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HANS PFITZNER Geboren am 5. Mai 1869 in Moskau. Sohn deutscher Eltern. Studierte in Frankfurt a. M., wo sein Vater Geiger und Musik direktor am Stadttheater war, am Hochschen Konservato rium. Nach kurzer Lehrtätigkeit in Koblenz Kapellmeister in Mainz, später Lehrer und Kapellmeister in Berlin. 1907 leitete er die Münchner Kaimkonzerte, 1908 wurde er städtischer Musikdirektor, Direktor des Konservatoriums und Leiter der Oper in Straßburg, dessen Musikleben bis 1916 von ihm beherrscht wurde. Hier erhielt er auch den Titel eines Dr. h.c. und wurde zum Professor ernannt. Von 1920 bis 1929 war er Leiter einer Meisterklasse für Komposition an der Berliner Akademie, deren Mitglied er 1919 wurde. Seit 1930 Professor an der Münchner Akademie der Tonkunst, doch vielfach auf Gastspielreisen. Denn Pfitzner ist eine der vielseitigsten Persönlichkeiten, die die Musikgeschichte kennt. Gleich groß als Komponist wie als Schriftsteller, als Dirigent wie als Regisseur, als Herausgeber wie als Bearbeiter ist er in seiner bewußten und ausgeprägten Deutschheit gerade für die heutige Zeit unentbehrlich. Aus seinem umfassenden Schaffen können nur die Haupt werke angegeben werden. Sie sind überdies dem Musikfreund und erst recht jedem Musiker geläufig und vertraut und außerdem in Dresden vielfach aufgeführt worden. Pfitzner schrieb die Opern „Der arme Heinrich“, „Die Kose vom Liebesgarten“, „Palestrina“, „Das Christelflein“ und „Das Herz“. Musik zu den Schauspielen „Fest auf Solhaug“ (Ibsen) und „Käthchen von Heilbronn“ (Kleist). An Chor werken seien die bedeutenden, „Von deutscher Seele“ und „Das dunkle Reich“ genannt. Viele Gesänge und Lieder, zum Teil mit Orchesterbegleitung. Für Orchester schrieb er: Scherzo, Sinfonie cis-Moll (Bearbeitung des 2. Streichquar tetts), außerdem Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur, Konzert für Violine und Orchester h-Moll, Konzert für Cello und Orchester in G-Dur, und — sein letztes Werk ein Duo für Geige und Cello mit Kammerorchester- oder Klavier begleitung. An Instrumentalwerken noch: Cello-Sonate in fis-Moll, Klaviertrio F-Dur, Streichquartett in D-Dur, Klavierquintett C-Dur, Sonate für Violine und Klavier e-Moll. Dazu die Bearbeitungen, z. B. von E. T. A. Hoff manns „Undine“, von Marschners Opern (Inszenierung des „Hans Ileiling“ in Dresden!) und die theoretischen Schriften, die in drei Bänden gesammelt erschienen sind. Dazu viele Aufsätze in Zeitungen und Zeitschriften, z. B. über die Dresdner „Ring“-Inszenierung. In dem Konzert für Klavier und Orchester in Es-Dur, das als Opus 3.1 im Jahre 1922 entstanden ist, sind Klavier und Orchester nahezu gleichberechtigt. Die vier Sätze gehen, thematisch verbunden, ineinander über. Der erste Satz ist von einem „pomphaft, mit Kraft und Schwung“ einsetzenden Thema beherrscht, wobei schon gleich nach der Aufstellung des Themas Durchführungs-Elemente auftauchen, die be sagen, daß Pfitzner sich nicht streng an das Schema der klassisch-romantischen Sonatenform hält. Doch folgt dann ein regelrechtes „zweites Thema“, in h-Moll, stark gegen sätzlich zum ersten, „sehr empfindungsvoll, schwer und ernst“. Der zweite Satz ist mit seinen Jagdklängen vielleicht am stärksten „romantisch“ gefärbt. Der dritte Satz beginnt, „äußerst ruhig, versonnen, schwärmerisch“, das eigentliche Thema wird vom Horn angestimmt — dies ist nun der spezifisch Pfitznersche Teil, der uns an den „Palestrina“ erinnert. Ein von den Blechbläsern intonierter choralartiger Übergang führt zum Schlußsatz, der in einer „Kadenz in Fugenform“ gipfelt, ungemein launig abläuft und mit fest lichen Tönen ausklingt.