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wurde nämlich nur mit 5» gegen -10 Stimmen verworfen. (Nr. 126.) Wenn man nun erwägt, daß unter den 50 Ministeriellen 6 Minister sich befinden (nämlich -1 mit Portefeuilles und die beiden im Ministcrrathe Sih und Stimme besitzenden StaatSministcr d'Huart und Muelenaere); daß un ter den übrig bleibenden über ein Drittel amoviblc Staatsämter beklei den; baß ferner von den vier abwesenden Kammcrmitglicdern, worunter die HH. Nothomb in. Berlin und Mercier im Haag, sich wenigstens zwei unter die Fahne des Liberalismus gestellt haben wurden; daß endlich eine der gewichtigsten katholischen Stimmen, die des Hrn. de Decker, Ver fassers der die alte bekannte Union von 1830 präconisircndcn „Fünfzehn Jahre", durch Abstcntion für die Regierung verloren ging; so wird man bald wissen, wie hoch der numerische Erfolg des Votums anzuschlägen sei. So sehr nun die ministeriellen Blätter dieses Verhältnisses zu freuen sich den Anschein geben, soll der peinliche Eindruck, den cs auf das Ministerium hcrvorgcbracht hat, sich unverkennbar bewiesen haben, und denselben Abend hörte man von beabsichtigter Auflösung der Kam mern sprechen. Aber es wäre dies ein allzu greller Widerspruch mit der jn den letzten Tagen von den Gegnern des Hrn. Rogier entwickelten Theo rie gewesen, und man mußte sich eben geduldig in diesen mislichen Sach bestand fügen, der um so mißlicher ist, als unter den Gegnern sechs wi derrufliche Staatsdicncr sich befinden, und namentlich der Gouverneur von Brabant, HriLiedts, und General Goblet, Adjutant des Königs. Der Obscrvateur und mehre andere liberale Organe finden in dem Votum eine unabweisbare Auffoderung, entweder die Kammer aufzulösen oder das Cabinct zu entlassen. Aber er begeht hierin einen schlimmen Miß- griff; denn im Jahr 1840, nach dem Sturze de Thcux's, behielten die HH. Lebeau, Rogier rc. ihre Portefeuilles mit einer Majorität von 9 Stimmen; auf diesen Vorgang sich stützend, glauben die jetzigen Mi nister ebenfalls regieren zu dürfen. Seit zwei Tagen ist die Kam mer mit der Bcrathung des Budgets der öffentlichen Arbeiten beschäf tigt. Das Gerücht geht, der Gouverneur von Brabant und Präsident der Kammer, Hr. Liedts, habe dem Minister des Innern seine Entlas sung cingercicht. Vorgestern wurde der abgehende päpstliche Nuntius, Hr. Pecci, vom König empfangen; denselben Tag überreichte sein Stellvertreter, Hr. v. San Marzano, Erzbischof von Ephesus, in feierlicher Audienz sein Beglaubigungsschreiben. Er wurde hierzu nebst seinem Auditeur in zwei prächtigen sechsspännigen Hofwagen abgeholt. Mehre Personen finden in dieser, ihrer Aussage nach ungewöhnlichen Auszeichnung etwas Bedeutsames. Abends war große Hostafel zu Ehren des päpstlichen Ge sandten. — Die Eröffnung der Arbeiten an der Eisenbahn zwischen Tournay und Zurbisc hat vorgestern mit großer Feierlichkeit zu Äth stattgcfunden. ff Plans, 2. Mai. Dem von mehren Blättern veröffentlichten Ent wurf einer Ordnung über dieBelohnung verdicnstvollcrÄrbciter ant worten die Wortführer der arbeitenden Klassen, die Herausgeber der in Paris erscheinenden Handwerkerzeitungcn, mit dem Entwurf einer Ordnung über die Belohnung verdienstvoller Fabrikherren. Man crräth ohne Mühe, daß dieser Gesetzentwurf von einem bittcrn Gefühl ausgcgangen ist. Wie gut jenes Project der Gesellschaft zur Belohnung tüchtiger Arbeiter auch gemeint sein möge, der Ärbciterstand wird dadurch an seiner reizbarsten Stelle sehr unangenehm berührt, er fühlt sich beleidigt durch den Gedan ken, daß sich die Andern eine Art Vormundschaft über ihn anmaßen, daß sie über ihn zu Gericht sitzen, über seine sittliche Würdigkeit aburtheilen, kurz, ihn einem Gesetz unterwerfen wollen, zu welchem er seine Einwil ligung nicht gegeben hat. Der Inhalt dieses Gesetzes ist dabei so ziem lich gleichgültig. Ob auch das Interesse des Arbeiters seine Rechnung bei demselben finden möge, sein Stolz wird dadurch verletzt, und das Ge fühl dev-Beleidigung überwiegt den Gedanken des Vortheils. Aus diesen Rücksichten erklärt sich der Einfall der Handwerkerzeitungcn, den Stand der Fabrikherren von Seiten der Arbeiter einer ähnlichen Aufsicht und Ge richtsbarkeit zu unterwerfen. Die blutige Ironie dieses Gedankens wird besonders durch die gemessene Fassung des ganzen Entwurfs geschärft, welcher sich seinen Formen nach nickt nur als ernstlich gemeint, sondern auch als leicht ausführbar darstellt. Die Unterzeichner des Entwurfs er klären, daß sie als Redactorcn von Handwerkerblättern alle Jahre ein Ver- zeichniß der Fabrikherren veröffentlichen wollen, welche sich in verschiede ner Weise um ihre Arbeiter verdient gemacht haben. Jn Ermangelung anderer Mittel, dem Verdienste der Fabrikherrcn die ihm gebührende An erkennung zu Theil werden zu lassen, soll die lobende Bekanntmachung ihres Namens die Belohnung dcrfelben sein. Die erste Nummer wird den Fabrikherrcn versprochen, welche ihre Arbeiter, abgesehen von dem Taglohne, bei dem Ertrag ihres Gewerbes betheiligcn, und dann wie der in absteigender Linie fünf weitere Grade des Verdienstes für die Fa brikherren ausgestellt, welche ihren Leuten ein gutes Lohn zahlen, welche niemals in Processe mit denselben gerathcn, welche Sorge tragen, daß die Einrichtung der Arbeit und der Werkstätten mit den Bedingungen der Gesundheit in Einklang gesetzt werde w. Was werden die Unternehmer der Gesellschaft zur Belohnung der Arbeiter zu diesem Gegencntwurfe sagen? Ihn zu verwerfen haben sic kein Recht und selbst nicht einmal einen Vorwand, der sich eingestehen ließe; sich aber mit demselben ein verstanden zeigen werden sie aus zehn gewichtigen Gründen nicht wollen, die sich alle in der Frage auflösen, ob der Fabrikhcrr dem Arbeiter das Gesetz vorschreiben oder ob er das Gesetz von ihm empfangen soll. Nur eine Consequenz des Gegenentwurfs werde hier angedeutct. Von der lo benden Erwähnung zur tadelnden Nennung des Namens ist nur ein ganz kleiner Schritt. Lassen sich die Fabrikherren die erste gefallen, so wird die zweite von selbst Nachfolgen, und damit ist denn ein direktes Mit tel gewonnen, den Fabrikherrn in die Abhängigkeit von dem Arbeiter zu bringen. Belgien. * Brüssel, 2. Mai. Wie vorauszusehen war, wurde die stürmische De batte über dicPolitik des neuen Cabinets damit geschlossen, daß die Motion des Abg. d'Elhougne, wonach die Minister die im Unterrichtsgesctzc I beabsichtigten Abänderungen des im Jahr 1834 bereits vorgelcgtcn Ent wurfs vor der Discussion den Sektionen zur Prüfung bekannt machen sollten, einem Votum unterworfen wurde, aus welchem der Minister des Innern sogar eine Existenzfrage sowol des Cabinets als der Kammer i selbst zu machen erklärte. Das Resultat dieser Abstimmung fiel auf eine l kaum geahnte Weise zu Gunsten der liberalen Meinung aus, die Motion i Ileapel, 22. April. Soeben erfahre ich, daß der König, mit derselben Großmuth, die kürzlich der Großkerzog von Toscana aus übte, neun zu den Galeeren verurthciltc Individuen, welche an jenem un glücklichen Landungs - und Aufwiegelungsversuch in Calabrien (1844) Theil genommen, am Charfreitage begnadigt und diesen Nachmittag mit dem Dampfschiff Ercolano nach Marseille geschickt bat. Es sind sieben Römer und zwei Oesterreicher, Leute niedern Standes, mit Ausnahme eines nicht ungeschickten Bildhauers. Ein Zehnter (Geistlicher), welcher mehre seiner Collcgen durch Verrath in die höchste Lebensgefahr brachte — denn zwei der jetzt Begnadigten befanden sich schon zum letzten Gebet in einer Kapelle zu Cosenza vereinigt, als die Todesstrafe in Galeercnstrafe verwandelt wurde —und welchem von den Ucbrigen der Tod geschworen, wird nächstens nachgcschickt werden. Dieser Gnadenact wurde bis zur Ab fahrt geheim gehalten, und ich zweifle, daß die Passagiere des Ercolano gewußt, welche Begleiter ihnen der Zufall zu Theil werden ließ. Sie be- anden sich, irre ich nicht, auf einer der Ponza-Znseln, wurden nach Ni- ida transportirt und empfingen dort die Nachricht ihrer Begnadigung zu ihrer höchsten Freude und größtem Erstaunen. Es lebe der König! — Mit dem Ercolano zogen auch sehr viele Russen von dannen. — Mor gen wird -eine neue Uebercinkunft Oesterreichs mit Neapel, die Ausliefe rung aller Art Verbrecher, auch politischer, betreffend, veröffentlicht werden. — Die Kaiserin von Rußland hinterließ 36,000 Fr. an die Schloß- dicncrschaft, viele Dosen und Ringe, darunter einige 3000 Ducati an Werth, an die HH. Bisignano, Ascoli, Eesario, Dentice rc. Die Damen Po tocki (die Gemahlin des Gesandten) und die Fürstin Dentice empfingen den Katharinenordcn zweiten Grades; 50 holländische Dukaten erhielt das protestantische Waisenhaus, 50 andere das protestantische Hospital. Die Großherzogin von Mecklenburg machte dem letztem Institut ehenfalls ein kleines Geschenk, auch einzelne Russen spendeten aus eigner Tasche. (A. Z.) Rußland und Molen. Ein Ukas vom 8. April verordnet in Betreff der Fälle, wo an Stelle der nach den jetzt geltenden Criminalgesctzcn gerichtlich zuerkannten Strafen die Strafen, welche durch den neuen Crim in al codex vom 27. Aug. 1845 (derselbe soll am 13. Mai 1846 in Kraft treten) verhängt werden, treten sollen, Folgendes. Die Verordnungen des neuen Codex ind von erwähntem Zeitpunkt in allen Sachen anzuwenden, welche bis >ahin in den Gerichtsbehörden erster und zweiter Instanz und im dirigiren- den Senat noch nicht zur definitiven Entscheidung gelangt sind. Ausge- rommen sind die Fälle, wo die durch den neuen Codex bestimmten Stra- cn strenger sind als die nach den bisherigen Gesehen anaesetztcn. Jn Betreff der Knutenstrafc ist verfügt, daß, wenn ein auf diese Strafe lau tendes Urtel bis zum 13. Mai noch nicht vollzogen ist, nach dem neuen Codex Peitschenhiebe gesetzt werden. Sind Urtel des dirigirendcn Se nats aus Bestrafung niit der Knute oder Peitsche durch Polizeidicncr bis reden und ertheilten Antworten werden heute zum Theil vom Moni teur mitgetheilt. Es fehlt darin natürlich nicht an Hindeutungen au das Attentat von Fontainebleau. Auch Ibrahim-Pascha erschien schon um II Uhr in den Tuilericn, wo der König gerade die Minister und Marschälle empfing, und sprach seine Glückwünsche aus. Der König bekleidete ihn bei dieser Gelegenheit mit eigner Hand mit dem große Bande der Ehrenlegion, wofür derselbe seine Dankbarkeit in wahrha orientalischen Ausdrücken zu erkennen gab, wie das Journal des De batS berichtet. Ibrahim-Pascha wohnte hierauf dem ganzen Empfange bei, ließ sich Reden und Antworten übersetzen und nahm an Allem ben lebhaftesten Antheil. Um 6 Uhr speiste er bei dem Marschall Soult, be gab sich dann wieder in die Euilcrien, wo er aus dem Balcon mit der königlichen Familie dem Conccrt beiwohnte und nachher aus einem Fen ster des Florapavillons das Feuerwerk mit ansah. — Der Comitebericht über das Ausgabebudget für 1847 i verthcilt worden; er hält 500 Seiten in Quart. Die voraeschlagenc Vermin derung des Rcgierungsanschlagß von 1455,674,518 Fr. um 3,922,497 Fr. ward durch Vorschlä^r zu vermehrten Ausfuhrprämien um 3'/, Mill, wieder in Anspruch genommen und das von der Commission festgesetzte Budget von 1455,252,021 Fr. differirt also nur um 422,497 Fr. von dem der Regierung. — Das Journal des Debatß bemerkt, daß sich der Municipalrath von Toulouse, in welchem die legitimistische und die radicale Partei die Mehrheit bildeten, inmitten der Einstimmigkeit auszuzeichnen trachte, die im ganzen Land über daß Attentat von Fontainebleau sich bei den votirten Gratulationsadreffen gezeigt habe. Der Maire schlug nämlich dort am 27. April eine loyale Adresse vor, über die eine Debatte fick ent spann. Die Legitimisten schützten dann das Gesetz vor, welches Muni- cipalräthen das Abfasscn von Adressen verbiete, und weigerten sich, mit abzustimmcn; die Radicalcn wollten einen andern Adrcßcntwurf vorlegen, und die Sitzung wurde am Ende vertagt.