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— Es ist leider der Verdacht begründet, daß daß Feuer im Schlosse Altfranken nicht zufällig entstanden, sondern böswillig ange legt ist. Es brach gerade in einem Theile des Schlosses aus, der eine Fülle der kostbarsten Kunstschätze enthält, dem Thurmzimmer. Theils als Familienerbstücke angesammelt von den Vorfahren des Grafen Luckner, theils von ihm selbst erworben, waren dort Oelge- mälde berühmtester Meister, Trinkgesäße von verschiedenem Material, Holzschnitzereien, Glasmalereien und Kunstgegenstäiide mannigfaltigster Art untergedracht. Ihr Werth geht in viele Zehntausende von Mark. Ein früherer Beamter des Schlosses, Namens Naupert, ist als der That dringend verdächtig gefänglich eingezogen worden. — Dieser Tage wurde in Krummhennersdorf bei Freiberg von einem dortigen Einwohner ein recht überraschender Fund gemacht. Als sich derselbe auf einer Wiese mit Erdarbeiten beschäftigte, stieß er auf ein Gefäß, in welchem sich eine beträchtliche Anzahl alter Ein thalerstücke aus dem fünfzehnten und sechszehnten Jahrhundert vor fanden. — Wie die Dresdner Maurer-Innung bekannt giebt, ha dieselbe, um eine einheitliche Regelung der Arbeitslöhne herbeizusühren und in Anbetracht, daß eine Erhöhung derselben den jetzigen Zeitver hältnissen angemessen erscheint, in der außerordentlichen Jnnungs-Ver« ammlung am 25. v. M. beschlossen, vom I. April d. I. an bis auf Weiteres den Maurergesellen pro Stunde 28 Pf., den Handarbeitern spro Stunde 20 Pf. alsMinimallohn zu zahlen. ! Bermischte». AuS Brüssel wird gemeldet, daß die Proklamirung des Königs Leopold als Protektor des Kongostaates hevorstehe und daß man als den künftigen Leiter des neuen Kongostaates den Staatsminister Baron Lambermont bezeichne, der die Organisation des Staates ins Leben rufen soll. Wir halten es für wahrscheinlicher, daß der gewandte Minister sich nur an den Organisationsarbeiten betheiligt, Stanley aber als Generalgouverneur nach Afrika geht. Der Oberst Strauch hat erst jetzt einen Brief Gordon's vom November v. I. erhalten. Gordon schrieb: „Ich hoffe, im Dezember entsetzt zu sein und im Februar in Brüssel einzutreffen, um nöthigenfalls sofort nach dem Kongo als Generalgouverneur zu reisen." Die Grafen von Dürrenstein. Original-Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Du meine Güte!" rief Jungfer Brigitta zitternd, „was ist ge schehen, Herr Graf?" „Nichts," versetzte dieser lakonisch, zog sich einen Stuhl heran, auf welchen er sich niederließ, legte das Bild auf den Tisch und fragte kurz: „WaS soll das vorstellen, Brigitta?" „Ei, den jungen Grafen Albrecht, wie er leibte und lebte, ehe er fortging." „So war der Albrecht, ganz recht," nickte der Graf, „wie kommt er Dir jetzt vor?" Brigitta schaute den alten Herrn prüfend an uud zuckte dann halb verächtlich die Schultern. „Anders natürlich," versetzte sie langsam, „in zehn Jahren kann sich viel verändern, gnädigster Herr!" „Freilich, Du kluge Jungfer Brigitta!" spottete der Graf zornig, „anders natürlich — das kann ich mir selber sagen. Ich will wissen, ob es möglich ist, daß aus einem frischen Wildfang ein Duckmäuser werden kann — denn ein solcher ist dieser — Albrecht." „Jesses! was ist bei den vornehmen Herren nicht alles möglich," rief Brigitta etwas ärgerlich, „in der Jugend sind sie sammt und sonders wild und wüst und hernach werden sie oft die ärgsten Duck mäuser. DaS ist der gewöhnliche Gang in der vornehmen Welt." „So, Jungfer Weisheit!" lachte der Alte, „der gewöhnliche Gang bei allen! — Bin ich vielleicht ein Duckmäuser geworden, he? — War doch wild genug in der Jugend." „Das kann ich bezeugen, Herr Graf!" versetzte Brigitta feierlich, „auch giebt's wohl hin und wieder eine Ausnahme, so zum Exempel Gras Franz, der immer sehr vornehm und gesetzt gewesen —" „Jawohl, der Franz." unterbrach der Graf sie mit einem grim migen Lächeln, „ein rechter Duckmäuser und Heuchler, passen gut zu sammen jetzt die Zwillinge, he, Brigitta? — Muß die Frau Gräfin Schwägerin und ihren Sohn doch zur Hochzeit einladen, will sehen, ob ich sie jetzt noch unterscheiden kann, die Zwillingsbrüder! Beim Element! damals irrte ich niemals darin, woran lag's nur, Brigitta?" „Ach, Graf Albrecht war doch leicht zu kennen an seiner wilden Weise und den blitzenden Augen, die wir Irrlichter nannten, wissen der Herr Graf noch?" „Richtig, Brigitta! die Augen, daran erkannten wir ihn, wenn er auch in toller Laune uns foppen und den Bruder kopieren wollte — lustige Spitzbubenaugen hatte der Junge, das war's, während der Franz einen scheuen, tückischen Blick, wie z. B. die Kreuzotter besaß." „Nun, so schlimm war's just nicht — der Herr Graf konnten den Franz partout nicht leiden, drum wird er zur Kreuzotter gemacht." „Aber unser Heimgekehrter hat jetzt ähnliche Augen, findest Du nicht, Brigitta?" Er blickte sie starr an bei diesen Worten. Die Haushälterin zuckte zusammen und wurde ganz blaß." „Es sind Zwillingsbrüder," versetzte sie langsam, „die Aehnlichkeit zum Verwechseln — nun Graf Albrecht solid geworden ist, werden die Augen wohl denselben Ausdruck bekommen haben. Sinnen der Herr Graf nicht zu viel darüber nach," setzte sie ängstlich hinzu, „es ist ganz gewiß ein echter Dürrenstein, und das wird am Ende genug fein." „So, meinst Du, Jungfer Brigitta? Na, magst recht haben, will mittlerweile an die Frau Gräfin Schwägerin schreiben und sie sammt ihrem Franz zur Hochzeit einladen." Er schritt nach diesen Worten rasch hinaus. „Das nimmt kein gntes Ende," seufzte Jungfer Brigitta, „wohin ich schaue, Verrath und Falschheit. O, wäre diese Hochzeit erst vorüber!" Zehntes Kapitel. Prinz Mrnold. Regina v. Einsiedel wäre nach der ebenso seltsamen als für sie demüthigenden und entsetzlichen Verlobung der Verzweiflung zum Raube geworden, wenn ihr wahrhaft frommes Gemüth nicht im Gebet einen Halt gefunden hätte. Als sie sich etwas beruhigt, war auch der feste Entschluß in ihr gereift, dem Pfarrer Vinzenz, als dem einzigen Freunde und treuesten Rathgeber, all' ihr Leid und ihre Angst zu klagen, da die grausamen Worte der Stiefmutter ihre Seele folterten. Der milde Greis verstand es, ihr Gewissen zu beruhigen, indem er ihr sagte, daß ihre Gedanken fort und fort bei dem Vater weilen würden, dem sic den letzten, irdischen Halt genommen. „Die Zuneigung für jenen fremden Mann, welcher voraussichtlich Ihre Wege niemals wieder kreuzen wird," setzte er hinzu, „werden Sie auS Ihrem Herzen tilgen und Ihre Aufgabe darin suchen, Ihr HauS zu einem Tempel Gottes zu machen, und in solcher Weise selbst den ungeliebten Gatten zu beglücken. Dann, meine theure Baroneß, werden Sie den ersehnten Frieden ebenfalls finden, und Gott wird Ihnen die Kraft dazu nicht versagen." Regina küßte die Hand des guten Pfarrers und versprach resig« nirt, seine Worte zu beherzigen. Sie dankte ihm unter Thränen, daß er die Gewissensangst von ihrer Seele genommen und kehrte mit dem Entschlusse heim, das rebellische Herz tapfer zu bekämpfen. Nachdem der Fürst die beiden Bewobnerinnen der Villa Einsiedel so zufällig begrüßt hatte, durfte sich der Baron nicht länger von der Außenwelt absperren, sondern wußte wohl oder übel mit dem Hofe in Berührung treten. Der große Tag der Vorstellung war bereits anberaumt worden, als der hiervon benachrichtigte Majoratsherr v. Dürrrnstein sich brief lich mit dem „alten dummen Povogra", das ihn mal wieder „beim Wickel" habe, entschuldigte, was natürlich ebenfalls den Grafen Albrecht verhindere, der Vorstellung bei Hofe und somit seiner offiziellen Ver- lobungsfeier beizuwohnen. Baron Einsiedel fühlte sich durch dieses sonderbare Hinausschieben ebenso sehr verstimmt als beunruhigt, da die formlose Verlobung durch den alten närrischen Majoratsherrn schon mehr als eine Farce ihn dünken mußte, während Regina mit Resignation der Zukunft entgegen sah, zufrieden, die Briefe des Verlobten, welche von Liebe und Sehn sucht überflossen, mit ruhiger Freundlichkeit zu beantworten, und von seiner Gegenwart einstweilen noch befreit zu sein. Aber auch die Baronin war dem Podogra des tollen Grafen in sofern dankbar, als ihr dasselbe eine Verzögerung der Vermählung, und somit die Aussicht bot, ihr Ziel noch zu erreichen. Reginas Erscheinen bei Hofe glich einem Triumph; ihre wunder bare Schönheit, durch die Juwelen des gräflichen Verlobten strahlend erhöht, erregte sensationelles Aufsehen. Die hohen Herrschaften zeich- neten sie ganz besonders durch ein holdvolles Entgegenkommen auS und der ganze Hof wetteiferte diesem Beispiel nach. Vor allem aber war es Prinz Arnold, welcher ihr seine Bewun derung in einer auffallenden Weise darbrachte. Der Prinz war jung und schön, ein Liebling der Damenwelt, weshalb man cs natürlich finden mochte, ihn auch hier so begeistert der Schönheit huldigen zu sehen. Und doch schien Regina alle diese Auszeichnungen mit seltsamer Gleichgültigkeit aufzunehmen. War sie dumm oder eine Kokette? Diese Frage ging fast unhörbar von Mund zu Mund; doch wagte man keine Bemerkung, kein Achselzucken, da die Fürstin entzückt von ihr war, während die Baronin sich zur zweiten Rolle degradirt sehen mußte. „Zur zweiten Rolle von diesem Kinde," flüsterte sie dem Geheim- rath mit einem Lächeln auf den Lippen zu, „aber ist sie nicht entzückend schön, die Kleine? Und wie sie mit diesem Ernste, der ihrer interessanten Blässe so gut steht, zu kokettiren weiß, Prinz Arnold ist ganz bezaubert." „Reden Sie nicht so, Baronin!" versetzte Berg halblaut, „Sie tbun mir wehe. Wie können Sie dieses holde Antlitz, auf dem die Resignation so schmerzlich geschrieben steht, kokett schelten; es ist eine Gotteslästerung." „O, Sie sentimentaler Mediziner!" scherzte die Baronin hinter ihrem Fächer, während Haß und Eifersucht ihr daS Herz zerfraßen. „Sehen Sie denn nicht, wie das Glück uns begünstigt? Der Bräu tigam abwesend, die Verlobung hinausgeschoben; werden wir nicht, wenn Sie ruhiger Zuschauer beiden, das Feld behaupten?" „Aber der Prinz?" „Still, er nähert sich uns." Prinz Arnold verneigte sich vor der schönen Frau und sagte ihr einige Komplimente, welche im Grunde, wie sie fühlte, der Stieftochter galten. Der Geheimrath wandte sich zu einem Kammerherrn, um mit diesem ein Gespräch anzuknüpfen. „Man müßte Ihnen zürnen, Frau Baronin!" sagte der Prinz, sie verbindlich zu einem Sessel führend, „daß Sie uns so unverant wortlich lange Ihres Anblicks beraubt, dem Hofe die schönste Zierde grausam vorenthalten haben." „Sie werden diese Anklage an den Himmel adrsssiren müssen, Prinz," erwiderte die schöne Frau leichthin, „da die Vorsehung ein schweres, jahrelanges Leiden über mich verhängte. Was meine Tochter anbetrifft, so wollte die Gute niemals ohne mich die Freuden der Jugend kennen lernen." „Ich glaube Ihnen, Baronin!" sprach der Prinz, träumerisch zu Regina hinüberblickend, „so viel Schönheit und Liebreiz wäre ohne Herzensgüte undenkbar. Und ist es wahr, wirklich unwiderruflich be schlossen," setzte er leise hinzu, „daß diese Perle einem Dürrenstein gehören soll?" Die Baronin zuckte mit einem vielsagenden Blick die schönen Schultern. „Die Verlobung ist unzweifelhaft, mein gnädigster Prinz! — sie entspringt einer Vorgeschichte, welche in Verbindung mit ihrem Helden mehr lächerlich als romantisch ist." „Ich hörte davon," nickte der Prinz sehr ernst, „dieselbe betrifft den alten Majoratsherrn und Reginas Mutter — und ist im Grunde rührend genug. — Doch eins dürfen Sie mir vielleicht verrathen, Baronin? Liebt Ihre Stieftochter den Verlobten?" „Seltsame Frage, Prinz! Wer fragt in unsern Kreisen bei einer Heirath nach solchen überflüssigen Dingen? Regina wird die Gemahlin eines der reichsten und angesehensten Kavaliere des Landes, Trägerin eine- uralten Namens, wer sollte dieses Loos nicht beneidenSwerth finden?" „Sie ist nicht glücklich, Baronin!" versetzte der Prinz halblaut, „liebt sie vielleicht einen andern? Sie müssen es wissen —" „Allerdings müßte ich ein derartiges Geheiwniß kennen — doch beruhigen Sie sich, mein Prinz! Reginas Herz ist noch frei, vielleicht gelingt es dem zukünftigen Gemahl, dasselbe zu gewinnen. Graf Albrecht ist stattlich und vornehm genug, er soll sich während seiner langen Abwesenheit merkwürdig zu sciuem Vortheil verändert haben." „Ja, ganz merkwürdig," nickte der Prinz, „ich kann mich seiner sehr wohl erinnern, obwohl er älter ist, doch mochte ich bei seiner Abreise immerhin schon vierzehn Jahre zählen. Mein Vater hielt stets große Stücke auf den alten, wunderlichen Dürrenstein, und so kam eS, daß ich einige Male mit ihm zusammen gekommen bin und auch den jungen Grafen Albrecht gesehen habe, den ich ob seiner wildcn Toll kühnheit anstaunte und bewunderte. — Zehn Jahre können allerdings eine große Veränderung im Aeußern des Menschen hervvrbringen, doch