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Montag Nr. 4v. s Februar 1848. Deutschland. — München, '3. Fcbr. Die Klage, daß sich hier seit langen Jah ren kein rechtes Carnevallebcn mehr habe regen wollen, ist so ost er hoben worden, daß wir säst Anstand nehmen, sie zu wiederholen. Auch Das wissen wir nicht, ob wir recht daran thun, hier eine Anekdote ein- zuwebcn, die in ganz München von Mund zu Mund geht, und zwar Jedermann lachen macht, Manche vielleicht auch zu crnstern Betrachtun gen über die Verschiedenheit der modernen Sparsysteme anrcgt, aber doch zuletzt vielleicht der gehörigen Begründung entbehrt. Wegen Mangel an Thkilnahme von Seiten des Publicums an den sogenannten Thcatermas- kcnbällcn, auf denen aber zuletzt Niemand mehr maskirt erschien, außer wer dazu gute Ursache oder ganz besondere Lust hatte, wurden nämlich auch diese Carnevalsvcrgnügungcn im verwichcnen Jahre ganz eingestellt. Dieses Jahr nun wurde es plötzlich in der Künstlerwelt rege, ein großes Maskcnfest sollte stattfinden, und zwar behufs größerer Ausdehnung im Theater. Da soll nun das Unternehmen gleich von vorn herein auf das leidige Hinderniß gestoßen sein, daß mit den Bretern zur Ueberdeckung des Parterre Holzersparniß halber im verwichcnen Winter die Heizung unterhalten worden war. Wenn es nicht wahr ist, so ist es doch nicht übel erfunden. Genua, wir werden keinen Theatermaskenball haben, und auch Das soll noch sehr zweifelhaft sein, ob daß Fest im Odeon stattfin- dcn werde. Es fehlt nicht bloß an Geld, es scheint weit mehr noch an dem frischen und freien Muth unter Alt und Jung zu fehlen, in dessen Ermangelung wol Gesellschaften und Vereine brillante Maskcnzüge ver anstalten können, ohne welchen aber ein allgemeines Carncvalfest von ech tem Korn und Schrot nicht geschaffen zu werden vermag. Liegt es in der Zeit, liegt es in unsern Sitten im Allgemeinen, oder hat man dabei an besondere Verhältnisse zu denken? Vielleicht kommt von allen Sei ten etwas dabei in Betracht. Daß unser Publicum an sich gern dabei ist, wenn es toll und wirr zugeht, das sehen wir seit acht Tagen im Theater, wenn Dircctor Carl aus Men auftritt: fast ohne Ausnahme in recht liederlichen wiener Possen, aber immer vor einer Zuhörermassc, wie sie nur das große Haus zu fassen vermag, und je unwürdiger nach dem Urthcile der gestrengen Herren Kunstrichter die Darstellung' für ein Hof- und Nationaltheatcr ist, mit desto lebhaftcrm Beifalle. Das Pu blicum verlangt nach Abenden, an denen es alles Andere vergessen kann; in dem weiland zweiten Theater Münchens Hausen dermalen arme Pfründ ner, wo sollen denn sonst die sogenannten Volksstücke aufgcführt werden? Dazu brauchen wir sehr gute Einnahmen — folglich schweigt Has alte Lied von der zu bezweckenden Einwirkung durch die Buhne auf die Volksgcsit- tung. Aber Eins müssen wir doch gestehen: Madame Brüning, die mit Hrn. Carl zugleich gastirt, dcmonstrirt cs uns all ovulo», daß man in Wien die liebe Natur aus den Vorstädten weit unvcrschleicrtcr auf die Bühne zu bringen versteht als hier im kunstsinnigen München! Wie sich nun das Publicum jetzt in das Theater drängt, um männigkch^für'seinen Ueb erblick. Deutschland. -----München- Carneval. Majestätsverbrecher. Witterung. Die Presse. — Verlängerung des Landtags. fAus dem Erzgebirge. Weber und Spinner. *Mm. Adresse. — Der badische Landtag. — Professor Schreiber. Die katholische Kirche in Baden. — Der Klettgau. k Zerbst Die köthensche Finanzkrisis. * Frankfurt a. Ml. Lutherfcst. Die Montagsgesellschaft. Preußen, (-P) Bertin. Volksbibliothcken. Schulzucht. Der Lehrer Blu menthal. Die Monatsschriften. -/-Berlin. Die Oberbürgermcisterwahl. Die polnische Bewegung. Die englischen Zollmaßregeln. Die Mosquito- sache. ** Breslau- Die Antwort des Königs. Stadtrathswahl. Das polnischeComplot. — Die Deutsch-Katholiken. — Königliches Geschenk. Desterreich. Ueberschwemmungen. Gährungcn in Galizien. Spanien. Die Vermählungsfrage. Barcelona. Gerona. Der Clamor publico. Großbritannien. Oberhaus. Unterhaus. Petition gegen die Getreidc- gesetzc. Verstärkung der Armee. Lord Ashley. Sterblichkeit in London. Nachrichten vom Cap. Frankreich. Deputirtcnkammer. Die Seine. Abd-el-Kader. Die Blattern impfung in Algerien. SsParis. Die Deputirtcnkammer. Schweiz. *Von der Äar. Der Canton Bern. — Das Veto in Bern. Italien. Anleihe in Rom- Gendarmerie. Rußland und Polen. Die katholische Kirche. — Der Kalender. Türkei. ^Konstantinopel- Nachrichten aus Syrien. Nordamerika. Der Congreß. Die Oregonfrage. ÄKejieo. Verwickelungen. Personalnachrichten. Wissenschaft und Kunst. *Wicn. Theater. — Lhcaterbrand in Avignon. — Neues Theater in Paris. Handel und Industrie. * Leipzig. Oclhandel. — Zwickauer Stein kohlenbau. — Berlin. Ankündigungen. halben oder ganzen Gulden den alten Spaßmacher Carl und seine Beglei terin abwechselnd singen, tanzen und spielen zu sehen, so würde sich das selbe auch zudrängen, wenn cs bei Maskenbällen etwas nach seinem Ge- schmacke zu sehen gäbe; aber mittkun mag Niemand, an der thätigcn Lust fehlt cs, man hat nicht in sich selbst den frischen Trieb zum Närrischsein, man möchte sich blos für weniges Geld von Andern Narrheiten vermachen lassen, um lachen zu können, ohne aus seiner Bequemlichkeit heraußgeris- sen zu werden. Im neuesten Polizeianzeiger lesen wir, daß neben so und so vielen Dieben, Fälschern, Wucherern w. auch wieder zwei MajestätsVer brecher den gewöhnlichen Gerichten überantwortet worden seien. Das klingt in einer Zeit, wo die Verschwörungen im Süden und Norden wie der viel von sich reden mckchen, ganz außerordentlich schreckhaft. Wir er innern uns jedoch, schon bei früherer Gelegenheit darauf aufmerksam ge macht zu haben, daß das Wort hier nicht in seiner schlimmsten Bedeu tung zu nehmen sei. Unvorsichtige und ungezogene Acußerungen im Trunk oder sonst im aufgeregten Zustande sind durchschnittlich die Veranlassun gen, die aber doch bei der nicht mit Unrecht großen Strenge des Gesetzes schwer geahndet werden. Wahrscheinlich werden wir also bald Gelegenheit haben, zwei Individuen, die den untern Ständen angehörcn sollen, wie der öffentliche Abbitte vor dem königlichen Bildnisse thun zu sehen. Wir haben bei unausgesetztem Südwestwinde, der häufig in Sturm ausartet, nun schon seit vier Tagen heftige Regengüsse, die alle Ge wässer anschwcllen, und von denen wir nur wünschen wollen, daß sie nicht auch im tiroler Hochgebirge den Schnee plötzlich schmelzen, weil sich dann die Ueberschwemmungsvcryecrunaen vom vorigen Frühjahre fast unver meidlich wiederholen müssen. Mehre Posten, die schon am Morgen ein treffen sollten, waren gestern Abend noch nicht angekommcn, und heute scheint cs nicht besser zu gehen. Unser Publicum ist es nach und nach so sehr entwöhnt worden, hei matliche Angelegenheiten freimüthig in den heimischen Zeitungen be sprochen zu lesen, daß Viele ganz ernstlich erschrecken und schon, Gott weiß, welche Strafgerichte von oben fürchten, wenn jetzt die fränkischen Zeitungen wirkliche Auszüge aus den Stenographenprotvkollen bringen, in denen eine verlernte Ungebundenhcit der Rede herrscht. Die diesigen Zeitungen haben indessen bis jetzt Anstand genommen, solche Stellen ad- zudruckcn, während sie sich doch sehr gut aufs Nachdrucken verstehen. Eben so wenig aber hat bis jetzt irgend ein bairisches Blatt die Adressen aus der regensburger Diöccse gegen die Beschwerden des Fürsten v. Wrede über die Klöster veröffentlicht, obschon man natürlich allseitig sehr ge spannt auf deren Inhalt ist. — Durch Ncscript vom -t. Fcbr. ist der Landtag in Baiern bis zum Z t. März verlängert worden. ff Äus dem Erzgebirge, s. Febr. Mit hoher Freude und dank barer Anerkennung ist das Decret unserer Regierung vom 29. Dec. v. I. in Betreff der Zollfrage (Nr. 13) von den Webern und Wirkern unserer Gegend ausgenommen worden; wir schätzen uns glücklich, daß wir Männer an der Spitze dieses Wirkungskreises haben, die mit seltenem Scharfsinn die Frage ins Auge faßten, mit der größten Unparteilichkeit handelten und sich durch das Geschrei und Toben des raffinirtcsten Egoismus nicht irre leiten ließen. Wir hoffen auch ferner, daß unsere Regierung bei künftigen Beschlüssen in dieser Angelegenheit den betretenen Weg nicht verlassen wird und legen somit unser Interesse, das Wohl von hundert tausend Arbeitern, vertrauensvoll in ihre Hände. Es war wol um so mehr vorauszusehen, daß das Geschrei der Spinner gegen den Erlaß der Regierung mit doppelter Wuth losbrechen würde, ats seit einigen Mo naten die Spinnlöhne wieder gefallen sind, dennoch aber dem intelligen ten und thätiaen Theil derselben immer noch einen sehr hübschen Nutzen lassen. Die Deutsche Gewerbezeitung, als Verfechter der Spinner, konnte daher unmöglich diese Gelegenheit vorüber lassen, ihr Gift zu verspritzen; wir verdenken ihr dies aus gewissen Gründen auch nicht, bitten aber, in diesem leidenschaftlichen Tone, mit diesen Entstellungen und Uebcrtrcibun- gcn fortzusahren, sie arbeitet dann mehr im Interesse der Weber und Strumpfwirker als in dem der Spinner, die übrigens schon öfter ausriefen: „Herr, behüte uns vor unsern Freundcü!" Mag dieses Blatt immerhin Minister über die Klinge springen lassen, Nisse in den Zollverein machen, wir haben nichts dawider; dagegen aber protcstircn wir feierlich, wenn cs behauptet, die Mehrzahl der Weber und Strumpfwirker sei mit höherm Twistzoll einverstanden. Daß Dem nicht so ist, dächten wir, müßte die Rcdaction am besten wissen, nach den Versuchen, die der Wahl eines Deputaten des Fabrik- und Handclsstandes im vorigen Jahre vorhcr- gingen und die gerade das Gegentheil herbciführtcn. In Nr. 7 des ge nannten Blattes zieht ein Spinner prima »octo in einer Korrespon denz aus Chemnitz mit dem schnödesten Egoismus gegen Weber und Wirker zu Felde, verschanzt sich hierbei hinter die christliche Liebe und thut, als wenn ihm das Wohl der arbeitenden Klassen unendlich am Her- WM Deiitfche «Ilgcmeiuc ZekNmg. ZM «Wahrheit und Recht, Freiheit und GesetzI»