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Sonntag Nr. 2tt7 - 2«. Julius 1848, Eklpslg- Di« Z-üuiij «rs-I»uu täqliÄ Abend«. Zu beziehen durch alle Pbstüinter des I»- und ÄuSIaabe«. Deutsche Allgemeine Zeitung Preis für das Werkel, iabr 2 Mir. —, . Inserlionsgebub» für den Naum einer Zeil« 2 Ngr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Uebervlick. tveutschla«-. »Aus Obersachsen- Das Schutzzollsystem. Karlsruhe- Landtag. — Holstein. Proteste gegen den Offenen Brief. Braun schweig. Da« Finanzgesctz. Preußen. (->-) Berlin. Der Kirchenstaat. Die Synagoge. Spargcsell- schaften. Prießnitz. Die Protestkatholiken. »Posen. Verhaftung. Die Grenzsperre. Die Stadtverordneten. I)r. Theiner. »»Breslau- Die Rabbinerversammlung. chAus Preussen. Betrügereien. -sAus Schle sien. Die Wallfahrt nach Aachen. tve-kerreich. zAus Westerreich- Die Ultramontanen. — Hr. v. Büky. VruGbritannten. Die Zuckcrzölle. Dank für Sir N. Peel. Die königl. , kandbaugesellschaft. Laufe im Buckinghampalast. Der Earl of Kilkenny gestorben. Marquis Saldanha. Sir CH. Adam. Eisenbahnunglück. Trup- pensendung nach dem Cap. Krankreich. Die Wahlen. Preßerleichterung. Hr. Thiers. Preußische Con- sularagenten in Oran und Bona. Graf Montalivct. Einsturz. Der Land bote Chelmicki gestorben. Die «Presse» und Lord I. Russell. Italien, chissom. Der Papst. mußlanb und Polen. * Petersburg. Die Binnenschiffahrt. Griechenland. ^Fthcn- Das Conscriptionsgcsetz und die Opposition. ksftindien und China. Das Pcndschab. Sir H. Hardinge. Die Bri ten räumen Lschusan. -tegypten. Der Bicekönig nach Konstantinopel abgercist. Der Prinz von Joinville. Perfonalnachrichten. Wiffenfchast und Aunst. »Dresden. Theater. »Erkürt- Choralbuch. Rassel. Bücherverbot. Handel und Industrie. »Leipzig. Börsenbericht. »Leipzig. Chem- nitz-Ricsaer Eisenbahn. — Berlin. Ankündigungen. De«t< chland. »Äus Wbersachsen, 2Z.Jul. In einer der letzten Sitzungen des sächsischen Landtags klagte ein Redner, bei Gelegenheit der Verhandlungen über das Z 0 l l d e c r e t, daß es an Organen fehle, um über die Zollfraae Licht und Belehrung zu verbreiten. Die Leipziger Zeitung dürfe über Zollsachen nur officielle Mittheilungcn aufnehmcn. Die Deutsche Allgemeine Zeitung weiche hier von ihrem sonstigen System ab und huldige nur dem einen Systeme, der Begünstigung des Handels mit englischen Manufacturwaa- ren. Darüber ein paar Worte. Abgesehen davon, daß wir uns aller dings erinnern, in dieser Zeitung auch einige Artikel im Sinn« des Schutz zollsystems gelesen zu haben, die freilich sehr bald ihre Entgegnung fan den, so glauben wir jedenfalls behaupten zu können, daß wir und die an dern, in gleichem Sinne schreibenden Correspondcnten dieser Zeitung nicht durch irgend eine Rücksicht auf die englischen oder sonstigen Manufactur- waarenhandler geleitet werden. Wir vrrthcidigen ein System, was die Wissenschaft sanrtionirt und die Erfahrung erprobt hat. Wir wollen Handelsfreiheit, mit billiger Rücksicht auf bereits begründete Interessen. Wir find überzeugt, daß damit dem Läufer guter und billiger Waarcn mindestens eben so viel gedient wird als dem Verkäufer derselben. Wir wolle» daS deutsche Volk nicht zu Gunsten einer Fabrikantcnbranche be steuert, die Freiheit anderer, wichtigerer Industriezweige und des Handels nicht gelähmt sehen. Wir halten die künstliche Auffütterung der Indu strie für zweckwidrig und zu dem Unheile fortdauernden Schutzbedürfnisses und oer Vermehrung eines auf diese naturwidrigen Mittel gestellten Pro- letarierstandes und seines Pauperismus führend. Aus diesen und ähn lichen, ost erörterten Gründen vertheidigen wir sür Deutschland das Sy stem der Handelsfreiheit. Die englischen Manufacturwaarenhändler küm mern uns nicht, und lassen wir auch ganz dahingestellt sein, ob sich Eng land, jetzt zumal nach den Peekschen Reformen, so erstaunlich viel um den deutschen Consum ereifert oder vor der durch Schutzzölle zu erziehen den deutschen Concurrenz fürchtet. Was aber die gerügte Inkonsequenz der Deutschen Allgemeinen Zeitung anlangt, so scheint sie uns auch sehr natürlich begründet. Aller dings hat diese Zeitung niemals ein Partciblatt sein, niemals zum blo ßen Vehikel der persönlichen Ansichten ihrer Redaction dienen, sondern neben dem Hauptzwecke: schneller und reichhaltiger Mitthcilung bcmcr- krnswerther Nachrichten, ein Sprechsaal sein wollen, in welchem verstän digt und wohlwollende Männer ihre Ansichten über die Fragen der Zeit auötauschen. In staatsrechtlichen, politischen und kirchlichen Fragen ist mathematische Gewißheit selten zu erlangen. Hier wirken eine unendliche Mannichsaltigkeit von Momenten, äußere und innere Verhältnisse und Kräfte, materielle wie geistige und acmüthliche, Geschichte und Gegen wart in einander; hier treibt das bunte Chaos vieldeutiger Wort« und Begriffe sein Spiel; hier verstehen sich die Streitenden ost nicht oder falsch; hier zeigt sich in Wahrheit, besonders in Deutschland, eine un endliche Schattirung der Meinung«», Gesichtspunkte und Richtungen. Wer, der gewissenhaft prüft, kann hier sagen, daß er allen Ansichten der Seite, auf der er im Allgemeinen steht, huldige? wer behaupten, daß er, daß seine Seite allein das Rechte und nur das Rechte habe? Und wer möchte den politischen Jesuitismuö des Partciwcscns billigen, was die eigne bessere Ueberzeugung der Parteitaktik opfert ? Hier kann man über die Zwecke vollkommen einig sein und doch noch über die Mittel strei ten. Hier ist cs in der Ordnung, daß man jede Meinung, die des Anhö- rcns werth und deren Urheber guter Wille zuzutraucn ist, zum Worte kommen lasse, und nur die Extreme, als an sich verwerflich, und die rohe, boshafte, maßlose Form ausschlicßc, die Einheit des Ganzen aber eben in der Einheit der Mäßigung, der Milde, des aufrichtigen Strebens nach Wahrheit und des guten Willens suche. Die nationalökonomischcn Lehren dagegen bewegen sich um Momente von ein und derselben Art, in einem Gebiete, das zwar Vieles zu berücksichtigen gibt, aber der reinen Verstandesbercchnung zugänglich ist, wo alle Begriffe festgcstellt sind, wo ein vollständiger Beweis geliefert werden kann und von der Wissenschaft längst geliefert ist. Nur die geringe Verbreitung der hier cinschlagenden Wis- schaftcn, dann die Selbstsucht Einzelner, die durch das Standesintereffe entschuldigte Befangenheit Mehrer erklären cs, wie die von uns bekämpften Tendenzen in Deutschland noch Anhänger finden können. Uns erscheinen sie geradezu als widersinnig und verderblich, und der Nedaction dieser Zeitung mag es ebenso ergehen. Man kann weder dem bestehenden Negierungs- systcme, noch den sonstigen conservativen Richtungen, noch selbst einer Reac- tion zu gewissen Vorzügen der Vergangenheit, noch der eigentlichen konstitu tionellen Partei, noch der liberalen Opposition, noch selbst den socialisti- schen Richtungen, man kann weder der Orthodoxie, noch dem Mysticis- mus, noch dem Rationalismus und der philosophischen Spekulation auch in religiösen Dingen absprechen, daß sie ihren Antheil von Wahrheit und Berechtigung haben. Wo sie sie haben, muß man sic hören, und auch sonst geben sie Manches zu prüfen, zu bedenken, damit man Jrrthum und Wahrheit scheide und nicht blind über Alles Len Stab breche. Gar Mancher wird mit keiner dieser Richtungen in allen, mit jeder in gewis sen Punkten einstimmen können. Ein milder Conservatismuß, eine An hänglichkeit an die Grundzüge der bestehenden Ordnungen schließt weder den wahrhaften Vorschritt noch das Änhören und Prüfen von Acnde- rungsvorschlägcn, ein lebendiger Trieb zu Neugestaltungen schließt die Würdigung gegebener Bedingungen, die Anerkennung erprobter Vorzüge deö Alten nicht aus. Ebenso in den Kämpfen der Nationalitäten, in den concretcn Streitfragen, die die verschiedenen Staaten und Völkcrgruppen bewegen. Der unbefangene Zuschauer wird schwerlich jemals finden, daß auf der einen Seite nur Recht und alles Recht sei. So in den Käm pfen der Magyaren und Slawen, der Polensache, den irischen Angele genheiten re. Anders aber im Gebiete der Nationalökonomie. Zwar auch Schutz zölle sind unter Umständen anwendbar, was aber die Schutzzoupartci in Deutschland und sür Deutschland sodert, das ist unbedingt haltlos, als falsch und verwerflich nachgcwicsen, und die gangbaren Gründe dafür sind unverkennbar auf Unkcnntniß, Befangenheit öder Sophisterei beru hend. Sie sind auch schon hundert- und tausendfach wiedcrgekaut wor den; sic führen zuletzt Alles auf das bloße, nackte Spindelintcressc zurück, und cs gibt Organe genug dafür, mehr als für das System, das wir vertreten. Das Spinvelinteresse besoldet seine Organe, und andere kom men zu Hülfe, weil sie hier einen neuen Stoff zu Angriffen auf die Regierungen, auf,,Burcaukratic und Finanzpartei" finden und sich, wie gewöhnlich, um die schreiende Jnconsequcnz ihres Treibens nicht küm mern, ungeachtet sie sonst auf der Einheit des liberalen Systems zu stehen versichern. Karlsruhe, 21. Jul. Die II. Kammer beschäftigte sich heute mit dem Berichte ves Abg. v. Soiron über die provisorischen Gesetze und Verordnungen. Der erste Antrag ging dahin, sämmtliche Verord nungen, deren Vorlage, weil sie ganz oder thcilwcise in den Kreis der Gesetzgebung gehörens von der frühcrn Kammer begehrt, aber nicht er folgt war, wiederholt zu verlangen, und dieser Antrag wurde auch ange nommen, weil der Verzicht darauf einem Prcisgcbcn des Rechts, bei der Gesetzgebung mitzuwirken, gleich zu achten wäre, weshalb auch die Er innerung des Staatsraths Jolly, daß die erste Kammer der Adresse frü her nicht bcigetrcten sei und auch jetzt nicht betreten dürfte, als Grund gegen die Reklamation nicht gelten könne. Die Zahl dieser Verordnun gen ist zwanzig. Von den seit dem letzten Landtag erschienenen proviso rischen Gesetzen ist nur das vom 8. Oct. 1845, über das Verbot der Kartoffelausfuhr, noch nicht vorgelcat worden. Die Ncgicrungscommis- sion erläuterte, Laß über die Aufhebung dieses Gesetzes, da der Zweck erreicht sei, gegenwärtig berathen werde; sollte die Aushebung nicht er folgen, so werde es der Kammer zur Zustimmung vorgclegt werden. Die Kammer fand bei dieser Erklärung um so weniger Anstand, den Antrag, das provisorische Gesetz zu reclamircn, zum Beschlusse zu erheben. Unter