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WERKBESPRECHUNG |ohann Nepomuk David: Parlila Die Partita für Orchester schrieb Johann Nepomuk David 1935. Sie ist seine erste. ,.Partita“ bedeutet eine Anzahl von Musikstücken, die zusammen ein organisches Ganzes bilden. David vereint fünf Sätze zu einem Werk, das durchaus sinfonischen Atem hat. Gleich der erste Satz beginnt mit kontrapunktischen Kunstgriffen, indem er das wildgezackte erste Thema, das die Violinen vortragen und das durch seine fallenden Quinten gekennzeichnet ist, nach acht Takten von der Oboe und dem Englischhorn in der Vergrößerung einsetzt. „Vergrößerung“ heißt, daß dabei alle ursprünglichen Notenwerte verdoppelt werden. Für alle Sätze ist charakteristisch, daß er sie in ein dichtes kontrapunktisches Gespinst einhüllt, daß er also die selb ständigen Melodiezüge häuft, womit er das Hören natürlich erschwert. Polyphonie ist schon immer eine komplizierte Kunstform gewesen, die David durch die Kühn heit, mit der er seine Melodien und Motive nebeneinandersetzt, noch erschwert. Der erste Satz ist außerdem rhythmisch interessant, da David kurz vor Schluß die Blechbläsergruppe im Zweivierteltakt spielen läßt, das übrige Orchester jedoch im Dreivierteltakt, wodurch sich die Betonungen überschneiden und diesem Satz etwas Explosives verleihen. Der langsame zweite Satz bringt ein schönes Wechselspiel von zwei Streichergruppen, von denen eine ohne, die andere jedoch mit Dämpfer spielt. Ein schlichtes kurzes Thema wird durch reiche Figurationen verändert. Der dritte Satz ist eine weiträumige, ausdrucksvolle Fuge, bei der die Einsätze des Themas jedesmal in der Spiegelung erscheinen, wobei sich die Intervalle, also die Tonsprünge, vertauschen. Springen im Thema die Intervalle nach oben, so sind sie im „Spiegel“ nach unten gefühl t und umgekehrt. Der vierte Satz ist graziös in seiner Stimmung. Ein Menuett im Dreivierteltakt wird eingerahmt von einem Sätzchen im Fünf viertel takt, in dem die Oboe eine lange Melodie spielt. Wuchtig und kraftvoll läuft der fünfte, der letzte Satz ab, der in eine monumentale Schlußphrase mündet, in der die Blochbläseigruppe dominiert. Das Werk ringt dem aufmerksamen Hörer wegen der in ihm enthaltenen Könnerschaft Davids große Hochachtung ab. Karol Szymanowski: Konzert für Violine und Orchester op. 35 Das Violinkonzert op. 35 von Karol Szymanowski erschien 1923. Es ist einsätzig. Deshalb ist es aber nicht etwa nur in einem Tempo oder nur in einer einmal fest gesetzten Stimmung geschrieben, sondern enthält eine Vielfalt von musikalischen Szenen von recht unterschiedlichen Stimmungen. Der Wechsel des Tempos, der Klangfarben, der Rhythmen prägt den besonderen, nämlich etwas nervösen Charak ter dieses Werkes. Die Partitur gibt Auskunft darüber, daß ein sehr stark und um fangreich besetztes Orchester verlangt wird mit dreifachen Holzbläsern, viel fach geteil ten Streichern, einer drei fach besetzten Bleehbläsergruppe, sehr differenziertem Schl ag- zeug, Harfen, Klavier, Celesta und dem.sonst sparsam verwendeten Englischhorn, der Baßklarinette und dem Kontrafagott. Es ist also das Orchester der Spätromantik, das Richard Strauß und Gustav Mahler bevorzugen. Szymanowski jedoch musiziert mit diesem Riesenapparat, mit diesem überschwenglichen Instrument nicht auf eine kompakte und brutale Weise, indem er den massierten Klang auf die Hörer