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Wanda Wilkomirska begann bereits als siebenjähriges Kind das Studium der Violine am Konservatorium Lodz und wurde 1942 Schülerin von Professor Irena Dubiska am Konservatorium Warschau. 1946 verlieh man der Studentin Wilko mirska beim internationalen Wettbewerb in Genf den 2. Preis. Ein Jahr darauf beschloß sie ihr Studium mit Auszeichnung, ging aber noch zu Professor Ede Zathurecky nach Budapest, um sich dort den „letzten Schliff" zu holen. Seit 1950 ist Wanda Wilkomirska gern gesehener Gast in ihrer Heimat und allen europä ischen Ländern, in der Sowjetunion, in der Türkei wie in Palästina. Von ihren zahlreichen hohen Auszeichnungen seien erwähnt das Offizierskreuz des Ordens der Wiedergeburt Polens, der Staatliche Polnische Musikpreis und der 2. Preis beim II. Internationalen Wieniawski-Wettbewerb. Die internationale Presse rühmte unter anderem Wanda Wilkomirskas „technische Vollkommenheit", ihr „tiefes Stilgefühl", das „rassige Temperament und ihren von Intensität und Spannkraft erfüllten, straffen und kraftvoll-fülligen Ton". Insgesamt sprach man von einer „phänomenalen Leistung". Die fünfte Sinfonie, B-Dur, von Franz Schubert wurde 1816 komponiert und im gleichen Jahre zum ersten Mal aufgeführt. Das Werk ist eine Art Hausmusik, übertragen auf die kleine Besetzung eines Orchesters mit Streichern, 1 Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotten und 2 Hörnern. Schuberts „Fünfte" gehört als Musiziersinfonie mehr zum 18. als zum 19. Jahrhundert. Erster Satz: Keine Einleitung, aber dennoch ein viertaktiger „Anlauf" zum Haupt thema. Und dann läuft alles schulmäßig ab und doch so heiter, beschwingt und gefällig, daß man am liebsten mitmusizieren möchte. Schwingender 6 /s-Takt be stimmt den Ablauf des zweiten Satzes mit seiner Folge A-B-A-B-A und Coda. Schubert singt auf den Instrumenten, schwärmerisch und zugleich volksliedhaft innig. Alle Liebhabermusikanten schätzen diesen Satz. Und doch: wie blüht er auf, wenn er von einem Meisterorchester wie der Dresdner Philharmonie gespielt wird. Ungewöhnlich die Molltonart des Menuetts mit seiner schroffen Melodik. Dafür ist das Trio um so pastoraler gehalten und erinnert ein wenig an Joseph Haydn, während die Tonart g-Moll des Menuetts fast an Mozarts g-Moll-Sinfonie denken läßt. Zufall ? Wer weih es ? — Auf alle Fälle verbindet hier Franz Schubert die klassische Welt Mozarts mit der Zukunft der Brucknerischen Welt, die 40 Jahre später in Erscheinung treten sollte. Der letzte Satz wird manche Liebhaber der Hausmusik leicht ins Schwitzen bringen, denn er will gespielt sein! Sonatenform mit der klassischen Ordnung der Tonarten, und doch mehr als Klassik: eben Schubert mit allen Vorzügen und Schönheiten seiner romantischen Welt. Das reizvolle Werk wurde von einem Liebhaberorchester im Hause des Burg theatermusikers Otto Hadwig in Wien zum ersten Mal gespielt- Der polnische Komponist Henryk Wieniawski (1835-1880) gehört zu den Meistern, die heute umstritten sind. In seinem „Konzertführer" (Reclam 1956) schreibt Hans Renner: „Wieniawski, ein Geiger von Weltruf, ist noch mit der einen oder anderen seiner gefälligen geigerischen Salonmusiken lebendig. Seine brillanten Violinkonzerte romantischer Haltung sind vergessen." Dagegen urteilt die pol nische Musikwissenschaftlerin Zofia Lissa, dafj „Wieniawskis Violinkonzerte nicht nur in Polen noch oft gespielt werden." Mit siebzehn Jahren schrieb Wieniawski sein erstes Violinkonzert in fis-Moll, und erst 16 Jahre später sein zweites, wesentlich reiferes Werk, das Violinkonzert Nr. 2 in d-Moll mit der Opuszahl 22. Im Vordergrund stehen die das Konzert schmückenden technischen Finessen, die einen virtuosen Spieler verlangen, einen Künstler, wie es Wieniawski zu Lebzeiten selbst war, bekannt und berühmt in ganz Europa. Dem Anfangssatz Allegro rühmt man sinfonischen Schwung nach: Zwei gegen sätzliche Themen werden einander gegenübergestellt. Kunstvolles Figurenwerk und technische Floskeln sind in großer Zahl vorhanden, drängen sich aber nicht in den Vordergrund, sondern werden als Teil der Musik behandelt. Der zweite Satz ist eine Romanze (Andante), lyrisch, ausdrucksvoll, ein Nachtstück im Sinne der Chopinschen Nocturnes. Der Solist kann zeigen, über welche tonliche Qualitäten