Volltext Seite (XML)
3046 toffelkrankhrit, dir uns nicht geringe« Gefahr droht figen OtzerappellationshofS in dem 'prochene Uebel, scheint dem Referenten ebenfalls nicht in nahe nalprocesse gegen den Prof.Jord Oie Kar Ueberfluß daran hat. den, wenigstens die Bcschlußnahmcn bis zu deren Rückkunft auSgrsetzt blieben. Endlich hatte das Gericht» quo— der Criminalsenat des Obergcrichts in der Provinz Oberhessen zu Marburg — mit dem gegen Jordan erlasse nen erstinstanzlichen Straferkenntnisse zugleich die gegen sämmtliche Mit- angcschuldigtc desselben verbunden und veröffentlicht, und cs erschien daher der Lage der Sache angemessen, daß ebenfalls die Entscheidungen in hö herer Instanz sich über Alle erstreckten, die in diesen Proceß sich ver wickelt befanden, und gleichzeitig bekannt gemacht würden. So ist es zu erklären, daß, obgleich die Verhandlungen, spcciell Jordan betreffend, schon seit geraumer Zett am Appellationsgerichte beendigt und das Urtel in die sem einen Processe längst beschlossen und gefaßt war, die Ausfertigung des lehtcrn bis zu den Beschlußnahmen in den übrigen damit connexerr Processen verschoben ward. Seit mehren Monaten sind es auch bloß die Angelegenheiten von Jordan'ö Mitangeklagten gewesen, welche die Thä- tigkeit des Criminalsenats, des kurhessischen obersten Gerichtshofs, unaus gesetzt in Anspruch genommen haben. Von diesen war vr. Heinrich Schcf- ftr, Bürgermeister im obcrhessischen Städtchen Kirchhain, dek einzige, welcher auf eine Berufung von dem Strafurtel des marburger Criminal- gerichls vom 14. Jul. 1843 an das Oberappcllationsgcricht zu Kassel Ver zicht geleistet. Als der am stärksten Compromittirte und in erster Instanz zu zehniährigcr Festungsstrafe verurtheilt hatte er jede Hoffnung aufgcgc- ben gehabt, bas in erster Instanz gegen ihn ausgesprochene Strafurtel in höherer Instanz reformirt zu sehen. Außer Jordan halten dagegen die Appellation ergriffen: der Ur. m««i. Leopold Eichelberg, der Studiosus Eberhard von Breidenbach, der Universitäts-Zeichnenlehrer vr.Ludw.Chr. Hach und der Hutmacher George Kolbe. Als Hauptreferent beim hiesi gen Oberappellationögericht in der Sache Jordan's ist vom Anfang an im Publicum allgemein der Oberappcllationsrath Grinste genannt wor den, eins der thäligstcn Mitglieder des Criminalsenats bei jenem Ge richt, ein Mann von der größten Gewissenhaftigkeit und gewiß einer der tüchtigsten und einsichtsvollsten Criminalisten in unserm Lande. Es soll eine wahre herkulische Arbeit gewesen sein, der er sich bei dem sorgfälti gen Studium der ungeheuer» Aktenstücke, die in diesem langjährigen Pro- ceffe seit 1839 geschrieben worden sind, hat unterziehen müssen, und sein ausführliches Referat soll sowol in Ansehung der Gründlichkeit, womit es ausgearbeitct ist, als hinsichtlich der umsichtigsten Erwägung aller iw Betracht kommenden Umstände, ein Meisterstück in seiner Ärl sein. Jor dan ist bekanntlich in dem in erster Instanz gegen ihn gefällten Urtel in Betreff der Anschuldigung eines versuchten HochverratHS durch Thcilnahme an einer hochverrätherischen Verschwörung blos ad instantia absolvirt und wegcn angeblicher Beihülfe zum versuchten Hochvcrrathe, durch Nichtver-- hinberung hochvcrrätherischer Unternehmungen, auf den Grund einer noch in Kurheffen in Kraft bestehenden landesherrlichen Verordnung wegen Be strafung des HochverratHS vom 14. Febr. 1795 zu einer fünfjährigen Fe stungsstrafe neben Dienstcntsetzung und Proceßkostcn verurtheilt worden. Was den ersten Punkt anlangt, so verlautet, daß er in der letzten In stanz völlig srcigesprochen worden ist, und in Beziehung auf den andcrw Punkt hört man, daß eine Urtclsform in Anwendung gebracht worden, welche in der neuern Zeit schon öfter in vorkommenden Fällen von hessi schen Gerichten in der Justizpraxis angenommen worden, auf eine „Ent lassung von der Untersuchung" lautet und der eine für den Angeklagten günstigere Bedeutung bcigelegt wird als einer bloßen Entbindung von der Instanz. Die verschiedenen obrrappellationsgerichtlichen Endurtel in den Processen Jordan's und dessen Mitangeschuldigtcn werden von hier nach Marburg abgehen, um dort, dem h. 1l6 der kurhessischen Versaffungs- urkundc zufolge, von dem Gerichtshöfe, welcher die Erkenntnisse in den selben in der untern Instanz ertheilt hat, in extenso zuerst in dem amt- liegenden äußern Ursachen, als etwa in der diesjährigen Witjerungscon stitution »., allein zu suchen. Dieselben find jedenfalls allgemeinerer Na tur. Die Krankheit ist keineswegs urplötzlich entstanden, sie ist vielmehr eine Entwickelungskrankheit. Man ist der allmäligen Ausartung der Frucht nicht durch die qccignetcn Mittel, als da sind: eine sorgfältige Auswahl des Samens, Wechsel des Bodens und zweckmäßige Düngung desselben, wie cs hätte geschehen sollen, entgegcnactreten. Jetzt ist es der Regie rungen Sache, das Vorurthcil, das im Volke herrscht und sich einer rich tigen Würdigung der Sache entgegenstcllt, indem unter Anderm die Krank heit als eine gewöhnliche, die jedes Jahr cintritt, dargestcllt wird, ernst lich zu bekämpfen und zur Aufklärung der Sache in populairen Schriften und durch sonstige geeignete Mittel zu wirken. Zur Vergrößerung der dro henden Gefahr ist leider auch die Getreideärnte überall nur eine mittel mäßige, an manchen Orten sogar eine schlechte, und nach übereinstimmen den Berichten zur Deckung des Kartoffelausfalles von dieser Frucht, wie sonst schon geschehen ist, wenig zu erwarten. Zum großen Glück ist die Kartoffelärntc, wie verlautet, an manchen Orten sehr günstig ausgefallen, sodaß die Marktpreise für dieses gewöhnlichste und nothwcndigste aller Nahrungsmittel sich nicht wesentlich verändert haben. Jedenfalls ist das eingetretenc Uebel, dessen Folgen überall sich noch nicht übersehen lassen, ganz geeignet, uns die Wichtigkeit der Kartoffel unter den jetzigen Umstän den, da sic bestimmt ist, in Jahren, wo die Getreideärnte miörathen ist, was immer wieder cintrctcn wird, einer Hungersnoth vorzubeugen, ein mal wieder recht lebendig vorzuhaltcn und die Regierungen zu vcran- lassen, der Cultur dieser Pflanze, so viel an ihnen ist, Vorschub zu thun. Ein Verbot der Ausfuhr der Kartoffeln, ferner ihrer Verwendung zur Spirituserzeugung ist unter allen Umständen höchst mislich; so gewaltsam in den Privatverkehr eingreifcn, daö kann nur durch die unzweideutigste Noth geboten werden, und man muß sich wohl bedenken, ehe man dazu seine Zuflucht nimmt. Was wird aber auS dem unglücklichen Irland werden, wenn die Kar- toffclärnte dort wirklich in dem Grade misrathcn ist, wie verlautet? Mit gewöhnlichen Hülfsmitteln ist dort, wenn man sich der Sachlage erinnert, nicht mehr auszureichen. Welche außerordentlichen aber mag man Vor schlägen? Eine allgemeine Besteuerung des Eigenthums? Das ist leichter gesagt als gcthan. Diejenigen, die von dieser Sachlage eine wesentliche Modifikation der Gctrcidegcsctze erwarten oder wol gar einc'gänzliche Frei- gebung des Getrcidehandcls und Einlassung des fremden Getreides ohne Taxe, mögen wohl bedenken, daß dies eine gänzliche Veränderung der englischen Zustände unausbleiblich zur Folge haben würde. Das ganze Steuersystem Englands würde dadurch alterirt, der Grundbesitz wurde einem großen Theile nach in andere Hände übergehen, und das Verhältniß der Agri kultur zur Industrie würde ein wesentlich anderes werden. Hier tritt cjn- mal wieder die Macht außerordentlicher Ereignisse und unerwarteter Um stände hervor, die auch die geschicktesten Berechnungen zu Schanden macht, und deren Beherrschung, so weit es überhaupt möglich ist, große Män ner, entschiedene Charaktere verlangt, wie unsere Zeit gerade nicht einen dem so viel besprochenen st-kalisthni Crimi- . > an und dessen Mitangeklagte geschritten worden, und diese Sache, so weit sie von einem Aussprüche deö höchsten LandcSMicht» Mängt, Mvmchr uls d«nM Musehen. Es sind über zwei -«Ak MH« vekfioffen, seitdem der ErinMlsenat deS kurhcsfischen OdtrLppcllatwnSgcrichtS mit diesem Gegenstände beschäftigt gewesen ist» aber schon Ende vorigen Jahres soll eS gelungen sein, die sieven Votan ten in Betreff deö zu fällenden EndurtclS in der Angelegenheit Jordan's zu einigen, sodaß in der letzten Zeit nur noch eine Diskrepanz der Mei nungen über die Fassung der Erwägungs-und Entschcidungsgründe, manch mal bloö in einzelnen Worten und Ausdrücken, zu beseitigen gewesen ist. Da der obcrappellationSgerichtliche Criminalsenat nicht vollzählig war und eins von dessen Mitgliedern, der Obcrappellationsgerichtsrath Schwenckcn, wegen naher Blutsverwandtschaft mit der Jordan'schen Familie rccusirt hatte, so hatten zu dessen Vervollständigung zwei Mitglieder des Civil- senatS hinzugczogen werden müssen. Der zeitige Präsident deö Operap- pellationsgerichlS, Duysing, der als solcher zugleich den Vorsitz im Cri- minalsenate desselben hat, ein Ehrenmann, über dessen Rcchtögefühl im Publicum nur Eine Stimme ist, wünschte bei einem Processe, mit dessei» Entscheidung so große Verantwortlichkeit verknüpft war, völlige Ucberein- stimmung und Einstimmigkeit der Votirendcn zu erzielen, was ihm auch zuletzt geglückt sein soll. Allein cs scheinen, um zu diesem Ergebnisse zu gelangen, vielfältige Confercnzen und Berathungen zur Ausgleichung der verschiedenen Ansichten nölhig gewesen zu sein, was denn natürlich und unvermeidlich für die definitive Redaction des Endurtels mit sammt den Motiven, worauf dasselbe gestützt werden sollte, mancherlei Verzögerun gen hat herbciführen müssen und auch wirklich herdeigeführt hat. Daz» kam, daß in den Sommermonaten mehre von den Mitgliedern des er kennenden Collegiums, die Brunncnferien genießend und auf Badereisen begriffen, abwechselnd von hier längere oder kürzere Zeit hindurch abwe send waren, wodurch denn ebenfalls die Deliberationcn unterbrochen wur- ^ötuttAart, 29. Oct. Seit gestern Abend weilt Ronge wieder in unserer Stadt und wird einige Tage hier bleiben. Die gleichzeitig mit ihm von Eßlingen zurückkehrcndcn Stuttgarter können nicht genug rühmen, wie herzlich und allgemein sich dort die Theilnahme für Ronge aussprach. Namentlich hatte der aus mehren Tausend Menschen gebildete Zug zu dem alten Rathhause, in dessen festlich geschmücktem Saale der Gottes dienst abgehaltcn wurde, einen imposanten Anblick geboten. Kurz vor Beginn des Gottesdienstes war der neu gewählte Prediger Heinrich Loose vom Stadtrathe Mangold, dem Vorstand der deutsch-katholischen Gemeinde, in sein Amt scierlichft eingeführt worden. Als Text zur Predigt hatte Ronge die Worte gewählt: „Es wird ein neuer Himmel und eine neue Erde werden." Gestern Nachmittag ereignete sich auf oder vielmehr an unserer Ei senbahn das erste Unglück. Die Pferde einer vorbeifahrcnden Chaise wurden nämlich durch die daher brausende Lokomotive scheu, stürzten auf den Fuhrmann eines ebenfalls vorüberfahrcnden Wagens, rissen ihn her unter und traten ihn in wenigen Augenblicken todt. — Die königliche Familie wohnte gestern der Weinlese in Untertürkhcim bei. 's Stuttgart, 31. Oct. Wie man von gutunterrichtetcr Seite her versichert, wäre das schon seit mehren Wochen umlaufende Gerücht, daß die Landstände im Laufe dieses Winters wieder zusammcntrctcn wür den, ein durchaus begründetes. Zweck der Berufung sollen die wiederholten Vorschläge der Engländer bezüglich der Eisenbahnen sein, und der Wunsch, wegen Feststellung eines Gesetzes zu Anlegung von großen Fruchtmagazinen und Ergreifung energischer Maßregeln gegen die drohende Theuerung Berathunq zu pflegen. — Gestern Abend hielten die hiesigen Deutsch- Katholiken im Beisein Ronge'S im Saale des Hotel Marguart eine zahlreich besuchte Versammlung. Bei dieser Gelegenheit wurde den Mit gliedern die Anzeige gemacht, daß die reformirte Gemeinde mit dankcnS- werther Bereitwilligkeit auch für die Folge den Mitgebrauch ihrer Kirche zugcstandcn, ja sogar sich herbeigelasscn habe, den eignen Gottesdienst von nun an erst um 10 Uhr zu beginnen, damit der der Deutsch-Katho liken zu der geeigneten Zeit um 8'/, Uhr (statt wie bisher 7 Uhr) abgc- haltcn werden könne. Ronge hielt darauf einen kernigen Vortrag gegen den Pietismus, und Pfarrer Würmle zeigte an, daß er in kurzer Zeit mit den Christenlehrstundcn beginnen werde. * Kassel, 2. Nov. Am 30. Oct. ist endlich, vernimmt man im Publicum, zur Schlußsitzung in den gerichtlichen Verhandlungen des hie-