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- Nr 153 - S. Junius 184«. 2 Ngr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Isnpjlg- Die Zeitung «rsNiem, täglich Lbendg. Au beziehen durch alle Postämter de« In- und Luilande«. Deutsckr Allgcmckuc ZekNmg. ZWL Ueverblick. jveutschl««d. »»von der Elbe. Di- jüdischen Zustände. oLhemnitj. > Die Bürgermeisterfrage. — Die I. Kammer in Hannover, -s Stutt gart. Der König. Das Schillerfest. »von der württemberaischcn Donau. Das Hcrbstmanoeuvre. Kirchliches. Mannheim. Untersuchung. - , Sicherungsmaßregeln. . Arenen. (-s-)Äerlin. Replik. Die Advocatenversammlung. Hr. Wieck. »Magdeburg. Die Leichenhcstattung. oHalle- Wislicenus. »Posen. Verleumdung. Sir Moses Montefiore. Verkehr: Der Bahnhof, »von der poscnschen Grense. Die Truppen. Das Verfahren gegen die Po len. — Graf de la Vaux. Lissowski. - KkOrrretH. —Wien. Die Camaldulenser. chpesth. Pater Cölestin. Die Ungarn. -«-Aus Ungarn. Die Opposition. Die Excessc in Agram. Die unirten Griechen. Das Ministerium. Die Armee. »Paris- Stimmungen. Die Königin. Der Friedensfürst. HDrvGUritannien. Die Gctrcidebill. Die Centralbehörde für Verwaltung milder Stiftungen. Lord Delawarr. Artillerie. Die Limes. Frankreich. Der König. Deptttirtenkammer. Der Proceß Lecomte. Lud wig Bonaparte, fparis- Hr. Thiers. Mtederlande, Das Ministerium des Innern. Das niederländisch-ostin dische Borneo. MvOtand und Polen. * Petersburg. Der Uebertritt von der griechi schen Kirche. WinikNfchaft und Munst. Karten und Schriften von Ostindien. — MadaNte Äranchu. Handel «Nd jUnbugtrie. »Leipsig. Eröffnung der Sächsisch-Baierschen Eisenbahn bk-Reichenbach. Die Göltzschthalüberbrückung. HxnkKndtgMN-en. 1V k dl l a « . »*üon d/r Etde, 29. Mai. Es ist nun ungefähr 70 Jahre, daß »i« U«f»«ksaricktit dmtscher Staatsmänner zuerst durch die Schriften <i«S Leffitg, Dehln «nd Herder auf die Verbesserung der jüdischen AüKLnve hiugelenkt wurde. Hierbei stellte sich bald heraus, wie noth ivendig eS sei, vorzugsweise auf die innere Civilisation des jüdischen Volks .z« wirken; mir verstehen hierunter nicht etwa das willkürliche oder ge zwungene Aufgeben gewisser Reliaionsansichten und heilig gehaltener ,-Satzungen, .sondern ei« bewußtvclles Eingehen in den erweiterten Be- KrimSkreis der, Neuzeit und lebendige Theilnahme an den socialen und -Emturbestrebmigen der europäischen Menschheit. Doch nicht bloß eine ma- sterielle Abrichtung der Juden zu Berufsgattungen, woran sie lange nicht gewöhnt waren, durfte erzielt werden; dagegen war darauf zu sehen, daß jetzt, nickt, anstatt des früher» Stabilismus, dessen entgegengesetztes Ele ment, Jndiffercntismus oder gar Religionsverachtung, bei den zur Aer- standesricktung ohnehin mehr geneigten Juden die Oberhand gewänne. Innere Religiosität, Sinn für das Heilige und Göttliche, gcmüthvolle Anhänglichkeit an alte ehrwürdige Urkunden, die Jahrtausende bestanden, mußte vielmehr im Juden erhalten, gefördert Und da nöthig geweckt wer- Len, wenn der neue BildungSproccß zur wahren Cultur führen und nicht nn Leichtsinn und Materialismus ausartcn sollte. Von dieser Ansicht aus- -grhend wurde auch seitdem nach und nach in fast allen deutschen und auch manchen außerdcutschen Staaten das Hauptaugenmerk auf Verbesserung -es jüdischen Religionsunterrichts gelenkt, womit theilweisc (wie z. B. im Königreiche Sachsen, Württemberg rc.) die staatliche Beaufsichtigung des jüdischen CultuS und Veredelung desselben verbunden ward. Mit einer solchen naturgemäßen allmäligen Entwickelung aber, die je nach der Energie und Umsicht, womit inan sie handhabt, schon ihre ge deihlichen Früchte bringen wird, nicht zufrieden, hat man das Civilisa- lionspreblem in neuester Zeit auch auf das Wesen der Religion selbst auszüdehnen versucht, und unter dem Vorgeben, die Glaubensarundsähc «nd Ecremonien mit dem Zeitbcwußtscin in Einklang zu setzen, haben sich an mehren Orten Ncformvercine und Genossenschaften gebildet. Es kann hier nicht der Ort sein, den Werth oder die Berechtigung dieser Rcform- versuchc vom theologischen Standpunkt aus zu beleuchten; mögen sic auch vielleicht manchen relativen Nutzen haben, bei Einzelnen religiöses Be- dürfniß anregend, so steht doch für den nicht an der Oberfläche haftenden Beobachter so siel fest, daß der oben angegebene universale Zweck.-.Er haltung und Beförderung der Religiosität bei der Gcsammthcit der jü dischen Bevölkerung, durch jene Vereine nicht nur nicht gefördert, son dern vielmehr gehemmt wird. Die immense Mehrheit der Juden in Deutschland, durch jene «'m Sturmschritt unternommenen Reformen mis- trauisch geworden, wähnt setzt, daß man ihr auch mit dem unwichtig sten Gebrauche die ganze väterliche Religion rauben will, und sträubt sich somit auch den besonnensten Vcrbcsserungövorschlägcn Gehör zu geben, wie die Erfahrung schon hier und da gezeigt hat. Es ist zu bedauern, daß die beiden zu Braunschweig und Frankfurt a. M. gehaltenen Rgb,- binerversammlungen jenen höhcrn Gesichtspunkt: nicht zu schnell zu re- formiren, wohl aber solche Einrichtungen vorzuschlagcn, welche von der Mehrheit der jüdischen Gemeinden allenthalben ohne Widerstreben ausge nommen würden, nicht berücksichtigt Haden, daher sie auch auf den religiö sen Zustand der Gcsammthcit der jüdischen Bevölkerung säst gar nicht einwirkten. Wenn nun hiernach einerseits durch radicale Umwälzung und ande rerseits durch Erstarrung in der fortschreitenden Civilisation der Juden ein Stillstand zu beginnen droht, so muß jedes Streben, dieses Uebel zu be seitigen, hier den sich überstürzenden Wogen Einhalt zu gebieten und dort der Stagnation frisches Leben einzuhauchen, dem denkenden Menschen freunde erfreulich sein. Ein solches Streben erkennen wir nun in dem vom Oberrabbincr Frankel in Dresden erlassenen Aufrufe, worin alle dem gemäßigten Fortschritte huldigenden Rabbiner und mit wissenschaftlicher Bildung theologische Kenntnisse vereinigenden Israeliten (denn das Judcn- thum kennt eigentlich feinen Unterschied zwischen eingestellten Rabbinern und sogenannten gelehrten Laien, so war z. B. der in der jüdischen Theo logie tonangebende Maimonides kein angestelltcr Rabbiner) zu einer wo möglich im nächsten Herbste zu haltenden Confercnz cingeladcn werden. Wir entnehmen dem erwähnten, mit religiösem Schwung und glühender Ueberzeugung abgefaßlen Aufrufe hier folgende Stellen, woraus dessen Tendenz besonders ersichtlich ist. Von der Fortbildung sprechend, heißt cs: „Nicht nur weil das Leben drängt — sein Verlangen wird nie ganF befriedigt werden können, und ist dies doch gerade das Ziel des Glaubens, das Leben zu sich zu erheben und dem Göttlichen den Sieg über äußere Hindernisse zu verschaffen —, sondern weil auch die erweiterten Begriffe und die vorgerückte Bildung Manches, das an sich unwesentlich ist, zu rückweist, weil der Glaube auch unsern Kindern und spätem Nachkom men erhalten werden soll, weil endlich in der Veredlung selbst eine Er höhung des Glaubens liegt. Die Vermittelung der Erhaltung und Fort bildung, dieser scheinbar sich widersprechende und doch nur ein Einziges, Unzertrennbares bildende Begriff ist die Aufgabe, die unsere Zeit zu lö sen hat.... Der religiöse Ernst, der Geheiligtes, Unantastbares anerkennt, der nicht mit der Gegenwart beginnt und sie zur Schöpferin eines Reli gionsbekenntnisses machen will, sondern für den cs eine Vergangenheit gibt, deren Geheiligtes er in sich aufnimmt, ist die alleinige feste Unter lage für Erhaltung und Fortbildung." Am Schlüsse wird gesagt: „Und so mögen denn viele gleichgesinnte Männer, die Erhaltung und Fortbil dung wollen, die in einem gemäßigten Fortschritt Erhaltung erblicken, sich zu cmerZusammenkunft vereinigen. Ein solches Zusammentreffen hat auch die wohlchätigsten Folgen für eine gegenseitige Äeußerung; es wird der religiö sen Erziehung und Belehrung ersprießlich sein, wird manche Besprechung im Interesse der Wissenschaft des Judenthums und deren Wiederbelebung fördern, wird endlich das Vertrauen der Gcsammthcit stärken und ihr eine Vertretung ihrer religiösen Interessen zeigen, die mit Mäßigung be ginnt und fortschreitet, deren Resultat nicht aus Umsturz und auf Auf sehen Erregendes Hinzielen, sondern die erhalten und mit religiösem Ernst, sern von Starrheit wie von Leichtsinn, auftretcn will. Wohl wird sie hinter den Wünschen der Fortcilenden und sich Ueberstürzendcn zurückblci- ben, und werden die Resultate Manchem unbedeutend scheinen; allein ist doch dieses das Zeichen der Mäßigung, daß sie mit Mäßigung vorwärts schreitet; ihre Früchte reifen um so sicherer und bringen einen den Glau ben befestigenden und befördernden Erfolg." Zeit und Ort der abzuhal tenden Confercnz soll noch später bestimmt werden. So wünschen wir denn diesem Unternehmen den gedeihlichsten Erfolg, welcher am sichersten dadurch erzielt werden wird, wenn der beabsichtigten Conserenz hauptsächlich solche Männer beiwohnen, die, fern von Partei ansichten, das Ganze im Auge haben und auch diejenige Thatkraft und Furchtlosigkeit besitzen, um manchen bestehenden Vorurthcilen der Menge, welche ihrer innern Ueberzeugung widersprechen, ohne Rückhalt und Rück sicht entgcgcnzutrcten. 0 Chemnitj, 31. Mai. Unsere Bürgcrmcistcrfrage hat nun ihre Lösung gefunden, indem die KrciSdircction durch Verordnung vom 25. Mai entschieden, vaß Schanz in Schöneck, weil er Lie meisten Stimmen beim Stadtralhc gehabt, Bürgermeister in Chemnitz sein solle. Es wurde dies gestern dem BürgcrauSschuffe notisicirt und von diesem mit bedeutungsvollem Schweigen ausgenommen. Ob Schanz die Stelle annehmen wird, da ihm bekannt ist, wie Viele er hier gegen sich hat? — Am 25. Mai nahm die l. Kammer in Hannover den Antrag: „Stände haben aus der zweiten Petition der sogenannten Deutsch Katholiken vom 20. April d. I-, und aus sonstigen, auf zuverlässige Weise empfangenen Mitthcilungcn vernommen, in welcher Maße von der königl Regierung für die religiösen Bedürfnisse der sogenannten Deutsch- Katholiken in Hildesheim gesorgt ist, und sic hcgcn demnach das zuver sichtliche Vertrauen, daß die königl. Negierung auch fernerhin das vcr-