung als loyal neutrale Macht keinerlei Interesse daran haben könnte, ob die an ihre Küste angeschwemmten Minen britischer oder deutscher Herkunft seien. Mußte man sich in Deutschland bisher auf die Behauptung be schränken, daß es sich in diesen und anderen Fällen nicht um deutsche Minen handeln könne und daß Groß britannien für seine Behauptung des Gegenteil- Beweise bei zubringen habe, so liegt jetzt hiermit der Beweis klar und er schöpfend vor, daß es sich um englische Minen handelt. Weder Ableugnungen noch eine Fortsetzung der Verleumdungen gegen die deutsche Seekriegführuug könnten diese Tat sache aus der Welt schaffen. Nein maritim und technisch betrachtet ist es kein Wunder, daß gerade die von der britischen Admiralität gelegten Minen zu einer gefähr lichen Pest in der Nordsee geworden sind. ES liegt ans der Hand, daß die auf hoher See ausgelegten englischen Minen mit ihrer Verankerung Sturm und Seegang weit mehr ausgesetzt sind als die dicht an den englischen Küsten liegenden deutschen Minen. Dazu kommt aber die bedauerliche Tatsache, daß das britische Minen- material, hauptsächlich soweit es zur Verankerung dient, an sich schlecht und den großen Anforderungen an Festig keit und Dauerhaftigkeit nicht gewachsen ist. TaS 5000 (jkm bedeckende Minenfeld, dar noch Angabe der englischen Admiralität quer über dem südlichen Ausgang der Nordsee gelegt worden ist, scheint nach den Vorfällen an der holländischen und belgischen Küste in voller Auf lösung begriffen zu sein und dürfte mit Fortjchreiten des Winters die gesamte Nordsee mit treibenden Mine» erfüllen und ihre Küste mit angeschwemmten. Tie Pflichten der Daheimgedliebene«. Der ungarische Parlamentarier Graf Albert Apponyi veröffentlicht in der Wiener „Zeit" einen Appell an die im »riege Daheimgebliebenen, der in erster Linie auf österreichisch-ungarische Verhältnisse Bezug nimmt, dessen »cr ikxischc» Seekrieg- sShru«,. In den Niederlanden wird eine Mitteilung der fran zösischen Gesandtschaft des Inhalts verbreitet: Deutsche Seeleute hätten an Bord von Dampfern, di« unter neu traler Flagge fuhren, im Mittelländischen Meere Minen gestreut. „Die französische Flotte wird alle ihre Kräfte anstrengen, uyr diesem neuen Attentat auf das Völker recht zu steuern. Schon jetzt ist es aber gut, diese Hand lungen bekannt zu machen und die neutrale Schiffahrt aus die Gefahren aufmerksam zu machen, welche ein Miß brauch ihrer Flagge zur Folge haben muß. Frankreich kann seinerseits nicht» anderes tun, als die Verant wortung der Folgen solcher Handlungen zurückzuweisen." „Deutsche Seeleute" sollen unter einer neutralen Flagge als Deckmantel im Mittelländischen Meere Minen legen! Das verbreitet die französisch« Gesandt schaft vom Haag aus in Holland. Warum sagt sie nicht, unter der Flagge welchen neutralen Lande- und auf welchem Schiffe und wann sich die deutschen Seeleute des Minenlegens im Mittelländischen Meere — und wo da — befleißigt haben? Bou der großbritannischen Re gierung und von der britischen Presse wird seit Wochen verbreitet, daß die Deutsche» in der Nordsee und in der Nähe von Irland auf Fahrzeugen unter ventraler Flagge Minen legte». Und beinahe jedeSmal, wenn ein englische» Kriegsschiff von einem deutschen Unterseeboot mit Erfolg angegriffen worden war, wurden geheimnis volle Geschichten von einem Fahrzeug unter neutraler Flagge erzählt, das sich kurz vor dem Unterseeboots- angriff ganz in der Nähe aufgehalten hab« und dann plötzlich verschwunden sei. Nie ist auch nur der Schatten eines Beweises für diese nachgerade unzählig werdenden Behauptungen er bracht worden. Sie sind völlig aus der Luft gegriffen, sind Verleumdungen, die einerseits au» dem Arger darüber hervorgehen, daß man die deutsche Mineatätigkeit nicht hat hindern und sich einer Reihe deutscher Unterseevootsaugriffe nicht hat eutziehen können. Anderseit» dienen diese Ver leumdungen dem wohlüberlegten Zwecke, die neutrale» Mächte gegen die deutsche Kriegführung mißtrauisch zu machen und in steigendem Maße gegen die deutsche Re gierung zu verstimmen. Man will die berechtigte Er bitterung der seefahrenden neutrale» Mächte über die ihnen von England und Frankreich zuteilwerdende Be handlung ablenken durch die freche Verleumdung: die deutsche Kriegführung bediene sich der neutralen Flagge zum Minenlegen rc. Die Bekanntmachung der »ck Koo erfundenen Lügengeschichte» durch die britischen und französischen Gesandtschaften innerhalb der neutrale» Mächte sagt an sich genug. Die Geschichte vom Miß brauch der neutralen Flagge durch deutsche Seeleute im Mittelmeer ist offenbar lediglich zu dem Zweck erfunden worden, um den Neutrale» zu sage»: seht ihr, im Mittel meer sagt man von der deutschen Kriegführung dasselbe wie i» der Nordsee, e» wird also doch etwa» Wahre» daran sein! Wie die „Wiener Politische Korrespondenz" mitteilt, haben sich russische Kosaken österreichisch-ungarischen Lani- Wmannschaften gegenüber schwere Ausschreitungen zu- schulden kommen lassen. Ler Kaiser hat an den Führer der ix.Armee, General b.Malkcnsen, aus Anlaß des Sieges bei Kutno ein in sehr gnädigen Worten gehaltenes Glückwunschtelegramm gerichtet. Ankündigungen: Die Ispaltig« Grundzeile oder deren Raum im AnkündigungSteile 80 Pf., di« üspaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 75 Pf., unter Eingesandt 150 Pf. Preisermäßigung auf GeschäftSanzeigen. — Schluß der Annahme vormittag- 11 Uhr.