Volltext Seite (XML)
Dienstag Nr. 364 30. December 184S Erivsia. Di« 3'llunz «rscbemi täglich Lbcndö. Au b«zi«I>en durch ailc P»siämt«r deS In- und Auslandes. Deutsch« Allgemeine Zeitung. AM «Wahrheit und Neckt. Freiheit und Gesetz!» > Veberblick Preussen. --Eerlin. Die Ultramontanen. -> club. Wasserstand. Der Rheinische Beobachter. IveutsMand. sVon der Elbe. Die Auswanderer. Zelger. -Frankfurt a. 4N. Dit englische Cabinetskrisis. Trrssbritannien. Das Ministerium. Prinz Albert. Die amerikanische Botschaft. Madagaskar. Brasilische Protestatio». Frankreich. Die Kammer. Die Reform des GefängnißwesenS. Madagaskar. Schweiz. -Von der Aar. Der Bischof von Lausanne. Die ultramon tanen Cantone. Aargau. Zürich. Bern. — Das luzerner Amnestie- decret. Italien. *Aom. Kaiser Nikolaus. Prinz Albrecht von Preußen. Prinz Peter von Oldenburg. Die Kaiserin von Rußland. Schlesische Sendung nach Rom. Fruchtpest. Nordamerika. Die Botschaft der Präsidenten. Personalnachrichten. «Kandel und Industrie. * keipsig. Börsenbericht. — Frequenz der Leipzig-Dresdner Eisenbahn. — Leipzig. «nkündignngen. Militair nachstchen, und bei der jetzigen allgemeinen ungünstigen Stim mung gegen die Deutschen in Holland, gegen welche selbst öffentlich agi tier wird, nichts Anderes übrig, als daß er entmuthigt in Unterdrückung lebt und endlich den Seuchen in den ost- und westindischen Colonien erliegt. Die letzte Klaffe ist die für die Kriegs- und Kauffahrteiflotte. Die jenigen, welche sich freiwillig der Kriegsmarine widmen oder dazu durch allerlei Betrug verleitet werden, verirren sich meist auf die holländische Flotte, und wie ich die ungünstige Stimmung gegen die Deutschen in Holland, welche namentlich seit der deutsch-belgischen Zollannäherung sich gesteigert hat, bereits oben erwähnt habe, so ist das Loos der Deutschen auf der holländischen Flotte um so beklagenswcrther, da dieselben nirgend Gelegenheit haben, ihre Klagen über Beschimpfung und üble Behandlung auf den Schiffen laut werden zu lassen und gegenwärtig selbst wenige ge borene Holländer sich hergebcn, sich solchen oft unmenschlichen Strafexccu- tioncn bloßzustellen und dem übcrhandnehmcnden Mangel an Mannschaft auf der Flotte auszuhelfen. Schiffsoffiziere können Deutsche nimmer wer den, allein das deutsche ärztliche Personal ist in diesem Range begriffen. Bei der Kauffarteifahrt ist die Behandlung ganz anders, darum findet der dabei thätige Deutsche auch seine gute Belohnung und Auskommen, die dem Sittlichen und Sparsamen nicht selten zum Glücke gedeiht. — Damberg, 26. Dec. Die Rhein- und Mosel-Zeitung lieferte vor einiger Zeit einen Correspondenzartikel aus München, welcher den ent schiedensten Beweis liefert, wie tief der Charakter eines wenn auch nicht für Trivialtendcnzcn berechneten Blattes in die Niederungen gewisser In teressen sinken kann, die nicht näher bezeichnet zu werden brauchen, um gekannt zu sein. Es gilt in genanntem Artikel einem Manne in Bam berg, Namens Z....r, welchen Namen wir mit Zelger auszuschrciben die Befugniß haben. Civilarchitckt Zelger in Bamberg hat sich nämlich in Folge von gewissen Chicancn, welche ihn und seine Familie von einer Seite trafen, deren nähere Bezeichnung zur Verständigung nicht nöthig ist, bewogen gefunden, seinen Austritt aus dem römisch-katholischen Ver bände bei betreffendem Pfarramle schriftlich anzumelden und zu erklären, daß er sich der deutsch-katholischen Religionsform angcschlosscn habe. ES wurden ihm begreiflicherweise alle jene Schwierigkeiten in den Weg ge legt, die sich in Berücksichtigung bekannter Verhältnisse erwarten ließen. Zelger stand nun, wenigstens bezüglich offener Erklärung, als Anhänger der deutsch-katholischen Form isolirt in Bamberg, aber er stand nicht iso- lirt als Versorger seiner Familie, und es trat als eine sehr schwierige Aufgabe hervor, alle jene directen und indirecten Angriffe zu neutralifiren, welche momentan die Ruhe und sogar die materielle Existenz seiotr Fa milie zu gefährden drohten. Diese Aufgabe suchte Zelger, unbeschadet seiner innern Ueberzeuguna, dadurch zu losen, daß er mit feinet Familie zur evangelischen Kirche übertrat. Wir haben keine Berechtigung, diesen Schritt zu beurtheilen, erlauben uns jedoch die Muthtnaßung, daß er jene indirecten Verfolgungen nicht ganz beseitigen wird, Heren Vermeidung der secundaire Grund seines Uebertritts gewesen zu sein scheint. Dies Der beste Wille, um durch Arbeit und Fleiß diesen Zustand zu verbes- —Aambera Hr. ^rn, wird durch vielerlei feindliche Umstände fruchtlos gemacht, und noch ehe die Kolonisten so weit kommen, um durch Bebauung des Bodens die Früchte ihres Fleißes verdienen zu können, haben wiederum andere Wider- «otn. Der Dombau. Schach-, Umgebungen, Verwaltung öder natürlichen Zustände ihre Hoffnungen vereitelt, und die Zahl Derer, die sich eines glücklichen Er folgs ihrer Bestrebungen rühmen können, ist so gering wie die großen Gewinne der Lotterie. Darum ist cs auch nicht edel, dieses Hazardspiel der Menschheit und namentlich der deutschen Brüder zu ermuthigen, und wenn auch die erste Idee rühmlich zu nennen war, so ist es eben so ch- rcnwerth, von der weitern Fortsetzung des Plans für eine deutsche Colo- nie in jenen Gegenden abzustchen, sobald man einfchen gelernt, daß man sich getäuscht hat und die deutsche Natur unter den gegenwärtigen Ver hältnissen daselbst nicht wurzeln kann. Etwas ganz Anderes war dies mit der Colonisation in Nordamerika, wo das Klima für europäischen Fleiß sich eignete und ihn darum belohnte. Die zweite Klasse der Auswanderer ist die für die stehenden Heere, zu welchen wir namentlich die der nordafrikanischcn und der holländischen Besitzungen rechnen. Die algierischen Begebenheiten lehren dem deutfchen Auswanderer, wie schmerzlich er von seiner Illusion entzaubert wird, die ihn verleitete, in fremden Ländern sein Leben zur Erreichung eines Glücks in die Wagschale zu stellen, das er oft besser im deutschen Vaterlande ge funden haben würde, und was er von seinen Erfahrungen daher zurück- bringl, ist gewiß, daß das deutsche Vaterland unter allen Verhältnissen das heimatlichste und beste ist. Und wenn in frühem Zeiten der hollän dische Kriegsdienst in Indien für den gebildeten und muthigen Deutschen belohnend war, da er sich zu den höchsten militairischcn Ehren aufschwin gen konnte, so bleibt dem Deutschen nach dem vor einigen Jahren ergan genen königl. Dccret, wonach ausschließlich die Holländer befördert werden sollen, die dennoch sehr oft in Talenten und Verdiensten dem deutschen Deutschland. 8 Von der Elbe, 27. Dec. Man kann die deutschen überseeischen Auswanderer in drei Klassen theilcn, ohne derer Erwähnung zu thun, welche in einem höhern Wirkungskreise sogleich in den Colonien ihre ge wisse solide Bestimmung finden und antretcn. Die erste Klasse ist die der Ansiedler, die zweite die bei den transoceanischen stehenden Heeren, und die dritte die für die Kriegsflotten oder Kauffahrteischiffe. Als Augen zeuge der verschiedenen Schicksale aller dieser drei Klaffen will ich ohne Schmuck, aber wahr, dieselben in der Kürze schildern und es dann Je dem überlassen, inwiefern er cs billigt, daß man die allgemeinen Auf- fodcrungen und Ermuthigungen zu Auswanderungen dahin fortseht oder zuläßt und dadurch dem deutschen Vaterland eine Menge wackerer Staats bürger entzieht, die, wenn man die Kosten für ihre Ueberschiffung anwen den wollte, den vaterländischen Grund verbessern oder in stehenden Hee ren und inländischer mannichfacher Industrie ihren kräftigen Arm und ar beitsame Hände widmen könnten, ohne fern vom heimatlichen Grunde, fern von ihren Familien und Kirchen vergebens ihre Kräfte zur Bebauung frem den Bodens in fremdem Dienst aufzureiben und durch Reue, Heimweh, Sorgen, versengende Hitze, furchtbare Jnscctenqual, Entbehrungen aller Art und tropische Krankheiten gedrückt, ihr Leben mit nach der heimat liche» Gegend gerichteten Augen allerkümmerlichst zu endigen. Die Berichte über die Ansiedler der südamcrikanischen Gegenden sind bereits vielfach veröffentlicht worden, aber wunderbar genug, wollte man diesen wohlgemeinten Warnungen nie Glauben schenken. Tausend Irr lichter tanzten auf den Sümpfen jener Länder und ihr fackelnder Schim mer schien bis über den Atlantischen Ocean nach Europa zu, um die un glücklichen Bewohner Deutschlands zu verblenden und in ihre Moräste zu locken. Tausende haben bereits daselbst allein oder mit ganzen Familien ihren Untergang gefunden und Tausende werden noch fortgczogcn, um in ihrem unglücklichen Wahn umzukommen wie die Kreuzfahrer der Vorzeit. Ist es doch nicht lange her, daß ein Schwarm dieser Glückssucher aus Südamerika in Rotterdam anlanate, die zum Theil als wohlhabende Men schen ihren deutschen Herd verlassend nach Tejas eilten, um, in ihren Vorspiegelungen jämmerlich getäuscht, als zerlumpte Bettler zurückzukch- ren und wie sie noch zur rechten Stunde in ihrem Zustande von einer großen Zahl Deutscher in Rotterdam ««getroffen wurden, die im Begriffe waren, sich mit Weib und Kind durch Einschiffung nach Südamerika ins Verderben zu stürzen und bei diesem Anblick erwacht, wieder nach Hause gingen, um da glücklicher bei Zufriedenheit und Fleiß zu bleiben als jene bedaucrnswerthen Verleiteten. Der Ansiedler, der nach namenloser Müh seligkeit einer Seereise in Südamerika ankommt, beginnt nach dieser erst die Schule seiner Leiden. Fremd und verlassen steht er da am Strand, oft hat er kein Obdach, über ihm der glühendste Sonnenstich, rund um sich weder Theilnahme noch Versorgung. Kärglich und abstoßend wird ihm dieselbe endlich zu Theil, man transporlirt ihn unter täglichen Märschen und Entbehrungen wol hundert Meilen landwärts, von da oft wieder fort und immer weiter, sodaß er bereits erkrankt und erschöpft ist, wenn er durch eigne harte Arbeit anfangen soll, sich eine Hütte zu bauen und Wäl der auSzurotten. Nahrungsmittel findet er spärlich, Hülfe selten, Alles, waS. er für den Anfang haben muß, muß er zu enormen Preisen bezahlen, und ivenn seiner Hände Arbeit dies nicht verdienen kann, so ist er dem unbarmherzigsten Elende prciögegeben. Von hundert Kolonisten leben in der Regel nach Verlauf eines Jahres kaum zwanzig noch, und diese übrig- gebliebenen verkümmern entweder in Siechthum oder habeloser Ärmuth.