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LS22 immer in jedem einzelnen Falle einige Jahre Zeil erfodert, im Verhalt niß stehe. Und selbst dann dürfte eine Vermehrung der Spinnereien noch sehr ungewiß sein; nur die bestehenden Spinnereien bezögen zunächst den Bortheil ohne Verbindlichkeit zu einer Gegenleistung, di« Zollkasse ver löre, der Export würde vernichtet, und die Handwcberei und Wirkerei geopfert. Schließlich gedenken wir noch eines oft gehörten Einwurfs, daß ei nige große sächsische Fabrikanten ein« Zollerhöhung selbst wünscbten. Wir entgegnen darauf, daß dabei wahrscheinlich Privatinteresse ins Spiel kommt, und daß Intelligenz und Glück nicht immer zusammen thronen. Karlsruhe, 25. Jul. Der Gegenstand der heutigen Berathung der II. Kammer war der Staatsministcrialerlaß vom 3. Avril 1845, den Wirkungskreis des DircctorS bei dem Ministerium des Innern be treffend. Dem Präsidenten bleiben hiernach zwar Geschäfte von beson derer Wichtigkeit, aber die ganze innere Verwaltung und die Polizei sind dem Direktor übertragen. Die Commission behauptet, daß durch diese Geschäftsabtheilung der Direktor zu einer Macht im Staate werde, welche die besten Absichten des Ministers indirect vereiteln könne, ohne daß dieser eS erfahre, daß die Beamte» ihr« Handlungen nach den Gesinnungen des DirectorS, mit welchem sie häufiger in Berührung kä men, emriehten würden, daß die Verantwortlichkeit desselben nur «ine un tergeordnete fei, da gegen ihn, weil er nicht Mitglied des StaatSmini- steriums sei, unmittelbar keine Anklage erhoben werden könne, während die moralische Verantwortlichkeit von dem Minister auf ihn übergehe. Gegen diese Bedenken schütze der Umstand nicht, daß der Minister über Beschwerden gegen verletzende Verfügungen des Director- im Staatsmini sterium selbst vortrage und dadurch verantwortlich werde. Der Mini ster werde hierdurch nicht eher und nur dann verantwortlich, wenn Be schwerde erhoben werde; erhöre auf, Vorstand dos Ministeriums zu sein und werde Rccurzinstanz. Die Möglichkeit, daß der Präsident den Director aus dienstlichem Wege zur Verantwortung ziehen könne und, wenn er es in den dazu geeigneten Fällen unterlasse, selbst verantwortlich werde, widerstreite dem konsequent durchgcführten Grundsätze des Polizeistaats: Alles zu vertherdi gen, was untergeordnete Beamte gegen das Volk gethan, oder doch eineMrs- billigung ihrer Handlungen wenigstens nicht öffentlich auszusprechen; sodann könne eine Möglichkeit dienstlicher Ahndung die direkte Verantwortlichkeit des Ministerialchess selbst nicht ersetzen. Der Antrag der Commission geht hier nach dahin: „die Regierung um ungesäumte Aufhebung oder Vorlage der Staatsministerialcntschließung vom 3. April 1845 zur ständischen Zu stimmung zu ersuchen". Gehcimrath NebeniuS bemerkte, daß die Gc schäftsabthcilung im Wesentlichen schon früher bestanden und durchaus noth wendig sei, wenn der Chef des Ministeriums nicht durch die Masse der Detailgeschäftc seinem eigentlichen Berufe, der Leitung der Verwaltung, entzogen werden solle. Die Verantwortlichkeit des Vorstandes werde da durch nicht geschmälert, und bei der colleaialischcn Berathung aller Ge genstände sei die angebliche Gewalt des DircctorS ein wahres Phantom. Der Abg. Zittel hob dagegen die eigentliche Bedeutung der Sache her vor, nämlich die Erklärung der Kammer über den Zustand der Verwal tung und des Landes. Der Amtsantritt des gegenwärtigen Präsidenten des Ministeriums sei im ganzen Lande mit Freude begrüßt, die Hoffnungen, welche man hegte, aber nur in Bezug auf einige allgemeine RcgicrungShand- lungen, in welchen ein humaner Geist sich zeigte, verwirklicht worden. Aber in der eigentlichen Verwaltung, da, wo dieselbe unmittelbar mit den Bürgern in Berührung komme, sei es nur schlimmer Geworden; so mit der Ccnsur/mit dem Benehmen der Beamten gegen die Bürger, mit der Angeberei, den Bedrückungen redlicher Staatsbeamten, in so vielen betrübenden Erschei nungen, tue auf einen Doppelgriff in der Verwaltung schließen ließen, welcher nicht bleiben könne, wenn der Chef derselben dem Vatcrlandc Das werden solle, wozu ihm die Vorsehung Geist und Herz verliehen habe. Geheimrach NebeniuS habe entgegnet, daß er von geheimen Einflüssen aus die Verwaltung und von Denunciaticncn nichts wisse. Abg. Hecker hov die Nachthcile der Zersplitterung in der Verwaltung und besonders den Umstand hervor, daß die Vermittelung zwischen den Parteien, welche als die Aufgabe der Negierung bezeichnet würde, eben nicht auf dem Bo den der Verfassung stehe und gegen die Extreme gerichtet sei, sondern sich zwischen den Absolutismus und die Verfassung stelle und zwischen diesen beiden vermitteln wolle, was nicht der richtige Standpunkt sei. Den An trag erklärt der Redner als ein MiStraucnsvotum gegen den dermaligen Director des Ministeriums (Rettig). Darauf aufmerksam gemacht, der Antrag enthalte einen Eingriff in die Prärogative der Krone, erwiderte der Berichterstatter, dies sei das alte Lied der Bureaukralie, welche die Krone zu ihrem Aushängeschild« nehme und eben dadurch ihre Würde verletze. Der Antrag der Commission wurde hierauf mit 36 gcg.n 22 Stimmen angenommen, und sodann nach dem Anträge der Budgcicom- misflon für die Besoldung eines DircctorS statt der gcfoderten 4000 Fl. dir früher genehmigte Summe von 330V Fl. bewilligt. (Bad. BI.) * ÄNSStl, 25. Juh ^>cr StaatSrath Mackcldcv, der vor kur zem das Portefeuille des Justizministeriums verloren hat und nunmehr von hier nach Hanau in der Eigenschaft eines DirectorS des dortigen Obcrgerichts verseht worden ist, welche Stelle schon seit geraumer Zeit erledigt geblieben war, büßt bci diesem AmtSwcchscl an Gehalt und son stigen Emolumenten die Summe von jährlich 7 — 900 Thlrn. ein. Er geht auch schon darum ungern von Kassel weg, weil er zwei Söhne zu- rücklaffcn muß, von denen einer im Civildicnstc, der andere im Militair- dienst angcstellt ist. Man sieht cö als sehr wahrscheinlich an, daß dem cin- grtrctcnen Wechsel in der Vorstandschaft des JustizdcpartcmcntS binnen kurzem auch eine in der des Departements des Innern Nachfolgen dürfte. Wie es allgemein heißt, hat nämlich der vor noch nicht langer Zeit zum Minister des Innern ernannte Gcheimrath Ko ch sich veranlaßt gefunden, um die Entlassung von seinem Amte nachzusuchcn. Einstweilen hat derselbe einen vicrwöchentlichen Urlaub genommen und ist von hier nach dem Bad Ems abgireist. Interimistisch ist hierauf d«m besonderes Zutrauen des Kurprinzen - Mitregenten genießenden LandtagSeommissar Ministerialrath Scheffer, dem setzt der Titel und Rang eines StaatSrathS zu Theil ge worden, das Portefeuille des Ministeriums des Innern übertragen wor den, und es hat ganz den Anschein, daß er definitiv zu dieser Stelle auöcrschcn sei. Man glaubt jedoch, daß Gcheimrath Koch Mitglied des Gesammtstaalsministcriums blcibcn und Sitz und Stimme in dem selben behalten werde. Manche vcrmuthen, daß er vielleicht bestimmt sein könnte, den Posten eines Gcncraldircctors der Staatseiscnbahnen zugleich zu übernehmen. Nachdem vor kurzem der Artillericoberst Gerland, der diese Stelle mit dem damit verbundenen ansehnlichen Gehalte bekleidete, zu seinem CorpS wieder zurückoersetzt worden, ist dieselbe unbesetzt gr- vliebcn und offen gelassen worben. Die Beschlagnahme sämmtlicher hier angekommcnrn Exemplare der II. Lieferung der 2. Auflage des Nolteck-Welcker'schcn StaatS- lexikonS von der Polizeibehörde (Nr. 207) ist darum beliebt worden, weil sich in gedachter Lieferung dieFortsetzung eines in der ersten Auflage vom Professor Jordan verfaßten Artikels unter der Aufschrift „Cassel", von Wichelm Schulz in der Schweiz bearbeitet, befindet. Der Zweck dieser Maßregel ist ohne Zweifel kein anderer, als die Verbreitung des in dem fxaglichcn Artikel über kurhcssifche Zustände Mitgetheiltcn zu ver hindern; aber im Auslände wird derselbe durch die Confiscation im Jn- lande nicht erreicht, und in letztexm braucht man nur 15 Sgr. anzuwcn- den, um sich ein Exemplar der bci den hiesigen Buchhändlern confiScirten II. Lieferung der neuen Auflage des Staatslexikons von Göttingen oder Frankfurt a. M. kommen zu lassen. Ucberdics enthält der besagte Arti kel nichts, was nicht hier an Ort und Stelle einigermaßen Unterrichteten längst bekannt gewesen wäre. * Aus Holstein, 26. Jul. Unsere Angelegenheiten treten in eine neue Phase. Am 24. Jul. übergab die Standeversammlung des Her- zogthums Holstein dem königl. Commissar die Adresse an den König, die gewöhnlich nach der Eröffnung cingcreicht wird, diesmal in ernsten, kräftigen Worten, ganz in dem Sinne, wie die Proteffation vom Jahre 1844, und am 25. Jul. dcS Morgens gab der Commissar sie der Ver sammlung wieder zurück, mit dem Bemerken, daß er sie zur Beförderung an den König nicht annchmen könne, da die Erbfolgcangelegenheit darin besprochen sei. Es wurde proponirt, daß die Stände sich an den Bun destag wenden mögen, wie cs die verschiedenen an die Stände cingelau- senen Adressen beantragen; und da am 25. Jul., einem Sonnabend, viele Dcputirte nach Hause reisen und auch Sonntag keine Sitzung ist, so wird am 27. Jul., wie man allgemein glaubt, über die schon entwor fene Verwahrung an den Deutschen Bund discutirt werden. Sollten sich die Diskussionen etwas in die Länge ziehen, so ist es möglich, daß der Commissar inzwischen von Kopenhagen aus die Weisung erhält, die Ständeversammlung aufzulöscn, und dann dürfte es schwierig werden, eine Klage an den Bundestag zu bringen, da kein gesetzliches Organ weiter besteht, indem die Ritterschaft wol kaum als ein solches angesehen werden wird, wie ja früher ihre Klagen auch nicht beachtet worden sind. Die täglich mehr gesteigerte Erwartung und Aufregung hat cincn hohen Grad erreicht, ohne daß jedoch Unruhen zu befürchten sind; dazu ist der Holsteiner zu besonnen, man wünscht Alles auf gesetzlichem Wege abzu- machcn. — Das Bedenken der Commission, die zur Untersuchung der Erbfolge eingesetzt war, ist nun auch in der bairischen Collegialzcilung er schienen. --- AuS Eel vom 25. Jul. schreibt das Kieler Corrcspondenzblatt: „Gestern langten Landgraf Wilhelm zu Hessen und Gemahlin sowie Prinz Christian von Glücksburg hier an und begaben sich zu dem Herzog und der Herzogin von Holstein Glücksburg auf das Schloß. Heute reisten dieselben weiter nach dcm landaräflichen Gute Panker. Auch bc- sindcn sich zwei jüngere Brüdcr des Herzogs von Glücksburg hier zum Besuch, und heule Mittag traf mit dem Bahnzugc der Prinr von Hes sen-Kassel, Gouverneur von Magdeburg, hier ein. Dcm Vernehmen nach wird die Confcrenz, welche zwischen mehren Gliedern des holsteinischen Gesammlhauscs dem Gerüchte nach in diesen Tagen hier gehalten werden sollte, nicht stallfindcn." Braunschweig, 23. Jul. Nachdem heute der landständische Aus schuß zusammcngetretcn war, um über das von der Negierung publicirte Finanzgcsetz zu bcralhen, machte ein Mitglied den Vorschlag, bei dcm Ministerium anzufragen, wie dasselbe rücksichtlich der von den Ständen nicht genehmigten Positionen zu verfahren gedenke. Dieser milde Vor schlag fand aber keinen Anklang, indem der Stadldircctor Bode den weit energischer» stellte, von dem Landshndikus ein Gutachten darüber zu ver langen, ob in der Publikation des Finanzgcsctzcs eine Verfassungsver- lctzung liege. (B. Z.) M v e u ß e «r ** Berlin, 27. Jul. Mehre auswärtige Blätter, namentlich die Mannheimer Abendzeitung, die Trierer Zeitung und die Hamburger Neue Zeitung bringen in der letzten Zeit mehrfache Mitthcilungcn über den hie sigen Handwerkerverein, welche den Thatbcstand der Vorgänge, um die cs sich handelt, in einer Weise entstellen, die der Wahrheit durchaus zuwider und ganz armenscheinlich darauf berechnet ist, den Verein selbst sowie das von dcm Vorsitzenden desselben i» der fraglichen Angelegenheit beobachtete Verfahren in falschem Licht erscheinen zu lassen. Ohne uns auf eine Widerlegung des ganzen Gewebes von Unwahrheiten cinzulas- fcn, aus denen die von den erwähnten Blättern gegebene Darstellung zu-