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ENNIO PO R RI NO Geboren 1910 in Cagliari. Studierte in Rom Komposition bei Cesare Dobici, der mit Kirchenmusik, aber auch mit einer Oper („Cola di Rienzo“) und einem Kontrapunktlehrbuch hervorgetreten ist, bei Giuseppe Mule, der eine Reihe von Orchesterwerken, Opern und Schauspielmusiken geschrieben hat, und bei dem bekannten italienischen Komponisten Respighi. An Werken sind zu nennen: Zwei sinfonische Dichtungen, „Tartarin de Tarascon“, für die er den ersten Preis bei einem Preisausschreiben der Königlichen Akademie S. Cecilia erhielt, und „Sardegna“; zwei dreistimmige Chöre, die im dritten Nationalwettbewerb für Jugendgesang im Jahre 1928 ausgezeichnet wurden; ein Werk „Tracca“ erhielt den ersten Preis der „Sonntagszeitung“. Auch Vokalmusik, darunter zehn Lieder im sardischen Stil, liegt vor. Die Uraufführung von „Tartarin de Tarascon“ fand am 30. April 1933 in Boni (Augusteum) unter Leitung von Molinari statt. Die Ouvertüre „Tartarin de Tarascon“, die im Jahre 1934 gedruckt wurde, würde man besser als „sinfonische Dichtung“ bezeichnen. Denn sie ist nichts anderes als die Orchesterwerke von Richard Strauß, den Porrino an Natu ralismus fast noch übertrifft. Des Deutschen halb ironische, halb ernsthafte Apotheose von Gestalten wie Till Eulen spiegel und Don Quixote hat sichtlich Pate gestanden, der Idee wie der Technik nach. Wenn jemand in Dresden noch nicht wüßte: „Was ist Programmusik?“, dann könnte man es ihm an diesem Stück klarmachen. Porrino greift darin die von Alphonse Daudet geschaffene Type des provenzalischen Volkslebens, Herrn Tartarin aus Tarascon, eine Gestalt der Weltliteratur, auf und trägt ein Weiteres zu ihrer Unsterblichkeit bei. Im ersten Teil („Tarascon“) wird mit geistreichem Humor die Kleinstadt geschildert. Eine aufgeregte Welt am Sonntag morgen. Das gackert durcheinander wie eine Hühnerschar ( Quintoien der Holzbläser). Dann erscheint im zweiten Teil („Tartarin“) der Held des Tages, der sich auf die Löwenjagd begibt. Sehr komisch muß er aussehen, seinem von der so rui nierten Trompete im ungewöhnlichen 7 / 8 -Takt angestimmten Thema nach. Gleich kichert die Oboe spöttisch dazu, und auch der Lachchor der Streicher läßt nicht auf sich warten. Doch stolz schifft er sich ein, die beiden Oboen, die 1. und 2. Trompete rufen ihm das Abschiedssignal nach. Stille wird’s. Weg ist er. Das Kontrafagott meldet seine Ankunft in Algier und mit kräftigem Schwung stürzen wir uns in das Abenteuer des nächsten Teiles: „Die Löwenjagd.“ Wir hören mit der aufgeregten Phantasie Herrn Tartarins den wilden Leu brüllen (Tuba und Kontrafagott), der Wackere drückt los, doch ach, es war nur ein Esel. Hört ihr sein klägliches Iah (ein raffinierter Trick: das E der ersten Geigen und der darauf folgende am Steg gespielte „Akkord“ der übrigen Streicher)? Und dann haucht er sein Leben aus. O Tartarin von Tarascon! Er tröstet sich im nächsten Teil mit einem „Liebesabenteuer“, das leicht orientalisch gefärbt ist. Im letzten Teil („Tarascon“) kehrt er nach Tarascon zurück. Da ist noch alles, wie es war (Wiederholung des Anfangs), mit freudigen Fanfaren wird der Held begrüßt, das Nest hat wieder etwas zu schwatzen. Herr Tartarin erzählt, wie es nicht war, seine Abenteuer bei der Jagd und in aer Liebe (Anklänge an die diesbezüglichen Themen), die Zuhörer sind überglücklich und jubeln dem Helden, dem Aufschneider zu.