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chengemeinden gediehen, als dieselbe durch zahlreiche aus fast allen Theilen des Landes cingereichte Petitionen nicht nur von neueinangeregt, sondern auch für die Kirchcngemeinden und ihre Vertreter ein weit ausgedehnterer Wirkungskreis in Anspruch genommen wurde, als ihnen dermalen zustcht und durch das ebenerwähnte Gesetz beigelegt worden war- Einunddreißig Petitionen mit 8433 Unterschriften, eingegangen in der Zeit vom 12. Januar bis zum 30. August d. I., bitten, zum Theil von einem sehr verschiedenen Standpunkte ausgehend, theilS bei dem Ministerium des Cultus, theilS bei den in ILvangolioiv beauftragten Staatsministcrn inSgcsammt um „eine Reform der bestehenden evangelisch-lutherischen Kir- chcnverfassung im Sinne mehrer Lheilnahme der Kirchengemeinden und Geistlichen an der Anordnung der kirchlichen Angelegenheiten". ' Vier andere mit 1330 Unterschriften stimmen mit vorigen zwar im Wesentlichen überein, weichen jedoch wieder in dem wichtigen Grundsätze von ihnen ab, daß die Kirche einer Grundverfassung auch in Ansehung des Dogma und des CultuS bedürfe, welche über den Einzelwillcn erhaben, will kürlich nicht angetastet werden dürfe, während endlich fünf andere mit 4202 Unterschriften sich nicht nur der vorgedachten Beschränkung anschlie ßen, sondern auch überhaupt, eigentlich als Gegenpetitioncn gegey die in der leipziger und andern dieser nachgebilbeten Petitionen bezweckte Kirchenver fassungsreform zu betrachten sind, und nur die Tendenz haben, für den Fall, daß überhaupt Veränderungen in der Kirchenvcrfassung für nöthig erachtet werden sollten, alle die evangelisch-lutherische Kirche in ihrem symbolischen und rechtsgültigen Bestehen gefährdenden Neuerungen abzuwehren. Außer diesen aber sind der ersten Kammer durch die zweite, bei welcher sie zunächst cingegeben worden waren, noch folgende Petitionen zu gegangen und an die unterzeichnete Deputation abgegeben worden: Eine Petition von 64 Einwohnern zu Reichenbach und Mylau, Diako- nus Ernst August Werner und Genossen, um eine freiere repräsentative Ver fassung der cvangclisch-luthcrischen Landeskirche durch Herstellung von Pres byterien und Syüodcn. Eine Petition von 137 Einwohnern zu Mitt weida, Pastor IVI. Moritz Gottlieb Helmert und Genossen, um eine freiere Gestaltung der evangelisch-lutherischen Kirche durch Einführung einer Pres- byterial- und Synodalverfassung und durch Abschaffung des Symbolzwan ges und baldige Vorlage eines dem gemäßen Gesetzentwurfs. In einer Pe tition vom 7. August 1843 überreichen 1016 Einwohner und Bürger zu Leipzig, Kaufmann Ernst Friedrich Vertraugott Lorenz und Genossen, eine wörtliche Abschrift der bereits bei der Staatsregierung eingegedenen leipziger Petition vom 12. Januar 1843 und bitten, dahin zu wirken, daß diesem Gesuche so bald und so vollständig als möglich eine Gewährung zu Theil werde. !A. Karl Friedrich Gurlitt, DiakonuS zu Laucha, und 146 Ge nossen daselbst, schließen sich unterm 26. August 1845 in allen Punkten dem Gesuche um Verleihung einer freieren Verfassung für die evangelisch lutherische Kirche an, welches Herr Professor I). Biedermann, Archidiakonus v. Fischer und Appellationsrath 0. Haase unterm 12. Januar 1845 ein gereicht haben. Der I). meck. Bruno Schwarze zu Roßwein und 79 Ge nossen bitten, unter fast wörtlicher Wiederholung der leipziger Petition vom 12. Januar 1845, die Staatsregierung zu ersuchen, noch während der Dauer dieses Landtags einen Gesetzentwurf über eine freiere Kirchenverfas sung der Ständevcrsammlung vorzulegen, wodurch den evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden ein größerer Antheil an der Anordnung ihrer kirchlichen Angelegenheiten eingeräumt werde, als ihnen dermalen zustehc- ' Ebenso die Petition des Professors Biedermann und 717 Genossen zu Leipzig, mittels welcher sie unterm 20. August 1843 dringend bitten, daß die Kammern sich dahin verwenden, daß ein Gesetz über die Reform der evangelisch-lutherischen Kirche noch bei gegenwärtigem Landtage vorgelegt und berathen werden möge. Ferner wurde in der Sitzung der ersten Kammer vom 11. December 1845 der Deputation eine Petition deS Pfarrers M. Schubert jun. zu Treuen zugewiesen, in welcher dieser 45 Abdrücke von der von 38 protestantischen Geistlichen bei dem hohen Ministerium des Cultus eingereichten Petition mittheilt und in seinem und der übrigen Petenten Namen bittet, auf ver fassungsmäßigem Wege dahin zu wirken, daß die in der Petition beantragte Abänderung des Religionseides ehebalvigst erfolge- Endlich aber wurden, als dieser Bericht im Entwürfe bereits vollendet war und der letzten Prüfung der Deputation unterlag, derselben durch Be schlüsse der Kammer vom 15. December 1845, und 2., 5. und 7. Januar 1846 auch 25 Petitionen aus der Oberlausitz mit 7683 Unterschriften zuge wiesen, welche in völlig gleichlautender Fassung um unveränderte Beibehal tung deS Religionseides bitten. Die Deputation hat es nicht unterlassen, den erwähnten Petitionen, soweit sie ihr zugänglich gewesen, die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden, um aus ihnen die Wünsche und Meinungen so genau als möglich zu erken nen, welche in jetziger Zeit einen großen Theil der protestantischen Bevölke rung Sachsens bewegen, wobei von ihr auch nicht übersehen worden ist, daß ein großer Theil Derer, welche sich in Petitionen nicht ausgesprochen haben- über Bedürfniß und Mittel, dasselbe zu befriedigen, vielleicht auch anders denkt als die Petenten, und in dieser Beziehung das vorberegte Schweigen der Nation während der Verhandlungen des vorigen Landtags sehr bezeich nend ist. Einer vorzugsweisen Berücksichtigung werth schien der Deputation die leipziger Petition vom 12. Januar 1845 theilS ihrer Ausführlichkeit wegen, theilS weil sie als die erste die spätem wol hervorgerufen und auf ihre Fas sung einen großen Einfluß gehabt haben dürfte. Gleiche Aufmerksamkeit aber dürfte eine von Glauchau und vielen nahagelegenen Ortschaften ausgc- gangene Petition vom 15. März 1845 theilS wegen ihrer Gründlichkeit, theils deshalb verdienen, weil sie die Frage über die Zweckmäßigkeit von Presbyterien und Synoden in einem etwas ande.rn Sinne beleuchtet als die vorgedachte. AuS den übrigen Petitionen, die ihr vorgelegen haben, erwähnt sie aber auszugsweise Folgendes: Die meisten derselben stimmen darin überein, daß eine freiere Verfassung der Kirche die erste Bedingung der Wiederherstellung des kirchlichen Lebens, daß sie nothwendig sei zur Wiedergeburt der Kirche. An der Stelle deS kirchlichen Lebens herrsche jetzt K'altsinn und Gleichgül tigkeit in den heiligsten Angelegenheiten. Die Kirche., sagt eine dieser Pe ¬ titionen, sei mit ihren Glaubcnsbestimmungcn und mehrfachen unevangeli schen Satzungen der Zeit entfremdet, das Volk stehe fremd und kalt vor der fremden Gestalt und betrachte die Kirche wol gar als eine unerwünschte Zwangsanstalt, Die großartigen Hoffnungen, welche die Reformation durch Verkündung von Glaubens- und Gewissensfreiheit zu erregen geeignet ge wesen, wären mit den geschaffenen und im Bewußtsein des Volks längst ab gestorbenen Symbolen nach und nach abgestorben, und cS würde der bese ligendc Einfluß der Kirche längst verschwunden sein, wenn nicht ein großer Theil der Kirchenlehrer die Zeit begriffen und versucht hätte, die ewigen Grundwahrheiten des reinen Christcnthums aus den morschen Trümmern der Symbolik heraus zu entwirren. Deshalb harre di« Kirche ihrer con- stitutionellen Befreiung aus den starren Fesseln früherer Jahrhunderte. Eine Umgestaltung der veralteten Formen und deS kirchlichen Gesellschaftsverban des sei nöthig im Geiste der Landesverfassung und im Einklänge mit der Zeit, eine freie kirchliche Gemcindcverfassung anstatt der bisherigen aristokra tischen Verfassung, endlich eine durch die freie Wahl der Gemeinden beglau bigte oberste Behörde. Bloße geistliche Provinzial - und Generalsynoden waren nicht hinreichend, die gehegten Wünsche zu befriedigen, vielmehr sei eine förmliche Kirchcnvertrctung den Organen der Staatsrcgierung gegen über erfodcrlich. In der der evangelischen Kirche zu gebenden Verfassung müsse das rein christliche Element überwiegend hervortreten, ohne Parteiung und Sekten wesen, ohne kirchliche Unduldsamkeit und Verfolgung. Als ihr oberster Grundsatz müsse freie Schriftforschung und die höchste Glaubens- und Ge wissensfreiheit für den Einzelnen gelten. Die Kirche bedürfe als Corpora tion wie der Staat einer Grundverfassung auch in Ansehung des Dogma und des CultuS, welche, über den Einzelwillcn erhaben, willkürlich nicht ange- tastct werden dürfe, allein eine für alle Zeit verbindliche Kraft solcher Sym bole sei zu verwerfen, vielmehr bedürfe die Kirche solcher Einrichtungen, durch welche jederzeit auf legalem, friedlichem Wege die Abänderung ihrer Grundverfassung und die Aussöhnung zwischen ihren Formen und den wech selnden Zeitbcdürfnisscn versucht und herbeigeführt werden könne. Hierbei fei das Absehen keineswegs dahin gerichtet, das Obcrhoheitsrecht derStaatS- regierung zu beeinträchtigen, wohl aber sei es nothwcndig, der Kirche so- wol als den Gemeinden die möglichste Selbständigkeit zu gewähren, damit daß geistliche Element der erstcrn nicht dem weltlichen untergeordnet und dem Eindringen hierarchischer Bestrebungen Einhalt gethan, letzter» aber die Freiheit zu Theil werde, ihre kirchlichen Angelegenheiten frei zu leiten und zu ordnen. Eine regere Lheilnahme an dem kirchlichen Leben-, das Wicdcrerwachen einer neuen Lebenskraft der Kirche werde die Folge einer solchen wohlthä- tigcn und zeitgemäßen Reform sein, insbesondere werde die Einführung von Presbyterien die Verbindung zwischen den Seelsorgern und ihren Gemein den inniger knüpfen, ihnen ein reiches moralisches Feld eröffnen und ihnen die fast verlorene Seelsorge zurückgeben. Von einer der vorgcdachtcn Petitionen wird endlich angeführt, die viel fach beklagte Unkirchlichkcit habe ihren Grund nicht blos in der Ausschlie ßung der Gemeinden von der Berathung ihrer kirchlichen Angelegenheiten, sondern auch in den mancherlei kirchlichen Vorschriften, welche die persön liche, ja sogar die Gewissensfreiheit der Gemeindeglicder beeinträchtigten. Denn die Gebildetsten und Tüchtigsten nähmen schon lange Anstoß an ge wissen kirchlichen Einrichtungen, und da sie solche nicht ändern könnten, mie den sic lieber die öffentliche Gottesverehrung. Der Symbolzwang verhin dere zeitgemäße Fortschritte und die Benutzung der wissenschaftlichen For schung für Religion und Bibelauslegung. Er laste auf den Geistlichen, welche sich mit den symbolischen Büchern nicht cinverstehen könnten, ziem lich schwer, und gebe dem ganzen Kirchcnwesen eine Abgeschlossenheit, welche eS der Volksthümlichkeit beraube. In den Gemeinden aber herrsche dieMei- nung, daß die Geistlichen vermöge des Symbolzwangs Vieles nur den Sym bolen gemäß lehrten, weil sie gesetzlich dazu verbunden seien, nicht überaus eigner Ucbcrzeugung, und dieses schwäche die Wirksamkeit der Geistlichen auf eine unglaubliche Weise. ' Faßt man Das, wonach die meisten der erwähnten Petitionen zusammcn- genommcn streben, wenn auch nicht jede einzelne derselben den vollen Umfang aller Wünsche bezeichnet Und auSdrückt, zusammen, fo ist leicht zu erkennen, daß in ihnen nicht blos von der äußern Form, einer der Kirche zu gebenden Verfassung, sondern auch von dem geistigen Bande die Rede ist, welches die ganze Kirche vereinigt, und daß die Nothwendigkeit einer Aenderung oder wenig stens festcrn Bestimmung auch in dieser Beziehung als vorhanden angedeutet wird. Und zwar soll in ersterer Beziehung nicht Nur die einzelne Kirchen- gemeindc freier und unabhängiger gestellt, ihr eine größere Lheilnahme an kirchlichen Angelegenheiten zugewendet, ihr eine Vertretung gegen die oberste kirchliche Behörde gewährt werden, sondern es soll auch die ganze Kirche in allen ihren untern, Mittlern und obcrn Gliedern die völlige Freiheit er halten, ihre Angelegenheiten allein und unabhängig und nur unter dem obersten Aufsichts- oder weltlichen Oberhoheitsrechte des Staats zu leiten und zu ordnen, cs soll der ganze Bau der äußern Verfassung der Kirche von unten bis oben der Kirche selbst überlassen, die oberste Behörde durch freie Wahl der Gemeinden beglaubigt sein, mithin die Kirchcngcmeinde mit allen Gliedern nicht blos gegen die oberste Behörde, sondern auch in der selben vollständig vertreten sein. Wie aber die Lheilnahme Aller aN den Rechten der Kirchengesellschaft gleich und nur in der Stufenfolge von den Wählern zu den Gewählten verschieden, d. h. entweder näher oder entfern ter, mittelbarer oder unmittelbarer sein soll, so soll sich jene Lheilnahme auch nicht blos auf die äußern oder materiellen, sondern auch auf die inner,n oder geistigen, und wieder nicht blos auf die liturgischen, sondern auch sogar auf die dogmatischen Angelegenheiten der Kirche beziehen. In letzterer Bezie hung aber ist nicht blos die Rede von dem Veraltetscin der von der Kirche angenommenen Symbole, von ihrem Widerspruche mit dem Bildungsgrade der Zeit und ihren Ucberzeugungcn, sondern auch folgerecht von der Roth wendigkeit, diese Symbole mit jener Ucbcrzeugung wieder in Einklang zu bringen und wie natürlich mit den Fortschritten der zukünftigen Bildung, auch mit jener Fort- und Umbildung der Symbole ohne Stillstand fortzu- ahren. Man darf also wohl sagen, daß die erwähnten Petitionen nach dem cuSgedchntesten Ziiele streben, welches das Ideal einer ncht schon bestehen ¬ den, sond mcr vorh Nich die Stim im Jahr ßen gepfl «vangelist blos weg« und Lhei dern auch lutherisch, Staats u Gründen -jenen Pro man dort tokollen d archie ab, Ämtlicher teressante sichten,, n denen ma über das ! tel und ü> Dcr^ So äußerl stattete C> Hebung u benS zwar eine grür ewigen pr daß, wem um den C lockerung 1 Ursache da politifchcn Reform ih die ihr vor wobei nichl nehmlich o der evange Reformatio dem Weser fassung crs Entwurf u socialen Vc den müsse? 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