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2W8 sodaß cs nicht »ölhig Idar, von dcn dcöfallsigen Anerbietungen, welche in reicher Anzahl und durchgängig in der zartesten Form aus der Ferne ein- liefen, Gebrauch zu machen. * Äänigsliera, 2-1. Oct. In der heutigen Stadtverordnetenver sammlung rst einstimmig ein Beschluß gefaßt worden, der auch für da- größere Publicum von vielem Interesse ist. Die Versammlung hat dem von uns scheidenden Polizeipräsidenten vr. Abegg in Anerkennung seiner persönlichen Verdienste um die Stadt das Ehrenbürgerrccht der Stadt Königsberg zuerkannt, eine Ehrenbezeigung, die in letzterer Zeit, so viel uns erinnerlich ist, nur dem Staatsministcr v. Schön bei seinem Aus scheiden als Chef der Provinz zu Theil wurde. Wir müssen aber sogleich, um jeden möglichen Misvcrstanb zu vermeiden, bestimmt hinzufügcn, daß dieser mit so allgemeiner Freude von dem Publicum aufgenommene Be schluß unserer städtischen Repräsentanten nicht etwa eine sogenannte De monstration sein sollte; die dem I)r. Abegg einstimmig zuerkanntc Ehre galt ausschließlich seiner achtungsvollen Persönlichkeit, die er als treuer und umsichtiger Polizeichcf, als milder, wohlwollender Censor, als freisin niger Vcrthcidiger Rupp's in seiner Eigenschaft als Director der reformir- ten Burgkirche, kurz, die er als intelligenter, humaner und gesinnungs- tüchtiger Mensch und Beamter in einer Reihe von zehn Jahren öffentlich und privatim frei zu entfalten Gelegenheit fand. Aus Rußland vernehmen wir eine traurige Nachricht in Bezug auf die dortigen jüdischen Glaubensgenossen. Ein noch härterer Ukas als der bekannte UcbersicdelungSbefehl vom2. Mai 1843 ist soeben erschie nen, der allen Schankwirthcn auf dcn Dörfern des russischen Reichs, also etwa 100,000 Familien, dcn länger» Aufenthalt auf dem platten Lande verbietet und sic in die Städte zurückzutreiben verordnet. Hiermit wäre also ein Hauptnahrungszweiq dcn armen, ohnehin auf wenige Gouverne ments zusammengedrängten Juden plötzlich entzogen, und man wundert sich noch, wenn die verkümmerte, unglückliche Masse zu den Reform -und Cul- turprojcctcn kein Vertrauen hat! Solche Maßregeln sind keine guten Vor läufer zu einer geistigen Reformation, weder in der Politik noch in der Religion. GroHbritannieir. London, 24. Oct. Nom Bankers Magazine wird zu einer Aufzählung der Eisen bahnunternehmungen schließlich bemerkt: „Es ergibt sich daraus, daß die zum Eisenbahnbau in Großbritannien und Irland während der näch sten drei Jahre erfodeckiche Summe beinahe 38'/, Mill. Pf. St. aus macht. Die verschiedenen Unternehmcrgesellschaften sind ermächtigt, fast 14 Mill. Pf. St. durch Anleihen zu ihrem Anlagekapital aufzubriqgen, und man berechnet außerdem, daß 8—10 Mill. Pf. St. von englischen Inhabern auswärtiger Eisenbahnactien gedeckt werden müssen. Ferner ist noch der Einzahlungen auf die in den vorhergegangencn zwei Jahren begonnenen zü gedenken Nehmen wir nun an, daß die oben bezeichneten Summen die größten erfoderlichcn sind, so dürfen wir mit Sicherheit behaupten, daß mindestens 20 Mill. Pf. St. binnen der nächsten zwölf Monate von Ei- senbahnactieninhabcrn eingezahlt werden müssen. Allein die von uns auf gestellten Beträge stehen nur in untergeordneten Verhältnissen zu den bin nen drei Jahren durch die noch nicht mit parlamentarischer Zustimmung versehenen Eisenbahnen in Anspruch genommenen "Summen. Die Zahl dieser Bahnen ist beinahe 600, und ihr beabsichtigtes Anlagccapital über 400 Mill. Pst St. Allein glaubt denn wol irgend ein klugepGeschäfts- mann, daß auch nur Diejenigen, welche Verpflichtungen für die erfoder- lichen Geldbeträge zu den bereits concessionirten Eisenbahnen eingegangen sind, daß sie dieselben ohne Behinderung des gewöhnlichen Geschäftsgan ges zu erfüllen im Stande sein werden? Können 20 Mill. Geld des Jahres aus der Circulation entfernt werden, ohne den Geschäftsgang zu berühren? Der entschiedenste und rücksichtsloseste Eisenbahnanwalt behaup tet nicht, darauf befriedigende Antwort geben zu können. Er sagt nur, wenn Eistnbähnunternehmungen an sich gut wären und eine beabsichtigte Bahn gute Aussicht auf Ertrag für die Äcticninhaber besitze, sei die Frage Müßig, wo das Geld dazu Herkommen solle. Dafür müßten die Actio- ngire seiner Zeit sorgen. Und sehen wir dann jeden Morgen eine neue Ladung frischer Eisenbahnen angekündigt, kaum eine unter 1 Mill. Pf. St. Anlagccapital, und fragt Jemand: «woher soll das Capital kommen?» so wird er ein Gcspensterseher genannt, und ernsthaft beschuldigt, daß er mithelfe zur Verbreitung eines panischen Schreckens." Die Times stimmt damit ganz überein, und ihr namentlich wird vom Standard schuldge- qebcn, daß sie einen solchen Panik in Eisenbähnsachen anzuschüren suchte. Auch der Morning Herald hat schon auszusührcn versucht, daß sogar 30— 40 Mill. Pf. St. jährlich in Eisenbahnbauten angelegt werden könnten (Nr. 285), ohne Störung in den Geschäften hcrvorzurufen. Derselben Meinung war ferner das Morning Chronicle, und widersprach namentlich der Befürchtung, daß durch die Anzahlungen auf Eisenbahnen plötzlich das Geld wie verschwunden sein werde, da die Bankiers und Banken dasselbe schwerlich todt liegen lassen, sondern nutzbar, wenn auch in sofort disponibler Weise, anlegen würden. Ncberdieß bezweifle in der City Nie mand, der mit dem Usus des Geldmarkts vertraut sei, daß die lO Proc. Anzahlung auf die bis vor wenig Wochen projcctirten Bahnen im Allge meinen schon geleistet sind. Seitdem wären noch 40—50 neue Eisen- bahncntwürfe aufgetaucht, auf einige davon aber keine Anzahlungen ge macht worden. Auch werde das, wie man allgemein erwarte, vcrmuthlich unterbleiben, was als ein gutes Zeichen anzufchen sei, indem man offen bar mit mehr Umsicht zu Werke zu gehen anfange. Daß Lärmschlagen der Times aber sei nichts als ihr gewöhnliches Bestreben, Aufsehen zu erregen. — Oie feierliche Enthüllung der Bildsäule der Königin Victo ria im Mittelpunkte des offenen Versammlungsraums der neuen londo ner Börse wird am 28. Oct., dem ersten Jahrestag« der Eröffnung der selben, stattfindcn. — Der Großfürst Konstantin, zweitgeborener Sohn des Kaisers Nikolaus, wird in der nächsten Zeit auf Besuch in London erwartet und Aihburnhamhouse deshalb zu seiner Aufnahme theilwcise neu eingerichtet. — Oer unlängst zum Rcpcalvcreine getretene Friedensrichter und De- putylieutcnant der Grafschaft Limerick, Hr. Lloyd von Bcechmount, bis her als eifriger HMsstanl bekannt, ist beider Ehrenämter von der Re gierung entsetzt wÄWn. Er erklärt in der darüber gepflogenen Correspon- denz, daß ibn seine außerordentliche Unzufriedenheit mit dem Zustande, in welchen Irland durch die Politik der dermaligen Regierung verseht" worden sei, wider Willen zu jenem Schritte bewogen habe, und er nun mit den Rcpealern halten wolle, bis er auS eigner Erfahrung sehe, daß ihn sein stetes strenges Festhalten an protestantischen Grundsätzen und seine Loyalität gegen die Königin nöthigen würde, anders zu handeln. — Dem Rheinischen Beobachter wird aus London vom 22. Oct. ge schrieben: „In der von hier aus der augsburgcr Allgemeinen Zeitung zuge- schicktcn und bekanntlich durch alle Blätter gegangenen deutschen Uebersetzung der Depesche von Lord Aberdeen an Lord Westmoreland vom 13. Mai d. I. (Nr. 274) hat in Deutschland der am Schluffe — in Bezug auf die Federung einer deutschen Ucbcrsetzung bei diplomatischen Mitthcilungen in englischer Sprache — gebrauchte Ausdruck «Anmaßung» mit Recht Auf sehen erregt, und Ucbclwollcn gegen Großbritannien oder gegen den Zoll verein und Preußen hat daran allerlei Unerfreuliches zu knüpfen gewußt. Ich dachte gleich, daß hierbei nur ein Uebersetzungsfchler oder cin'lapsus ealami verwalten könne, und meine Voraussetzung hat mich nicht betro gen, denn ich erfahre jetzt in völlig zuverlässiger Weise, daß das Origi nal jener Depesche keinen der beiden englischen Ausdrücke für «Anma ßung»: ^rro^anez-, prvsumption, sondern das unschuldige Wort l'ie tvnsian enthält, welches ein der Sprache und Sache Kundiger in dem fraglichen Zusammenhänge wol durch Anspruch, Ansinnen, Zumuthung, Begehren, aber niemals durch Anmaßung übersehen wird. Also wieder einmal, wie so oft, viel Geschrei und wenig Wolle!" — Nach dcn Capzeitungcn vom 24. Aug. soll nun die Aufnahme der Provinz Natal oder Victoria in'den Verband der Capcolonie erfolgen. Die Colonisten haben seit 1837 darum angcsucht. — Aus Washington vom englischen Gesandten Pakenham einge gangene Berichte enthalten die Bestätigung des ausnehmend wohlwollen den und bereitwilligen Verhaltens des Capitains D. M'Keever von der nordamerikanischen Fregatte St.-Louis, die bei dcn Vorgängen auf Neu seeland im März und der Zerstörung von Korararika in der Jnselbai an wesend war. Er hatte übrigens von dcn Eingeborenen die vollkommene Rcspectirung einer amerikanischen Factorei, wo sich für 60,000 Dollars Eigenthum befand, erlangt, das später unversehrt eingeschifft werden konnte. Frankreich. Paris, 26. Oct. Aus glaubwürdiger Quelle, schreibt der Commerce, vernehmen wir, daß die ministeriellen Arrangements ziemlich zu Stande sind. Der Marschall Soult gibt das Kriegsministerium bestimmt ab und behält die Präsidentschaft des Ministerraths, allein ohne Gehalt, um die parlamen tarischen Schwierigkeiten zu umgehen, welche eine Geldfrage Hervorrufen könnte. So bekommen wir also einen Präsidenten ohne Portefeuille und ohne Gehalt. Nicht zum ersten Male wird cs sein, daß wir seit der Julirevolütion einen Conseilpräsidenten ohne Portefeuille bekommen. Das Beispiel der HH. Laffitte und C.asimir Perier ist deshalb anzusuhren. Allein als man ihnen diese besondere Stellung gab, geschah eS unter hoch wichtigen Umständen, wo die Leitung der Angelegenheiten bedeutend genug war, um die ganze Zeit eines Staatsmannes in Anspruch zu nehmen. Sie besaßen ferner eine nicht zu verneinende persönliche Geltung, reprä- sentirten jeder ein System, einen politischen Gedanken. Bei Casimir Pe- rier'S Tode beeilte man sich aber, die Präsidentschaft ohne Portefeuille zu unterdrücken, weil man, obgleich sie ausgezeichnete Männer bekleidet hat ten, die ernsten MiSverhältnisse erkannte, welche mit einer solchen Minister stelle ohne Ministerium, mit derartigen Functionen ohne bestimmte Befug nisse, dieser Leitung ohne Verantwortlichkeit verknüpft find. Zu welchem Zwecke nun erneut iman jetzt diese hohe Stellung? bedürften die Ange legenheiten einer festern, bestimmter» Leitung, würde man nicht einen alten Krieger dazu berufen, der sich zu erschöpft fühlt, cin Portefeuille zu ver walten, und nach Ruhe verlangt. Soll cs auf Pcrsonificirung einer Idee, eines Systems dabei abgesehen sein, so wissen wir in der That nicht, wel ches Marschall Soult vertreten sollte, der upsers Wissens nie politische Bedeutung btsaß, und dem die willkürlichen ügd kleinmüthigcn Handlun gen dcS 'MinifferiumS schpld zu geben, das seinen Namen trägt, uns gar nicht einfällt. Da keine Nöthwcndiäkei^ keine Rechtfertigung für die Er richtung dieser Präsidentschaft ohne PörteftPfie borlicgt, so kann man sie nur durch eine Jntrigue erklären. Sucht m'an auch den Kammern da durch zu entgehen, daß der Marschall gratis präsidircn will, so bleibt des halb die politische Frage dieselbe und wird hoffentlich von der bevör-> stehenden Session nicht vergessen werden. Es ist kein Zweifel, daß der Marschall ohne Portefeuille nicht mehr Präsident des Conseils sein werde, als er cs mit demselben war. Er hat nie die politische Leitung gehabt und wird sie nie bekommen. Behält er aber auch keinen Einfluß auf das Cabinet, weil er keinen besaß, so wird er doch beständig auf das Kriegs Ministerium eine hinderliche Einwirkung haben, und sein Nachfolger wirs