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von Tanger und auf Hrn. Guizot, als wenn im vorigen Jahre nach dem Bombardement von Mogador und nach der Schlacht am JSly Hr. Guizot absichtlich die Gelegenheit halte entschlüpfen lassen, sich Abd-el-Kaders zu bemächtigen. Alles wäre zu Ende, sagt man, wenn Hr. Guizot eS gewollt hätte. Hr. Guizot hatte nur einen seiner Schreiber an Äbderrha- »au zu schicken, der sich sicher sehr glücklich geschätzt hätte, den Frieden durch die Auslieferung Abd-el-Kaders zu erkaufen, den er aber freilich nicht in seiner Gewalt hatte! Diese Beschuldigungen sind lächerlich, und «S wäre gut, wenn sie nur lächerlich wären; aber sie sind darauf berech net, das Land zu täuschen und die öffentliche Meinung, wenn möglich, gegen das Cabinet einzunehmen. Aber die Opposition mag sagen, was ihr cinfällt. Von hober Wichtigkeit dagegen ist eS, daß sich das Land keine gefährlichen Illusionen mache. Wahrhaft kindisch ist eS, zufälligen Ursachen die Schwierigkeiten bcizumcssen, auf die wir in Afrika stoßen. Diese Schwierigkeiten hängen mit der Natur unserS Unternehmens selbst zusammen. In 15 Jahren colonisirt und pacificirt man kein Barbaren land von 200LieucS, wenn man es dabei mit einer so tapfern und hals starrigen Race wie die arabische ist zu thun hat, mit einer alten Nace, die ihrer Religion und ihren Gebräuchen bis zum Fanatismus ergeben ist. Es sind dort schon viele Aufstände vorgckommcn, es werden dort noch mehr Aufstände vorkommen, darauf müssen wir gefaßt sein. Nur durch Aufwand von vieler Zeit und Geduld wird eS uns gelingen, das arabische und barbarische Afrika in ein französisches und civilisirtes Afrika umzugc- staltcn. Wir werden lange säen, bevor wir ärntcn. Allein wo geschehen denn große Dinge in dieser Welt, die nicht große Opfer kosten?" — Den aus Algier vom 25. Oct. eingelaufencn Berichten zufolge war der Marschall Bugeaud am 22.Oct. von Miliana nach Tcniet-el- Had und von da nach Liaret mit ungefähr 3000 M. Fußvolk, 500 Rei tern, 3 Berggeschützen und mehren 100 M. arabischer Cavalcrie aufge brochen. Am 27. oder 28. Oct., glaubte man, werde er das seit einiger Zeit von den aufgcstandenen Arabern belagerte Tiaret erreichen können. Von Dschemnaa-Ghazaut wird die Rückkehr einiger vom Feinde gefangen gewesenen Soldaten von der Colonne des Obersten Montagnac berichtet; die Stämme, in deren Gewalt sie sich befunden, waren nämlich angegriffen und zersprengt worden. ' Aus dem Westen meldet der Moniteur algerien die vom Aufstand überall unterbrochene Verbindung mit Maskara, Tlemecen und dem In nern. Der Posten von Saida war in Folge des Abfalls der Dschaff- ras, Beni-Meniarin und anderer Stämme blockirt. Um Daya waren alle Stämme fortgezogen. Die Hütten des ehemaligen Lagers von Ni- zert an der Straße von Maskara nach Saida waren niedergebrannt worden. Die Stämme um Maskara hatte ein Marabut Sidi-Ali-Bu- Thaleb, ein Verwandter von Abd-el-Kader, aufgewiegclt. Am 12. Oct. griff er einen Theil der treu gebliebenen Gebur an, zu deren Schutz Trup pen von Maskara ausrücktcn. Die Angreifer wurden verjagt, nahmen aber einige Saumthiere mit fort. Am 18. Oct. stand General Lamori- «iere noch bei Nedroma. Tlemecen und Scbdu sind übrigens gegen jeden «rasten Angriff des Feindes völlig gerüstet. Auch das Jpurnal des De büts meldet, daß der Aufruhr im Westen fast allgemein geworden. Die Köpfe der gebliebenen Franzosen wurden als Siegeszeichen von einem Stamme zum andern getragen und erhitzten den Fanatismus der Araber aufs höchste. — Von der Quotidienne wird in einem Artikel über die Vermäh lung der Schwester des Herzogs von Bordeaux mit dem Her- Me von Lucca die Angabe berichtigt, daß dieselbe eine Mitgift von 14 Mill. Fr. besitze; eS belaufe dieselbe sich nicht über 7 Mill. Fr. — Ein Bericht des Marineministers im Moniteur über den Schaden, welchen der Brand des Mourillon in Toulon zur Folge gehabt habe, gibt denselben mit den Baulichkeiten auf 3,165,000 Fr. an. Eine königl. Ordonnanz eröffnet zugleich dem Minister einen außerordentlichen Credit über dieselbe Summe zur Ersetzung des Schadens. * Varis, 31. Oct. Die Offenherzigkeit, mit welcher das Journal bes Debatö gestern die algierische Angelegenheit behandelt hat, wird von den übrigen Blättern mit gar hochlichem Misfallen ausgenom men. Eins derselben, L'Esprit Public, der, beiläufig gesagt, kein starker Geist ist, sieht sogar voraus, daß Abd-el-Kader einen arabischen Nach druck der gestrigen Nummer des Journal des Debüts wie eine Brand fackel unter die Stämme schleudern werde, die seinen Verführungen und seinen Drohungen bis jetzt widerstanden haben. Am wenigsten sind die übrigen Zeitungen mit den Gedanken der Menschlichkeit und Milde ein verstanden, welche das Organ der Regierung gegen die „ausrührischen" Araber hegt. Der National verlangt geradezu, daß der Äertilgungskrieg gegen die Stämme begonnen werde, die sich nicht von den Annehmlichkei ten der französischen Herrschaft „überreden" lassen wollen; doch die Stelle verdient mit den eignen Worten des National angeführt zu werden : „II kaut, sagt er, faire uns guerrv ck «xterminatinu aux tristus gu'il ne »era pas possikle cke retenir par la pvrsuasio»." In demselben Ginne verlangt heute die Epoque durch den Mund der patriotischen Bän kelsängerin Luise Colat, daß das ganze Arabcrvolk als Sühnopfer auf dem Orabe des Obersten Montagnac und seiner Soldaten geschlachtet werde: „Do toutes ces tribus qul lassent la vlvmence, vous I«ur kvrez. Kisntüt unv Kvoatombv immense!" ruft die Marketendermuse der Madame Colat dem afrikanischen Heere zu, nachdem sie das Gedächt- niß der bei Dschemnaa-Ghazaut gefallenen Soldaten gehörig mit Wach- holderbceren bequalmt hat. Es versteht sich von selbst, daß die phantastische Heldenthat des Hauptmanns Dutertre (der gefangen worden und von Abd- el-Kader unter Bedrohung mit dem Tode abgeschickt worden sein sollte, die im Marabut von Sidi-Ibrahim verschanzten Franzosen von des Ober ¬ sten Montagnac Lolonne zur Uebergabe aufzufodern, sie aber zum Aushal ten angefeuert hatte. Capitain Dutertre besindet sich unter den Lobten. D. Re d.) in dieser Reimerei die große Rolle spielt. Der Platz eines fran zösischen ReguluS in dem französischen RuhmStempel würde dem genann ten Offizier ohne Zweifel selbst dann zugesprochen werden, wenn es sich herausstellte, daß nicht bloS seine That, sondern auch sein Name und seine Person eine bloße Erdichtung sei. Von allen Zeitungen ist nur das Journal deS DebatS ehrlich genug gewesen, um die Fabel vom Haupt mann Dutertre zu widerrufen. Die einstimmige Annahme der pariser Zeitungen, daß Madagaskar kraft einer vor 200 Jahren erfolgten Erklärung der Besitzergreifung von Rechts wegen eine französische Colonie sei, findet zu meiner nicht geringen Verwunderung endlich einen Widerspruch, und zwar, wer sollte eS glau ben, von Seiten der «Presse». Die «Presse» übernimmt eS zunächst, dem National und mittelbar allen andern pariser Blättern begreiflich zu machen, daß ein schwarzes Volk seiner Hautfarbe wegen doch nickt gerade als rechtlos angesehen und behandelt werden, und daß eine Erklärung des Hofs von Versailles vernünftigermaßcn nicht als ein Erwerbstitcl gelten könne, auf den das heutige Frankreich, das Frankreich zweier Re volutionen, chrcnhafterwcise einen Souverainctätsanspruch über die Mal gaschen stützen dürfe. Dagegen leitet die «Presse» das Recht Frankreichs auf die Herrschaft nicht über ganz Madagaskar, sondern über einige Kü- stcnpunkte auS Verträgen ab, welche mit den Eingeborenen abgeschlossen seien, und sic behält überdies die „Rechte" vor, welche die Eroberung den Franzosen früher oder später geben könne. Hieraus ergibt sich denn, baß es der «Presse» eben so wenig als dem National um den Grund satz zu thun ist, daß sie vielmehr nur darauf ausgeht, im Interesse der Staatsgewalt gegen die Pflicht der sofortigen Wegnahme von ganz Ma dagaskar zu protestiren, welche die Opposition mit Berufung auf die an gebliche Obcrherrlichkeit Frankreichs über jene Insel der Regierung auf bürden möchte. Italien. * Palermo, 25. Oct. Gestern um 1 Uhr Nachmittag liefen die längst erwarteten zwei russischen Dampfschissc Bessarabia und Kamtschatka in unsern Hafen ein. Vorgestern ungefähr um die gleiche Tagesstunde sig- nalisirte der Telegraph auf Monte pelegrino ein Dampfschiff in Westen, und sogleich waren auch alle Militair- und Civilbchörden und der ganze neugierige Theil, d. h. die große Mehrzahl der Bevölkerung, in Bewegung. Es ergab sich nämlich, daß das ankommende das königl. sardinische Dampf- chiff il Malfitano war, das, noch Gepäck, Geräthschaftcn und Diener- chaft des kaiscrl. Gefolges hierher bringend, die Ankunft des hohen Herr- cherpaares für einen Tag später ankundigte. Wir hatten hierauf eine ürchtcrliche Gewilternacht. Die See stürmte aus Südost, also den von Genua kommenden «schiffen gerade entgegen, und Donnerschläge folgten sich ununterbrochen, wie denn die Gewitter in dieser Jahreszeit hier ge wöhnlich sind. Unter solchem Wetter befand sich die kaiserliche Reisegesell schaft zur See. Ich hatte Gelegenheit, die Kaiserin glcick nach ihrer Ausschiffung zu sehen, und muß mit Bedauern melden, daß sie mir sehr leidend vorkam, waS denn auch der Ermüdung und den Leiden einer sehr stürmischen Seereise zuzuschreiben ist. Der Kaiser hingegen, Prinzessin Olga und Prinz Al brecht von Preußen sahen gesund, munter und aufgeräumt aus. Die Be völkerung hatte sich trotz des immer Regen drohenden Wetters dennoch in großer Anzahl an die Straßen gedrängt, wo der Zug durchkommen mußte, ein Jeder wollte den Kaiser, und zwar einen russischen Kaiser sehen und die arme Leidende, welche aus fo weiter Ferne zu uns kommt, um Herstellung ihrer zerrütteten Gesundheit ober doch wenigstens Linderung für ihre Schmerzen zu suchen, und ich hörte aus der mich umgebenden Menge mehrer Frauen herzliche, wohlwollende Theilnahme ausdrücken. Das Wetter war gestern Abend sehr unfreundlich und kühl, die Kaiserin konnte daher von dem zum Feenaufenthalt umgesckaffenen Palast und den daranstoßenden paradiesischen Gartenanlagen wenig sehen. Der Kaiser hingegen erging sich rüstig durck die Gänge des Parks, sprach mehre Male seine Zufriedenheit und sein Erstaunen über die wundervolle Pflanzen welt sowie über die sorgliche Einrichtung und die getroffenen Anstalten zum Empfange seiner Gemahlin gegen den Intendanten ver Fürstin Bu tera, Hrn. Fiamingo, aufs schmeichelhafteste auS. Dann besuchte der Kai ser den Herzog di Serra di Falco in seiner nahen Villa, wo Prinz Al brecht wohnt. Oer Kaiser hat sich alles Ceremoniel verbeten; deshalb wurde auch die Ankunft der hohen Reisenden nicht, wie vorgeschrieben, durch Kanonendonner und Glockengeläut- angekündigt. Die Villa des Her zogs di Serra di Falco war gestern Abend prachtvoll illuminirt. Heute befindet sich die Kaiserin ganz leidlich. Der Kaiser und die Großfürstin Olga haben sich im einfachen Wagen, in bürgerlicher Kleidung, und ohne Gefolge und Gepränge in der Stadt umgcsehcn. Dann wurden die ober sten Behörden dieser Residenz zur kaiserl. Tafel geladen. Heute früh kündigte die sardinische KriegSbrigg die nahe Ankunft des sardinischen Dampfschiffs Jehuusa an, welches dann auch um Mittag Anker warf. Aus demselben landeten bald darauf die zwei sardinischen Prinzen Herzog von Genua und Savoyen-Carignan und stiegen, ganz ohne alles Gepränge, im Gasthofe der Trinacria ab. Morgen soll auch unser König eintreffen. Kommt hierzu noch, wie man ankündigt, Don Carlos, der nun abdicirte Prätendent von Spanien, ferner Dom Miguel und endlich der Herzog von Bordeaux, so dürfte der sonst in Palermo nicht sehr belebte Winter nicht nur geräuschvoll, sondern auch fröh lich und heiter werden. Neue Gesundheitsmaßregeln sind gegen die auSEngland kom menden Schiffe angeordnet worden, auf Grund des am Bord des eng-