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Nr 262 Sonnabend - 18. September 1848. Dmtfche ««gemeine Zeitung. SM «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesotz!» « »'V bald q« W-M WlG ' ^,'^r unv wc *) Reisen in Dänemark und den Hcrzogthümern Schleswig und Hol stein. Bon Z. G. Kohl. Zwei Bände. Leipzig, Brockhaus. >846., 8. « Lhlr. Deutschland. *'Hon der Esbe, 16. Sept. -Der unermüdliche Reisende Kohl, dessen Werken seine Beobachtungsgabe, sein unermüdeter Sammlercifer und seine anziehende, belebte Darstellung so viel Wcrlh gibt, hat einen quten divinatorischen Blick bewährt, als er Holstein, Schleswig und Dänemark zu den Zielpunkten seines neuesten Ausflugs und der Be schreibung desselben machte. Es wird zeitgemäß sein; einige auf die jetzi gen politischen Verhältnisse bezügliche Proben aus dem eben erschienenen ersten Bande dieses interessanten Werks *)' auch hier mitzulhcilen. Nach einer sehr tüchtigen Auseinandersetzung der Gründe, welche Hamburg zum Haupthandelsplatz« für die skandinavischen Reiche und dieses Vcrhältniß für beide Theile so wcrchvoll machen — worauf wir vielleicht später -ein mal zurückkommcn — heißt es unter-Anderm: „Das Hcrzogthum Hol stein sowie die benachbarten Hcrzogthümer Schleswig und Laucnburg sind anerkannt die wohlhabendsten und einträglichsten Länder, welche die dänische Krone — diese nicht, nur ihr Träger — besitzt. Das kleine Her- zoathum Lauenburg von 22 Quadratmcilcn Flächenraum bringt dem dä nischen Schatz allein so viel ein als ehemals das ganze große Königreich Norwegen, für das cs eingetauscht wprvc. In Dänemark ist man frei lich auch keineswegs so arm, wie man cs in Deutschland meistens zu ' glauben scheint, allein jedenfalls ist doch die Bevölkerung in diesen Hcr- zogthümrrn dichter, der Handelsverkehr und die Industrie bedeutender und der Landwirth im Durchschnitt wohlhabender als in"den eigentlichen dä nischen Provinzen, in Jütland und auf den Inseln, die ihrerseits wieder ebenso den noch nördlicher liegenden Landstrichen Vorgehen." Der Ver- 'sasser hebt nun hervor, wie sich die deutschen Ostsecprovinzcn in Ruß land, die Erzherzogtümer in Oesterreich, die flamlandischen Provinzen in Belgien, das Elsaß in Frankreich ebenso auSzeichncn. Ist in dieser Hinsicht die Verbindung der Hcrzogthümer mit Dänemark für letzteres sehr wichtig, so fehlt vieb, daß das Vcrhältniß auch umgekehrt einträte. „Aus den statistischen Tabellen über den Handel beider Hcrzogthümer geht hervor, daß die Ausfuhr aus Holstein von 1833 — 38 einen st" " von circa 42 Mill. Reichsbankthalern gehabt hass, und daß von Ausfuhr nur für 2 Mill, nach Dänemark ging, während alles Uebrige nach der Fremde, meistens nach Deutschland verhandelt wurde. Der Werth der Einfuhr betrug während derselben Zeit 17'/, Mill., wovon für 16 Mill, aus der Fremde, für I'/, Mill, aus Dänemark-kam. Demnach verhält sich die ganze HandelSthatigkeit zwischen dem Herzog, thum und Dänemark zu-der zwischen jenem Hcrzogthum und dem Aus lande etwa wie 1 zu 2V. Man muß darüber erstaunen, wenn man da mit den Verkehr einer Shire Englands mit der benachbarten Shire ver gleicht, der gewöhnlich, trotz der immensen Ausdehnung des auswärti gen Handele Britanniens, im. umgekehrten Verhältnisse zu dem Handel mit der Fremde steht." — Der Verfasser macht auch auf die große De- ccntralifalion in den Herzogthümern und die. Vcrthcilung der Behörden und Mittelpunkte aufmerksam; hebt aber auch, bei späterer Gelegenheit, das Misverhältniß hervor, - in dem Kopenhagen zu den übrigen Städten steht, „Odense ist nach Kopenhagen die bedeutendste Stadt im ganzen eigentlichen Königreiche Dänemark, obwol cs nur 9000 Einwohner be sitzt. Da Kopenhagen jetzt 123,000 Einwohner zählt, so sicht man, daß die nach der Hauptstadt zunächst folgende Stadt beinahe 14 Mal kleiner ist als diese. Man kann daraus schließen, in wie hohem Grade die Hauptstadt des Landes das Ucbergewicht über alle andern Städte des Königreichs hat. Es ist kein kleines oder großes Königreich in Europa, in welchem ein solches Misverhältniß zwischen Residenz- und Provinzial städten stattfändc. Wenn man sagt: Frankreich sei Paris, so kann man in diesem Sinne noch mit viel ^rößcrm Rechte sagen, daß Dänemark Kopenhagen sei. Nimmt man die Hcrzogthümer mit hinzu, so findet sich, daß die bedeutendsten Städte Flensburg mit 15,000 und Altona mit 30,000 Einwohnern sind. Aber auch dann ist Kopenhagen noch vier Mal größer als die größte Provinzialstadt. Die Dänen haben sehr viel Cenlralisationsgeist. Wie bilden schon seit lange eine nicht sehr zahlreiche Nation. Sie mußten sich sehr zusgmmennchmcn und sich gewissermaßen auf Einen Punkt conccntrircn, nm ihre Kräfte zusammenzuhalten und ihren Rang unter den europäischen Völkern zu behaupten. Sie wendeten daher Alles, was Einwohner herbciziehen kann, ihrem Lieblinge Kopenhagen zu und mach ten cs ,auf Kosten der andern Orte groß, um doch wenigstens Eine Weltstadt zu haben. - Das Gefühl der Nationalität ist sehr stark und lebhaft bei den Dänen, ebenso wie bei den Franzosen, und beide Nationen concenlri- ren sich daher vorzugsweise in den Hauptstädten." Uebrigcns erklärt der Verfasser die Sache auch noch aus der Verfassung und der geographi schen Gestaltung'. Sehr ausführlich verbreitet er sich über die Sprach grenzen und Sprachkämpfc und das allmälige siegreiche Vordringen des Deutschen. Hier werden viele interessante Züge bcigebracht, und es wer den diese Stellen den Mittel- und Süddeutschen sehr zur Orientirung dienen können. Gut auch, was er über die Richtung dieser Nordbcwohner auf Deutschland sagt. So hei Hadersleben, dein „äußersten Wachtposten, den die Deutschen auf die Cimbrische Halbinsel hinaus vorgeschoben haben", wo es, wie es weiterhin heißt, auch das letzte und nördlichste gute Wirths- haus auf der Cimbrischen Halbinsel gibt. So erzählt er: „Ein Deut scher, der in der Nähe des äußersten nördlichen Endes des Herzogthums Schleswig, wo die hier zu Lande vielbesprochene Königsau die Grenze von Jütland bildet, seine Wohnung halte, sagte mir mit Emphase und fast mjt Rührung, als ich mit ihm vbm Dänen - und Deutschthum sprach: „Bei der Königsau ist meine Welt zu Ende. Hier in der Mitte der Cimbrischen Halbinsel stehe ich, den Rucken dem kalten Norden zugewen det und mit dem Angesichte nach dem warmen Süden, wo meine deut schen Brüder wohnen. Dort ist mein Herz, dahin schweifen abwärts mir die Gedanken." So erklärt er auch, warum die deutschen Halb- däncn, nämlich Deutsche, die sich ganz in Dänemark niedergelassen, wie die deutschen Halbrusscn, die eifrigsten Verthcidiger ihrer neuen Heimat, die erbittertsten Gegner der verlassenen Brüder sind. Interessant war uns die Notiz, daß die kopenhagener Studenten 1659 für ihre Dienste bei der Belagerung unter Anderm um eine.Verordnung baten, wonach in Zukunft statt deutscher Studenten bloS dänische als HaUslchpcr angcstcllt werden sollten, Uebriaens wird der Verfasser nicht ungerecht gegen die Dänen und verbreitet sich ausführlich über ihre besondere Ausdauer und Zähigkeit, die ihnen durch längere Zeit als irgend einem andern euro päischen Volk ihre Unabhängigkeit gesichert habe; gedenkt auch der gro ßen, weitreichenden Macht, die sich dieses kleine Volk doch zu verschie denen Zeiten erworben hatte. Ucberall aber, wo deutsches Element sitzt, findet er Liebe zu Deutschland, und auch die apenrader Bürger, mit denen er ein ergötzliches Gespräch in allen Mundarten führt und welche die Wirren bald den Ständeversammlungen, bald der Accise zur Last legen, bald gerqdezu sagen: die Leute grüßten nicht was sie wollten, auch diese erklären doch :' „Deutsche sind wir Alle mit Leib und Seele und wollen nichts Anderes sein", worein, sagt der Verfasser, Alle ein- stimmten, „auch Die, welche es nicht ganz gut auf Deutsch von sich zu geben wußten". Ueberblick. Leutfchläud. «von der Elbe. Kohl's Werk über Schleswig-Holstein und Dänemark. «Äus Gbcrsachsen. Schutzzollpolcmik. Karlsruhe. Landtag.. «Altona. Vorgänge und Maßregeln. Die Volksversammlung in Rortorf. — Lehrfreiheit in kiel- — Exccssc in Kiel. — Die Innun gen in Altona. «Frankfurt a. M. Die Rupp'sche Sache. ^reuHen. -/-Llerlin. DeportationSplan, Lejas. Die jüdischen Reformer. Der König. * Von der Oder. Militairwcscn. iveflterreich. -^NUen. Großfürst Michael. Die Diplomatie. Die spani sche Heirathsfrage. Tie schleswig-holsteinische Sache. Die Erzherzoge. Der Prinz von Preußen. Grenzhändel. fWicn- Schusclka's Mutter. Spanien. Die Montpensier'sche Heirath. Das Regiment des Jnfanten Don Francisco. Gerüchte. Veotzdütannieu. Viscount Ponsonby. Die freie Schiffahrt auf dem Columbia. Die Limes und die Adresse der Deutschen in London. Hr. Dumon. Feuersbrunst. Der Viaduct bei Ballochmylc. Die Wahl in Clon mel/ Verweigerte Pachtzahlungen in Irland. Frankreich. Die Zeitungen. Die theuern Getrcidcpreisc. Algerien und Abd-el-Kader. Der Herzog von Montpensier. Die Panama-Eisenbahn. . »»Paris- Die spanische Heirath und der Corsairc-Satan. Elchweiz. Die Lagsatzung. Das Dappcnthal. Die barmherzigen Schwe stern in GlaruS. Strafurtel in Bern. Italien. »»Rom. Der Lriumphbogcn. Die Anleihe. — Adresse an Gregor XVI. Merfonalnachrichten. Wissenschaft ünd ^dunft. f-Leipzig. Musikaufführung dcö Thomaner chors. ««Leipzig. Theater: Ein deutscher Leineweber. Pandel und Kndufltrte. «Grätz. Versammlung der deutschen Land- und Forstwirthe. «Leipzig. Börsenbericht. — Eröffnung der Eisenbahn von Wien nach Bruck. — Wafferstand der Elbe. — Bertin. Leipzig. Ankündigungen. *ÄUS Obersachsen, 17. Sept. Wir ersehen zufällig aus dem Leipziger Tageblattc, daß sich in der Deutschen Gcwerbezcitung ein neuer origineller Versuch findet, das Schutzzollsystem gegenüber der Han delsfreiheit zu rechtfertigen. Es wird dies abermals durch ein Gleichniß bcwetkstelligt, die überhaupt bei den Herren, Schutzzöllncrn sehr beliebt siiid. Sie vergleichen die Handelsfrage mit der Theaterfrage. Die Hof- theatcr wie manche andere größere Theater genössen gewisser Begünsti gungen, durch Zuschüsse, Monopole u. dgl. Das sei Schutz und habe die Folge, daß diese Theater gediehen und man höhere Ansprüche an sie richten könne. In Leipzig habe man dem Princip der Handelsfreiheit ge-