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auf diesen Verträgen die Ordnung von Europa ruht, und weil ihnen eben diese Ordnung zuwider ist: so findet diese Klage in Deutschland und na mentlich auch am Rheine keinen Widerhall, denn die Rheinländer haben den Ruhm jener Zeit und den aus derselben sprossenden Wohlstand mit den übri gen Preußen gethcilt. Dagegen wird cs aber der katholischen Propaganda leichter, aus den religiösen Sinn der Rheinländer und auf ihre Anhäng lichkeit an die Kirche zu spcculircn. Sie sucht fortwährend aus Belgien Fäden hcrübcrzuspinnen und jede Aufregung um kirchlicher Dinge willen immer am Rhein, in Westfalen und Posen zugleich anzufachen und für ihre Zwecke zu benutzen, um, wie sie einst Belgien von Holland trennte, so auch die Bande zu lockern, welche diese Provinzen mit d?r Monarchie vereinigen. Au diesem Behufe schleppt sie auch ihr gemeinschaftliches re- volutionaires Programm mit über die Grenze, um den freisinnigen Rhein ländern zu gefallen; allein dasselbe wird ihr unter der Hand zu einem ganz erträglichen Constitutionalismus. Erst in unsern Tagen ist Hr. Adolf Bartels, ein Hauptfaiseur der Propaganda, mit einem unum wunden rcoolutionairen Plane hcrvorgctrcten, indem er nichts Gerin geres in Vorschlag bringt, als die Rheinland«: ohne weiteres von Preußen loszureißen. Er fragt in seinem genannten Aufrufe seine bel gische» Landsleute: „Können wir nichts für den Gang der polnischen Sache thun? Hat Polen nichts von uns zu hoffen, die wir zugleich der Sache unserer eignen Nationalität dienen, indem wir der polnischen die nen? Belgien ist verstümmelt wie Polen, und Preußen ist der Nachbar von Belgien wie von Polen. Eine Propaganda am Rhein wäre eine glückliche Diversion für den Kampf in Posen; Preußen wäre von seinen Enden aus zwischen zwei Feuer genommen." Er entwickelt nun die Grundlagen seiner belgisch-rheinischen Konfö deration, welche darin bestehen, daß Belgien und Rheinland als zwei selbständige Staaten neben einander ihre eigne Negierung, Verfassung und HeereScinrichtung besitzen, unter sich aber verbündet sein und eine gemein samc Zolllinie mit Frankreich am Rhein gegen Deutschland haben sollen." Wir glauben, daß dieser lächerliche Einfall am Rhein mit demselben Hu mor ausgenommen worden ist als Hier, denn die politische Erbitterung der Rheinländer, auf die Hr. Bartels die Ausführung seines Plans baut, ist doch nur eben in seinem eignen und seiner Sinnesgcnossen Kopfe vor handen. Von dieser Seite hat Preußen wahrscheinlich keine Gefahr zu fürchten, und auch in religiöser Beziehung ist die Gefahr keineswegs so ernst, wie die Propaganda glauben machen möchte. Ein praktischer Sinn und eine auf freier» Grundlagen gewonnene Bildung schützt das Volk vor der Knechtschaft unter dem Jesuitismus, und die Geistlichkeit findet gegen denselben eine Stützt in einer freier als in Belgien regulirtcn Schule und in ihrer Anhänglichkeit an Rom, welches in der That von der Pro paganda mehr zu fürchten hat als von dem Deutsch - Katholicismus und andern Bildungen, welche im Gegensätze zum Jesuitismus aufgetaucht sind. In dieser vollen selbstbewußten Sicherheit hat Preußen das Herz Ler Rheinlande auch ruhig gegen Belgien geöffnet; hat durch genaue Auf rechterhaltung der Verträge Belgiens Nationalität geschützt, ohne Einmi schung in seine inner« Angelegenheiten, und hat Belgien von. selbst an deutsche Interessen herangeführt,, weil dasselbe von Deutschland nichts zu fürchte» hat. „So wird es Preußen gelingen, weil es nicht auf seine Macht hin, sondern auf Grundlage des Zollvereins Belgien und die Rheinlands vereinigt, die wahre und gedeihliche rheinisch-belgische Kon föderation immer mehr anzubahnen, ohne Gefahr für irgend eine Selb ständigkeit, eben so wenig eine Eroberung suchend als duldend." *AüS Schlesien, 23. Mai. Es ist in diesen Tagen im nimpt- schcr Kreis ein Verbrechen begangen worden, das an die Miffcchatcn der gedrückten Landbewohner Irlands mahnt. Ein bürgerlicher Guts besitzer, von dem gesagt wird, er sei etwas streng in der Ausübung der ihm zustchenden Rechte, hat ein Feld prachtvollen Rapses. Zn einer Nacht ist derselbe nicdergemäht worden, den Schaden gibt man auf einige Tausend Thlr. an. — In der Berlinischen Zeitung stellt Hr. M. Müller die neulich (Nr. lää.) aus derselben Zeitung mitge'theilten Angaben über durch den deutsch- katholischen Prediger Brauner vollzogene Trauungen als entstellt und unbegründet dar. — Der Westphälische Merkur erklärt die von dem berliner -/--Correspon- dcnten in Nr. 136 mitgetheilte Nachricht über die von einem Regicrungs- commissar in gewissen Districten des Münstcrlandes angcstcllten Unter suchungen der Ärbeiterzustände für unbegründet. Defteeveich. f Lemberg, 19. Mai. Wenn auch das durch verschiedene Elemente aufgeregte galizische Landvolk, besonders jenes der westlichen Kreise, in der Bestellung der Sommersaat für sich selbst und dessen Grundherren saumselig war, so ist diesem dennoch durch die weisen Maßregeln der Regierung und begünstigt durch entsprechende Witterung so weit abgc- holfcn worden, daß gesammte Saaten vortrefflich gedeihen und eine Aernte wie selten versprechen. Die Aushebung der weiten Frohnfuhren (meist zur Verführung der durch den Grundherrn verkauften Productc) hatte die Bauern auf die Idee gebracht, daß die gesammte Frohne oder Roboth aufgehoben sei. Dieser Wahn wurde ihnen durch eindring liches Einschreiten so ziemlich benommen, nun aber verlautet in der Thal, Laß die österreichische Regierung die Robothpflicht des Bauers an seinen Grundherrn in Zinszahlung folgendermaßen zu verwandeln vorhat. Es solle nämlich für die Zahl der zu leistenden Wohn- oderRobothtaae ein Zinsfuß festgesetzt werden, den der Bauer sammt der Steuer an das Aerar abtragt. Wiewol dieser Zins dem Grundherrn zu gute käme, so nähme ihn doch das Aerar ab, theils um den Bauer in minderer Berührung mit dem Grundherrn zu erhalten, ihn vor Uebcrvortheilungcn zu wahren, isri theils aber auch um hinsichtlich der Steuern, die der Grundherr zu geben hat, sich sicher zu stellen. Von dem solchergestalt eingcbrachten Zins würde die Dominica!- oder herrschaftliche Steuer abgezogen, der Uebcrrcst aber mittels Coupons berichtigt. Der Grundherr, um seine umfangreichen Felder zu bestellen, würde so genöthigt sein, entweder mehr Gesinde zu halten, oder den Bauer zur Arbeit zu dingen. Allerdings würde der Bauer noch immer vom Grundherrn abhängig sein, so lange Letzterer im alleini gen Besitze der Waldungen, Weidegrunde, der Jagd und Fischerei, des Brau- und SchankrechtS sein wird. Gcmeindcwaldungen, wenn dieselben je etwa bestände.;, sind längst ausgerodet und in Ocdcn verwandelt, die nicht einmal eine Weide abgeben. Ueberhaupt sind die Gcmeindeweiden in dem schlechtesten Zustand und daher nicht ausreichend. Der galizische Bauer war bisher gewohnt, das Holz zur Feuerung vom Grundherrn zu nehmen und durch Roboth abzutragen. Gegen ähnliches Entgelt ge stattete ihm bisher der Grundherr die Beweidung der herrschaftlichen Brach- und Stoppelfelder, die Fischerei in Flüssen, er bethcilte ihn mit Branntwein und Bier, dann mit dem von der Regierung in großen Quantitäten abqckauften Salz, er hat ihn m Mißjahren mit Getreide zur Saat unterstützt. Bekanntlich ist der galizische Bauer nichts weniger als arbcitslustig; dazu kommt noch, daß er die wenigen Erträgnisse sei ner Grundstücke und überhaupt seiner auf der niedrigsten Stufe befind lichen Wirthschaft mit dem schlauen wucherischen Juden bisher zu theilen gewohnt war. Um nun den Bauer vor der Abhängigkeit des Grundherrn und Ju den zu schützen, ist es dringend crfoderlich, daß ihm ein nationales Be- wirthfchaftssystcm, und zwar die Einführung der Wcchselwirthschaft, der Anbau der Hackfrüchte, Verbesserung der Viehzucht und Bienenzucht, und weil er nicht lesen kann, dieses auf praktische Art mittels landwirthschaft- lichcr Volksschulen beigcbracht werde. Die Einsetzung von Wirthschafts- räthen in gesammte» Kreisen, die ihre Bezirke bereisen, den Bauern mit Rath und That bcistehen, deren Thätigkeit überwachen und sie mit Hülfe der zu gewärtigenden Pflegcqcrichte, da die Patrimonialgerichtsbarkeit ab geschafft werden soll, vor Juden und andcrm Schaden in Schutz neh men, ist eine dringende Maßregel, die die weise österreichische Regierung nunmehr in Bcratyung genommen haben soll. Wird nun dieses und der Zug der Staatscisenbahn aus Schlesien bis Lemberg und von da nach der Buckowina und der Moldau einmal zu Stande kommen, so wird der galizische Bauer, aufgemuntcrt durch bequemen Absatz seiner Produkte, seine Scholle desto fleißiger bewirthschaften und von dem Grundherrn ganz unabhängig werden. Der neue Landescommandirende in Galizien, Feldmarschalllieutenant Frhr. v. Hammerstein, ist am 14. Mai Abends hier eingetroffen und hat die Aufwartung sämmtlicher Civil-und Militairbehördcn am 17. Mai ent- gegengsnommcn. Allgemein wird die Abreise des wegen seiner großen Humanität und seines Wohlthätigkeitssinnes in dankbarem Andenken hier verbleibenden vorigen Kommandirendcn, Feldmarschalllicutenants Frhrn. v. Retsey, hier bedauert, welcher zum zweiten Capitain der königl. unga rischen adeligen Garde ernannt worden ist. Boi unserer galizischen Eisenbahn ist leider noch keine Hand angelegt worden, doch wird schon nivesiirt. Gebe Gott, daß dieses frucht bare Unternehmen zum Wohle Galiziens und der Nachbarländer zur Aus führung gelange. -l- Aus Ungarn, 23. Mai. Der bereits (Nr.139) gemeldete Abfall der in der Umgegend von Carlowitz in Slawonien ansässigen griechischen nicht unirtcn Gemeinden macht steigendes Aufsehen. Nicht ohne Besorgniß betrachtet man die wachsende Macht der orientalischen Kirche in diesem Lande, und so grundlos es jetzt wäre, unmittelbaren, offenbaren russischen Einfluß bei diesem Vorgänge vorauszusctzen, da nun einmal alle Beziehungen sich dahin zu vereinigen scheinen, der sogenannte rus sische Panslawismus beschränke sich höchstens auf die europäische Tür kei, so läßt sich nicht verkennen, daß die epidemische Russenfurcht auch an der Beurtheilung dieses unerhört raschen Abfalles ihren guten An theil hat. Wie wir bereits vorhersagten, hat sich die oppositionelle Partei dieses Gegenstandes bemächtigt und bemüht sich, ihn so gut als möglich auSzubeutcn. Nicht gegen das Princip der Conversionen, welches mit dem der Gewissensfreiheit auf das innigste zusammenhänat, sind ihre Reclamationcn gerichtet, sondern gegen die Forni der königl. Verordnung, wodurch das auf dem letzten Reichstag erlassene Ncligionsacsetz einseitig modificirt worden sei. Manche, welche in dem so unendlich verworrener^ ungarischen Staatsrechte wohlbewandert sind, meinen, jedenfalls stehe deist Könige das Recht zu, in besonders dringlichen Fällen nach der Analogie anderer Gesetze provisorische Verfügungen zu erlassen. Dessenungeachtet sollte es uns nicht Wunder nehmen, wenn sich hieraus eine förmliche Agitation entwickelte; an Comitatsrepräsentationen wird es sicherlich nicht mangeln. So hat cs z. B. bereits Bihar gcthan. Da die Con- vcrstonstendenz sich bei dem größten Theile der griechisch-unirtew Be völkerung der Monarchie zu äußern beginnt, so dürfte die nicht über triebene Zahl von 3V,OVtt Seelen vielleicht noch wachsen. Der Erz herzog-Palatin ist, ungeachtet er vor kurzem erst die Residenz verlassen hatte, schleunig wieder dahin abgereist, und man ist sehr begierig zu er fahren, ob es möglich sein dürfte, ein ausgleichendeß Mittel in dieser schwierigen Sache zu finden. Das zipser Comitat hat in einer besondern Repräsentation für die Polen um Gnade gebeten. Spanien. Das Bolctin del Excrcito will wissen, daß die französische Regie rung bei der spanische» um die Gestattung des Rcmonteankaufs für die afrikanische Armee angesucht habe.