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3) Sinfonie Nr. 2 in Cdur (Werk 61) von Robert Schumann (geb. 8. Juli 1810 zu Zwickau in Sachsen, gest. 29. Juli 1856 zu Endenich bei Bonn). Der Schöpfer dieses Werkes gilt mit Recht als der hervorragendste Vertreter der Poesie in der Instrumentalmusik. Reich begabt und mit umfassender Bildung ausgestattet, drängte es ihn, frühzeitig die Gestalten seiner lebhaften Phantasie in Töne umzusetzen. Die Überfülle seines Geisteslebens, schmerzliche Ereignisse in der Jugend und ein langwieriger Kampf um die Zustimmung seiner Mutter zum Künstlerberuf machten aus dem ursprünglich lebenslustigen Jüngling einen grübelnden, schwerfälligen Mann, der sich mit der Wirklichkeit nicht immer zurecht finden konnte. Seine ersten veröffentlichten Werke sind durchweg für das Klavier bestimmt. In ihnen prägt sich Schumanns Natur am stärksten aus. Bald keck-übermütig, bald sinnend-träumerisch gehören sie zu den wertvollsten Schätzen der einschlägigen Literatur. Die Liebe zu seiner Lebensgefährtin Clara geb. Wieck erschloß ihm die Lyrik des Gesanges, und verhältnismäßig spät wandte er sich der Komposition für Orchester zu. In der feinen Linienführung seiner Melodik, der Kürze der Themenbildung und der geistvollen Verwendung der Rhythmik weisen seine Sinfonien und Ouvertüren aib das Klavier als Aus gangspunkt seines Schaffens hin. Indessen muß der oft geäußerten Ansicht, daß ihm für die großen Formen die nötige Befähigung gefehlt hätte, ent schieden widersprochen werden. Sein immer tiefer grübelnder Sinn und seine stets höher schweifende Phantasie ließ ihn aber das naiv Lebensfrohe, un mittelbar Packende seiner Jugendschöpfungen mit der Zeit mehr und mehr aus den Augen verlieren und die Werke der letzten Jahre vertragen keinen Vergleich mit den Kompositionen aus der ersten Hälfte seines Schaffens. Die in den Jahren 1845 und 46 komponierte Cdur-Sinfonie, von Schumann als Nr. 2 bezeichnet, in Wirklichkeit aber die Dritte, da die Zweite in Dmoll erst später nach erfolgter Umarbeitung als 120. Werk veröffentlicht wurde, ist gewisser maßen ein Grenzwerk. Es stammt aus einer Periode, in der sich der oben bezeichnete Wechsel in seinem Schaffen anbahnte. Auch in diesem Werk leitet ihn ein hoher Flug und eine verschwiegene dichterische Idee läßt ihn die einzelnen Sätze in einen engeren Zusammenhang bringen durch die Wiederkehr des sinnenden Anfangsthemas, das Hörner, Trompeten und Posaunen leise an geben, in den übrigen Sätzen mit alleiniger Ausnahme des Dritten. Den ersten Satz, allegro ma non troppo (heiter, aber nicht zu sehr), beherrscht ein kurzes, lebhaftes Motiv, das schon in der Sostenuto assai (recht gehalten) überschriebenen Einleitung anklingt. Das wiegende zweite Thema fesselt be sonders durch das reizvolle Zusammenwirken der Violinen und Bläser (Flöten, Hoboen und Fagotte). Im zweiten Satz, allegro vivace (heiter, lebhaft), einem Scherzo in Cdur 2 / 4 , treibt ein eigensinniges Motiv sein Wesen. Zwei Trios bilden das Gegengewicht dazu. Weiche Töne bannt der dritte Satz Cmoll (später Cdur) adagio espressivo (langsam ausdrucksvoll). Zu ihm steht der Schlußsatz insofern in engerer Beziehung, als sein Gesangsthema (in den Violoncellen) durch Umbildung der Melodie des andante entstanden ist. Im weiteren Verlauf ertönt abermals in den Blechinstrumenten das Eingangsmotiv. Dr. Anton Wilhelm Schmidt.