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Erzgebirgischer Volksfreund : 27.07.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-190507275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19050727
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19050727
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-07
- Tag 1905-07-27
-
Monat
1905-07
-
Jahr
1905
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 27.07.1905
- Autor
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Crottendorf, 25. Juli. Herr Oberförster Schulze, frübcr in Johanngeorgenstadt, welcher seit 12 Jahren an der Spitze der Verwaltung des hiesigen StaatsforsttevierS steht, wird am 1. August in gleicher Eigenschaft nach Hubertusburg mittelte im Auftrage des deutschen Kaisers durch da» Staats departement dem Negerarbeiter George ElliS, der am 15. Januar den Dynamitanschlag gegen die Statue Friedrichs des Groben vereitelt hat, eine silberne Uhr mit Kette. New-Hork, 25. Juli. Baron Komura ist mit Ge folge heute mittag in Jersey City angekommen und durch eine Abordnung japanischer Kaufleute nach New - Dort geleitet worden. New-Aork, 25. Juli. ES verlautet, 13 Dampfer linien hätten vereinbart, daß der Zwischendeckspreis von New- Uork nach einem Mittelmeerhafen mindestens 26 Dollars be tragen solle. Auftratte«. Sidney, 25. Juli. Ein hier angekommener Dampfer berichtet, daß die Absicht vorliegt, auf den Admiralitätsinseln eine Strafkolonie zu errichten mit der schließlichen Absicht, die Gruppe zu kownisieren und Deutschlands Macht im Pacific zu vergrößern. Die deutschen Ansiedler auf Neuguinea und Neupommern sind in Aufregung; sie haben in einer Ver sammlung in Herbertshöhe beschlossen, beim Fürsten Bülow energisch gegen diese Maßnahme zu protestieren. (Bemerkung des W. T.-B.: Nach Erkundigung an zuständiger Stelle ist die Behauptung, es solle auf den Admiralitätsinseln oder sonst wo in der Südsee eine Strafkolonie errichtet werden, gänzlich unbegründet.) schen Müllerschule- zu Dippoldiswalde zu den Unterhal tungskosten von der deutschen Reichsregierung bewilligt worden. — Mnen jähen Abbruch fand eine Vergnügungsfahrt an der Kreuzung der EhrenfriederSdorf-Annaberger und Geyer- Wolkensteiner Straße in Ehrenfriedersdorf. Einige Familien aus Wolkenstein waren in zwei Landauern auf dem Wege nach Aue und bis zu der oben bezeichneten Stelle gekommen, als plötzlich die Frau des Fabrikarbeiters Brückner aus Wolkenstein vom Schlage getroffen wurde. Nach diesem Vorfälle kehrten beide Geschirre sofort nach Wolkenstein zurück. — Montag mittag hat sich in Gornsdorf bei Hormersdorf in einem plötzlichen Anfalle geistiger Umnachtung der aus Böhmen gebürtige Maurer Josef Uhlir in seiner Bodenkammer erhängt. Er war an dem Uhlmannschen Fabrikneubau beschäftigt und galt als ein fleißig r Arbeiter. U. ist 22 Jahre alt und nicht verheiratet. — Die Geschäftsstelle Zwicka« der organisierten Bergarbeiter Sachsens beabsichtigt, eme Landes konferenz der Bergarbeiter zu veranstalten zur Hebung der gegenwärtigen Lohn- und Arbeitsverhältnisse der Bergarbeiter Sachsens. — Diebstahl und Unterschlag ung in großem Maßstabe verübte innerhalb der letz ten Jahre eine in der Baumgartenstraße in Reichen bach i. V. wohnende 44 Jahre alte Frauensperson zum Nachteile einer Webereifirma in der Greizer Straße, wo die Betreffende als Resterverkäuferin in Stellung war. Wie durch längere Beobachlungen festgestellt wurde, lieferte sie nicht nur das eingenommene Geld bloß zu zu einem Teile an die Kasse ab, indem sie falsche Buchungen vornahm, sie eignete sich auch Waren aus dem bett. Geschäft auf unrechtmäßige Weise in großer Menge an, die sie dann in ihrer Wohnung aufstapelte und an dritte Personen ver äußerte. Sie hat auf diese Weise innerhalb der letzten drei Jahre nicht weniger als 23 000 Mark (!) auf die Sparkasse zu bringen vermocht. Das in ihrer Wohnung vorgefundene Warenlager repräsentierte einen Wert von 3000 bis 5000 Mark. Zur Fortschaffung dieser Waren brauchte man einen Möbelwagen. Der Gesamtschaden, den die bett. Person dieser Firma zugefügt hat, kann auf 50 000 bis 60 000 Mark beziffert werden. Die ungetreue Verkäuferin kam in Haft und ist bereis in das Amtsgericht abgeliefert. — Kam da ein armer Hausierer mit Stiefelwichse eines Mittags in der vergangenen Woche in Lengenfeld in die dortige Pfarre, um seine Ware anzubieten. Er stieg eine Treppe hoch und machte dort bei dem anwesenden Fräulein ein kleines Geschäft. Er verkaufte eine Schachtel und erhielt überdies eine Portion Mittagessen. Beim Heruntergehen sah der Undankbare in der unteren Hausflur einen Schlüssel hängen. Er nahm ihn und suchte damit die erste Tür zu öffnen. Der Schlüssel paßte, und so gelangte der Mann in das Expeditionszimmer. Hier fand er das Bücherfach des Geldschrankes offen und entdeckte u. a. auch eine kleine Papp schachtel mit dem Erlös für verkaufte Bibeln, 7 Mk. 60 Pfg. Der Eindringling nahm die Schachtel an sich und verschwand damit. Dem Kirchner, der um 2 Uhr kam, mag das Feh len des Geldes recht unangenehm gewesen sein! Der Herr Pfarrer ist mit seiner Gattin auf mehrere Wochen ver reist. Der Fall zeigt wieder, wie man mit dem Verschließen der Türen im Hause nicht vorsichtig genug verfahren kann. Oertttche Angelegenheiten. Niederschlema, 25. Juli. Am Mittwoch v. W. wurde dem Ziegeleiarbeiter Franz Ulirs in der Günther'schen Ziegelei aus einem verschlossenen Handkoffer eine Geldbörse mit 44,50 Inhalt gestohlen. Eine von der zuständigen Polizei vorgenommene Durchsuchung von Effektenstücken einiger des Diebstahls Verdächtiger blieb zunächst ohne Er folg. Am verg. Montag wurde nun die Geldbörse dicht hinter der Ziegelei in Sträuchern versteckt unversehrt wiedergefunden. Jedenfalls hatte der Dieb die Börse vorläufig versteckt, um dieselbe im geeigneten Moment an sich zu nehmen. Wie ver lautet, ist man dem Diebe auf der Spur. Bockau, 25. Juli. In große Aufregung wurden am vergangenen Sonnabend mehrere Einwohner unseres sonst so friedlichen Ortes versetzt. Der bei dem Wirtschaftsbesitzer und Handelsmann Gotthold Ullmann hier wohnhafte Korbmacher Louis Georgi hatte einen Brief erhalten, in welchem derselbe aufgefordert wird, seine Wohnung so schleunigst wie möglich zu verlassen, da das gen. Hausgrundstück in nächster Zeit in Flammen aufgehen werde. Die Bewohner dieses Hauses sind deshalb in großer Besorgnis und selbst, wenn der Brief nur ein schlechter Scherz ist, so dürfte bei event. Ermittelung des Briefschreibers dieser sich unter allen Umständen vor Gericht zu verantworten haben. Schönheide, 25. Juli. Die Tochter der in Schön heide Nr. 1425 wohnenden Witwe Müller, Milda Ella Müller, 12 Jahre alt, wird seit dem 24. dss. Mts. nachmittags 3*/, Uhr vermißt. Das Mädchen ist um gen. Zeit in den Schönheider Staatsforst, Abteilung 50, in der Richtung nach Schnarrtanne gegangen, um Heidelbeeren zu holen und ist noch nicht wieder zurückgekehrt. Alle Nachforschungen sind bis jetzt ohne Erfolg geblieben. Es wird gebeten, über alle Wahrnehmungen über den Verbleib des Mädchens der Gendarmerie in Schönheide sofort Nachricht zu geben. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein Verbrechen vorliegt. — Ein Maurer in Kühnhaide ist 2 Stunden nach dem Genuß eines Pilzgerichtes an Pilzvergiftung schwer er krankt. Der herbeigerufene Arzt konstatierte, daß die Vergif tung schon recht weit vorgeschritten war, doch gelang es ihm das stark gefährdete Leben des unvorsichtigen Pilzsuchers zu retten; immerhin liegt der Mann noch krank darnieder. — Ein mächtiger Feuerschein war am Montag abend in der 10. Stunde nach der Gegend von Elterlein zu sichtbar; er rührte von einem großen Schadenfeuer her, durch welches das Kreißig'sche Wohnhaus bis auf die Grundmauern zerstört wurde. — Gestern früh 7 Uhr 20 Min. ist Ihre Majestät die Königin - Witwe zu einem mehrwöchigen Kurgebrauche nach Bad Reichenhall abgereist. — Nicht weniger als vier neue Elbbrücken wird Dres den im Laufe der Jahre noch erhalten. Zunächst beginnt wahrscheinlich noch in diesem Herbste der Umbau der Augustus- brücke. Es handelt sich lediglich noch um den Abschluß der Verträge mit der Königlichen Staatsregierung betreffend das zum Brückenbau nötige Areal. Der für diesen Brückenbau angesammelte Fonds beziffert sich jetzt auf nahezu vier Millionen Mark. Der nächste Brückenbau über die Elbe dürste derjenige sein, der von der neuen Schlachthofinsel im Großen Osttage hege aus geplant ist. Weiterhin ist eine neue Elbbrücke ge plant, die in der Nähe des Waldschlößchens über den Strom führen und die äußere Neustadt mit der Johannstadt verbin den soll, und die vierte neue Elbbrücke wird diejenige sein, die vom „Linckeschen Bade" aus den Strom Überspannen soll. Nach der Fertigstellung all dieser Brückenbauten würden dann acht Verkehrswege über die Elbe führen. — Die Dresdner Filiale der Deutschen Bank in Drespe« hat an der Waisenhausstraße und Johannesallee sich ein neues Heim geschaffen, das der Stadt Dresden zur größten Zierde gereicht. Angefangen am 13. März 1904, ist der ge waltige aus Sandstein in modern variiertem Barockstyl er baute Bankpalast, dessen Länge 47 Meter, dessen Tiefe 20 Meter und dessen Höhe 17, bezw. 20 Meter beträgt, jetzt soweit vollendet, daß das Beamtenpersonal der Deutschen Bank mrnmehr Mitte nächsten Monats seinen Einzug halten kann und die Geschäftsräume dem Publikum eröffnet werden können. — Die anonymen Briefe der Frau Martha Kracht in Lemgo werden am Donnerstag nun auch, den Fxriensenat des Reichs gerichts in Leipzig unter dem Vorsitz des Reichsgerichtsra tes Dietz beschäftigen. Bekanntlich wurde nach 17tägiger Verhandlung die Frau des Fabrikanten Paul Kracht in Lemgo vom Schwurgericht Detmold am 8. April wegen Meineids in zwei Fällen und wegen Beleidigung zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus verurteilt. Der mitangeklagte Ehemann Paul Kracht wurde freigesprochen. Jahrelang waren durch die von der Angeklagten versandten Schreiben eine Reihe von Per sonen beleidigt, und in einem früheren Verfahren, wo sich der Verdacht der Täterschaft gegen eine andere Person richtete, hat die Angeklagte im Jahre 1898 vor dem Schöffengericht in Hohenhausen die ihr zur Last gelegten Meineide geleistet. — Ein 24 Jahre alter, schon vorbestrafter Zuhälter aus Schles wig wurde in Leipzig von der Kriminalpolizei ausgemittelt und zur Haft gebracht. Er wird dringend verdächtigt, in Gemeinschaft mit noch einer nicht ermittelten Mannes- und einer Frauens person einem Deutsch-Amerikaner einen Geldbetrag von 1200 Mark gelegentlich eines Zusammenseins gestohlen zu haben. — Ein bedauerlicher Unfall mit tödlichem Ausgange trug sich Sonntag nachmittag in der Querstraße zu Leipzig-Eutritzsch zu. Der 6 Jahre alte Sohn des in besagter Straße wohn haften Tischlermeisters Wenzel ließ aus einem Fenster der elterlichen Wohnung einen Drachen steigen, wobei er sich zu weit über das Fenster legte und dabei aus der dritten Etage in den Hof abstürzte. Der Knabe blieb auf der Stelle tot liegen. — In L -Gohtts fand am Montag eine Gasexplosion statt, wobei ein Versicherungsinspektor Brandwunden im Gesicht, an der Brust und den Händen davongettagen hat. Er war erst am genannten Tage in diese Wohnung eingezogen und ließ in dieser eine Gasleitung anbringen. Beim Ableuchten der Lei tung erfolgte eine heftige Explosion. Alle Gegenstände wurden zertrümmert und die Decke stürzte teilweise ein. Der schwerverletzte Versicherungsinspektor fand Aufnahme im Stadtkrankenhause. — Eine schwere Karambolage gab es Sonntag abend hinter der Elbbrücke in Riesa zwischen einem Krümpergeschirre des jetzt in Zeithain liegenden Ulanenregiments Nr. 18 und dem Geschirr des Gutsbesitzers Kunze aus Lessa. In der Finster nis rannten die im Trabe fahrenden Geschirre so ineinander, daß die Deichsel des Krümpergeschirrs dem Pferde Kunzes so durch die Brust fuhr, daß sie an der Hinteren Seite wieder herauskam. Das sofort getötete Pferd, dem die Deichsel im Leibe zerbrach, hatte ca. 1000 Mark Wert. Wer schuld an dem Unglück ist, ist noch nicht aufgeklärt. — Das 9. Bundesfest des Sächsischen Keglerbundes in Meitze« hat bisher einen allgemein befriedigenden Verlauf genommen. Die Beteiligung ist stark. Am Begrüßungskommers nahm ein großer Teil des Ratskollegiums teil. Der Festzug bot ein buntes, abwechselungsreiches Bild. Der Festplatz war außerordentlich stark besucht. — Einem äußerst ehrenvollen Rufe hat der Professor vr. Beck von der Bergakademie in Nreiberg Folge geleistet, in- dem er eine Reise nach Südafrika angetreten und sich zunächst nach London begeben hat, um sich dann in Southampton ein- »uschiffen. Er ist von der König!, britischen geologischen Ge sellschaft aufgefordert worden, an einer von dieser Körper schaft veranstalteten wissenschaftlichen Exkursion teilzunehmen, welche sich über die Goldfelder Transvaals, die Diamanten lagerstätten von Kimberley nach Britisch Betschuanaland und wrro a, Zambesia erstrecken soll. Die Reise wird ca. 2*/, Monate dauern.' versetzt. — Am Montag nachmittag 5 Uhr wurde beim Rangieren des Eilgüterzuges Nr. 6051 auf Bahnhof Ara«ke«ftet» der Stationsarbeiter Lehmann überfabren und schwerverletzt; er wurde mit bezeichnetem Zuge in das Krankenhaus nach Freiberg befördert. — Eine Reichsbeihilfe von 3000 M. rst auch für das laufende Jahr wieder der „Deut werden dürfen; 2. die Weidezerechtigkeit für Renntiere der schwedischen Lappländer im nördlichen Norwegen wird festge legt: 3. der Transithandel durch beide Länder wird gegen Behinderungen oder unbillige Erschwerungen gesichert; 4 die vertragsmäßige Rechtsstellung Schwedens gegenüber den frem den Mächten muß klargestellt werden, sodaß namentlich die vollständige Freiheit Schwedens von einer Verantwortlich keit für Norwegen gegenüber anderen Staaten unzweifelhaft wird. Der Ausschuß hält ein Schiedsgerichtsabkommen mit Norwegen sür wünschenswert, aber hinsichtlich der Frage der Auflösung der Union nicht für notwendig. Der Ausschuß schlägt vor, daS Reichsschuldenkontor zu ermächtigen, durch Inanspruchnahme eines Kredits oder Aufnahme einer Anleihe 100 Millionen Kronen aufzubringen, welche durch Reichstags, beschluß für Veranstaltungen verfügbar gemacht werden kön nen, die durch die Verhältnisse etwa erforderlich werden und die Zusammenberufung des außerordentlichen Reichstags ver anlaßten. Der Ausschuß erklärt schließlich mit Bezug auf die etwaigen Verhandlungen mit Norwegen: Mit Kraft und Bestimmtheit muh hierbei alles, was die Rücksicht auf die Wohlfahrt und Würde Schwedens fordert, als Bedingung für Aufhebung der Reichsakte durch Schweden und für ine Aner- kennung Norwegens gefordert und festgehalten werden. England. London, 25. Juli Oberhaus. In Beantwortung einer Anfrage, betreffend den Verkauf der Whitworth-Kohlen- selber, wiederholt der Minister des Aeußeren, Marquis of Lansdowne, die schon früher gegebene Auskunft mit dem Hin zufügen, daß die Regierung in Erfahrung gebracht habe, die kn Whitworth geförderte Kohle sei minderwertig. Durch den Ankauf werde die ausreichende Versorgung der britischen Ma- rine mit wallisischer Kohle nicht berührt. London, 25. Juli. Unterhaus. Bei Eröffnung der Sitzung ist das Haus wieder voll besetzt; es herrscht auf allen Seiten große Erregung. Als das Haus die Diskussion über das irische Budget wieder aufnimmt, stellt Winston Churchill (liberal) sofort den Anttag, dieselbe zu vertagen und erklärt unter Aeußerungen des Widerspruches seitens der Ministeriellen, sein Anttag sei angesichts der außergewöhnlichen Lage, in welche das Haus gebracht sei und angesichts der Tatsache gerechtfertigt, daß noch kein Vertrauensvotum für die Regier ung angenommen sei. Während Churchill spricht, machen sich mehrere Ministerielle über seine stotternde Sprechweise lustig. Sofort erhebt sich ein Sturm der Entrüstung auf den Bänken der Opposition, deren Mitglieder rufen: „Schämt Euch, werft die Lumpen hinaus!" Schließlich wird die Ordnung wieder hergestellt. Der Vizesprecher lehnt es sodann ab, den Anttag Churchill zur Abstimmung zu bringen, weil er der Geschäfts ordnung widerspreche. Herauf wird das Budget weiter beraten. Rutzland. Petersburg, 25. Juli. Aus Nowotscherkask wird gemeldet: In sechs dänischen Kosakenregimentern, deren Mo bilisierung soeben beendet ist, herrscht großer Aufruhr. Sie weigern sich, Polizeidienste im Innern des Landes zu leisten, was sie als eine des Soldaten unwürdige Schmach hinstellen. Lines jener Regimenter, das in voller Kriegsausrüstung und n vollem Bestände zusammengetreten war, sandte an den kosakenhetman ein Telegramm, worin Offiziere wie Mann- chaften den Dienst im Innern des Reiches ablehnen, dagegen ich bereit erklären, ihr Leben im Kriege im fernen Osten ederzeit in die Schanze zu schlagen. Das Telegramm wurde ofort dem Kriegsminister übersandt, der den Befehl erteilte, >ie Ruhe im Regiment unverzüglich wieder herzustellen. Türkei. — Der „L.A." berichtet aus Konstantinopel: Ueber die Urheberschaft des Bombenattentats herrscht weiter völliges Dunkel, doch läßt alles darauf schließen, daß der Täter in türkischen Kreisen zu suchen ist, während die türkische Unter suchungskommission bemüht ist, Beweise für die Behauptung zu finden, das Attentat sei auf Bulgaren zurückzuführen. Ein türkischer Geistlicher, der zuerst als tot fortgettagen worden war, kam Sonnabend mittag wieder zum Bewußtsein. Er sagte, er habe in seiner Nähe einen jungen Mann mit einem Strohhut gesehen, der sich mit einem Korbe beschäftigte. In diesem Augenblick sei die furchtbare Explosion erfolgt, und er habe die Besinnung verloren. Die Gerüchte von der Ver wundung deutscher Offiziere sind unbegründet, dagegen stürzte ein türkischer Adjutant des Sultans verwundet zusammen, der zwischen den deutschen Instruktoren Ruedgisch - Pascha und Fleischer-Pascha stand. Im ganzen wurden im Moscheenhof in unmittelbarer Nähe des Sultans vier Personen getötet, der Erzieher von dessen ältestem Sohne Prinzen Selim, ein Geistlicher und zwei Offiziere. Dem Grafen Szechenyi-Pascha fiel ein großes blutiges Fleischstück auf die weiße Uniform. Bestätigt wird, daß mehrere Schüsse aus Gewehren und Re volvern abgegeben wurden. Ein Offizier riß einem feuernden Albanesen das Gewehr aus der Hand. Im Augenblicke des Attentats umgaben den Sultan sofort der Kriegsminister Riza-Pascha, Zekki-Pascha und der Marineminister Djelal- Pascha. Sie wollten ihn in die Moschee zurücknötigen; je doch der Herrscher antwortete: „Lassen Sie mich, kümmern Sie sich um die Verwundeten." Die Anzahl der Toten und Verwundeten stellt sich bedeutend höher als offiziell gesagt. Die Leichenteile wurden sofort gesammelt und in kleinen Sandkarren fortgeschafft. Den Aerzten gelang es, fünfund zwanzig Leichen zusammenzusetzen; alle übrigen Fleischteile blieben unkenntlich. Die Teile der zerrissenen Pferde wurden gesammelt und in den Bosporus geworfen. Fünfundsechzig Schwerverwundete liegen in den Krankenhäusern beim Jildiz Eine halbe Stunde nach dem Attentat war alles aufgeräumt und gereinigt, jeder Zutritt wurde abgesperrt. Konstantinopel, 25. Juli. Im Mdiz behauptet man, das Attentat sei durch einen zugereisten Fremden mit tels einer Höllenmaschine von einem Wagen aus ausgeführt worden und der Attentäter sei durch die vorzeitige Explosion selbst umgekommen. Dem steht eine andere sehr verbreitete Version gegenüber, wonach man tagelang vorher von dem geplanten Anschläge benachrichtigt worden sei und die Um gebung des Palais abgesucht hätte. Es ist höchst wahrschein lich, daß das Attentat gar nicht auf den Sultan persönlich gerichtet war, sondern daß es nur eine Warnung an die Adresse der verantwortlichen Ratgeber sein sollte. Amerika. Washington, 25. Juli. Der deutsche Geschäftsträger Botschaftsrat Freiherr von dem BuSsche-Haddenhausen über-
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