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rung des Ausdrucks: evangelisch - protestantische Kirche; sie ist nicht der Komplex der Landeskirchen. Die berliner Abstimmung war ein Glaubens- gcricht, darüber müssen wir unsere Misbilligung aussprechen. Dem Cen tralvorstande stebt nichts zu als eine formelle Prüfung der Vollmachten- Rupv's Ausschließung ist eine absolute Ueberschätzung der Vollmacht, und ein Schrei der Indignation ist darüber durch ganz Deutschland gegangen. Sie war nicht durch die Statuten geboten; sie ist sogar statutcnwidrig. h. 10 der frankfurter Statuten sagt ausdrücklich: «Dieser (zu den Hauptver sammlungen avzusendende) Abgeordnete kann frei aus allen Mitgliedern des Vereins gewählt werden. >- Betrachtete der königsberger Hauptverein Rupp als Mitglied, so mußte ibn auch der Centralvorständ als ein sol ches ansehen. Wir wollen nicht blos sprechen, sondern handeln, und be antragen, daß die Prüfung der Legitimationen sich nur auf das Formelle heziesie. Endlich muß der leipziger Hauptvcrcin es aussprechen, wie die jenigen seiner Borständsglicdcr, die in Berlin gegen Rupp gestimmt, sein Vertrauen verloren haben." Dadurch wurden die drei Anträge motivirt: I) der leipziger Zweigvcrcin der Güstav-Adolf-Stiftung erklärt das von dem Ccntralvorstand in Berlin gegen den Prediger vr Rupp aus Königs berg beobachtete Verfahren für ein den Grundsätzen des Gustav-Adolf-Ver- cins widersprechendes Glaubcnsgcricht und spricht dagegen seine entschiedenste Misbilligung aus; 2) derselbe beauftragt seinen Vorstand, durch geeigneten Antrag bei - dem leipziger -Hauptvcreine dahin zu wirken, daß künftig bei Prüfung der .Zulässigkeit einzelner Abgeordneter zur Generalversammlung nur die äußern Formalitäten ihrer Legitimationen, keineswegs aber ihr Glaubcnsbckenntniß wder ihre Religionsansicht in Betracht gezogen werde; 3) derselbe ersucht diejenigen seiner Vorstandsmitglieder, welche als Ab geordnete des Hauptvcreins für die Ausschließung des Dr. Rupp gestimmt haben, ihr Amt als Vorsteher LeS Zweigvercins wegen zu großer Abweichung ihrer Ansichten mit denen des Vereins niedcrzulegen. Buchhändler Gebhardt und Diakonus LamvadiuS vertheidigtcn die Ansicht der berliner Majorität und wiesen den Vorwurf eines Glaubcns- ,gexichls zurück; indessen dagegen erhoben sich Advocat Bertling und dl. Zille. Letzterer wünschte jedoch/daß die Misbilligung nicht in so schroffer Weife ausgesprochen werden möchte, und beantragte deshalb: „Es möge den drei Abgeordneten Les leipziger Hauptvcreins, Kirchenrath Döhner, Supmntcndcnt Schumann und Bürgermeister Todt, die in Berlin für Rupp gestimmt, die Billigung des Zweigvercins ausgesprochen werden." Hierauf entwickelte der Schriftführer des leipziger Hauptvereins, Prof. Do. Theile, in einem länger» Bortrage seine Ansicht über die Stellung des Vereins nach seiner realen, idealen, politischen und socialen Seite, und erklärte dabei allerdings, daß jedenfalls verschiedene Ansichten über die Auslegung von M und 2 der Statuten hinsichtlich des Begriffs der evangelisch-protestantischen Kirche- in Berlin bei der Majorität und Minorität obgcwaltct hätten; daß es vielleicht die Frage sein könne, ob Rupp Glied der evangelisch-protestantischen Kirche sei, daß er aber als ein' evangelischer Christ doch ganz gewiß zu betrachten sei und daß das dxm Centralvorstande wol hätte genügen können. Da aber derselbe aus drücklich erklärt/daß er nicht habe richten wollen und die Ausschließung für kein Gericht gehalten wissen wolle, so könne der leipziger Zweigvercin sich wol dabei beruhigen. Dagegen warf Adv. Römisch ein: „daß das durchäM'nicht genügen könne, da der Centralvorstand sonst ein anderes Mal mit: derselben Erklä rung, daß er nicht richten wolle, abermals richten werdet Eben so wenig wollte man in der durch Domherrn Do. Großmann geschehenen wört lichen Mittheilung der Ausschcidungs.erklärung der freien Gemeinde und Rupp's: „daß er sich lossage von der Consistorialkirche, von der preußi schen Landeskirche und ihren Behörden, um der freien evangelischen Ge- meinhc anz.ugthörcn", eine Ausscheidung aus der evangelischen Kirche sin- den^ als man dem Umstand irgend ein Gewicht beilegen wollte, „daß Rupp im Frühjahre mit der Landeskirche wieder in Verbindung getreten, darauf im Juni gewählt, im Juli aber eine abermalige AuSscheidungs- pHläruna abgegeben habe", da ja Rupp's Legitimationsurkunde nach jener Letzten Erklärung erst am 25. Aug. von den Vorständen des königsber ger Hauptvcreins ausgefertigt worden sei. Seine, nicht des Centralvor-' stagdes Sache wäre gewesen, Rupp wegen seiner seitdem veränderten Stellung zur Landeskirche zurückzuweisen. Der Universitätsprediger Do, Krehl rief in den Streit hinein: „Es geht ein Riß, ein grundsätzlicher Riss durch die protestantische Kirche; nichts kann ihn heilen als die Liebe; mäq hat sie vergessen, man hätte sic nicht vergessen sollen! Die Sym bole.geben keine Einheit; das zeigt der sich gegenseitig verketzernde Eifer der altiutherischen Sekten. Aber wenn man glaubt, "Rupp ausschließen zu müssen, so muß man eben diese separatistischen, als Sekten anerkann ten, einander so brüderlich hassenden und verketzernden Altluthcrancr un terstützen!". Mach dreistündiger Discufsion wurde endlich der Schluß der Debatte 'beantragt; Domherr Do. Großmann wollte noch sprechen, verzichtete aber auf das Wort und bemerkte nur noch: „Do. Rupp käme ihm vor wie ein Deutscher, der Deutscher sein wolle und doch in keinem Lande Heuyatsrccht habe; wie Einer, der Stadtverordneter werden wolle, ohne Bürger zu sein." Hiermit war die Debatte geschlossen, und es war nicht möglich, die Ansicht, die noch mehre Mitglieder bewegte: „daß ja staats- rechHchRupp, so lange die freie Gemeinde noch nicht anerkannt sei, gleich den M^sch Katboliken noch zu her alten Kirche zu rechnen sei, gesetzlich also, seiner Erklärung, als Mitglied der asten Kirche angesehen wer den müjM, geltend zu machen. Manschritt zur Abstimmung; dieGlcich- stimmendcn traten auf eine der Seiten des Saals, und es wurde der erste und zweite Antrag Römisch's mit großer Majorität angenommen, der dritte abgelehnt, Zive's Antrag aber durch Acclamation gleichfalls an genommen. So endete diese denkwürdige Sitzung, und wir werden mor- gen nur noch das Resultat der diesmal doppelt wichtigen Wahlen für Ergänzung des leipziger Hauptvercinsvorstandes nachträglich, zu berich ten haben. 0 Leipzig, D. Rov. Durch Bekanntmachung vom 6. Rov. sind jetzt auch hier die durch hie Bekanntmachung vom 8- Aug. I83l vorgeschrie denen Vorsichtsmaßregeln in Betreff des Verkaufs und der Aufbewah rung von Schießpulver auf die explodirende Baumwolle ausge dehnt worden und wird jede Zuwiderhandlung mit einer Geldstrafe von 5 bis zu 20 Thlr. oder verhältnißmäßiger Gefängnißstrafe geahndet. — Wie der augSburger Allgemeinen Zeitung geschrieben wird, hat der Papst, „aufs äußerste besorgt, die Pflichten seines erhabenen Amtes wie nach allen Seiten hin, so "auch in Bezug auf die katholische Kirche in Deutschland zu erfüllen, dem (von dem rottenburger Domcapitel gewähl ten) von der württembergischen Regierung vorgeschlagenen Candidaten für das Bisthum Rottenburg seine "Bestätigung verweigert". ZÄUS Aurhrssen, ä. Nov. Aus der Stadt Hersfeld war eine mit zahlreichen Unterschriften, an denen auch StaatSdienrr und Rechts anwalte Theil genommen, begleitete Petition an die Ständeversammlung gerichtet worden, worin das von den Staatsbehörden gegen dieDeutsch- Katholiken befolgte Verfahren als verfassungswidrig gemisbilliat und um dessen Abstellung gebeten wurde. Dadurch "waren zurecktweisende Re- scripte der Ministerien des' Innern und der Justiz an die betreffenden Staatodiener wegen ihrer Bethciligung bei dieser Sache veranlaßt wor den. Diese lauteten folgendermaßen: „Auszug aus dem Protokolle des Ministeriums des Innern. Kassel, am 18. Zul. 18-18. Die Lheilnahme von Staatsdienern an den Eingaben von Bewohnern von Hersfeld an die Ständevcrsammlung wegen des Ver fahrens der Regierung gegen die sogenannten Deutsch-Katholiken, welche eine opponirendc Demonstration gegen die von ihrer Regierung ausgespro chenen Grundsätze und Maßregeln bezüglich der deutsch-katholischen Dissi denten zu Marburg und Hanau enthalten und eine Acnderung durch die Landstände ansprechen, kann nur höchlich gemisbilligt werden. Wenn Unter- thanen in einer, sic überall nicht berührenden Angelegenheit gegen ein ihr Interesse in keiner Weise benachtheiligendcs Verfahren ihrer Regierung auf treten, so bleibt dies immer eine bedauerliche, meist auf Jrrthum und Un kunde beruhende und deshalb mit Nachsicht ru behandelnde Erscheinung- Wenn dagegen Staatsdiener, mit Verkennung ihres.Dienstverhältnisses gcgen ihre Regierung und ihre Vorgesetzten, solchen Berfahrungsweisen sich hin- geben; wenn sogar Lehrer an öffentlichen Lehr- und Erziehungs-Anstalten, uneingcdenk ihres besonder» Berufs, durch Beispiel und Lehre die Jugend in Treue, Gehorsam und Achtung gegen ihre Obrigkeit anzuführen, zu er halten und zu befestigen, sich Handlungen jener entgegengesetzten Art an schließen: alsdann ist ein ernstes Einschreiten um so mehr geboten, als für dessen Ausführung und Steigerung außer den sonst bestehenden Anordnungen und Vorschriften eine besondere Pflicht im 'Bundesverhältnisse begründet ist. Dem Gymnasialdirector vr. Münscher und den Gymnasiallehrern Crcuzer, Deichmann und Jacobi zu Hersfeld, welche sich durch ihre Unterschriften an gedachten Eingaben an den Landtag betheiligt haben, wird dies, unter Er- thcilung eines ernsten Verweises, eröffnet und ihnen die zuversichtliche Er wartung erklärt, daß sie hierin die diesmalige milde Behandlung einer be denklichen Abweichung von ihren Pflichten erkennen und eine nothwendige und wohlgemeinte Warnung vor gleichen oder ähnlichen Handlungen finden werden. (Gez.) Kraft höchsten Auftrags: der Staatsrath Scheffer, inter imistischer Vorstand des Ministeriums des Innern." „Auszug aus dem Protokolle des Ministeriums Ler Justiz. Kassel, 28. Jul. Communicat des Ministeriums des Innern, zwei Eingaben von Bewohnern, insbesondere auch Justizdicnern zu Hersfeld bei der Stände versammlung wegen des Verfahrens der Regierung gegen die sogenann ten Deutsch-Katholiken betreffend. Beschluß: Das Obcrgcrichttzu Fulda hat den Advocate» Victor Schimmelpfeng und Kempf zu Hersfeld eröffnen lassen, daß ihnen die Lheilnahme an Eingaben bei der Ständeversammlung, welche, wie insbesondere die die sogenannten Deutsch-Katholiken betreffende, eine aufregende und zur Unzufriedenheit mit der Regierung reizende Fassung haben, nachdrücklich und mit ernstlicher Warnung vor ähnlichen Schritten verwiesen werde. Je achtungswürdiger ein Anwalt sei, welcher die Rechte seiner Partei in der ihm «»vertrauten Sache furchtlos und uneigennützig vertrete, um so entschiedener müsse ein jedes Bestreben zurückgewiesen wer den, wodurch diese Grenze seines Amtes überschritte» und wol gar eine op- ponirende Demonstration gegen die von seiner Regierung ausgesprochenen Grundsätze und Maßregeln in Landcsangclegcnhciten bezweckt werde. (Gez.) Bickell." ff Darmstadt, 8. Nov. Gestern nahm der neuernannte Prä sident unserer II. Kammer, Hesse, seine Stelle in der Kammer ein und versprach unparteiische Leitung der Verhandlungen, namentlich mit Bezugnahme auf die jetzt bevorstehenden gesetzgeberischen Arbeiten. Auch läßt sich nicht verkennen, daß der Wechsel in jener Stelle gerade jetzt ein viel bedeutender ist. Hr. Hesse wird darauf Bedacht nehmen, der parlamentarischen Stimme ihr volles Gehör zu schaffen, und daß er nicht an sogenannten Präjudicien, die oft nichts Anderes als stabil ge wordene MiSbräuche sind, hängt, beweist, daß er in derselben Sitzung einem Abgeordneten gestattete, einen Antrag mündlich zu stellen. Das hätte, obgleich in der Geschäftsordnung begründet, schwerlich je heim letz ten Präsidenten geschehen dürfen. „Reichen Sie Ihren Antrag schrift lich ein ! " wäre sein Zuruf gewesen. Uebrigens ist der ebengsdachte mündliche Antrag noch in einer andern Beziehung wichtig. Er lautete: „Die Kammern möchten sich zu der Bitte an den Landesfürsten vereinigen, für die evangelische Kirche des Großhcrzogthums an die Stelle der bis herigen Consisto.rialverwaltung zllr Besorgung der inner» Angelegenheiten derKirche eine Synodalverfqss.ung treten zu lassen." Gestalt ward der Antrag vom Abg. Wernher aus Nierstein, einem reichen dortigen Guts besitzer und ausgezeichneten Oekonomen, der indessen früher Jurisprudenz