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Sonntag Nr. 137. 17. Mai 184«. DUM Deutsche Allgemeine Zeitung «Wahrheit und Recht, Freiheit «nd GesetzI» Preis für das Merkel« j«hr 2 T»Ir - InsertionSgebuhr für den Raum einer Seile 4 Ngr. Ueberblick. Deutschland. — München Die Opposition und der Biergesetzentwurf. München. Landtag. * Nürnberg. Excesse. SS Dresden-Landtag. Äarls- ruhe. Landtag. Preußen. ** Herlin. Die Jesuitenanstalten. 0 Herlin- Die Zwistig keiten in Galacz. * Köln. Die Bäcker. Unfall. Unterstützungsverein. Oesterreich. ** Presburg. Coniitatswahl. Straßenwesen. Banknotcn- fälschung. — Die Kaiserin von Rußland. Spanien. Die Königin. Die Cortes. Don Caballero. Don Sabatcr. Elorrio. Großbritannien. Die Journale über die Begebenheiten der letzten sieben Lage. Falsche Quittungsbogcn. Der Stadtrath von Edinburg. Frankreich. Parlament. Hr. Dittmer. Eroberte Standarten. Algerien, ch Paris- Die Presse. Belgien. Schweiz. Ronge und Sonnenberg. Italien. *kom. Die Kaiserin von Rußland. Baron Chambeau. Fest für Ludwig Philipp. Prinz Borghese. Hr. v. Usedom. Graf Riccini. Mußland und Polen. Eine Aufhebung. Personalnachrichten. Handel und Industrie. * Leipzig. Börsenbericht. — Berlin. Ankündigungen. Deutsch la« — LNÜnchen, 12. Mai. Ohne ein günstiges Geschick könnten wir heute vielleicht Betrachtungen über die Frage anstelle», in welchem Zu sammenhang etwa eine Feuersbrunst im Ständchause mit der Discuti- rung des Biergesetzentwurss stehen dürfte. Während der gestrigen Abendsitzung entstand nämlich eine Feucrsgefahr im Ständehause, die je doch bei dem sofortigen Löschen eines entzündeten Balkens nur eine ganz augenblickliche war. Desto schärfer und länger hielt der Kampf im Saale der Abgeordneten über die einzelnen Bestimmungen des BiergesetzcS an, und cs fehlte sogar nicht an Momenten, wo der Eifer der Opposi tion zu heftigen Auftritten führen zu wollen schien. Wer war aber dies mal die Opposition? Die Antwort ist sehr leicht, einige adelige Brauerei- bcsitzer und die ziemliche Menge bäuerlicher und bürgerlicher Brauer in der Kammer, und da die Letzter» zu den Rednern eben nicht gehören, so beschränkte sich die nicht bloö abstimmende, sondern auch redende Opposi tion auf die vier Edelleute Baron v. Habermann, Baron v. Gumppen- berg, Baron v. Closen und Baron v. Lcrchenfeld, und ein nicht blos ko mischer, sondern, um seines bittern Ernstes willen auch höchst beachtens- werthcr Umstand ist es, daß gerade die drei letztgenannten Adeligen sonst stets mit der Opposition gegen die Regierung für den sogenannten Fort schritt zu-stimmen, ja die Opposition m dieser Richtung zu leiten pfle gen, während sie gestern und heute für den schnurgeraden Rückschritt, v- h. für den vollsten Zunftzwang und all seine unfugvollen Anhängsel kämpften. Hoffentlich soll die diesmalige Opposition um so sicherer un terliegen, je ausschließendcr sie auf sich selbst beschränkt blieb; denn kein sonstiger Liberaler, nicht ein einziger Pfälzer rc., hat sich ihr bis zu diesem Augenblick angeschlossen. Mitunter ist es traurig, die Sonderin teressen so vorherrschen zu sehen und sich überzeugen zu müssen, daß ih rem Reize selbst Manner nichck zu widerstehen vermögen, die nicht blos gewohnt sind, tagtäglich von Freiheit, gleichen Rechten für Alle und vom neben Fortschritte zu reden, sondern die sich durch ihr vieles Reden über solche schöne Dinge nach und nach auch in den förmlichen Ruf echter Liberalität gebracht haben. Was haben die Closen, die Gumppenberg, die Lerchcnfeld rc. seit dem Beginn dieses Landtags nicht Alles über die Censurknechtschaft und über die Preßfreiheit gesprochen, zur Freude der Zuhörer und zum Entzücken der Leser gesprochen! Und nun ihnen die Regierung einmal wider Nutzen und Geschmack zu liberal ist (weil sie durch das Fallcnlassen des Princips der Biertaxirüng und durch Aufstellung des Grundsatzes der Concurrenz offenbar einem Fortschritt huldigt, der dem Bierzunftzwange gegenüber kein geringer ist), spricht z. B. Baron v. Lerchcnfeld den bittersten und herbsten Tadel gegen die Regierung auch darum aus, weil sic nicht durch ihre Censorcn und durch die Polizei jene Bestrebungen der Presse unter drückt habe, die, geschickte und ungeschickte, gut- und übelgcmeintc, un ter einander geworfen, doch alle die löbliche Absicht hatten, Regierung, Brauer und Publicum über alle nur denkbare Viermöglichkeilcn thunlichst aufzuklären und zur Entfernung der gegenwärtigen Biernoth das Mög lichste beirutragen. Diese Preßfreiheitstheorie erinnert an so manches Andere, was seit diesem Landtage, und besonders während seiner er sten Hälfte, von gewissen andern Seiten ausgegangen ist, und im ersten Augenblick auch so aussah, als wäre Ernst, Natur und Nachhaltig keit dahinter. Man zeigt Mancherlei, was wohl darauf berechnet und dazu geeignet, die Menge momentan zu unterhalten, ihr zu schmei cheln und sie von der Zukunft noch qoldenere Berge hoffen zu lassen, aber durchaus unfähig ist, den Probirstcin der Zeit und der Ereignisse zu bestehen. Ein leiser Versuch, am aristokratischen und zunftmäßigen Haushalt und Herkommen zu rütteln, und die Naturen treten in ihrer Wirklichkeit wieder hervor! Genug, der Ministcrtisch mit seinem An hänge befindet sich seit gestern aus dem Standpunkte des Fortschritts, und die sonst liberale Opposition kämpft gegen beide vom Standpunkte des Stillstandes und Rückschritts aus. Dies so unsere allgemeine Betrach tung über die Nachrichten unserer Blätter von den gestrigen Verhandlungen. INÜncljen, 12. Mai. Die Kammer der Abgeordneten hat das neue Bierregulativ mit 64 gegen 58 Stimmen angenommen. lB. Bl.) * Nürnberg, 14. Mai. Die Alles entstellende Fama könnte den gestern Abend dahier vorgcfallencn sogenannten Krawall in ihrer Weise nach auswärts tragen, weshalb wir uns beeilen, davon nachfolgende wahre Mittheilung zu machen. Vierzehn bis zwanzig von der dahier garniso- nirenden Chevauxlcgersabtheilung begaben sich Abends in mehre Bier- Häuser; einer der Wirthe merkte wol, auf was es abgesehen war, und erließ die Maß Bier für den bisherigen Preis von 6 Kr. Der Wirth im Schwarzen Rößlein (Cavalcricstraße) aber federte die gerichtlich festgesetzte Taxe von 7'/- Kr. pr. Maß, und da brach auch der Sturm los. Tische, Stühle, Gläser, der Ofen, kurz Alles, was im Zimmer war, wurde zer trümmert, der Hausknecht tüchtig geprügelt, und als dies Alles geschehen war, verließen die Tumultuanten das Haus, und Niemand weiß bis jetzt, welche Personen es eigentlich waren. Die bereits eingeleitete Untersuchung wird indessen wol die Thäter ermitteln, deren Strafe keine geringe sein dürfte. Das Benehmen der hiesigen Einwohner bei diesem Spectakel war lobenswcrth. Keiner von den Tausenden, die durch den Lärm herbeiqc- zogen wurden, nahm Theil, vielmehr hörte man allenthalben das Be tragen der Soldaten misbilligen, indem die Wirthe wol nicht die Schuld tragen, daß das zum Lebensbedürfniß gewordene Getränk eine so bedeutende Taxe erreicht hat. Sie verdienen eben so wenig als un ser Magistrat einen Tadel, viel weniger aber, daß man durch faust- rechtliches Betragen sie zwingen will, das Bier wohlfeiler zu geben, als sie es selbst von den Brauern erhalten. Wie es scheint, haben die ähn lichen Vorfälle in München und Dillingcn auch unsere Garnison zu die sem Tumulte veranlaßt, welcher sich bei den getroffenen energischen Maß regeln wol nicht wiederholen wird. SS Dresden, 14. Mai. (Schluß der Verhandlungen der ll. Kam mer über die leipziger Ereignisse in der Sitzung am 14. Mai. Vergl. Nr. 136.) Der Abg. Klien erklärte sich im Sinne der Majo rität. Er sei kein Freund von Militairexcesscn, habe aber Achtung vor der bewaffneten Macht, wo sie zum Schutze des Eigenthums und der Per sonen erscheine. Zu einer Erörterung wie sie die Negierung angestellt habe, sei diese nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, und habe hierbei ihre Befugnisse nicht überschritten. Was die Compctenz zu die ser Erörterung anlange, so frage es sich, ob die Ständeversammlung sich hierin ein höheres Recht vindiciren wolle als die Regierung ; er könne diese Ansicht nicht thcilen. Bei dem Minoritätsgutachten handle es sich immer um die Existenz eines Verbrechens, dies könne er aber nicht fti- gebcn, und er glaube, in der Lage des Lieutenants Nollborn hätte die Mi norität wol auch so gehandelt wie dieser, der nicht hätte retirircn könne» und von einem Haufen von Tausenden eingcschlossen gewesen sei. Daß ein Untersuchungsrichter nicht zur Einleitung einer Untersuchung gezwungen wer den könne, wenn er nicht von der Nothwendigkcit derselben überzeugt, sei, bedürfe keiner weitern Ausführung. Wenn nian alle Beweise auf die Spitze stellen wollte, jo lasse sich am Ende auch beweisen, daß die Ereig nisse vom 12. August v. I. in Leipzig nur Hypothese seien; denn juri disch bewiesen sei es ebenfalls nicht, daß die Getödteten durch die von dem Militair abgcschossenen Kugeln gefallen seien; es sei dies notorisch, eben so notorisch wie, daß das Militair mit Steinen geworfen worden. Für die Majorität, in so weit deren Antrag dahm gehe, daß eine neue Untersuchung nicht einzulciten sei, sprach sodann dcrÄbg.v. Mayer. Allerdings sei es eine sehr ernste Sache, die jetzt verhandelt werde, aber eine so große Bedeutsamkeit, wie ihr theils von der Minorität, theilS von einigen der bisherigen Sprecher beigelegt worden sei, scheine sie doch nicht zu haben. Für die Kammer handle cS sich unr die Entscheidung ei ner Beschwerde, mit deren Punkten weder Majorität noch Minorität sich hätten einverstanden erklären können, und bei der cs allerdings vor Al- I lem auf die Fragen anksmmc, I) ob das Militair am Abende des 12.