Richard Strauß: Don Juan Die Tondichtung „Don Juan“ nach Nikolaus Lenau komponierte Richard Strauß als opus 20 in den Jahren 1887/88. Nach der sinfonischen Fantasie „Aus Italien“ war das seine zweite sinfonische Dichtung in einem Satz, wie sie als musikalische Form von Hector Berlioz und Franz Liszt vorbereitet worden war. Mit dem „Don Juan“ begann Richard Strauß die Reihe seiner meisterhaften Tondichtungen, die ihn neben seinen Opern in aller Welt bekannt machten. Es folgten „Tod und Verklärung“, „Till Eulenspiegel“ und „Also sprach Zarathustra.“ Den Höhepunkt bildeten „Don Quichotte“, „Ein Heldenleben“ und die „Sinfonia domestica.“ Die der Partitur vorangestellten Worte Nikolaus Lenaus sind kein Programm, sondern viel eher ein Hinweis. Strauß verwahrte sich gegen eine thematische Analyse auf der ersten Partiturseite. Ihm genügten die Lenauschen Verse als Einführung für die Hörer. Die geniale, vom ungestümen Lebensmut der Jugend durchpulste Tondichtung beginnt im leuchtenden E-Dur mit dem ersten Don-Juan-Thema. In drei scharf profilierten Seitenthemen treten uns drei Frauen entgegen, die in den Bannkreis Don Juans gerieten: Zerlinchen, charakterisiert durch ein zärtlich-scheues Motiv, ihr folgt die Witwe des Grafen, und schließlich erscheint Donna Anna, die von Don Juan als ideale Verkörperung der Frau umschwärmt wird. Das Motiv des Überdrusses berichtet uns von der inneren Unrast Don Juans, der unersättlich von Frau zu Frau getrieben wird, aufgestachelt vom Verlangen nach Genuß. Ein neues Thema Don Juan klingt auf: Fort geht es zu neuen Abenteuern. Das bunte, verwirrende Leben des Karnevals umfängt den Hörer. Don Juan wird von seinem Dämon verfolgt. Rauschhaft steigert Strauß die Musik zu einem strahlenden Höhepunkt. Die Ernüchterung bleibt nicht aus. Ein klagender a-Moll-Akkord wird vom grellen Klang der Trompete durchstochen. Der Tod triumphiert. Don Juan unterliegt. Das glänzend und virtuos instrumentierte Werk hat in den vergangenen 70 Jahren nichts von seiner spontanen Aussage verloren. In dieser Musik vereinen sich Inspiration und Form zu einer organisch gewachsenen Einheit von zwingender Größe. Ernst Krause nannte in seinem Straußbuch den Don Juan „ein Werk, in dem sich der junge Stürmer und Dränger mit der prüden bürgerlichen Ge sellschaft, mit dem ,öden Biersumpf 4 seiner Münchner Kapellmeistererfahrungen auseinandersetzte und mit dem vulkanischen Feuer seiner Musik zeigte, wie überströmende Lebenskraft stärker wirkt als Ewig-Unbefriedigtsein und Vergehn. Ein Werk, das die Zeit widerspiegelt“. G. Sch.