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Gnglifche Treibereien gegen dte deutsche Marokko» Politik. In dem Moment, da die Verständigung zwischen Frank reich und Deutschland über die marokkanische Frage so gut wie gesichert erscheint, beginnt in England ein neuer Feldzug gegen uns mit der offenbaren Absicht, die unleugbar inter nationale Spannung zu erhalten und zu verschärfen. Dabei wird mit Voraussetzungen gearbeitet, die schon hundertmal als hinfällig erwiesen worden sind, die aber immer wieder dazu verhalten müssen, Mißtrauen in die politischen Ziele der deut schen Regierung wachzurufen. Ein Telegramm des L. A. auS London meldet hierüber: Unter völliger Aufgabe ihrer der deutschen Marokkopolitik bis her durchweg freundlichen Haltung veröffentlicht die Morning Post, daS einzige unabhängige konservative Morgenblatt, heute an leitender Stelle einen anderthalb Spalten langen, „I'orsixo observor« unterzeichneten Brief, worin unter der Ueberschrift „Deutschland, Frankreich und Großbritannien" Deutschland bezichtigt wird, die marokkanische Frage lediglich deshalb aufgerollt zu haben, um einen Hebel zu gewinnen, mit dem es sich an die Spitze der europäischen Mächte schwingen will. Frankreich und England sollen getrennt und nacheinander gedemütiat werden. Die Morning Post stimmt dieser Auffassung, die bisher nur in der hiesigen butter press (Rinnsteinpresse) vertreten wurde, heute voll kommen bei und schreibt: „An alledem kann der Hauptsache nach kein Zweifel sein, auch England wird in einer nicht fernen Zukunft herausgefordert werden, seine Existenzberech tigung wird angegriffen werden von dem Herrn so vieler Bataillone, dessen Flotte schon heute stark ist und manche un erwartete Verstärkung erhalten kann. Die Wahrheit ist, daß dieser Kampf um unsere nationale Existenz der nächste ist, den die geschichtliche Entwicklung uns vorbe hält. Mit unserem gegenwärtigen politischen System können wir ihn unmöglich gewinnen. Die Frage, ob das britische Reich stehen oder fallen soll, wird, so fährt das Blatt mit einer Variante des Bismarckschen Wortes fort, „nicht mit Stimmzetteln entschieden werden, sondern mit Flintenkugeln und Granaten". Der Artikel schließt: „Rüsten oder nicht rüsten, das ist jetzt die Frage." Unverkennbar spielen in diese Argumentation auch Er wägungen der britischen Parteipolitik mit hinein, so daß man die erregten Auslassungen des konservativen Blattes hierzu lande wohl nicht allzu tragisch zu nehmen braucht. Bedauer lich aber bleibt es auf alle Fälle, daß in so kritischen Zeiten wie der gegenwärtigen die heikelsten Fragen der auswärtigen Politik dazu herhalten müssen, um die Volksstimmung in England im Sinne der Erhaltung der gegenwärtigen Regie rungsmehrheit zu beeinflussen. Erfreulicherweise findet der deutsche Standpunkt in den Vereinigten Staaten eine gerechtere Würdigung, als es bis jetzt wenigstens in England der Fall zu sein scheint. Es wird hierüber heute telegraphisch berichtet: Die Marokko- Frage hat Depeschen aus Washington zufolge das Interesse an den Friedensbemühungen zurückgedrängt, seit Kaiser Wil helm die dortige Regierung mit jener Frage befaßt hat. Die Union wird der „Times" zufolge jedenfalls keine deutschfeindliche Haltung einnehmen, zumal Baron Speck die Legitimität der deutschen Ziele in einer Mitteilung über jeden möglichen Zweifel erhoben hat, die dem Standard folgermaßen übermittelt wird: Die Politik des Kaisers ist in keiner Weise aggressiv; Deutschland besteht lediglich auf seinen Vertragsrechten, die der Artikel 17 der Madrider Kon vention für alle Signatarmächte ohne Unterschied schützt; Deutschland bezweckt weder Gebietserwerb noch die Erlangung von Vorzugsrechten, verweigert jedoch die Anerkennung von oder die Teilnahme an Abmachungen, welche die Etablierung spezieller Jnteressen-Sphären einschließen: in Marokkv'wie in China vertritt Deutschland das Prinzip der offenen Tür und die Erhaltung des status guo. Die englische Regierung wird vielleicht, wenn erst Herr Rouvier die Teilnahme an der Marokko-Konferenz definitiv zugesagt hat, auch ihrerseits in diesem Sinne Stellung nehmen, selbst wenn sie dieser Schritt einige Ueberwindung kosten sollte. Von Paris dürfte es jedenfalls an Bemühungen, sie in dieser Richtung zu beeinflussen, nicht fehlen. In Frank reich selbst wird die Lage jetzt offenbar viel ruhiger aufgefaßt, als zum Schluß der vorigen Woche. Aus Paris, 19. Juni, kommt folgende Meldung: Der ehemalige Berliner Botschafter Marquis de Noailles, der un mittelbare Vorgänger Bihourds, stellte sich bereitwillig zu Rouviers Verfügung, um über die Periode, in welcher zwischen Berlin und Paris gewisse, zur besseren Beurteilung der gegen wärtigen Situation wichtige Fragen erörtert wurden, nähere Auskunft zu geben. Für Rouvier, welcher den gegen wärtigen Anlaß wahrnimmt, um die deutsch-franzö sischen Beziehungen überhaupt freundlicher zu gestalten, mögen Noailles Aufklärungen wertvoll erscheinen. Zum Chef seines Sekretariats wählte Rouvier Herrn Combalat, welcher mit der Geschichte der deutsch-fran zösischen Beziehungen vollkommen vertraut ist. In der Absicht, die Unterhandlungen zwischen Radolin und Rouvier zu stören, verbreiten des Ministers politische Gegner durch die Livre Parole ein die Tangerer Konferenz betreffendes Phantasie programm, welches von Deutschland dekretiert, von Rouvier unverändert angenommen sei. Demgegenüber ist hervorzu heben, daß die Feststellung dieses Programmes zu gegebener Zeit im diplomatischen Wege, den Wünschen aller Interessenten Rechnung tragend, erfolgen soll, nachdem vorerst zwischen Deutschland und Frankreich volle Einigung über die auszuschaltenden Angelegenheiten erzielt sein wird. Tagesgeschichte. Deutschland. Berlin, 19. Juni. Der „Reichsanzeiger" veröffent licht die Erhebung des Reichskanzlers Grafen v. Bülow in den Fürstenstand mit dem Prädikat „Durchlaucht". Der „Reichsanzeiger" meldet ferner: Der Kaiser verlieh dem Ge neraldirektor der Hamburg-Amerika-Linie Ballin den Stern zum Kronenorden 2. Klaffe, dem Präsidenten der Akademie der Wissenschaften zu München Professor von Heigel den Kronenorden 2. Klasse mit dem Stern und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Hamburg - Amerika - Linie Tietgen den Kronenorden 2. Klasse. — Der Reichsanzeiger veröffentlicht weiter einen Nachruf für Wissmann, worin es nach Schilde rung de- LebenSgangeS des Verstorbenen heißt, Wissmann habe sich sowohl als Forscher, wie auf kolonialem Gebiete ganz hervorragende Verdienste erworben. Mit der Entwick lung Deutsch-OstafrikaS wird der Name Wissmann stets aufs engste verknüpft bleiben. Berlin, 19. Juni. Reichskanzler Fürst Bülow wird sich nach Köln begeben, um morgen an der dort stattfinden den Beisetzung des Majors v. Wissmann teilzunehmen. Berlin, 19. Juni. Ein Telegramm auS Windhuk meldet: Reiter , Johann Walter, früher Pionier-Bataillon 18, am 12. beim Überfall eines Ochsenwagens gefallen; die Rei ter Konrad Arnold, früher 1. Garde-Regiment zu Fuß, und Albert Kiewill, früher Grenadier-Regiment Nr. 1, entfernten sich am 13. d. M. ohne Wissen des Führers von der Kolonne und wurden am 14. d. M. ermordet aufgefunden. Stuttgart, 19. Juni. In der heutigen Sitzung der Kammer der Standesherren erklärte der Minister des Aeutzeren Freiherr von Soden, daß die Verhandlungen über eine Be triebsmittelgemeinschaft in erfreulichem Fort schreiten begriffen seien und über kurz oder lang eine Ver» ständigung erzielt werden dürfte. Vielleicht werde die Ge meinschaft bereits im Oktober 1906 in Kraft treten können. Baden-Baden, 19. Juni. Der König von Sachsen unternahm heute früh eine Rehpüriche. Nachmittags besuchte Se. Majestät mit dengroßherzoglichen HerrschaftenoasSchloß Eberstein. Oesterreich. — Das ungarische Amtsblatt veröffentlicht ein kaiserliches Handschreiben, durch welches Ministerpräsident Graf Tisza sowie die Mitglieder seines Kabinetts unter Anerkennung ihrer treuen und eifrigen Dienste vom Amt enthoben werden. In einem Handschreiben an Tisza wird diesem noch besonders der Dank des Monarchen für seine mit voller Hingebung geleisteten treuen Dienste ausgesprochen. Sodann wird Fejer- vary zum Ministerpräsidenten ernannt und gleichzeitig mit der provisorischen Leitung des Finanzministeriums und des Ministeriums a lutere betraut. Gleichzeitig werden die politischen Staatssekretäre der Ministerien entlassen, ohne daß neue Staatssekretäre ernannt worden sind. Pest, 19. Juni. Graf Zlpponyi erklärte in einem Interview bezüglich des königlichen Handschreibens an den Ministerpräsidenten Baron Fejervary, es erschwere eher die Lage, statt sie zu erleichtern. Aus dem Handschreiben gehe hervor, daß es an entscheidender Stelle gleichgültig sei, wer Ministerpräsident sei, ob Kussuth oder Graf Tisza, wenn nur der Ministerpräsident stets und ausschließlich den Willen der Krone vertrete. Das sei ein Scheinkonstitutionalismus, nicht wirkliche Verfassungsmäßigkeit. Franz Kossuth bemerkte über das Handschreiben, es zeuge von dem Wohlwollen, welches die Krone für Ungarn hege, doch gehe gleichzeitig aus demselben hervor, daß die Krone im Banne gewisser traditioneller Vor urteile sei, welche die Lösung d r Krisis hinderten. Schweden. Stockholm, 19. Juni. Der König nahm heute an läßlich seines 60jährigen Offizierjubiläums die Glückwünsche der Generale unter Führung des Kriegsministers und der Admirale unter Führung des Marineministers entgegen. Der König dankte tiefbewegt. Die außerordentliche Tagung des Reichstages wird am 21. Juni feierlich eröffnet werden. Norwegen. Christiani«, 19. Juni. Das Storthing nahm heute nachmittag die Antwort auf den Brief Königs Oskar an das Storthing und das norwegische Volk an. Die Antwort wird morgen mormittag veröffentlicht werden. Frankreich. Paris, 19. Juni. Frankreichs Standpunkt im Ma rokkostreit ist jetzt vollkommen geklärt. Rouvier ist grundsätzlich nicht länger abgeneigt, eine Konferenz zu beschicken. Er übernimmt es auch, die Mächte, mit denen Frankreich Abkommen über Marokko ge troffen hat, also in erster Linie England, zur An nahme der Konferenzeinladung zu bestimmen. Nur will er, daß vorher genau bestimmt werbe, welche Punkte Deutschland zur Erörterung zu stelle« wünsche und welche Forderungen es erhebt. Im Falle vorheriger sachlicher Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich hätte die Konferenz in der Hauptsache nur die besonderen Abmachungen zwischen die sen beiden Mächten zu bestätigen. Spanien. Madrid, 19. Juni. Prinz Don Carlos und der Jn- fant Alfons von Orleans unternahmen einen Spazierritt in die Umgegend von Tardo. Der Jnfant verlor sich auf einem Nebenwege im Gebirge und wurde nach zwei Stunden tot aufge'unden. Rußland. Petersburg, 19. Juni. Der Kaiser empfing in Peterhof die Abordnung des Moskauer Semstwokongresses. Der Bürgermeister und Vertre ter von Petersburg, Trubetzkoi, legte in einer halbstündigen Ansprache an den Kaiser die schwere Lage Rußlands dar, welche die Semstwos zwang, sich an den Kaiser direkt zu wenden. Die Ansprache machte einen tiefen Eindruck auf den Kaiser. Danach sprach Fedorow als zweiter Vertreter Peters burgs. Der Kaiser drückte in einer längeren Rede sein Be dauern über die ungeheuren Opfer des Krieges aus, beson ders der letzten Seeniederlage und schloß mit Dank für die ausgesprochenen Wünsche und die Zusicherung, bei der Durch führung der neuen Ordnung mitzuhelfen. „Der Wille des Kaisers, eine Nationalversammlung einzube rufen, ist unerschütterlich, das können Sie schon heute den Bewohnern des Landes und der Städte verkünden. Sie werden Mich bei diesem Werk unterstützen!" Die Dele gierten gewannen von dem Empfang einen guten Eindruck. Auch der Kaiser war befriedigt. Petersburg, 19. Juni. In Kraßnoje-Selo versam melten sich am 15. d. M. einige hundert Offiziere zu einer Beratung über die Lage, welche die Armee in letzter Zeit in der Gesellschaft einnimmt. Während der Beratung erschien General Rehbinder, der Gehilfe des Chefkommandanten des Petersburger Militärbezirks, Großfürsten Wladimir, und ver- langte die sofortige Auflösung der Versammlung, welche un gesetzmäßig sei. Herauf trat eine Gruppe von Offizieren vor und erklärte, sie seien alle treue Untertanen ihres Kaisers, könnten aber nicht weiter die Rolle von Polizeisoldaten spie len, welche ihnen seit einigen Monaten aufgedrungen sei. Diese Rolle trenne sie vollständig von der Gesellschaft, welcher gegenüber sie eine Art Henkerrolle hätten. General Rehbindrr verlangte trotzdem, daß die Versammlung ouseinandergehe, und versprach, in naher Zukunft eine gesetzmäßige Versamm lung einzuberufen. Petersburg, 19. Juni. Berichte aus dem Gouver nement Mohilew bestätigen die Ausbreitung der Bauernun- ruhen. Nach Prebestin wurden Dragoner, nach Katjusan Kosaken zur Unterdrückung der Bewegung geschickt. In mili tärischen Kreisen erachtet man dieses Herumhetzen des Militärs zur Unterdrückung der inneren Unruhen als schließlich gefähr lich für den Zusammenhalt der Truppen. Marsch an, 19. Juni. Die Gährung dauert fort. Gestern abend wurde in der Vorstadt Praga ein Schutzmann durch einen Revolverschuß schwer verwundet und Heutern der Krochmalnastraße ein Oberschutzmann durch einen Revolver schuß getötet. Größere Unruhen fanden in der Vorstadt Ozorkow statt. An 1000 Arbeiter veranstalteten Exzesse, wobei es zu einem Zusammenstoß mit Kosaken kam. Auf beiden Selten wurden mehrere Personen verwundet. Lodz, 19. Juni. Am gestrigen Sonntag marschierten 2000 Personen, darunter Juden, mit Fahnen und unter Ge sang von der Kirche in dem Nachbarorte Lagiewniki nach Lodz. An der Stadtgrenze wurde ihnen vom Militär der Weg ge sperrt. Kavallerie gab aus ihren Karabinern mehrere Salven, ab. 38 Personen sind tot oder verwundet. Heute fanden neue Unruhen statt. Amerika. Newyork, 19. Juni. Der 69jährige cubanische Frei heitsheld Gomez ist nach einer Operation an Brand gestorben, an demselben Tage, an dem die cubanische Regierung ihm ein Ehrengeschenk von 100 000 Dollar anwies. A«S Sachse«. — Zwei gefährliche Wilddiebe sind am Sonntag auf Aller-» dorfer Staatsforstrevier bei Radeberg in ÜLAranti ertappt und festgenommen worden. Schon seit langer Zeit wurde in der Dresdner Heide angeschossenes Wild aufgefunden. Es gelang aber nicht, die Wilddiebe zu überraschen. Am Don nerstag fiel abermals in der Dresdner Heide ein Schuß. Sonntag früh postierten sich in der Nähe dieser Stelle För sterkandidat Seibt und Witdwärler Angermann aus Ullers dorf. Sie waren der Ueberzeugung, daß die Wilddiebe mit dem Wechsel des Wildes rechnen und wiederkommen würden. Man faßte den wegen Wilddieberei bereits schwer vorbestraften Strumpfwirker Beutel, als er mit scharf geladenem Gewehr pirschte. Ein Begleiter floh. Beutel wurde nach harter Gegenwehr gebunden und dem Königlichen Amtsgericht Radeberg zugeführt. Sein Begleiter, Glasschneider Oswald Kretzschmar, wurde später ebenfalls verhaftet und nach Dresden abgeliefert. — Das Bad-Hotel in Tharandt ist für 99 000 aus dem Besitz des Rechtsanwalts Dr. Julius Bondi, der es im Dezember 1904 in der gerichtlichen Subhastation erstand, in das Eigentum der Stadt Tharandt übergegangen. Die Stadt wird das Bad renovieren und weiter in Betrieb erhalten. — Von einem Bullen aufgespießt wurde am Sonntag früh in Gersdorf bei Roßwein der Oberschweizer Beer, als Flei scher damit beschäftigt waren, den Bullen aus dem Stall herauszuführen. Dem bedauernswerten Mann wurde eine Rippe gebrochen unk die Lunge verletzt; derselbe ist verheira tet und Vater von 3 Kmdcrn. — Am Sonnabend nachmittag ereignete sich in Marbach ein Unglücksfall. Schieferdecker- meister D. Spindler mit seinem Sohn und einem Gehilfen waren mit den Deckungsarbeiten einer neuerbauten Scheune beschäftigt. Infolge Bruchs eines Brettes des Gerüstes stürzten dieselben aus einer Höhe von 7 Meter herab. Spindler erlitt eine Rückgratsverletzung mit Lähmung, der Gehilfe einen Oberschenkel bruch, während der Sohn einige Hautabschürfungen davontrug.. — Aus Waldenburg wird geichrieben: Die Kandidaten frage der Ordnungsparteien für die Landtagswahlen im 14. städtischen Landtagswahlkreis (Waldenburg, Limbach, Hohenstein-Ernstthal, Meerane) scheint sich nicht so glatt erledigen zu wollen, als anfänglich angenommen wurde. In den indu striellen Kreisen in Meerane strebt man eine nationalliberale Kändida:ur an, während zum Beispiel Waldenburg und auch Limbach mehr für die Wiederaufstellung des seitherigen kon servativen Abgeordneten Rittberger sind. Über die endgiltige Kandidatur soll eine weitere Vertrauensmännerversammlung beschließen. Es wäre allerdings sehr zu wünschen, daß eine Einig ung zwischen beiden Parteien zustande käme, umsomehr als auch die Sozialdemokratie mit einer durchgreifenden Wahlagitation einsetzt. — In Lichtenstein-C. erfolgte am Sonntag unter reger Beteiligung die feierliche Enthüllung des vom Bildhauer Herrn Götze-Berlin entworfenen König Albert-Brunnens auf dem Marktplatze. Ein Festzug mit sämtlichen Vereinen, den Schul kindern und sonstigen Gästen leitete die Feier ein. Nach der Weiherede des Herrn Oberpfarrer Seidel erfolgte die Uebrr- gabe des Denkmals durch den Vorsitzenden des Denkmalaus- schuffes Herrn Inspektor L. Rein an die Stadt, in deren Namen es Herr Bürgermeister Steckner mit Dankesworten übernahm. Sämtliche Deputationen und Vereine legten Kränze an dem Denkmal nieder. Gesänge und Musik stücke umrahmten die schöne Feier, welche mit einem Festmahl, Garten-Konzert und Ball ihren Abschluß fand. — Wo steckt der Raubmörder Schramm, der frühere Polizei wachtmeister von Crottendorf? Diese Frage ist noch heute ungelöst. Gerade vor einem Jahre, am 20. Juni, ging die Nachricht von dem grauenhaften Raubmord des Hüters der öffentlichen Ordnung des erzgebirgischen Dorfes durch die Presse; man hatte am späten Abend des vorhergehenden Sonnabend den Gemeinde-Kassier Dietze in seinem Blute liegend aufgefunden, dessen Ausbleiben in der für den Abend angesetzten Sparkassenausschußsitzung aufgefallen war. Als der Gemeindevorstand mit den beiden Gemeindeältesten nach dem Gemeindeamt kam, trafen sie den Wachtmeister noch an, der aber bald darauf die Flucht ergriff, nachdem er vorher die drei Herren eingeschlossen hatte. Erhalte den Geldschrank um etwa 6000 Mk. erleichtert. Davon wurde später der größte Teil auf dem Friedhof versteckt ausgefunden. Angst und Schrecken hatte im ganzen Erzgebirge die Kunde von dem gräßlichen Verbrechen verbreitet, und oft kamen Nach richten, daß Schramm bald hier, bald dort gesehen worden sei: doch alle Nachforschungen und Waldstreifen blieben ohne Er olg. Schramm scheint sich in Sicherheit gebracht zu haben; über seinen Verbleib ist bis heute nichts bekannt geworden. — Am Sonntag fand in der Stadtkirche zu Meerane die Einweisung des zum Oberpfarrer für die dortige Kirchgemeinde