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zierliche Seitenlhema nochmals auf. und auf eine kurze Rückbesinnung folgt eine vorwärtsstürmende Coda, groß artig und weitspurig den Satz beendend. Das Andantino stellt sich als eine echte Kanzone dar, deren einfaches, aber graziöses Thema die Oboe über ge zupften Streicherklängen anstimml. Das Violoncello über nimmt den Gedanken. Bläser und Streicher stellen ein kompakteres Gegenthema auf. In sprühender Auflockerung werden die Themen umspielt. Ein intermezzoartiger Mittel teil führt zum Rückgriff auf die ersten beiden Gedanken, ln behutsamer Zärtlichkeit wird das Eingangsthema auf gespalten und verströmt sich in leiser Verhaltenheit. Das Scherzo, ein Pizzicato obstinato, ist berühmt gewor den. Die Streicher entwickeln ein laufendes Figurenwerk, abgelöst von einem reizvollen Holzbläserteil. Klarinette und Piccolo geben tolle Kapriolen drein. Das Ganze: ein geistvoller Satz, der hauchzart versprüht. Das Finale endlich zuckt in leidenschaftlicher Erregung auf, setzt großflächig mit echt sinfonischer Gestik an. Scharf zugespitzle Kontraste lösen sich ab. Die thematische Entwicklung gipfelt in einem feierlichen Bläser-Andante, einem kurzen Einschub, der die elementare Kraftentfaltung des Schlusses noch verstärkt. Unverkennbar, wie zwei geistige Welten diese dramatisch durchglühte Sinfonie beherrschen. Einmal bricht in ihr ur- russische Musikalität in großartiger Weise auf. Die Nähe zu Volkslied und Volkstanz wird deutlich. Man spürt, wie Tiefe der Empfindung, grüblerische Schwermut und leiden schafterfüllte Daseinsfreude sich zu einem Klang von ele mentarer Wucht mischen. Zum anderen aber wird deutlich, wie eine federnde Eleganz, die an französische Eigenart ge mahnt, in geistvoller Weise mit in diesen Prozeß seelischen Ringens hineingewoben ist. Gerade diese doppelte Per spektive verleiht dem Sinfoniestil Tschaikowskys seine Eigenart wie seine Schönheit und Größe. Dr. Günter Haußwald D 01 1146 05